Die Leidenschaft für Doppelkopf verbindet in unserer Familie die Großeltern mit den Enkeln. Auch, als wir zur Feier meines Abiturs nach Worpswede reisten, durfte deshalb ein Spieleabend nicht fehlen. Netterweise stellte sich meine Patentante als vierte Mitspielerin zu Verfügung. Im Laufe des Abends füllte sich die Spieltabelle mehr und mehr. Dabei verarbeitete ich sowohl die Eindrücke des Tages, als auch die Eindrücke einer Reise nach Norwegen, die ein paar Wochen zurücklag. Ich bin meinen Großeltern und meiner Patentante so dankbar, das sie mich während meiner Schullaufbahn begleitet haben, dass sie mit mir nach Worpswede gefahren sind und – dass sie uns Doppelkopf beigebracht haben.
Dieser besondere Glanz in ihren Augen, wenn sie von ihrem See erzählte! Dem Lebasee, zu Hause in Pommern, damals, vor dem Krieg. Dann erlosch der Glanz. Die Demenz raubte ihr das Paradies zum zweiten Mal. Also fing ich an zu schwärmen: vom See, vom Schilf, von der nahen Lonskedüne, von der Ostsee und dem leckeren Aal. Damit ihre Augen strahlten und ihre Seele. So viele kostbare Augenblicke zwischen meiner Schwiegermama und mir! Ihr Tod im letzten Herbst ließ den Wunsch in mir aufkeimen: Ich muss an den Lebasee!. Im Sommer war es so weit. Es fühlte sich an wie Heimkommen.
Dieses Bild entstand in Berlin. Ich bin im vergangenen Jahr viel gereist, und trotzdem habe ich das Gefühl, dass es weniger die Orte als die Menschen
waren, die mich prägten, mich immer wieder zerrissen und zusammenflickten. Erfahrungen brachten mich dazu, mich selbst und die Welt um mich herum anders zu reflektieren. Langsam löste sich der Nebel um mich, und ich wollte es nicht wahrhaben, denn er war schön und sicher, doch gleichzeitig wusste ich, dass ich am Tag die Sonne und in der Nacht die Sterne sehen will.
März 2011: Das Phänomen war ungefähr zehn Minuten lang sichtbar, dann war der Himmel wieder klar, und die Aura um die Sonne war verschwunden. Von den vielen Menschen in der Nähe schien sich niemand dafür zu interessieren. Ich aber hatte so etwas noch nie gesehen und war fasziniert. Also hielt ich die linke Hand ins Zentrum und drückte mit rechts den Auslöser.
Mein Foto zeigt das Bibermädchen Josephine, das ich im Sommer besucht habe. Zwei tierliebe Menschen haben den Findel-Biber vor zwei Jahren aufgenommen und liebevoll aufgezogen. Über das Internet bin ich auf sie gestoßen, und da ich Biber schon immer toll finde, habe ich gefragt, ob ich zu ihnen kommen darf. Und dann saß ich fast zwei Stunden neben diesem wunderschönen Tier und durfte es an der Kehle kraulen, während es an meinen Fingern knabberte: Der schönste Moment meines Jahres!
Im April dieses Jahres, zur Zeit des Arabischen Frühlings, haben mein Mann und ich während unseres obligatorischen Tunesienurlaubs spontan zwei Tage lang in einem Flüchtlingscamp an der libyschen Grenze gearbeitet. Bilder, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde!
Ich finde, dieses Bild aus Athen fasst die letzten (Krisen-)Jahre und die ungewisse Zukunft geradezu perfekt zusammen. Trotz all der negativen Schlagzeilen und der gravierenden Probleme musste ich schmunzeln, als ich diesem Motiv begegnet bin. Und das hatte der Künstler (ein stadtbekannter Obdachloser) wohl auch im Sinn: Leute, kann’s eigentlich noch beschissener werden
Im März dieses Jahres führte mich eine Reise nach Norwegen und für zwei Tage auch auf die Lofoten. Von dort stammt das Bild, das für mich so sehr dieses bewegte Jahr 2011 symbolisiert: unsere verschneiten, idyllischen Ferienhäuschen dort, kurz darauf die Nachricht vom Erdbeben, dem Tsunami und der Atomkatastrophe in Japan – Schönheit und Schrecken, ganz dicht beieinander.
Mein Foto entstand Anfang Oktober, während einer Reise durch Zentralanatolien im alten Basar von Ankara. Es zeigt so etwas wie lebendige Nachbarschaftshilfe. Und doch trügt es. In Wirklichkeit waren wir sehr beeindruckt von der modernen Infrastruktur im Inneren der Türkei – und von den liebenswürdigsten Gastgebern, die man sich vorstellen kann.
Mein Foto des Jahres habe ich am 11. März in Bamberg aufgenommen. Es handelt sich um die an exponierter Stelle angebrachte, in diesem Fall wohl seitens der Stadt verhüllte, zuvor von Neonazis beschmierte Gedenktafel für Graf Stauffenberg – laut Inschrift ein »Symbol des deutschen Widerstandes für seine Tat am 20. Juli 1944«. Ich finde dies ein Armutszeugnis, bezeichnend für den hilflosen Umgang mit den Nazi-Schmierereien. Quasi durch einen Müllsack wird das Gedenken aus der Öffentlichkeit entfernt.