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Bulekater: Mein Wort-Schatz

Nasebohrend saß unsere Enkelin uns, den Großeltern, gegenüber, und auf die Frage: »Hast du einen Bulekater?« antwortete sie spontan ganz empört: »Nein!« Klang ihr das Wort zu schlimm, oder kannte sie es möglicherweise gar nicht? Wer benutzt diesen originellen Ausdruck für »Popel« schließlich noch? Wir!

Ob Bullekater, Pulekater – für uns ist’s der Obige!

Helga und Matthias Puck, Lübeck

 

Ausgefuchst: Mein Wort-Schatz

Ein außergewöhnliches, obgleich schlichtes Wort ist ausgefuchst. Es ist nämlich fast so vielseitig wie das englische Wort cool. Im Normalsprech könnte man es zunächst mit den Begriffen »schlau«, »clever«, »listig« und »intelligent« übersetzen. Aber eigentlich ist »ausgefuchst« auch damit unzureichend beschrieben.
Denn erstens versprüht es einen unglaublichen Charme und Witz – egal, in welcher Situation – und besitzt damit auch einen hohen Ansteckungswert. Zweitens ist ein ironischer Gebrauch leichter möglich als bei dem Attribut »schlau«. Drittens kann es Bewunderung für schlaue, eben ausgefuchste Handlungen oder Menschen kundtun, ohne schleimig zu wirken.

Philip Dingeldey, Hersbruck, Mittelfranken

 

Grashüpferhupf: Mein Wort-Schatz

Vor einigen Tagen habe ich einem Grashüpfer das Leben gerettet. Er war im Garten in die Wasserschüssel für meine Katzen gesprungen, und da wäre er allein wohl nicht mehr herausgekommen. Der Dichter Joachim Ringelnatz hätte ihm wahrscheinlich geraten, es mit einem Grashüpferhupf zu versuchen, wie in einem seiner Gedichte: »Und lass deine Melodien lenken von dem freigegebenen Wolkengezupf. Vergiss dich. Es soll dein Denken nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.«

Mit diesem Satz wollen wir in den Sommer hüpfen.

Walter Horka, Tulln, Österreich

 

Affentaxi: Mein Wort-Schatz

Meine Kinder lieben es, von mir herumgetragen zu werden; wie kleine Äffchen hängen sie an meinem Rücken. Da ich aber im tiefsten Oberbayern aufgewachsen bin, kannte ich nur das dialektale »jemanden buckelkraxen tragen«. Das Wort »Huckepack« klang mir schon immer zu grob.
Auf der Suche nach einer kindgerechten wie auch klangvollen Bezeichnung erfand ich kurzerhand eine – seitdem heißt es bei uns: »Komm, wir fahren Affentaxi.« Und beim abendlichen Zubettbringen läuft sogar regelmäßig der Countdown: »Das Affentaxi fährt in 10 – 9 – 8 – …«

Martin Obermüller, Schwabach, Mittelfranken

 

Froh: Mein Wort-Schatz

Als Kinder haben wir gesungen: »Froh zu sein bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König.« so richtig verstanden haben wir das Lied wohl nicht, aber wenn wir gesungen haben, dann waren wir froh. »Froh«, nicht nach einem Sieg, sondern nach Errettung. Nicht der laute Ausruf »Geil«, »Mega« oder »Hammer«, sondern das stille Glück, ein bescheidenes, einfaches Glück, gepaart mit Dankbarkeit. Manchmal sag ich zu meiner Frau: »Bin ich froh, dass ich dich hab!« Längst haben wir beide Runzeln und sie auch noch ein paar Beschwerden. »Froh«, die Sicherheit, angenommen zu sein von einem lieben Freund, einem Partner fürs Leben. Wenn nicht die Leistung zählt, sondern das ehrliche Bemühen, dann sind wir ja so froh. Wenn man uns kennt und mit unseren Schwächen akzeptiert, dann stimmt uns das froh. Instrumente stimmt man, damit sie im Zusammenspiel harmonisch klingen. Frohe Menschen findet man dort, wo das Zusammenleben harmonisch ist. Da werden die Schwachen getragen, und man freut sich über das Glück und die gaben der andern. Manche Gasthäuser tragen den Namen »Frohsinn«. Ich bin froh, dass geduldige Lehrer und Lehrerinnen mir lesen und schreiben beigebracht haben. So kann ich jede Woche die Rubrik »Was mein Leben reicher macht« lesen und werde froh, weil es viele Menschen gibt, die fühlen wie ich. »Froh«: ein königliches Gefühl, das so manchem König vorenthalten blieb.

Hans Graf, Zürich, Schweiz

 

Alles Paletti: Mein Wort-Schatz

In der ZEIT Nr. 31/13 vom 25. Juli schrieb unser Leser Gunter Knauer aus Meerbusch, sein Wort-Schatz sei der Ausdruck Paletti, den er »Anfang der achtziger Jahre« selber erfunden habe. Danach habe sich die Redewendung »Alles paletti« sehr schnell verbreitet, sogar ein Londoner Taxifahrer habe ihn in seiner Gegenwart gebraucht. Nun melden zwei Leserinnen entschiedenen Widerspruch an:

Ich muss Herrn Knauer widersprechen: Sowohl mein Mann als auch ich kennen die Redewendung »Alles paletti« schon aus unserer Jugend in den sechziger und siebziger Jahren im Raum Hannover. Alles Paletti hieß auch ein TV-Spielfilm im Jahr 1985 nach einer Novelle von Leonhard Lentz. Wer immer das Wort wirklich erfunden hat: Herrn Knauer gebührt ein dickes Lob dafür, dass er »paletti« in diese Rubrik gebracht hat.

Dagmar Behschnitt, Bad Fallingbostel

Oh, oh, oh! Nun kenne ich ja nicht das Geburtsdatum von Herrn Knauer aus Meerbusch, aber meines ist der 12. August 1945, und ich bin mit dem Wort »Paletti« groß geworden. Es gehörte zum Sprachgebrauch der Familie meiner Mutter, einer geborenen Sycha, in Ibbenbüren im nordöstlichen Münsterland. Meine Mutter wurde im Juni 1918 in Marienwerder, Westpreußen, geboren und lebte bis zum Oktober 2000. Und vielleicht hat der Duden doch recht: »Herkunft ungeklärt«.

Anne Franzbecker, Paderborn

 

Fabelschön: Mein Wort-Schatz

Im Zimmer unserer zweijährigen Tochter ist es ungewöhnlich still. Ein Kontrollblick: Sie steht mit dem Rücken zu mir, vor ihr die ausgeräumte Kommode, hinter ihr auf dem Boden ein Kleiderchaos! Doch darin steckt Ordnung. Fein säuberlich voneinander getrennt auf Stapeln liegen Hosen, Bodys, T-Shirts, Pullis und Socken. Das einzuräumen wird dauern. Da dreht sich Johanna strahlend zu mir um und sagt: »Johanna macht das fabelschön!« Mir bleibt nur ein lachendes: »Ja!« Seither ist unser Wortschatz um dieses wunderschöne Wort reicher, wie fabelhaft!

Christiane Raig, Walchwil, Schweiz

 

Schussstiefel: Mein Wort-Schatz

Jetzt hat die Bundesligasaison wieder begonnen. Und da hoffen alle Fans, dass ihre Stars wieder die Schussstiefel anhaben werden. Obwohl heute von Stiefeln eigentlich ja keine Rede mehr sein kann, und jeder Star vom Hersteller schon seine Wunschschuhe bekommt, die an Weichheit und Fuß-Anpassung und Ball-Direkt-Feeling kaum zu überbieten sind.

Norbert Häfele, Hohenems, Österreich

 

Lauser: Mein Wort-Schatz

Denke ich an Lauser, huscht mir stets ein Lächeln über das Gesicht. So nannte Herr Günther uns Schüler, wenn wir die richtige Antwort wieder mal verfehlt hatten. Er war ein Deutschlehrer alten Schlages, der uns mit Strenge, aber auch mit Humor die deutsche Grammatik nahebrachte. Fast vierzig Jahre ist das schon her. Den Lauser habe ich nie vergessen.

Patrick Trumann, Bensheim

 

Mühewaltung: Mein Wort-Schatz

Es passierte an einem ganz normalen Arbeitstag: Kein mit Vorwürfen belastetes schreiben diesmal auf meinem Schreibtisch, sondern, getippt auf einer alten Schreibmaschine, die das schwarz-rote Farbband noch erahnen ließ, ein Vorschuss auf mein erwartetes Handeln: »Vielen Dank für Ihre Mühewaltung«. Was für ein Begriff! Der alten Maschine gleich so wunderbar aus einer Zeit gefallen, in deren Sprache doch eher Controlling-Skill-Levels neu geclustert werden, was immer das auch heißen mag. »Mühewaltung« dagegen ist leicht zu begreifen und inspiriert zum sorgfältigen Tun. Daher ist der Satz in seiner Gesamtheit auch in meinen dienstlichen Briefen immer wieder zu lesen und sei der künftigen Verwendung durch alle ZEIT-Leser empfohlen.

Arnd Vogel, Gera