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Mehr Glück geht nicht

Wir sitzen im Trauzimmer eines besonderen Standesamtes. Wir – dazu gehören außer Freunden und Verwandten unsere beiden Töchter und Schwiegerkinder, unsere kleine Enkeltochter, die über den Boden krabbelt. Vor dem „Altar“ stehen unser Sohn und unsere zukünftige Schwiegertochter, beide strahlend vor Glück. Unsere Gedanken wandern 30 Jahre zurück, als unser Sohn im Alter von 15 Monaten aus Indien zu uns kam, halb verhungert, krank, schwer hörbehindert, mit riesigen traurigen Augen, unfähig zu lächeln. Heute ist er – trotz seiner Behinderung – ein äußerst erfolgreicher junger Mann. Und jetzt steht er da und gibt seiner schönen jungen Frau das Ja-Wort. Mein Mann und ich sind uns einig: Mehr Glück geht nicht!

Ulrike Willecke, Düsseldorf

 

Entdecker

Freitagnachmittag 15 Uhr. Ich hole meinen „Adoptivenkel“ Kian aus dem Kindergarten ab. Zur Begrüßung schlingt er die Arme um mich und lacht mich durch seine kleine Brille an. Dann entdecken wir jede Woche gemeinsam die Stadt. Welch ein wunderbarer wechselseitiger Lernprozess.

Klaus Schüler Nürnberg

 

Dienstreise

Nach einigen Monaten Elternzeit bin ich wieder zurück im Beruf und heute auf meiner ersten Dienstreise. Ich sitze im Hotelzimmer, Hunderte von Kilometern von zu Hause entfernt, ich denke an meine beiden Lieben. Ich bin dankbar, dass sich Familie und Beruf vereinbaren lassen, und lächle, weil ich mir so gut vorstellen kann, wie die beiden die Zeit genießen.

Katrin Tännler, Brüssel

 

Gruselhörspiel, online und offline

CC-BY-Ch. Histel

Die Idee zu unserem Gruselhörspiel entstand an einem Sommerabend im Biergarten. Als Grundlagen sollte der Groschenroman dienen, den ein Freund im Rahmen einer Wette geschrieben und seitdem auf der Festplatte liegen hatte: Die Geschichte des Parapsychologen Moe Hackett. Schnell waren der Roman zum Hörspielskript umgeschrieben und via Twitter, Facebook und E-Mail die SprecherInnen gefunden. Die Beiträge wurden gesammelt und dann von einem befreundeten Tontechniker im Studio gemixt. Das fertige Hörspiel steht kostenlos zum Download bereit.

Doch ein wenig mehr wollten wir dann doch auf die Beine stellen: Eine Hörspielpremiere sollte es geben, nämlich im „Burgtheater“, einem stillgelegten Kino aus den Fünfziger Jahren, das der Besitzer, ein netter älterer Herr, für Veranstaltungen vermietet. Passend zum Geisterjägerplot wurde der 31.10. als Termin angesetzt – Halloween. Doch wenn interessiert schon die Premiere eines Amateurhörspiels, dachten wir und rechneten mit nicht mehr als 20 Gästen. Trotzdem legten wir uns ins Zeug, mit Deko und Tombola, und fanden sogar Sponsoren für Lospreise, einen Teil der Getränke und Gruselmuffins. Nachdem wir in Lokalpresse und über das Web 2.0 kräftig getrommelt hatten, erschienen uns um die 50 Besucher realistisch. Doch wir hatten uns wohl unterschätzt: Das Foyer füllte sich und schon bevor die Premiere um 20 Uhr begann war klar, dass die 80 Plätze des Kinosaals besetzt sein würden. Wir gaben schließlich eine zweite Vorstellung und zählten insgesamt 120 Gäste. Nicht nur die Saalmiete konnten wir am Ende decken, wir nahmen zusätzlich noch über 200 Euro ein, die wir zur Unterstützung von Creative-Commons spenden werden, unter deren Lizenz das Hörspiel läuft und die Veranstaltungen wie unsere Hörspielpremiere überhaupt erst möglich macht.

Judith Rachel, Friedrichsthal

 

„Werden Sie alt, junge Frau!“

Gestern, in meinem Minisupermarkt um die Ecke, habe ich eine kleine, gepflegt aussehende, alte Frau gefragt, ob ich ihr helfen könne. Sie stand mit ihrem Einkaufswagen suchend an den Brötchenschubfächern, aus denen du die Brötchen mit der Zange herausfischen musst, und fand die Tüten nicht. Ich gab ihr eine, und sie sagte: „In meinem Alter, wissen Sie, da ist es eben nicht mehr so gut mit den Augen.“ – „Ach, das geht auch jüngeren so mit all dem Vielen…“ hab ich gesagt. – „Nun“, sagte sie, „aber ich werde bald 100.“ – „Was!?“ hab ich gefragt. – „Ja, am 29. Dezember 1910 bin ich geboren.“ – Ich konnte es nicht fassen! – Wir haben am selben Tag Geburtstag, und gegenüber dieser bald Hundertjährigen kam ich, 1951 geboren, mir plötzlich vor, als sei ich gerade mal aus der Pubertät heraus. – Aufrecht stand sie; mit klaren Augen schaute sie mich an; weder Stöcke noch Rollator hatte sie dabei. Und auch der Abschiedsgruß hat mir gefallen: „Werden Sie alt, junge Frau, und gesund!“

Christa Frontzeck, Berlin

 

Auf der Jagd nach den Munros

Das lange Warten auf die anstrengendsten zehn Tage des Jahres und schließlich: sich abzurackern, bei Wind und Wetter; den Akku ganz leer zu machen, damit er sich wieder füllen kann. Mein Freund Cord und ich sind sogenannte Munrobagger – Munro-Sammler. Munros sind Berge in Schottland, die höher als 3000 Fuß (914 Meter) sind und noch ein paar andere Kriterien erfüllen müssen. Es gibt derzeit 283 Munros, das ändert sich aber von Zeit zu Zeit, je nachdem, wie die aktuellen Messungen ausfallen. Etwas mehr als hundert Munros liegen noch vor mir. Kein leichtes Unterfangen von Deutschland aus, aber eines, das sich lohnt.

Frank Müller, Mechernich

 

Spannender Sonntagmorgen

7.30 Uhr Sonntagmorgen, schnell ein Brötchen und nen Kaffee reingepfiffen…nur unter Zwang, du willst wieder nichts essen.

7.45 Uhr sitzen wir im Auto und fahren still durch unsere Heimat.

7.55 Uhr die Sonne blitzt frisch und munter hinter dem Keulenberg vor…andere Leute gehen hier wandern, um solch ein Schauspiel zu erleben.

8.15 Du nimmst deine riesige Tasche schweigend aus dem Auto und gehst.

8.35 Ihr macht euch warm, 11 + 5 Jungen in Rot–Weiß.

9.00 Uhr Anstoß…ihr kämpft und spielt und fallt und schiebt…ein Tor, ein Gegentor, ein Tor. Wir schreien, halten uns die Augen zu.

9.35 Uhr Pause, wir loben euch, klatschen euch ab, diskutieren.

9.45 Uhr Anpfiff, 2. Halbzeit – es läuft gut ! Wir jubeln. Jetzt nur durchhalten…wir schreien. Der Schiedsrichter hat auch wieder keine Augen…wir rufen und drücken alle „Elterndaumen“ dieser Welt.

10.20 Uhr Schluss! Sieg! Ihr jubelt und verneigt euch wie die Großen vor eurem Publikum. 9 Eltern vom Gegner und 8 Eltern von uns.

10.45 Uhr Singende Jungs unter der Dusche, nur zu Hören. Zu sehen schon lange nicht mehr. (Ihr seid schließlich fast Männer)

11.00 Uhr du kommst glücklich und stolz mit deiner riesigen Tasche und fragst: „Was gibt’s denn jetzt zu essen?“

Wie lange darf ich solch schöne Sonntagmorgen noch miterleben?

Conny Ruß Hempel, Mutter eines Sohnes, Landkreis Bautzen

 

Alte junge Liebe

Am Strand in Stubbenfelde, Usedom. Ein älteres Paar, beide ergraut, steht sich gegenüber. Sie hat sich, um den Größenunterschied auszugleichen, auf einen Pfahl einer Buhne gestellt. Er umarmt sie. Zärtlich hält sie sein Gesicht in ihren Händen, beide verweilen, sich liebevoll anblickend und dann in Küssen versinkend. Welch schöner, berührender Moment, an dem ich teilhaben konnte.

Agnes Wronski-Keizers, Berlin

 

Quiekende Erholung

Der Kopf ist dicht. Der Nacken schmerzt. Zu viel Arbeit. Zu wenig Zeit. Ich öffne die Tür nach Hause und streife Schuhe und Jacke ab. Ich gehe durch den Flur und in den nächsten Raum. Es quiekt, hüpft und wuselt vor meinen Augen. Große Augen blicken durch dichtes Fell. Ich setze mich vor dem Stall auf den Boden. Mein Mann kommt dazu und setzt sich neben mich. Fünf Fellknäule watscheln auf uns zu. Die Meerschweinchennasen schnüffeln nach uns und hoffen auf Futter. War heute ein stressiger Tag? Ich weiß es nicht mehr! Ich lächle, denn ich bin zu Hause!

Claudia Frick, Bad Kreuznach

 

Wer mein Leben reicher macht

Werner! Mein zauberhafter, schwuler Zehn-Hausnummern-weiter-Nachbar! Mit einer witzigen SMS, in der er mir einen schönen Tag wünscht, einem Spaziergang, seinem Lachen, seiner ganzen wundervollen Art. Schön, dass ich das Glück habe, ihn zu kennen!

Frau Ratsch & Latsch (Meinen richtigen Namen bitte nicht veröffentlichen, da wir in einem kleinen Dorf wohnen und jeder gleich wüsste, wer gemeint ist. Und Werner kann sich nicht outen!)