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„Du hast mein Herz berührt“

Fünf Worte bereicherten mein Leben: „Du hast mein Herz berührt.“ Sie wurden mir ins Ohr geflüstert. Trotzdem klangen sie in diesem Moment hoffnungsvoll und ehrlich. Und noch lange nicht so abgenutzt wie so manches dahingeheuchelte: „Ich liebe dich.“ Wozu braucht frau teure Geschenke, wenn sie sich an fünf Worten die Seele wärmen kann?

Ute Zamzow, Magdeburg

 

Alt-Englischer Humor

London. U-Bahn-Haltestelle Westminster. Ein altes Ehepaar betritt das Abteil. Beide mindestens 90, sie gebückt und am Stock gehend, er zitternd und mit Hut. Sie halten sich an den Händen. Wie auf Kommando erheben sich alle Leute von ihren Plätzen. Die Alten nicken dankend und setzen sich mühsam. Er nimmt den Hut ab. Schaut versonnen lächelnd in die Runde.

Dann beugt er sich zu seiner Frau, küsst sie auf die Wange und sagt seufzend: „Ich glaube, wir sehen ziemlich alt aus, my dear.“

Hannah Ruhm, Hannover

 

Vom Vintage verweht

Das neue Album des Hamburger Hip-Hop-Künstlers Dendemann: Vom Vintage Verweht! Großartige, intelligente und humorvolle Texte, Musik, die eher an Rock als an klassische Hip-Hop-Beats erinnert. Und das Beste: Endlich kann ich mal zusammen mit meiner Freundin, die den Hip-Hop nicht so mag, Musik genießen. Und an ihrem Geburtstag sogar ein Dendemann-Konzert besuchen.

Benjamin Wolf, Münster
Vom Vintage Verweht ist bei Sony Music Entertainment erschienen

 

Die Welt in zehn Minuten

Gumminis können ein, drei oder sogar vier Leben haben. Und das steht unter ihrem Fuß. Wie praktisch. Aufgeklärt hat mich Luan, acht Jahre, mit dem ich als Lesepatin in seiner Grundschule jede Woche lesen übe. Guck mal einer an, dachte ich da. Was es nicht alles gibt. Kaum zwei Sätze weiter erklärt Luan mir, dass sie in Albanien Minen auf der Spielwiese mit einem Besenstiel zum Explodieren gebracht haben. Und nahtlos weiter, dass seine Schwester Spielzeug für 13 Euro gekriegt hat – und er nur die Gumminis für sechs. Voll gemein!, wie er meint. Die Welt mit acht in kaum zehn Minuten. Irre.

Christina Osburg, Düsseldorf

 

Ohne Punkt und Komma

Man huldige dem Thomas Bernhard aus Österreich, dem tollsten aller Länder. Von diesem Bernhard, da hat ein Buch gerade 80 Seiten und kommt aus ohne Punkt und ohne Komma. Bis der Vorhang fällt, bei diesem Bernhard, Text, doch weder Punkt noch Komma.

Alexander Fischer, München
Die Bücher Thomas Bernhards sind bei Suhrkamp erschienen

 

Schwimmen im indischen Ozean

In der Früh um acht im Alten Stadtbad (das aufgrund eines Bürgerbegehrens nun doch nicht geschlossen werden darf) meine Bahnen zu ziehen. Die Sonne zaubert Seychellenwasser durch die Jugendstilfenster. Man ist mitten in Augsburg und doch an einem völlig anderen Ort.

Ingrid Kipp, Augsburg

 

Ausflug nach Quatna

Ich lese keine historischen Romane, ich habe keine Ahnung von der Geschichte des Vorderen Orients, ich wusste nicht einmal, dass es einen Staat Qatna gab. Und dann ging ich in die Stuttgarter Ausstellung, in der die archäologischen Funde dieses kleinen Königsreiches gezeigt wurden, eigentlich nur, weil der Tübinger Professor Peter Pfälzner im Irak diese spektakulären Entdeckungen gemacht hat. Und ich wohne bei Tübingen. Alles toll, alles
aufregend, gut gemacht.

Und dann machte ich diesen Fund im Museumsshop: der historische Roman „Qatna“ von Maria Courant. Man sagt ja, man habe ein Buch gefressen. Genauso ging es mir. 555 Seiten spannendste Dramen aus dieser Epoche (1355 bis 1332 v. Chr) haben mich nicht mehr losgelassen, weil – und das ist jetzt die Bereicherung – die Autorin eine Wissenschaftlerin ist, die Pfälzner offenbar im Nacken saß. Sie weiß alles über König Schuppiluliuma, Pharao Echnaton und schildert das Leben der damaligen Zeit, als sei sie eine Freundin von Prinzessin Kira, Schuppiluliumas Tochter und Protagonistin, gewesen. Wir erfahren alles über das höfische Leben, Kriegskunst, Liebeskunst, Männerphantasien, Frauendasein – und können uns glücklich schätzen, die Bedeutung des archäologischen Fundes Qatna zu erahnen. Wie gesagt, ich lese sonst keine historischen Romane, weil in ihnen so viel Schmu erzählt wird. Hier nicht. Geschichte pur in Spannung pur. Hab ich so noch nicht erlebt. Und ich lese viel.

Eleonore Wittke, Kusterdingen-Mähringen

 

Urzeitliche Erfinder

Meine maßlose Überschätzung von heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen wurde angekratzt, als ich am Sonntag das archäologische Museum im Pauli-Kloster zu Brandenburg/Havel besuchte. Viele spitz zugeschlagene Feuersteine füllen überall die Vitrinen, aber wie kommt man auf die Erkenntnis, dass ein Pfeil mit solchem Feuerstein besser fliegt, wenn sein Schaft mit Federn versehen ist? wie kamen Steinzeitmenschen auf die Idee, mit ihren Mitteln einen Blasebalg zu basteln, um das Feuer anzufachen? Diese Vorgänge wurden mir in dem exzellenten Pauli-Kloster-Museum so anschaulich vor Augen geführt, dass der Unterschied in der Potenz des Neocortex zwischen diesem Anfangswissen und z.B. der Evolutionstheorie oder neuzeitlichen technischen Neuerungen zu schwinden schien.

Christa Krüger, Berlin

 

Strohwitwe

Ich bin Strohwitwe. Das kommt sehr selten vor. Sonst immer überlegt, was ich endlich einmal wieder für mich und mit mir anfange: Ungewöhnlich sollte es sein. Diesmal: Ich lasse mich treiben über die Stunden. Zeitung lesen auf dem Balkon. Zu einem Geburtstag „aufbrezeln“ und mit der S-Bahn hinfahren. Eis mit Erdbeeren nächtens im Bett
essen. Morgens um fünf zufällig eine Sendung über das Neue Museum in Berlin finden. Mich in einem Biergarten verhocken. Haferl Kaffee und Rhabarberkuchen. Nichts lesen. Nur schauen. Endlos am Telefon verquatschen. Glück.

Ingrid Riedmeier, Unterschleißheim

 

So fühlt sich Glück an

Beemp, beemp, beemp, beemp
Beemp, beemp, beemp, beemp

Peter dreht das Küchenradio laut.

I gotta feeling
Oooo-ho
That tonight’s gonna be a good night

Ich komme aus dem Waschkeller nach oben.

That tonight’s gonna be a good good night
Oooo-ho

Die Kinder übernachten heute bei den Großeltern.

Let’s paint the town
We’ll shut it down!
Let’s burn the roof

Peter hopst auf dem Sofa.

And then we’ll do it again
And do it! And do it! And do it all again!
Oooo-ho

Ich springe im Takt mit nach oben gereckter Hand durch die Küche.

Here we come, here we go
We gotta rock-ock-ock!
Easy come, easy go
Now we’re on top-op-op

Wir treffen uns im Wohnzimmer.

Fill up my cup.
RIGHT!!!
Mazel tov!
And then we’ll do it again
And do it! And do it! And do it all again!
Oooo-ho

Das Lied ist vorbei. Wir liegen uns atemlos in den Armen. So fühlt sich Glück an.

Saskia Wegemer, Hamburg, 39 Jahre, ist seit 16 Jahren mit demselben Mann zusammen, gemeinsam haben sie zwei Töchter (2 + 6)