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Was mein Leben reicher macht

Große Distanzen dank moderner Technik überwinden: Meine Mutter in Deutschland ruft via Internet im weit entfernten Oman an: »Haaalloooo, Schätzchen, hörst du mich?« Wie schön, und wie vertraut!

Marina Tsaliki, Maskat, Oman

 

Däuen: Mein Wort-Schatz

Zur Kur im niederbayerischen Bad Birnbach. Da die Knochen ächzen und ich nichts mehr tragen soll, hab ich auf dem Weg zum Bade ein Rollwägelchen dabei. Das Pflaster allerdings zeigt seine Tücken, die Rädchen bleiben immer wieder in den Fugen hängen. Plötzlich eine Stimme hinter mir: »Däuen, nicht ziehen!« Der Mann lächelt freundlich und geht weiter. Danke! Lang nicht mehr gehört, dieses alte kölsche Wort für »schieben« und »stoßen«. Und jetzt hier, im tiefsten Bayernlande!

Anna Wefers, zzt. Bad Birnbach

 

Das ist mein Ding

Die alte Kamera meines Vaters. Er kaufte das besonders lichtstarke Objektiv vor knapp 30 Jahren, um meine Geburt fotografisch festhalten zu können. (Blitze waren im Kreißsaal nämlich strengstens verboten.) Heute freut er sich darüber, dass ich diese Kamera zu schätzen weiß, und ich freue mich über die schönen Bilder, die sie mir liefert. Sie begleitet mich auf jeden Ausflug, jede Reise. Eigentlich nehme ich sie überall mit hin. Die analoge Fotografie reizt mich, denn dank der digitalen Bilderflut bin ich übersättigt von perfekt nachbearbeiteten Aufnahmen.

Katrin Bauer, Dortmund

 

Shoetingstars

Schuhe an Stromleitungen sind ein Denk-An-Sporn: Wie kommen sie dahin, was sollen sie uns sagen? ZEIT-Leser Klaus Störch aus Hattersheim hielt sie für die Reaktion frustrierter Fans auf das enttäuschende Abschneiden der deutschen Nationalelf bei der Europameisterschaft. Leser Wolfgang K. Albrecht-Schoeck aus Berlin wies darauf hin, man gedenke mit den Schuhpaaren gefallener Soldaten. Der Brauch stamme aus US-amerikanischen Ghettos. ZEIT-Redakteur Wolfgang Lechner freut sich über das Dialogische, das im Forum ZEIT der Leser entsteht.

Im September entdeckte ich High-Heels, die an Kabeln baumeln. Gedenken die Bonner also ihrer Soldatinnen? Wohl kaum. So erging ich mich in diversen Ansichten auf das hochhackige Schuhwerk an der Leine, eher Ansichten eines Clowns, etwa: “Erhängen“ Bonner symbolisch im Pars-pro-toto ihre Ex-Freundinnen oder setzen sie verflossenen Tanten ein Zeichen? Oder doch eher Opfern im Straßenverkehr?

Möglicherweise sind die erhabenen High-Heels aber auch ein emanzipiertes “Auch Frauen wollen hoch hinaus!“ – oder, das ziemliche Gegenteil, wiederum nicht minder beherzt, ein “Da schaut her, auf Knöchelkillern fielen wir fast herab ins finstere Tal.“ Hoher Absatz marsch. Vielleicht auch eine stolze Verheißung neuer Freundschaft? Die Stöckelschuhe, die die amtierende Freundin beim Kennenlernen beim Ball trug? Dies dann ähnlich dem Willkommensgruß an den Nachwuchs durch angeseilte Babysachen an der Hauswand. Vielleicht ist es aber auch einfach „nur“ Kunst? Viele Fragezeichen. Ohne Zweifel sieht es gut aus und sieht sich gut an – besonders, siehe oben, bei schönem Wetter…

Am schönsten wäre es natürlich, wenn sich die, hm, “Aufhänger“ melden würden, wenn auch anonym. Ich stelle mir vor, sie sagten, befragt nach Grund und Motivation, “Och, einfach so“…

Dann kehrte eine Freundin nach einem Jahr zurück aus Guatemala. Dort hängen Schuhe allüberall, ganze Bäume seien voll davon, sagt sie. Das Motiv wusste aber auch sie nicht zu klären.

Sonja Röder, Bonn

 

Was mein Leben reicher macht

Ein sonniger Nachmittag im Garten. Unser Sohn, zweieinhalb Jahre mit Downsyndrom, steht das erste Mal alleine auf und läuft vier Schritte in meine Arme.

Heye Christiansen, Linden, Hessen

 

Zeitsprung

 

Die Welt eines Paares kann komplex sein. Was aber, wenn dann noch drei Kinder dazu kommen? Die Veränderung wirkt sich auf das gesamte Leben aus. Und an Orten wie dem Badezimmer zeigt sie sich am deutlichsten. Das obere Bild entstand 2006 noch in unserem Zwei-Personen-Haushalt, das untere Bild zeigt unser Bad nach der Ankunft von Pauline, Anton und Mona im Jahr 2012.

Die Zunahme von Komplexität ist – so glaube ich doch – das, was man Leben nennt! Manchmal ein Tsunami, manchmal ein buntes Spiel der Dinge.

Herand Müller-Scholtes, Bonn