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Vorfreude

Vorfreude ist etwas Wunderbares! Ich bin in der 21. Woche schwanger, zum ersten Mal. Mir schießen Fragen durch den Kopf: „Braucht man eigentlich einen Stubenwagen?“, „Wie soll es heißen?“ und „Wie wird es sein, erst einmal keine Nacht mehr durchzuschlafen?“. Bei einem traurigen Zeitungsartikel kommen mir auf einmal die Tränen, sogar in einer vollen S-Bahn. Trotz oder gerade wegen dieser Veränderungen genieße ich es sehr, schwanger zu sein: In mir wächst ein neuer Mensch heran! Letzte Woche spürte ich auf einmal etwas in meinem Bauch. Waren das Tritte? Das muss es sein, das kleine Wesen, das bald meinen Alltag durcheinanderwirbeln wird!

Claudia Karbe, Berlin

 

Hier ist Afrika (3)

Eine Nachbarin hat ihr drittes Kind bekommen, ein süßes Mädchen namens Joy. Neben den sogenannten englischen Namen, welche meist biblische sind, wie Elizabeth, Ruben, Jeremiah oder Abigail, kriegen die Kinder oft noch einen traditionellen Namen, meist den der Großeltern. Sehr beliebt ist es aber auch, die Kinder „Freude“, „Geduld“, „Schicksal“, „Liebe“ oder „Genügsamkeit“ zu nennen. Wir also haben eine kleine Freude nebenan. Und dann wird bornhouse gefeiert: Die Menschen in der Nachbarschaft sammeln Geld und treffen sich an einem bestimmten Tag im Haus der größer gewordenen Familie. So besuchen auch wir Glory (auch so ein schöner Name!), um ihre Tochter Joy zu begrüßen.

Kamerun © ZEIT-Grafik

Der Tradition gemäß wurde von all dem gesammelten Geld Seife gekauft: 42 große Stücke kamen zusammen. Die Feier beginnt mit Gesang, den üblichen Liedern mit viel Händeklatschen, eins nach dem anderen. Dann eine Lesung aus der Bibel, eine kleine Predigt, ein paar Reden und ausgiebige Gebete im religiösen Teil. Anschließend tanzen alle im Wohnzimmer im Kreis und reichen das Baby reihum von der einen zum anderen weiter. Eine sehr schöne Sitte, das Kind in der Gemeinschaft willkommen zu heißen. Und natürlich wäre es keine afrikanische Party ohne Essen! Die Gäste lassen sich ein Schlückchen Wasser über die rechte Hand laufen, und dann werden fufucorn (ein Maisbrei), jamanjaman (ein einheimisches Blattgemüse) und Fisch aufgetischt, und wir verspeisen alles mit den Fingern. Zu trinken gibt es white mimbo, das ist Palmwein.

Seit fast zwei Jahren lebt Tabea Müller, 37, im Nordwesten Kameruns. Als Sozialmanagerin berät sie Frauen, unterstützt ein Alphabetisierungsprogramm und andere Projekte. Hier erzählt sie jede Woche über den Alltag im Inneren Afrikas.

 

Vive la Provence!

Frischer Ziegenkäse, produziert von Stéphane im Département Var aus der Milch seiner „Roves“-Ziegen. Verkauft von Maman auf dem winzigen Wochenmarkt von La Verdière. Rotwein aus der Cooperative nebenan und ein Baguette vom Bäcker im Dorf. Damit zum Picknick an den Verdon-Stausee in Quinson. Vive la Provence!

Jutta Theobald, Bad Kreuznach

 

Wiedergefunden: Der Kupferstich

Angeregt durch einen Beitrag in der ZEIT der Leser, habe ich die schöne Idee aufgegriffen, einen Notenständer für große Bildbände zu verwenden, um so jeden Tag, wenn auch nur im Vorbeigehen, einen Blick in diese werfen. Als ich einen Andrea-Palladio-Bildband aufschlug, fiel mir ein alter Kupferstich in die Hände, und sofort erinnerte ich mich: Vor rund 30 Jahren war ich mit meiner ersten großen Liebe nach Rom geflogen, eine abenteuerliche Reise über Ost-Berlin mit Interflug – das war damals billiger als ein Direktflug von Hamburg. Da ich zu dieser Zeit Gesang studierte, wollte ich unter anderem die Engelsburg aufsuchen, den Schauplatz der Oper Tosca. Mein Geburtstag fiel in diese Zeit, und meine Freundin schenkte mir diesen alten Kupferstich von Carlo Fea aus dem Jahre 1805. Auf der Rückseite fand ich sogar noch die Visitenkarte des Geschäftes in Rom. Unvergessliche Eindrücke und die Erinnerung an meine erste große Liebe verbinde ich mit dieser Reise. So können Bilder unsere Gefühle zurückholen, wenn wir gar nicht mehr damit rechnen, denn „Erinnerungen sind die einzigen Paradiese, aus denen man uns nicht vertreiben kann“ – wie es so schön heißt.

Bernd Lichtenberg, Hamburg

 

Die Sängerin Luise

Meine Tochter, eine Münchnerin wie ich, lebt mit Familie nun seit Jahren in Berlin. Als Teilzeitoma des zweijährigen Mädchens reise ich einige Male im Jahr für eine Intensivwoche zu ihnen. Ich bin mit ihr auf einem ausgesprochen schönen Spielplatz, der eingebettet zwischen umliegenden hohen Wohnhäusern liegt. Es ist Vormittag, nur kleinere Kinder klettern, bauen im Sand. Alles ist friedlich an diesem warmen Sommertag. Da fängt Luise an zu singen, entdeckt offensichtlich die Wirkung ihrer Stimme und eine kraftvolle Arie mit selbstverfassten Lauten und Melodien erfüllt minutenlang den Spielplatz. Ein älterer Herr, der ebenfalls ein Enkelkind beaufsichtigt, sagt zu mir: „wie schön, lauter Sportler und Baumeister und jetzt auch noch eine Sängerin!“ Ich konnte nur nicken, weil mich das Glücksgefühl zu Tränen rührte.

Ulrike Lehmann, Gröbenzell

 

Liebe Susanne Linke,

in den 60er Jahren saßen wir zusammen in einer Klasse der Elisabethenschule in Hofheim. In einer Aufführung der Jugendoper „Der Fischer und sine Fru“ hast Du den Herbst getanzt. Nicht nur Deine schönen roten Haare riefen sofort Assoziationen zu buntem Herbstlaub hervor, dein Tanz war derart kraftvoll und ausdrucksstark – zum Niederknien. Seitdem hast Du nicht nur mich beglückt mit Deinen Tänzen und Choreografien. Du hast internationale Anerkennung und Ehrungen erfahren, gehörst zu den wichtigsten Solotänzerinnen und Choreografinnen, hast den deutschen Ausdruckstanz entscheidend geprägt und weiterentwickelt. Doch Deinen Herbst von 1964 werde ich niemals vergessen.

Ilona Schulz, Frankfurt am Main

 

Stuttgart 21

Reizgas und Schlagstock
Liebenswertes Schwabenland
Wer ist hier das Volk?

Dirk Jädke, Wuppertal

 

Der Terror der Laubbläser

Der Herbst könnte so schön sein: das Rascheln des Laubs auf den Straßen, die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut (seit gefühlten fünf Sommern gab es keine so langen Schönwetterphasen mehr). Doch die beruhigende Herbstidylle, die auf die ruhige Winterzeit (in Bayern: die „stade Zeit“) vorzubereiten versucht, wird durch eine Erfindung der modernen Zivilisation fast gänzlich zunichte gemacht. Laubbläser, eingesetzt von ganzen Hausmeistertrupps, schneiden sich lautstark mit ihrem grässlichen Motorengeräusch durch den Herbst.

Denn Herbst bedeutet leider heute nicht mehr Ausklang des Jahres und Vorbereitung auf die besinnliche Zeit des Jahres. Nein, auch im Herbst wollen die Deutschen vor allem Ordnung machen. Es scheint ihnen angeboren zu sein. Sobald die ersten Blätter auf der Straße, dem Gehweg und dem Rasen liegen: hinfort damit! Und das geht anscheinend in dieser ohnehin schon so hektischen und gleichzeitig verwöhntbequemlichen Zeit nicht mehr mit dem leisen und emissionsfreien Besen und Rechen. Nein, in Zeiten von Klimaerwärmung, höchsten Spritpreisen und angeblich immer sparsameren Autos kann man ja den solcherart eingesparten Sprit gleich wieder beim Betrieb von Laubbläsern verheizen! Laubsauger, die das Laub wenigstens effizient einsammeln und nicht nur nutzlos von einer in die andere Ecke wirbeln, sind da bei Weitem nicht so beliebt.

Christoph Schwalb, Freilassing, Oberbayern

 

Was mein Leben reicher macht

Beim Erntedankgottesdienst in der St.-Jakobi-Kirche Lübeck mit dem Schüler-Lehrer-Eltern-Chor und dem Schulorchester des Johanneums die Bach Kantate Wir danken dir, Gott, wir danken dir zu singen. Wie wunderbar, dass so viele junge Menschen Freude an klassischer Musik haben und dafür Sonntagmorgens in die Kirche kommen!

Martina Böttger, Lübeck

 

Morgens um halb acht…

Samstagmorgens sehr früh auf den Markt am Domplatz: Milch (zwei Liter), Fleisch, Fisch (entweder oder), Obst und Gemüse (immer Äpfel und immer Tomaten), Kaffee mit Petra (zum besten Milchkaffee der Welt den Tratsch der letzten Woche), Lakritze (fürs Büro und die Kollegen natürlich), Käse (kein Hartkäse außer Parmesan), Brot (auch für die Nachbarn), Blumen. Und dann nach Hause zum Frühstück. Jetzt ist es 7 Uhr 30.

Christine Bolte, Münster