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Proust-Fragebogen für Blogger (82)

 

IMG_1199(c) Sousan Hammad

Sousan Hammad ist Texanerin und Palästinenserin. Das erste ist ein Umstand, das zweite eine bewusste Entscheidung, sagt sie. Herkunft, kulturelle Verankerung, Zugehörigkeit und Familie sind Gegebenheiten, die ihr Denken und Arbeiten bestimmen. Sie ist die Jüngste von 9 Kindern und Tante von 24 Nichten und Neffen. Als freie Journalistin und Schriftstellerin schreibt die 28-Jährige unter anderem für Al Jazeera America, Electronic Intifada und die Boston Review. Über arabische Poesie, den Nah-Ost-Konflikt, Literatur und Kino in Palästina, Schriftsteller aus dem Libanon, Alltag in Jordanien, Novellen im Oman. Auf ihrem Blog „Sousan Hammad“ erzählt sie von ihren Streifzügen. Derzeit lebt Hammad in Paris.

Was ist für Sie das vollkommene Blog?

Ein Blog, das als digitales Portfolio funktioniert und nicht nur seitenweise Psycho-Gebrabbel bietet.

Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten?

Es gibt keinen bestimmten Blogger mit dem ich mich identifiziere. Vielleicht Derek Gregory. Er schreibt über digitalen Krieg, Raum und Sicherheit. Und ist super smart. All seine theoretischen Schriften und Gedanken stehen frei zum Download zur Verfügung. Bewundernswert.

Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt eine Lieblingsbeschäftigung „online“ habe… Oft tu‘ ich so, als würde ich „online-sein“ vermeiden wollen und rede mir ein in Zukunft weniger Stunden im Internet zu verbringen. Schon allein die Überzeugungsarbeit ist reine Zeitverschwendung.

Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Ich glaube nicht an Ranglisten…

Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit?

Weder habe ich diese Fähigkeit, noch möchte ich sie jemals besitzen! Selbst die Fiktion, die ich schreibe trägt „more truth than fact“ in sich.

Ihr Lieblingsheld im Netz?

Edward Snowden

Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit?

Eine schwierige Frage…es gibt so viele Denker, die ich bewundere. Ich werde eine sentimentale Antwort geben und sagen meine Mutter – weil sie die Fähigkeit besitzt wirklich zu lieben.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen? 

Humor, Vorstellungskraft, Ironie, Originalität, Gewissenhaftigkeit

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen?

Die gleichen wie oben, aber vor allem politisches Bewusstsein.

Was mögen Sie im Netz am wenigsten?

Es ist ein Wirbelsturm voller Ablenkungen, der viel Zeit verschlingt. Vor allem für Menschen, die von zu Hause arbeiten.

Was stört Sie an Bloggern am meisten?

Wenn sie größenwahnsinnig sind.

Was stört Sie an sich selbst am meisten?

Ich bin Internet-süchtig und beachte weder Anstands- noch Grammatikregeln in Emails.

Ihr glücklichster Moment als Blogger?

Als mich die Boston Review, ein ziemlich radikales, amerikanisches Literaturmagazin, fragte für sie bloggen.

Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger?

In zwei Monaten 39 Texte von 39 Autoren lesen. Alle 39 zu interviewen und jeden einzelnen auf dem Blog des Beirut39 Literatur Festivals 2010 vorzustellen.

Über welches Talent würden Sie gern verfügen?

Selbstdisziplin.

Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden?

Ein Leben ist Erfüllung genug.

Ihre größte Extravaganz?

Ich bin kein typischer Konsument. Meine Schwestern reichen viel an mich weiter. Nur Bücher kaufe ich viel.

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?

Ich schwimme in einem Meer aus Informationen, nachdem ich den Morgen damit verbracht habe, über Drohnen zu lesen. Morgen interviewe ich den französischen Verteidigungsminister für einen Artikel über Frankreichs neue Ära der Drohnen. Al Jazeera America hat mir diesen Auftrag erteilt.

Ihr Motto?

Mein Motto ist von René Magritte gestohlen: “Rebellion is a reflex of the living (wo)man.” Wenn ich mich nicht empören kann, stimmt etwas nicht.

 

 

Iggy&Esther

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Anfang des Jahres veröffentlichten wir Bilder der deutschen Fotografin Esther Friedman aus ihrer Zeit als Freundin von Iggy Pop. Noch mehr Fotos zeigt der schöne neue Band aus dem Knesebeck Verlag, mit Texten von Daniel Haaksman.

(c) Knesebeck Verlag

 

Prominente zeigen uns ihr Lieblingsstück

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(c) privat

Louisa Hutton und Matthias Sauerbruch:
„Der Cloud Table ist unser erster Möbelentwurf, den wir auch fertigen liessen. Wir hatten ihn für unser erstes gemeinsames Haus entworfen, das wir 1991 umgebaut und zusammen bezogen haben. Das Dachgeschoss ist der Höhepunkt einer Sequenz von Räumen, die sich auf dem Weg nach oben hin immer mehr in Farbfelder auflösen. Umrahmt von den originalen Backsteinwänden und Schornsteinen hatte unser „sky garden“ den Himmel als Decke. Der Cloud Table ist ein quadratischer Kubus mit nur 74cm Kantenlänge. Auf einer Seite verstecken sich in den Hohlprofilen noch zwei weitere Beine, um den Tisch ausziehen zu können. Die silbernen Wolken auf der Glasfläche sollen die Wolken reflektieren, die am Himmel über dem Haus vorbeiziehen. 1993 zogen wir nach Berlin und ließen den Cloud Table in London zurück. Wir merkten aber schnell, dass wir ihn wieder bei uns haben wollten. Also retteten wir den Tisch nach Berlin, wo er momentan in der Küche unseres Büros steht und zu einem beliebten Ort für Lunch und Gespräche geworden ist – und wo er ab und zu die Wolken reflektiert.“

1989 gründeten Louisa Hutton, 55, und Matthias Sauerbruch, 58, ihr gemeinsames Architekturbüro. Mit ihrem Team in Berlin realisieren sie Großprojekte wie zum Beispiel das Brandhorst Museum in München

 

 

 

 

 

 

 

 

Kommt: „The Grand Budapest Hotel“

 

Prominente zeigen uns ihr Lieblingsstück

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(c) privat

Yvette van Boven:
»Diese Küchenwaage fand ich vor langer Zeit auf einem Trödelmarkt in Südfrankreich. Sie war in einem fantastischen Zustand und ich wollte sie unbedingt haben. Leider war mein Mann nicht begeistert, denn wir waren zu Fuß unterwegs und mussten sie den ganzen Tag mit uns herumtragen. Also bot ich an, die Waage alleine zu tragen. Ich litt für den Rest des Aufenthalts an schrecklichen Arm- und Rückenschmerzen. Aber es hat sich gelohnt.«

Yvette van Boven, 44, schreibt und illustriert Kochbücher und betreibt das Restaurant »Aan de Amstel« in Amsterdam

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(c) privat

Dominique Horwitz:
»Eine Uhr wie eine Sonne. Seit über fünfzig Jahren. Da meine Eltern ein Lebensmittelgeschäft hatten, war ich sehr oft allein. Sie hat mir dann immer zugeflüstert, dass es nach vorne geht.«

Der in Deutschland lebende Franzose Dominique Horwitz, 56, arbeitet als Schauspieler, Sänger und Theaterregisseur

 

Für die Stippvisite

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Big Ben? Notre Dame? Kennen wir. Was wir jetzt sehen wollen, wenn wir nur kurz in einer Stadt sind, zeigt uns der Onlineguide 12hrs.net: Etwa, wo es den besten Kaffee gibt.

(c) Søren Jepsen / 12hrs

 

Page Impressions: Das ZEITmagazin Nr. 44

 

Prominente zeigen uns ihr Lieblingsstück

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(c) privat

Nada Lottermann:
Ich bin leidenschaftliche Polaroid-Fotografin und sammle alles, was damit zu tun hat. Ich habe dieses tolle Gerät auf ebay ersteigert. Es ist ein kleines Studio, in dem man Schmuck fotografieren kann. Ich habe es mir einfach gekauft, ohne zu wissen, was ich damit anfangen werde. Dann bin ich auf die Idee gekommen, andere Sachen reinzulegen und zu fotografieren. Es ist spannend, wie eine Zauberbox: Man legt etwas Kleines rein wie z.B. ein Seidentuch oder kleine Buchstaben aus Metall. Danach stellt man alles ein, drückt einen kleinen Knopf und die Maschine macht ganz laute Geräusche… und schwupp kommt ein tolles Polaroidfoto heraus. Es ist zauberhaft. Ich habe die Box schon etwas länger und mittlerweile gehört sie für mich in unsere Wohnung. Auch wenn mein Mann sie nicht so schön findet.“

Nada Lottermann, 36, ist Fotografin und Stylistin. Nach Aufenthalten in Paris und Athen lebt sie mit ihrer Familie wieder in ihrer Heimatstadt Frankfurt

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(c) privat

Patrik Muff:
„Es gibt auch im Leben eines Mannes Stücke, die einem so ans Herz gewachsen sind, dass man echte Konflikte dafür in Kauf nimmt, zum Beispiel beim Zusammenziehen. Dazu gehört dieses Glasbild, das das Konterfei von Jesus Christus zeigt. Ich konnte mich schon als Kind für Heiligenbilder der katholischen Kirche faszinieren, welche meine protestantische Frau bis heute eher schaudern lassen. Als es zu einer ernsthaften Diskussion darüber kam, ob es „miteinziehen darf“, fiel die Scheibe vor unserer beider Augen um. Wir erstarrten im Moment des Schocks und der Erwartung, es sogleich in 1000 Einzelteilen wieder vorzufinden. Doch es war nicht zerbrochen. In diesem Augenblick hatte das Schicksal sich für mich entschieden und das Bild durfte miteinziehen. Dass darunter eine Matratze lag, mindert das Wunder ein wenig ab, aber wir nahmen es dennoch als Zeichen.“

Der Schweizer Schmuckdesigner Patrik Muff, 50, lebt seit 1998 in München. Neben seiner eigenen Linie entwirft er auch Kollektionen für andere Firmen wie Nymphenburg Porzellan