Lesezeichen
 

Proust-Fragebogen für Blogger (37)

(c) Marvin Zilm

Das besondere an Stephanie Quitterers Blog Hausbesuchwins ist, dass er sich bald erledigt hat. Das ist kein Zufall, sondern Konzept: Das Blog dokumentiert eine Wette, und wie jede Wette, ist sie irgendwann gewonnen oder verloren. In diesem Fall wettet die Bloggerin, innerhalb von 200 Tagen in 200 fremden Wohnungen an der Kaffeetafel gesessen zu haben. Um ihre Chancen zu erhöhen, von Unbekannten reingelassen zu werden, hat sie Kaffee und Kuchen im Gepäck. Und, wie sich das für eine Prenzlauer Bergerin gehört, auch ein Kind. Die Wette läuft.

Was ist für Sie das vollkommene Blog? Vollkommenheit schreckt mich eher ab. Ich mag es lieber, überrascht zu werden. Von einem guten Text und Gedanken, die mich auf Gedanken bringen. Von mehreren Ebenen. Von allem, was über einen Tellerrand hinausweist. Von Ironie. Von Peter Praschl, zum Beispiel.

Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten? Mit Okka Rohd und ihrem einfach wundervollen Blog SLOMO,  weil sie „in Echt“ genauso großzügig ist, wie im Netz. Und weil sie so liebevoll, so „ja, genau!“, und so genussvoll schreiben kann. Und weil ihre Lebensfreude süchtig macht. Und weil sie mit Dorothea Sundergeld und Karolina Stasiak zusammen die großartigen „Fünf Dinge“  erfunden hat.

Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung? Reisen. Per Anhalter.

Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung? Seit acht Monaten: meine Tochter. Unabhängig davon: Menschen beobachten. Kaffee trinken. Schreiben.

Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit? Wenn meine Phantasie meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen will.

Ihr Lieblingsheld im Netz? Der Hacker und der Google.

Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit? Momentan: jeden Tag ein anderer. Nämlich jeweils derjenige, der mir die Tür aufmacht, um mit mir Kaffee zu trinken.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen? Ellbogenfreiheit, Neugier, Eloquenz. Höflichkeit.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen? Loyalität, Humor, Ehrlichkeit und Witz. Toleranz und Offenheit. Güte.

Was mögen Sie im Netz am wenigsten? Werbung.

Was stört Sie an Bloggern am meisten? Ach herrje, das ist ja, als würde man fragen: „was stört Sie an Frauen am meisten?“ Wider den Klischees!

Was stört Sie an sich selbst am meisten? Dass ich Meister im Aufschieben bin, wenn es um Alltagsformalitäten geht.

Ihr glücklichster Moment als Blogger? Der erste Kommentar.

Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger? Überhaupt auf’s Bloggen gekommen zu sein, diesen simplen psychologischen Kniff mit dem sozialen Druck „Wette“. Ohne Blog hätte ich mit meinen Hausbesuchen wohl bald das Handtuch geschmissen.

Über welches Talent würden Sie gern verfügen? Das eines Spions. Und ich würde gerne Maschinen erfinden und bauen können. Und so mir nichts dir nichts „alles einen halben Ton höher“ auf dem Klavier spielen können, wie mein Mann.

Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden? Als The Sartorialist. Mit ein bisschen mehr Street und etwas weniger Style.

Ihre größte Extravaganz? Völlige Modebewusstlosigkeit. (Warte auf die Wiedergeburt)

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Haha.

Ihr Motto? Ja!

Blogger, die unseren Fragebogen auch ausgefüllt haben 

 

 

Mobile

www.anve.net

Wer so begabt ist wie die Bastler, die hinter dem portugiesischen Designstudio Anve stehen, kann sich sein MOBILE aus Strandgut selbst machen. Wer nicht, klickt hier hin

 

Freunde von Freunden Buch

(c) Distanz-Verlag

Freunde von Freunden“ ist nicht der Titel einer französischen Liebeskomödie, sondern eines BUCHS über das gleichnamige Einrichtungs-Blog: Dort werden die Wohnungen anderer Leute im Detail abgebildet

 

Smoothies

(c) true fruits

Saftschubser genannt zu werden, wäre ihnen wohl eine Ehre. Jenen drei Studenten aus Bonn, denen wir den Boom der Smoothies und Frisch-Säfte in Deutschland entscheidend mit verdanken. Nach einem Auslandssemester fragten sie sich: Warum gibt es eigentlich in Deutschland keine leckeren Säfte, wo die Deutschen doch mit 37 Litern pro Kopf und Jahr Weltmeister im Safttrinken sind? Inga Koster, Nicolas Lecloux und Marco Knauf waren so clever, die Herstellung gleich im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts aufzunehmen. Dann gründeten sie „true fruits“, eine Firma, deren charakteristische Glasflaschen längst in nahezu jedem Supermarkt zu finden sind. Nachdem die dickflüssig-nahrhaften Smoothies nun also flächendeckend verbreitet sind, haben die drei sich ein neues Thema gesucht: frisch gepresste Direktsäfte. Ohne irgendwas, nicht mal pasteurisiert, um Geschmack und Vitamine voll zu erhalten. Ihrem puristischen Namen verpflichtet, steht auf jeder Flasche drauf, was drin ist. Zum Beispiel: 5 Orangen und 13 Erdbeeren. Oder 4 Äpfel, 4 Birnen und 16 Himbeeren. Eine besonders gelungene Kreation. Erst fragt man sich noch: Warum genau 16? Wer zählt die? Und was passiert, wenn eine fehlt? Aber dann explodiert das Aroma der 16 Früchtchen. Dann sind eigentlich alle Fragen geklärt.

 

Feine Drucke

(c) Sabrina Sundermann

(c) Sabrina Sundermann

(c) Sabrina Sundermann

(c) Sabrina Sundermann

Seit Sabrina Sundermann im Gutenberg Museum in Mainz war, sammelt die gelernte Grafik- bzw. Verpackungsdesignerin begeistert Buchstaben. Nach ein paar beruflichen Zwischenstationen gründete sie letztes Jahr eine Werkstatt, in der sie eigene Papeterie herstellt. Ihre Motivation sagt sie, sei es Blei- oder Holzlettern aus verstaubten Setzkästen zu benutzen, um die Menschen wieder stärker zum Senden von handgeschriebenen Grüßen zu animieren. Neben dem eigenen Sortiment in ausgewählten Läden, bietet Small Caps auch Auftragsarbeiten wie Visitenkarten, Einladungskarten oder Plakate an

 

Josh T. Pearson

(c) Brian Doherty

Hobos sind eine aussterbende Gattung. Immer On The Road und No Direction Home, mit gebrochenem Herz und traurigen Geschichten im Koffer. Josh T. Pearson ist einer von ihnen, und er ist einer der interessantesten zeitgenössischen Folksänger. Ein Gespräch über Texas, Katharsis durch Musik und die Ehrlichkeit des Künstler. Sein neuestes Video „Drive Her Out“ gibt es hier

ZEITmagazin: Ihr aktuelles Album heißt „Last of the Country Gentlemen“. Sie sind einer von ihnen?
Josh T. Pearson: Ich hoffe es. Ich habe mal jemanden sagen gehört: „Ein Gentleman ist jemand, der etwas perfekt  kann, es aber einfach nicht tut“. Das hat mir sehr gefallen.

ZEITmagazin: Gibt es unter den großen Musikikonen jemanden, dem Sie sich nahe fühlen?
Pearson: Nicht wirklich. Ich mag Nick Cave sehr gerne, diese Idee vom Working Class Lied. Genauso schätze ich Johnny Cashs Stimme, das Gefühl in ihr. An Bob Dylan liebe ich, dass sich alles nach Wahrheit anhört, dass alles, was er tut, fast wie ein Gospel klingt.

ZEITmagazin: Sie kommen aus Texas, haben aber einige Jahre in Berlin und Paris gelebt. Wie haben Sie als Amerikaner Europa erlebt?
Pearson: Ich glaube nicht, dass sich meine Art des Songschreibens sehr geändert hat. Ich musste damals einfach raus. Ich kam nach Europa, um ein paar Konzerte zu spielen und wusste zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, dass ich dort bleiben würde, ich habe einfach den Rückflug nicht mehr genommen. Und aus zwei Monaten wurden zwei Jahre. So etwas passiert wohl häufiger in Berlin. Texas ist mein Zuhause, auch wenn ich nicht da bin. Eine Richtung Heimat gibt es für mich nicht, es ist immer die Straße. Ich denke, dass es gut ist, in Bewegung zu bleiben, damit das Innere heilen kann – auch wenn es hart ist.

ZEITmagazin: Ihre Musik klingt manchmal sehr sakral, Sie sind als Sohn eines Pfarrers aufgewachsen. Woran glauben Sie?
Pearson: Ich glaube nicht, dass ich das in Worte fassen kann. Aber ich glaube an irgendetwas, immer noch. Vielleicht daran, gut zu sein und Gutes zu tun. Vielleicht auch daran, in die Hölle zu kommen. Ich versuche und ich kämpfe, immer.

ZEITmagazin: Gibt es so etwas wie Magie im Jahr 2011, in Zeiten von Facebook, Google und Youtube eigentlich  noch?
Pearson: Es ist schwierig, leider. Ich war einige Jahre auf Tour ohne Alben rauszubringen – also musste man zum Konzert kommen und die Musik real hören und sehen – und trotzdem bin ich zu dem Punkt gekommen, dass Mythos und Magie fast unmöglich sind. Es gibt keine Geheimnisse mehr, vor allem nicht über Künstler. Wenn Du etwas wissen willst, googlest Du es. Du tippst es und konsumierst es. Dieser Tod des Geheimnisvollen und des Märchenhaften ist wirklich eine traurige Sache. Letztens hatte ich auf einmal eine Band im Kopf, die ich seit zehn Jahren nicht mehr gehört hatte, aber ich musste eben nicht zu meiner Plattensammlung gehen, um sie zu hören, sondern nur einen Namen bei Youtube eingeben. Das kann auch wundervoll sein.

ZEITmagazin: Man kann auch versuchen der Welt den Rücken zu kehren. Sie haben mal in der Wildnis gelebt …
Pearson: Ich glaube, das Ganze wird immer etwas überinterpretiert. Ich habe alleine in einem Haus gewohnt, in diesem 300-Einwohner-Dorf in Texas. Als ich dort hingezogen bin, gab es dieses ganze Internetding noch nicht so und ich hatte kein Auto. Ich habe Kontakt mit Freunden und Familie abgebrochen. Für mich war das eine Art Wildnis. Es war brutal, aber manchmal ist es ganz gut, abgeschlossen von der Außenwelt zu sein.

ZEITmagazin: Was hat Sie dazu gebracht, wieder Songs aufzunehmen?
Pearson: Ich habe nie aufgehört, Songs zu schreiben und habe immer Konzerte gespielt. Es gibt Hunderte, die ich einfach nie aufgenommen habe. Mit der Zeit wollte ich die Songs in eine Welt bringen, die mir nicht mehr gehört und ich dachte, es wäre auch gut für mich, sie rauszubringen. Ich habe mir schon gedacht, dass die Kritiker das Album lieben würden, denn es ist gute Arbeit und vor allem ist es ehrlich. Aber es überrascht mich immer wieder, dass die Leute es tatsächlich kaufen und es offenbar so viel Traurigkeit da draußen gibt. Es hilft mir, dass es den Leuten hilft.

ZEITmagazin: Die Bühne scheint für Sie ein schmerzvoller Ort zu sein. Warum treten Sie trotzdem auf?
Pearson: Ich hoffe einfach, dass es einigen Leuten gut tut. Die Leute kommen ja immer wieder, wir sind jetzt seit neun Monaten auf Tour. Dann kommt auf einmal jemand mit Tränen in den Augen zu Dir und sagt „Hey, das habe ich gerade wirklich gebraucht“. Vielleicht brauche ich es auch und es ist eine Art Katharsis.

ZEITmagazin: Ihr Album hört sich an, als würden Sie versuchen Ihren Gedanken eine Richtung zu geben.
Pearson: Das ist ein Kampf, und es ist schwierig, eine Struktur zu finden. Es ist, als ob man Auto fährt und nicht weiß, wo man hin will. Oder man hat eine Karte und kennt den Weg, fährt aber einen Umweg.

ZEITmagazin: Es geht um Liebe und gebrochene Herzen. Wie viel an diesem Schmerz ist inszeniert?
Pearson: Es ist alles echt. Man muss es sich vorstellen wie eine Dokumentation: wichtig ist, die rohe Essenz des Gefühls zu erfassen. Das ganze Album ist ein Liebesbrief, es ist das Geräusch der Trennung. Ich habe diese Songs nicht in dem Wissen geschrieben, sie jemals zu veröffentlichen. Das ist das Gute daran.

Die Fragen stellte Hella Schneider

 

Bayern gegen Dortmund (13. Spieltag)

Unser Chefredakteur Christoph Amend ist Bayern-Fan. Unser Berater Matthias Kalle ist Dortmund-Fan. Wie halten sie es diese Saison miteinander aus? Immer montag vormittags an dieser Stelle: ihre Emails vom Wochenende

Amend, Samstag, 09 Uhr 37: Nervös?

Kalle, Samstag, 09 Uhr 55: Och … Ich überlege schon den ganzen Morgen, was das heißen soll: „Wir müssen Bayern auf unser Niveau runterziehen?“

Amend, 09 Uhr 57: Hat was defensives, würde ich sagen. Oder meinte Herr K.: „Lieber am Trikot ziehen, als brutal foulen“?

Kalle, Samstag, 09 Uhr 59: Oder den Klassiker, neu interpretiert: Wenn wir schon nicht gewinnen, machen wir denen wenigstens den Rasen kaputt … Ich möchte aber dann doch einmal an die vergangene Saison erinnern: Bayern: Dortmund 1:3 …

Amend, Samstag: 15 Uhr 56: Ewig her – Gott sei Dank …

Kalle, Samstag, 16 Uhr 22: Ewig währt am längsten … Dein Tipp?

Amend, Samstag, 16 Uhr 32: 3:1. Für Bayern. Und wenn das so weiter geht mit Herrn Reus in Mönchengladbach, müssen wir ihn dringend nächste Saison holen …

Kalle, Samstag, 19 Uhr 20: Na? Ratlos? 

Amend, Samstag, 19 Uhr 22: Wo ist Götze?

Kalle, Samstag, 19 Uhr 26: Da wo Gomez ist …

Amend, Samstag, 19 Uhr 28: Ja, muss ein ruhiger Ort sein … Jens Lehmann und Marcel Reif hingegen könnten etwas ruhiger sein, oder?

Kalle, Samstag, 19 Uhr 31: Lehmann zeigt aber Sachverstand – und Reif war schon immer ein Dortmund-Hasser. Lauterer halt …

Amend, Samstag, 19 Uhr 38: Die beiden werden keine Freunde mehr in diesem Spiel

Kalle, Samstag, 19 Uhr 57: Jaaaaaaaaaaa

Amend, Samstag, 19 Uhr 59: Grmpf

Amend, Samstag, 20 Uhr 19: Götze ist ein Schwalbenkönig, noch besser als Robben

Kalle, Samstag, 20 Uhr 25: Egal!

Amend, Samstag, 20 Uhr 36: Glückwunsch

Kalle, Samstag, 21 Uhr 01: Danke! Verdient …

Amend, Samstag, 21 Uhr 02: …

 

Die Deutschlandkarte im Radio

(c) ZEITmagazin Nr. 47

Wo werden die meisten Fahrräder geklaut? Wo sind die Deutschen am dicksten? Wer bezieht am häufigsten Ökostrom? Die Deutschlandkarten des ZEITmagazins erscheinen jetzt auch als Kolumne beim Saarländischen Rundfunk im Programm von SR 2 KulturRadio. ZEITmagazin-Redakteur Matthias Stolz beantwortet jede Woche die wichtigsten Fragen zu Deutschland. Sonntags zwischen 14 und 16 Uhr in der Sendung “Länge Sieben –Das Kulturmagazin aus Saarbrücken”. Waldbrände „so groß wie das Saarland“, Inseln „so groß wie Hessen“, Stauseen „doppelt so groß wie Bremen“. Es ist bei Journalisten sehr beliebt, Flächen mit Bundesländern zu vergleichen. Aber nicht alle kommen dabei zum Zug

 

Das können Sie glauben!

(c) Stefan Kuzmany

Stefan Kuzmany ist Kulturredakteur bei Spiegel online – und neuerdings auch Hobby-Theologe. Gerade erschien sein Buch „Das können Sie glauben!“, darin erzählt er, wie es sich so lebt als Moslem, Christ, Jude oder Buddhist. Stefan Kuzmany hat die Angebote der großen Weltreligionen angenommen. Ob er das Seelenheil gefunden hat?

ZEITmagazin: Wie religiös sind Sie, Herr Kuzmany?
Stefan Kuzmany: Ich bin in der Nähe von München aufgewachsen, mein Vater war evangelisch, meine Mutter katholisch. Ich bin getauft, aber nicht wirklich religiös erzogen worden. Trotzdem war ich nach meiner Konfirmation sehr fasziniert vom Glauben an Gott. Ich dachte damals, ich könnte eine Art Handel mit ihm machen. Nach dem Motto: Wenn ich mich benehme, sorgt Gott für die guten Schulnoten und die erste Freundin. Das war natürlich Unsinn.

ZEITmagazin: In ihrem Buch findet sich (noch vor der Einleitung) eine Gebrauchsanleitung. Darin steht, es handele sich ausschließlich um das höchst individuelle Empfinden des Autors. Wie ernst sind Ihre Bedenken, Gläubige könnten sich durch den ironischen Tonfall ihres Buchs verunglimpft fühlen?
Kuzmany: Ich nehme das schon ernst. Man weiß ja heute nicht, wer da was in den falschen Hals bekommt. Mir ist natürlich klar, dass Leute, die extremistisch glauben, sich von solchen Erklärungen nicht besänftigen lassen.

ZEITmagazin: Sie schreiben, dass Sie manchmal gerne glauben würden. Wann?
Kuzmany: Es gibt Situationen, in denen ich es besser fände, mich auf das feste Regelwerk einer Religion stützen zu können. Wenn ein Mensch stirbt, der einem nahe steht, wäre es sehr schön zu wissen, dass er nun in einer besseren Welt ist. Sonst bin ich aber froh, die Welt so zu sehen wie ich es tue.

ZEITmagazin: Was sagen Sie ihrem Sohn, wenn er morgen fragt, ob es einen Gott gibt?
Kuzmany: Der ist im Kindergartenalter und noch etwas zu jung für mein Buch. Ich würde mich also zurückhalten, um keine Illusionen zu zerstören. Aber es wäre auch falsch, etwas zu vermitteln, das ich selbst nicht glaube. Mein Sohn ist nicht getauft. Wenn er alt genug ist, wird er seine eigenen Entscheidungen treffen. Wenn er Lust hat, gebe ich ihm dann mein Buch zu lesen.

ZEITmagazin: Die Weltreligionen in den verschiedenen Kapiteln erscheinen wie Marken, die ein Produkt loswerden wollen.
Kuzmany: Ja, meine Herangehensweise hält sich bewusst an die Konsumentenperspektive. Wir kennen doch diese Situationen, wo einem ein Glaube aufgeschwatzt werden soll, in der Fußgängerzone oder am Bahnhof. Dort bekommt man einen Zettel in die Hand gedrückt, der das Seelenheil verspricht. Wir leben in einer Zeit, wo die Religion wieder stärker wird, manchmal bekommt sie dabei einen regelrechten Warencharakter.

ZEITmagazin: Sie wollen aber niemandem seinen Glauben vermiesen, oder?
Kuzmany: Auf keinen Fall. Ich schreibe auch über Leute, die eine positive Kraft aus dem Glauben ziehen, etwa die Kindergärtnerin meines Sohnes. Ich bin aber der Meinung, dass Religion keinen Einfluss auf politische und gesellschaftliche Entscheidungen haben darf. Es kommt immer darauf an, wie sie eingesetzt wird. Religion allein macht keine besseren oder schlechteren Menschen.

ZEITmagazin: In Ihrem ersten Buch „Gute Marken, böse Marken“ ging es um politisch korrekten Konsum. Gibt es einen Zusammenhang zum Neuen?
Kuzmany: Es ist eine ähnliche Herangehensweise. Damals habe ich auch einen Glauben hinterfragt, den Glauben an das richtige Label. Ich habe mir angeschaut, wie es dem Bio-Huhn wirklich geht, das die gesünderen Eier legt. Und habe festgestellt: Vor Ort sieht der Hof meist nicht so toll aus, wie auf der Verpackung. Ich habe gefragt: Wie sind die Arbeitsbedingungen der Menschen, die unsere schicken iPhones produzieren? Antwort: Gar nicht so schick. Aber scheinbar gute Marken beruhigen die Kunden ungemein. Man muss nur daran glauben.

Die Fragen stellte Alexander Krex

 

M. Missoni for Orphan Aid

(c) yoox.com

(c) yoox.com

(c) yoox.com

Wer Schönes kreiert, kann auch Gutes tun. Margherita Missoni ist nicht nur bekanntester Spross der Designerfamilie, sondern auch Präsidentin der Organisation OrphanAid Africa in Italien. Was läge da näher, als mit dem typischen Missoni Zick Zack Muster Hilfe für afrikanische Waisenkinder zu sammeln? Die komplett in rosa und rot gehaltene Minikollektion – zwölf Stücke nur beinhaltet sie – ist ab sofort in allen M Missoni Geschäften sowie hier erhältlich.