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Wie im richtigen Film

(c) Christian Hartmann

Der Schauspieler Oliver Wnuk hat seinen ersten Roman geschrieben. „Wie im richtigen Film“ ist eine melancholisch angehauchte Liebeskomödie, die das Leben des Protagonisten Jan Beckmann in all seinen Rollen beschreibt: Als mittelmäßig erfolgreicher Schauspieler, als Freund und Exfreund, als Vater einer fünfjährigen Tochter und Sohn eines alzheimerkranken Vaters. Am Mittwoch Abend stellte Wnuk, stimmlich unterstützt von der Schauspielerin Mina Tander und musikalisch begleitet vom Sänger Philipp Poisel, sein Buch in der Berliner Kulturbrauerei vor. Und das mit so viel Vorlesetalent, dass wir wärmstens einen Blick auf die weiteren Tourdaten empfehlen.

ZEITmagazin: Herr Wnuk, wie schwer war es, den ersten Roman zu schreiben?
Oliver Wnuk: Eigentlich ist es mir leicht gefallen. Ich glaube, eine Stärke des Romans sind seine filmischen Dialoge, und die habe ich durch das Schauspielen und Drehbuchlesen gelernt. Aber für ein Buch muss man auch über viele Berge gehen. Manchmal weiß man nicht, wie es weiter geht, dreht sich im Kreis, muss wieder zurück.

ZEITmagazin: Was haben Sie in solchen Momenten gemacht? Irgendwelche Tricks?
Wnuk: Ich bin meistens in die Badewanne gegangen und habe ein Glas Wein getrunken. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ab einer gewissen Wassertemperatur fallen plötzlich die fehlenden Puzzleteile von der Badezimmerdecke.

ZEITmagazin: Ihr Roman hat viele autobiographische Parallelen: der Beruf, die Ex-Freundin, die kleine Tochter und auch die Badewanne. Wie viel Oliver Wnuk steckt in Jan Beckmann?
Wnuk: Die Grundkonstellation habe ich aus meinem eigenen Leben gezogen, aber was die einzelnen Figuren sagen und wie sie handeln ist frei erfunden. Außerdem halte ich mich für emotional reifer als Jan. Es ist also in keinster Weise ein Schlüsselroman oder eine Autobiographie.

ZEITmagazin: Jan kämpft schnell und oft mit den Tränen. Sind Männer gar nicht so stark, wie sie meist tun?
Wnuk: Ich glaube, es gibt einfach Dinge, über die ein Mann nicht gern spricht und Situationen, in denen er Angst hat, sich zu blamieren. Durch die Emanzipation der Frau steckt er in einer neuen Rolle und musste viel lernen: Er soll nicht nur das Geld nach Hause bringen und ein Wasserleck reparieren können, sondern auch ein toller Liebhaber sein, sich ums Kind kümmern, bereit sein Elternzeit zu nehmen und die Windeln zu wechseln. Manchmal kommt er damit noch nicht zurecht. Für die Frau gibt es da einen Begriff, das postnatale Trauma. Für den Mann gibt es keinen. Er ist dann einfach ein Looser.

ZEITmagazin: Sie setzen sich in Ihrem Roman mit dem Thema Alzheimer auseinander. Wieso gerade diese Krankheit?
Wnuk: Weil ich selbst Angst davor habe, ich bin ein bisschen hypochondrisch. Es ist aber auch eine Krankheit, die mich dramaturgisch sehr interessiert hat. Ein Schauspieler tut eigentlich alles, um unsterblich zu werden oder irgendetwas zu hinterlassen. Plötzlich erkennt einen der eigene Vater nicht mehr und man muss sich mit dem Vergessen beschäftigen.

ZEITmagazin: Was lesen, hören oder sehen wir als nächstes von Ihnen?
Wnuk: Ich drehe gerade die fünfte Staffel von Stromberg und könnte mir vorstellen, mein Buch bald auf der Leinwand zu sehen. Bei mir läuft natürlich eher ein Film im Kopf ab als bei einem anderen Autor. Und den Stift werde ich sicher auch wieder in die Hand nehmen.

Die Fragen stelle Lisa Strunz

 

Das heitere Zitat

„Zellulitis ist wie die Mafia – wir behaupten einfach, es gibt sie
gar nicht.“

VALERIA DI NAPOLI alias PULSATILLA, Autorin des eben auf Deutsch erschienenen italienischen Bestsellers „Die Ballade der Trockenpflaumen

 

Rififi in Berlin

(c) Holger Braune

(c) Holger Braune

(c) Holger Braune

Hach, was war das herrlich, als das Café Kranzler noch am Kudamm Ecke Joachimsthaler Straße stand. West-Berlins, man beachte den Bindestrich, Glanz und Gloria. In dieser Kulisse spielt der 15-minütige No-Budget-Trickfilm „Rififi in Berlin“ von Holger Braune. Der Kameramann und Filmfreak zählt das Original von 1955 zu seinen All-Time-Favourites. Die französische Gangstergeschichte war seinerzeit so erfolgreich, dass es zahlreiche Nachahmungen gab. „Rififi am Karfreitag“, „…in Beirut“, „… in Tokio“ usw. Nur Berlin fehlte bislang. Braune wollte „nach über 50 Jahren die historische Lücke schließen“ und  baute sein Frontstadt-Berlin aus Postkarten und historischen Fotos. Die Figuren wurden in Stop-Motion-Technik mit lebenden Menschen gefilmt. Da mussten die Familie und Freunde ran – und bekamen Cartoon-Köpfe verpasst. Der Coup, den die Bande zu den Filmfestspielen 1958 ausheckt, ist natürlich besonders verschlagen. Nur so viel seit verraten: Sidney Poitier spielt auch mit.

Zu sehen beim achtung berlin Festival:
Premiere: Morgen, Donnerstag 14.04.2011, Filmtheater am Friedrichshain (Kino 1) | 22:30

1.Wiederholung: Fr 15.04.2011, Babylon Mitte (Kino 2) | 22:30
2.Wiederholung: Sa 16.04.2011, Passage Neukölln (Kino 2) | 17:45

Ralph Geisenhanslüke

 

Achtung Zeitschrift für Mode 18/2011

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Fergus Padel

(c) Fergus Padel

(c) Fergus Padel

Was macht unser Stylist und Mann in Paris, Markus Ebner, wenn er nicht für uns arbeitet? Zum Beispiel sein eigenes Heft „Achtung“. In der aktuellen Ausgabe fotografiert Ralph Mecke „Darklands in Spring“ und widmet sich der düsternen Pracht gegenwärtiger Mode. „Berlin in the shades“ von Fergus Padel zeigt Berliner wie Melanie Del Canton, die PR-Chefin von Andreas Murkudis, die Schauspielerin Nicolette Krebitz (deren aktuellen Film „Unter Dir die Stadt“ wir empfehlen, aber das nur nebenbei) und Sven Schumann, der u.a. für Vogue und Harper‘s Bazaar schreibt, zu Hause mit Sonnenbrille im Bett. Das Heft erscheint heute am 12. April – mit Toni Garrn auf dem Cover, die mit Blume im Mund den Frühling begrüßt

 

Jason Polan

(c) Jason Polan

(c) Jason Polan

(c) Jason Polan

Der Künstler Jason Polan arbeitet an einer Hommage an die Einwohner New Yorks: Er will jeden von ihnen zeichnen. Unter freiem Himmel macht er das, 14 000 Zeichnungen hat er in den vergangenen Jahren schon angefertigt. Stars wie Strokes-Sänger Julian Casablancas ebenso wie etwa Sicherheitsbeamte des Museums of Modern Art. Natürlich wird Polans Plan zwangsläufig daran scheitern, dass es zu viele New Yorker gibt. Allein die Idee zählt. Und weil sie so wunderbar ist, will Jason Polan jeden daran teilhaben lassen. Also stellt er einige seiner Zeichnungen ins Netz – zu sehen auf seinem Blog „Every Person in New York“. Wenn man die Zeichnungen anschaut, eine nach der anderen, ergibt sich das Bild einer Stadt, die den Szene-Galeristen genau so braucht wie den Clochard im Park, um großartig zu sein. Übrigens: Wer sich derzeit in New York aufhält, kann sich natürlich auch von Jason Polan zeichnen lassen – man muss nur eine Mail an art@jasonpolan.com schreiben. Er wird dann einen Treffpunkt an einer Straßenecke vorschlagen und einen New Yorker mehr in seinem Portfolio haben.                                                                                                 Philipp Wurm

 

Die Deutschlandkarte im Radio

(c) ZEITmagazin Nr. 15

Wo werden die meisten Fahrräder geklaut? Wo sind die Deutschen am dicksten? Wer bezieht am häufigsten Ökostrom? Die Deutschlandkarten des ZEITmagazins erscheinen seit vier Jahren – und seit letzter Woche auch als Kolumne beim Saarländischen Rundfunk im Programm von SR 2 KulturRadio. ZEITmagazin-Redakteur Matthias Stolz beantwortet jede Woche die wichtigsten Fragen zu Deutschland. Sonntags zwischen 14 und 16 Uhr in der Sendung “Länge Sieben –Das Kulturmagazin aus Saarbrücken”. Diese Woche geht es um die Meyers. Und Maiers, Meier und Mayer. Wo schreibt man sie wie? Dabei stießen wir übrigens auf ein mysteriöses Meyer-Loch, mitten im Land.

 

Henri Cartier-Bresson in Zürich

Henri Cartier-Bresson, Sonntag an den Ufern der Marne, Frankreich, 1938, © Henri Cartier-Bresson/Magnum Photos

Henri Cartier-Bresson, Sevilla, Spanien, 1933, © Henri Cartier-Bresson/Magnum Photos

Henri Cartier-Bresson, Place de l'Europe, Gare Saint-Lazare, Paris, 1932, © Henri Cartier-Bresson/Magnum Photos

Auf den ersten Blick als Schnappschuss abgetan, erkennt man bald, dass Henri Cartier-Bresson seine Bilder nicht einfach entstehen ließ. Mit seinem einzigartigen Gespür für den entscheidenden Augenblick und dem Sinn für Komposition erkannte er die Dringlichkeit eines Bildes in seinem Moment. Berühmt für seinen Perfektionismus in Licht, Bildaufbau und -ausschnitt prägte der Magnum-Mitbegründer Henri Cartier-Bresson die Geschichte des Bildjournalismus. Seine Reisen führten ihn zunächst durch Europa, als erster westlicher Fotoreporter später auch nach Indien, China und in die Sowjetunion.
Noch bis zum 24. Juni 2011 zeigt das Züricher Museum für Gestaltung eine Retrospektive, die nicht nur Fotografie, sondern auch Filme Cartier-Bressons zeigt. Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen Rahmenprogramm wie Führungen, Workshops und Konzerten.