(c) Smilla Dankert
Smilla Dankerts Blog „anders-anziehen – Portraits in Wort und Bild“ wird häufig für einen Modeblog gehalten. Vollkommen unverständlicherweise: Außer dem ersten Teil seines Namens hat Dankerts Blog mit Kleidung nichts am Hut. Nur Dankert selbst hatte vor vier Jahren, als sie den Blog begann, viel mit Gedanken um anderes Anziehen zu tun: Damals arbeitete sie als Kostümbildnerin für Fernseh- und Kinofilme. Durch den Blog hat sich einiges geändert in ihrem Leben: Mittlerweile ist Smilla Dankert freie Fotografin. Auf „anders-anziehen“ portraitiert sie ungewöhnliche Menschen in kurzen, aber eindringlichen Bild-Text-Strecken. „Ich möchte dazu einladen, die eigene Sicht einen Moment beiseite zu lassen und so wertfrei es geht auf ein kleines Stück anderen Lebens zu schauen. Ich bin nämlich immer wieder erstaunt, wie beherzt kategorisiert, beurteilt, verurteilt und gewertet wird, sobald die eigene Lebensweise nicht bestätigt wird.“
Was ist für Sie der vollkommene Blog?
Vollkommen ist eine Kategorisierung, mit der ich mich schwer tue. Es gibt so viele unterschiedliche Blogs, die für sich stehen und nicht zu vergleichen sind. Die Einteilung in vollkommen und unvollkommen rollt meiner Ansicht nach der Gleichschaltung den Teppich aus und hat zudem eine große Portion Entmutigung im Gepäck.
Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten?
Ach, identifizieren ist ein großes Wort. Es gibt so einige Blogger, die offensichtlich bei Sinnen sind – und deren Blogs übrigens in denkbar unterschiedlicher Arbeits-; Ausdrucks- oder Darstellungsweise daherkommen – vor denen ich meinen Hut ziehe.
Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Ist das wirklich von Interesse für irgendjemanden? Wenn im Radio Hörer am Telefon gefragt werden, was „sie heute noch so vorhaben“, schalte ich spätestens weg.
Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Mit dem Prädikat „Lieblings-…“ habe ich übrigens ebenso große Schwierigkeiten, wie mit „vollkommen“. Da steckt so ungeheuer viel Begrenzung drin.
Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit?
Eine gute Frage.
Ihr Lieblingsheld im Netz?
Ach, es ist schade. Da kriegt man endlich mal so viele Fragen gestellt und dann sind es die falschen.
Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit?
Siehe oben. Ist doch wahr. Die Kombination der Worte „Lieblings-“ und „Held“ erzeugt in mir ratlose Abwehr.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen?
Humor. Umsicht. Weitsicht. Einsicht. Nachsicht mitunter, Integrität.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen?
Humor. Umsicht. Weitsicht. Einsicht. Nachsicht mitunter, Integrität. Die Antwort ist etwas knapp gehalten, das gebe ich zu. Ich möchte keineswegs unhöflich sein: Ich habe eingewilligt mitzumachen und möchte auch antworten. Das Problem bei diesen Fragen ist der „Katja-Riemann-Effekt“; nach ein paar Fragen, die einem seltsam fremd bleiben, hat man selbst bei einigermaßen guten Fragen immer weniger Lust darauf zu antworten.
Was mögen Sie im Netz am wenigsten?
Es ist ja sehr viel Platz im Netz vorhanden. Man muss ihn nicht auf Gedeih und Verderb füllen.
Was stört Sie an Bloggern am meisten?
Wenn sie sich instrumentalisieren lassen. Passiert leider häufig und ist sehr ärgerlich. Ja, das ärgert mich wirklich sehr.
Was stört Sie an sich selbst am meisten?
Einiges. Am meisten aber wohl, dass ich zulasse, dass ich mich immer noch mit Weisheiten meines Vaters auseinandersetze, die er in Preußen aufgeschnappt haben muss. Und das, obwohl ich den vielfach größeren Teil meines Lebens ohne ihn verbracht habe. Das Gleiche gilt für mich in Bezug auf meine Mutter.
Ihr glücklichster Moment als Blogger?
Kein glücklichster Moment – es gibt immer zwischendurch glückliche Momente, z.B. wenn ich all die Menschen anspreche, die mir oftmals wirklich sehr persönliche Dinge aus ihrem Leben erzählen.
Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger?
Wieder ein Superlativ … Mit Freude hat mich erfüllt, als mir eine Frau erzählte, dass sie sich morgens in der S-Bahn nicht mehr hinter einer Zeitung verschanzt seitdem sie meinen Blog liest. Dass sie es besser aushalten kann, mit lauter Fremden in einer Bahn zu sein, ohne aus Prinzip – und weil es in der Bahn immer zu voll ist – alle doof finden zu müssen.
Über welches Talent würden Sie gern verfügen?
Meine zahlreichen widersprüchlichen Seiten mit gleichmütiger Ruhe und Geduld unter einen Hut bringen. Vermutlich wäre ich dann aber ein ganz anderer Mensch und wüsste von all dem nichts. Mir fehlt die Gabe des Pausemachens, und ich würde gerne virtuos Akkordeon spielen können.
Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden?
Ich möchte bitte lieber gar nicht wiedergeboren werden. Und wenn doch, dann möchte ich bitte, dass mich diesbezüglich die Gnade der Unwissenheit ereilt.
Ihre größte Extravaganz?
Rückzug total.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Gezeichnet wäre es ein Punkt, von dem Pfeile in mindestens 12 Richtungen abgehen.
Ihr Motto?
Kein Motto. Mottos legen einen bloß unnötig fest. Am Ende verpasst man die besten Sachen, weil man sich an sein beknacktes Motto hält. Eine Frage würde ich zum Schluss nun auch gern stellen: Warum Fragen, die dem Hitparadendenken Vorschub leisten? Warum in den Fragen nicht zu ein wenig mehr Differenzierung einladen?
Bislang haben unseren Proust-Bloggerfragebogen Cosima Bucarelli, Johanna Moers, Jill Adams, Siems Luckwaldt, Katja Hentschel, Katya Moorman, Julia Stelzner, Katharina Charpian, Thomas Knüwer, Marlene Sørensen und James Castle, Mary Scherpe, Juliane Duft und Anna Katharina Bender, Richard Gutjahr, Anna dello Russo, Peter Glaser, Frederik Frede , Jessica Weiß, Stefan Mesch, Daniel Decker, Vera Dondelinger, Isabel Bogdan, Ninia Binias, Maximilian Buddenbohm und Johanna Pink ausgefüllt.