Lesezeichen
 

Repost: Althaus und Bild

Kleiner Nebeneffekt unseres Relaunches: Der letzte Blogbeitrag von Michael Schlieben ist verschwunden – deshalb hier ein Repost:

Bild und Althaus gescheitert

Hat die Bild-Zeitung ihren Riecher verloren? Dieser Frage ging gestern Stefan Niggemeier in einem lesenswerten Blog-Beitrag nach. Schon an Roland Kochs fremdenfeindlich anmutendem Wahlkampf 2008 fand außer dem Springer-Blatt kaum jemand Gefallen. Elf Millionen Menschen lasen zwar täglich die Parteinahme von dem Boulevardblatt. Trotzdem stürzte Koch zwölf Prozentpunkte ab.

Ähnlich nun bei Althaus. Seine Post-Unfall-Interviews, für die er bald stark kritisiert worden ist, gab er den Springer-Blättern. Bild, BamS und Welt berichteten daraufhin wohlwollender als die meisten lokalen Medien über Althaus. Auch hier ohne Resonanz: Althaus verlor ebenfalls fast zwölf Punkte.

Niggemeiers Fazit: Die Bild-Leser sind nicht so dumm, dass sie jeder Kampagne hinterher laufen.

 

Merkel legt sich fest

God bless, die Kanzlerin hat Farbe bekannt. Nun weiß man endlich, mit wem sie am liebsten koalieren würde, wenn sie das nach der Wahl am 27. September frei entscheiden könnte.

In Bayern nahm Merkel ihren Mut zusammen – und packte aus, ungeschminkt und ehrlich, so wie das ihre Kritiker immer gefordert haben. Heimlich bezweifelten diese ja, ob die Ostdeutsche nicht eine leicht angeschwärzte Sozialdemokratin sei oder schlimmer noch: eine verkappte Schwarz-Grüne.

Aber, nein Freunde, Merkel sagte dem Bayerischen Rundfunk mit Luther’scher Festigkeit: „Wenn es nur eine Stimme Mehrheit im Bundestag gibt, werden Union und FDP eine Koalition eingehen“.

Viele Online-Medien und Radiostationen griffen diese Äußerungen aus dem Süden fiebrig auf, machten sie zum Aufmacher oder zur Top-Story. Vielleicht aber hätte ein Blick ins Archiv ebenfalls genügt:

Merkel bekennt sich zu Wunschpartner FDP
(26.8.2009, AFP)

Merkel bekennt sich klar zur FDP
(7.6.2009, DerWesten)

Merkel bekennt sich zu Schwarz-Gelb
(12.2.2009, ZEIT ONLINE, dpa)

Merkel bekennt sich zu Schwarz-Gelb
(19.1.2009, stern)

Merkel kündigt klare Koalitionsaussage für FDP an
(9.1.2009, Spiegel ONLINE)

 

Wer hat´s erfunden? – neue Töne im Streit um Steinmeiers Deutschlandplan

Seit fünf Tagen diskutieren die Wahlkämpfer aller Parteien mittlerweile über den Deutschlandplan von Frank-Walter Steinmeier und sein Versprechen, bis zum Jahr 2020 insgesamt vier Millionen Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Inzwischen hat sogar die politische Konkurrenz das 67-seitige Papier gelesen und siehe da, von Häme und Spott ist gar nicht mehr viel zu hören. Im Gegenteil. Der SPD-Kanzlerkandidat hat offenbar einen Nerv getroffen und damit ist die politische Auseinandersetzung über seine Ideen in eine neue Phase getreten.

Vielleicht liegt Steinmeier ja doch gar nicht so falsch.

Nicht, dass die politische Konkurrenz plötzlich in Jubel ausgebrochen wäre, noch immer spricht CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla davon, der SPD-Kanzlerkandidat verspreche etwas, was er nicht schaffen könne. Arbeit für alle, das kann nur die Union. Natürlich hält der CDU-Politiker die eigenen Ideen für besser, wie sollte es auch anders sein. Selbstredend setzt er auf den Markt und nicht auf den Staat. Aber immerhin weiß Pofalla mittlerweile, Steinmeier habe das „richtige Thema“ angesprochen und wirft ihm gar geistigen Diebstahl vor.

Eben noch unseriös, jetzt geklaut, so funktioniert Wahlkampf.

Wesentliche Teile seines Deutschland-Plans habe Steinmeier schlicht aus dem Unions-Wahlprogramm übernommen, sagt Pofalla in einem Zeitungsinterview, ”das Copyright für Zukunftstechnologien liegt doch bei uns“. Und fügt dann hinzu, es sei doch ”ehrenwert, dass Herr Steinmeier einen Großteil unserer Ideen für richtig hält“.

Wer hat´s erfunden? Die CDU, die SPD oder etwa doch die Grünen?

Deren Spitzenkandidat Jürgen Trittin spricht von ”Produktpiraterie“ und wirft der SPD vor, sie habe ihren Vorschlägen für neue Jobs einfach ”kopiert“.

Wahlkampf als Urheberrechtsstreit? Den Arbeitslosen kann es nur recht sein.

Aber vermutlich rührt der neue Zungenschlag im Streit um Steinmeiers Deutschland-Plan auch daher, dass sich nach und nach Experten zu Wort melden, die dessen Ziele für gar nicht mehr so abwegig halten.

So hält es zum Beispiel die Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants für möglich, dass sich die Zahl der Beschäftigten im Umweltsektor auf mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze verdoppeln lasse. Der gewerkschaftsnahe Konjunkturexperte Gustav Horn Institut für Makro-Ökonomie der Hans-Böckler-Stiftung hält sogar zwei bis drei Millionen Arbeitsplätze für möglich. Positiv haben sich auch Unternehmer wie der SAP-Chef Leo Apotheker oder Emanuele Gatti, Vorstandsmitglied von Fresenius Medical Care geäußert. Es zeigt sich also schon jetzt, dass es Unternehmen gibt, die hoffen von neuen staatlichen Anreizen oder gar Subventionen profitieren zu können

Nur die Forscher vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung gießen eine Menge Wasser in Steinmeiers neuen Wein. Denn sie glauben, dass sich ein solches Jobwunder nur mit Niedriglöhnen erreichen lasse. Aber das hört Steinmeier sicher nicht so gerne, schließlich verspricht er nicht nur Vollbeschäftigung, sondern auch flächendeckende Mindestlöhne.

 

Ach, hätte der Baron doch geschwiegen

Mit Hohn und Spott kommentierte die politische Konkurrenz am Wochenende den Vorschlag des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, bis zum Jahr 2020 vier Millionen Arbeitsplätze schaffen und das Ziel die Vollbeschäftigung nicht aus den Augen verlieren zu wollen. Von einem „unseriösen Versprechen“ spricht der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach, und der Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erklärte, „die Menschen sind es leid, immer zu Wahlkampfzeiten mit Versprechen überschüttet zu werden“.

Ach, wenn der Baron doch geschwiegen oder zumindest sein eigenes Regierungsprogramm für die Jahre 2009 bis 2013 gelesen hätte. Denn dort heißt es auf Seite 9 eindeutig und schwarz auf weiß: „Seit Ludwig Erhard gilt der Grundsatz ‚Wohlstand für alle‘. Für uns bedeutet das heute vor allem: Arbeit für alle, Leistungsgerechtigkeit und Generationengerechtigkeit“.

Arbeit für alle, heißt also ein gemeinsames Wahlversprechen von CDU und CSU im Wahlkampf. Was ist das anderes als Vollbeschäftigung? Nur einen Zeitpunkt, bis wann die Union ihr Ziel zu erreichen gedenkt, nennt sie nicht. Ist das seriöser? Sind es die Menschen weniger leid mit Versprechen überschüttet zu werden, von denen eine Partei nicht einmal sagt, bis wann sie diese zu erfüllen gedenkt. Die Menschen würden konkrete Vorschläge erwarten, sagt der Baron zu Guttenberg, davon sei bei der SPD bisher „wenig zu finden“.

Und bei der Union? Wie sie „Arbeit für alle“ schaffen will, das sagt sie in ihrem Regierungsprogramm: mit Steuersenkungen. Wann genau, der Bürger allerdings mit Steuerentlastungen rechnen kann, sagt sie freilich nicht, zumindest nicht konkret. Irgendwann in der nächsten Legislaturperiode und erst dann, wenn der Haushalt saniert ist. Denn „Haushaltskonsolidierung bleibt unser Ziel“, heißt es im Unions-Programm, „sie schafft Spielräume, um mit attraktiven steuerlichen Rahmenbedingungen die Grundlage für mehr Wachstum und Beschäftigung zu legen.“

Und noch einen „konkreten“ Vorschlag macht die Union, wie sie Arbeit für alle schaffen will: mit einer Bildungs- und Qualifizierungsoffensive. Im Wahlprogramm heißt es dazu: „Die deutsche Industrie, der Mittelstand, das Handwerk und die Freien Berufe, Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, Besitzer von Arbeitsplätzen und Arbeitslose – alle in unserer Gesellschaft müssen ihren Beitrag leisten, damit Arbeitsplätze erhalten und geschaffen werden.“

Wenn Unionspolitiker nun Steinmeiers „Deutschland-Plan“ lächerlich machen, tun sie das im Grunde auch mit ihrer Kanzlerin. Bereits vor einem Jahr antwortete die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel in der Bundespressekonferenz auf die Frage, ob sich die Politik das Ziel Vollbeschäftigung setzen solle, mit den Worten: „Ja, man sollte es sich setzen“. Und auf die Nachfrage, ob es realistisch sei, antwortete sie: „Ich setze mir doch keine unrealistischen Ziele.“

Schon vor zwölf Monaten also hielt Angela Merkel Vollbeschäftigung und damit „Arbeit für alle“ für ein realistisches Ziel der Regierung. Und auch wenn Deutschland mittlerweile tief in einer Rezession steckt und die Zahl der Arbeitslosen wieder steigt, heißt es nun im Regierungsprogramm der Union für die Jahre 2009 bis 2013: „Wir halten Arbeit für alle für möglich und arbeiten für die Erreichung dieses Ziels.“

Wie sagte doch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer am Wochenende zu den Vorschlägen des SPD-Kanzlerkandidaten: „Das ist doch Fantasialand“

 

Genosse Pirat

Die SPD-Linke hat das Internet entdeckt. Sie fordert eine „sozialdemokratische Netzpolitik“ und klaut dabei fröhlich Thesen und Label der politischen Konkurrenz.

Die Ideen sind nicht übel: Bürgerrechte muss es auch im Internet geben. Die Privatsphäre sollte in den Weiten des WWW geschützt werden, und Zensur, na ja, die hat uns freiheitsliebenden Menschen noch nie so besonders gut gefallen.

Eine Gruppe junger Sozialdemokraten hat diese avantgardistischen Thesen formuliert. 1495 Menschen unterstützen ihr Ansinnen bereits bei Facebook.

Und es gibt einen Aufruf im Internet, der sogenannte Ludwigsburger Dialog, den stündlich mehr Menschen im Netz unterschreiben.  Dort wird vor einer „sicherheitspolitischen Aufrüstung ohne Augenmaß“ gewarnt, vor einer schleichenden „Erosion der Grundrechte“, vor einer „totalen Überwachung“.

Spätestens hier, wenn der Ton ins apokalyptische umschlägt, denkt man: Irgendwo hat man das kürzlich erst gelesen.

Klar, ganz ähnlich klang das zuletzt bei den Piraten, dieser paneuropäischen Bewegung also, die sich seit geraumer Zeit für ein barrierefreies Internet einsetzt. In den SPD-Texten von diesem Wochenende wird auf die freibeuterische Konkurrenz nicht eingegangen. Das Logo ist zwar eine Referenz an die internationale Piraten-Bewegung. Über deren deutsche Dependance wird aber keine Silbe verloren.

Stattdessen dominiert bei der SPD selbstbewusster Pathos. Es sei endlich „Zeit für eine sozialdemokratische Netzpolitik“, sagte am Wochenende Björn Böhning, der Sprecher der SPD-Linken und selbsternannter Captain Sparrow der SPD.

Die bereits existierenden Piraten nehmen es mit gemischten Gefühlen auf, dass sich die SPD plötzlich für ihre Agenda interessiert. Pikiert weisen sie in ihren Foren darauf hin, dass der SPD-Medienexperte Sascha Lobo vor Kurzem die Piraten noch als unwichtig abqualifiziert habe – und nun kapere sie die Themen. Ein anderer fragt, was wohl als Nächstes kommt: „SPD in der Piratenpartei – oder Sozialisten in der CDU.“

Bei einem dritten Kommentator, mit dem schönen Namen Tiramisu, schwingt aber auch ein bisschen Stolz mit, wenn er fragt: Soll ich „mich als Piratenanhänger geehrt fühlen“?

Offenbar sind die Piraten auf dem besten Weg, Teil des Mainstream zu werden. Auch die Grünen wurden erst ignoriert, danach kopiert. Irgendwann koalierte man mit ihnen. Und die SPD? Die scheint zurück auf dem Weg zur Volkspartei. Sie greift populäre Themen auf – und übernimmt sowohl das Pro als auch das Contra. Schließlich hatten die meisten SPD-Abgeordneten im Juni im Bundestag noch für das Netzsperren-Gesetz gestimmt. Böhning sagte der Süddeutschen Zeitung, die Genossen im Bundestag hätten damals nicht gewusst, worüber sie abstimmen.

Furchtbar, das ist das Gegenteil von Bürgerrecht: Parlamentarier, die den Arm heben, ohne zu wissen, warum. Aber das könnte sich, zumindest Internet-mäßig, ja bald ändern. Wahrscheinlich haben bald alle modernen Parteien ihren Piraten-Flügel. 

 

Schönen Dank, Bundesbank…

… für diesen großartigen Einfall. Mitten hinein in diesen leidlichen Sommer hast Du eine Idee zur Rettung der Altersvorsorge katapultiert. Das Thema Rente zieht immer, dachtest Du vielleicht. Und so ließest Du die Schreiber Deines Monatsberichts selbstbewusst verkünden, dass eine „Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 69 Jahre notwendig“ wäre.

Wenn Du Dich jetzt wunderst, dass Dein grandioser Vorschlag von der kompletten politischen Klasse, ja sogar von der FDP, zerrissen wurde, dann lass’ Dir eines gesagt sein: In zwei Monaten wird hier gewählt, und nicht einmal die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ würde sich in diesen Tagen für Deine feine Idee stark machen, müsste sie am 27. September um Wählerstimmen kämpfen. Nicht umsonst platzierte die Große Koalition ihren Beschluss zur Rente mit 67 in die Mitte, nicht ans Ende der Legislaturperiode.

Apropos Rente mit 67: Wie schon damals Münte so verschweigst auch Du in Deinem Bericht geflissentlich, was eine Anhebung des Renteneintrittsalters in Wahrheit bedeutet. Dass die Menschen bis 69 arbeiten? Natürlich nicht! Sie werden vorher krank oder gefeuert, sie werden nicht mehr gebraucht und in die Frühverrentung geschickt. Fast niemand arbeitet bis zum Schluss. Eine Anhebung des Renteneintrittsalters ist deshalb nichts weiter als eine versteckte Rentenkürzung. Wer früher in Ruhestand geht, bekommt weniger. Auch Müntes Rente mit 67 funktioniert so.

Aber, magst Du nun einwenden, im Bericht stehe doch, dass die Rente mit 69 erst bis zum Jahr 2060 eingeführt werden müsse. Eine Zukunftsdebatte sei das doch, kein Grund zur Aufregung.

Doch ist es. Denn solche Debatten machen schlechte Laune. Sie vergällen den Jugendlichen von heute die Lust an der Zukunft. 2060! Kann sich das irgendwer vorstellen? Weiß irgendjemand, was bis dahin passiert? Mit unserem Land, mit der Geburtenrate, der Lebenserwartung, mit dem Gesundheitssystem, der Einwanderung? Zwölf Legislaturperioden liegen zwischen uns und dem Jahr 2060, wenn keine Vertrauensfragen oder anderer Unbill dazwischenkommen. In 20 Jahren darf sich der Bundestag (und von mir aus auch Du, Bundesbank) gern mit den Problemen vom Jahr 2060 beschäftigen. Heute sind die im Jahr 2030 dran.

 

Noch mehr Chaos bei den Paulis

Mensch, Mensch, Frau Pauli. Die Partei der früheren Landrätin aus Fürth, der früheren CSU-Rebellin, der früheren Spitzenkandidatin der Freien Wähler versinkt offenbar im Chaos. Wir hatten hier schon berichtet, dass der Vize-Landeschef aus Hessen gegangen worden ist, wenige Tage nach Gründung des Landesverbands.

Und so geht es munter weiter. Fast jeden Tag erreichen uns neue Klagen. Wie gestern Abend bekannt wurde, trennte sich die Freie Union nun auch von ihren beiden stellvertretenden Parteivorsitzenden. Michael Meier und Sabrina Olsson hätten die „Aufbauarbeit der Partei“ und der Landesverbände „extrem zu behindern“ versucht, steht auf Paulis Homepage. Die Vorwürfe, die Meier und Olsson gegen sie erheben, seien „ungeheuerlich und durch nichts belegt“. Sie werfen Pauli Korruption und Erpressung vor.

Vermutlich ist das Quatsch. Aber wer weiß das schon, Pauli ist tatsächlich nicht zimperlich, was ihre neuen Parteifreunde angeht. Dem gestürzten Hessen-Chef warf sie vor, er wolle sie stürzen. Zur Untermauerung ihrer These sagte sie: Man habe ihn wochenlang beobachtet. Klingt alles ziemlich fies. Allerdings auch nicht ganz neu: Bevor Pauli die CSU im Streit verließ, warf sie dem Team von Edmund Stoiber vor, sie ausspioniert zu haben.

Wäre die Partei nicht so unwichtig, könnte man einen ganzen Redakteur darauf ansetzen, der über nichts anderes als über die Schlammschlacht bei der FU berichtet. Stoff genug gäbe sie jedenfalls her. Selbst Promi-Klatsch: Kader Loth, eine meist leicht bekleidete TV-Schönheit, dem ein oder anderen bekannt aus Big Brother oder anderen Trash-Formaten aus dem Privatfernsehen, wurde jüngst zu Frauenbeauftragte des Berliner FU-Landesverbandes gewählt. Die BILD-Zeitung inspirierte dies zu dieser Schlagzeile: „Nackt-Luder wird Frauenbeauftragte!“

Allerdings gab es auch Knatsch wegen dieser Personalie. Frau Loth ruft dazu auf, ein paar Feiertage zu streichen, damit die Deutschen mehr arbeiten. Doch bitte, falls es Sie interessiert, lesen Sie das auf Frau Paulis Homepage selbst nach oder sehen Sie dieses Kandidaten-Video von Kader auf YouTube …

 

Die Linke und die Krise – oder: Die Krise der Linken

Der SPD geht es schlecht. Richtig schlecht. Die Europawahl war ein Desaster, der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl entfacht keine Begeisterung, die Wahlkampfstrategie will nicht aufgehen, und selbst wenn die Große Koalition sozialdemokratische Politik betreibt, und das tat sie in letzter Zeit nicht zu knapp, dann profitiert davon bloß die Union.

Warum ist das so? Weshalb vertrauen die Bürger in einer Zeit, in der die Welt mit den Folgen hemmungsloser Geldgier beschäftigt ist, gerade Parteien, die dieses System immer verteidigt und geschützt hatten? Eine Woche lang hat sich ZEIT ONLINE mit diesen Fragen beschäftigt und die Krise der politischen Linken zum Schwerpunktthema gemacht:

Thorsten Faas, einer der Autoren unseres Wahlen-nach-Zahlen-Blogs erklärt in seiner Analyse, warum die SPD von der Wirtschaftskrise nicht profitieren kann. Ein Grund: Für viele Bürger ist die Krise noch gar nicht da, sie lesen nur in der Zeitung davon. Nötig ist aus ihrer Sicht deshalb klassische Wirtschaftspolitik, und nicht so sehr Sozialpolitik. Sollte die Arbeitslosigkeit bis zur Wahl signifikant steigen, so Faas, könnte plötzlich doch die SPD gefragt sein.

Tissy Bruns, Leiterin der Parlamentsredaktion des Tagesspiegels, sieht in ihrem Kommentar dagegen kaum Anhaltspunkte dafür, dass sich die SPD in naher Zukunft wieder aufrappeln könnte. Zu sehr herrschten in der Partei Kurzatmigkeit, Kleinmut und Egomanie.

Für Matthias Geis wiederum gibt es allen Schwächen der SPD zum Trotz keinen Grund, die Partei so abzustrafen, wie es die derzeitigen Umfragen prognostizieren. Die Republik, schreibt er in seinem Plädoyer für die Sozialdemokratie, habe der SPD einiges zu verdanken.

Hilfestellung gibt auch Christoph Seils in seinem Beitrag: elf Tipps für die Wahlkämpfer der SPD.

Zwei weitere Artikel beschäftigen sich mit der ebenfalls darbenden näheren und entfernteren SPD-Verwandschaft: Jürgen Krönig erklärt, warum Europas Sozialdemokratie zur Opposition verdammt ist und Thomas Falkner, Stratege der Linkspartei, beschreibt im Interview mit Ludwig Greven, warum auch seine Partei derzeit nicht punkten kann: „Wir geben die falschen Antworten„, sagt er.

Alle Artikel im Überblick gibt’s hier.

 

W-Lan-Wüste Nürnberg

Hat die CSU Geldprobleme? Anders sind die gepfefferten Preise auf ihrem Parteitag kaum zu erklären. Für den kabellosen Zugang zum Internet in der Nürnberger Messehalle verlangen die Christsozialen unchristliche 40 Euro von den Journalisten. Fies, ist das doch für viele die einzige Möglichkeit, ihre Texte und Bilder so schnell wie möglich in die Redaktionen zu senden. Die meisten anderen Parteien stellen den Netzzugang kostenlos zur Verfügung. Aber vielleicht ist das ja ein regionales Problem? Auch in den Zimmern des Messe-Hotels gibt es kein Netz. Hier kann man nur in der kargen Lobby online gehen. So entstand der Seehofer-Vorbericht gestern Abend im schummrigen Licht neben einem gluckernden Kühlschank. Erst in solchen Momenten ahnt man, wieso die politische Forderung nach einer umfassenden Netzabdeckung in manchen Regionen, weitab von den Laptop-Metropolen Berlin und Hamburg, so populär ist…

 

AZ: Putschversuch in der Pauli-Partei

Immerhin hat man auf einem CSU-Parteitag die Gelegenheit, ausführlich bayerische Zeitungen zu lesen. Kiel hin, Moskau her: Die Münchner Abendzeitung titelt heute aufgeregt mit einer zerknirschten Ex-Landrätin: „Gabriele Pauli, Chefin einer Chaostruppe“, steht unter dem unvorteilhaften Foto. Der Hintergrund: Der hessische Landesverband von Paulis neuer Partei, der Freien Union, hat sich im Streit von seinem stellvertretenden Landesvorsitzenden getrennt. Karl von Zeretzke soll von Hessen aus versucht haben, die gerade einmal zwei Wochen alte Partei zu unterwandern und Pauli zu stürzen. Dafür habe man „Beweise“, heißt es. Man habe Herrn von Zeretzke in den letzten 14 Tagen intensiv beobachtet. Es ist nicht das erste Personalproblem in Paulis Partei: Am Mittwoch war der Schatzmeister der Freien Union Bayern ausgetreten. Ihn wirft man vor, ein Neonazi zu sein.