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Zu hungrig, um nett zu sein

 

Hangry: Zu hungrig, um nett zu sein
Hunger-Wut: Nahrung kommt vor Freundlichkeit. © REUTERS/Eric Thayer

Wenn ich Hunger habe, also so richtig Hunger, bleibt Zeit für genau zwei Warnungen (Hunger! Hungeeer!!!), bis die Situation eskaliert. Kommt zu lange nichts Essbares in Reichweite, werde ich unausstehlich – egal wie lieb mir meine Kollegen sonst sind. Wer keinen Notfall-Müsliriegel anzubieten hat, hat mich gefälligst in Ruhe zu lassen. Ansprechen – nicht empfohlen. Da kann ich nicht für Freundlichkeit garantieren.

Das kommt Ihnen bekannt vor? Willkommen im Club der Hangry-people, von hungry („hungrig“) und angry („wütend“). Doch wo kommt der Unmut her? Und warum reagieren nur manche Menschen dermaßen übellaunig, wenn ihr Magen knurrt? Die Ernährungswissenschaftlerin Amanda Salis hat die Ursachen für TheConversation.com zusammengetragen und erklärt, warum ein Obstkorb den Bürofrieden sichern kann.

Verantwortlich für die Hunger-Wut ist im Wesentlichen der Glukose-Spiegel im Blut. Er beeinflusst die Leistungsfähigkeit des Gehirns und hat Auswirkungen darauf, in welchen Mengen das Stresshormon Adrenalin und ein bestimmter Botenstoff (Neuropeptid Y) im Körper freigesetzt werden. Diese beiden Stoffe wirken sich wiederum auf unser Befinden aus. „Die Kohlenhydrate, Proteine und Fette in allem, was Sie essen, werden in einfache Zucker wie Glukose, Aminosäuren und freie Fettsäuren zerlegt“, erklärt Salis. Die Nährstoffe wandern durch die Blutbahn bis hin zu Organen und Gewebe, denen sie Energie liefern. Ist alles im Fluss, sind wir ausgeglichen.

Für Freundlichkeit ist keine Kraft übrig

„Das Gehirn ist dabei vor allem auf Glukose angewiesen“, schreibt sie weiter. Fehlt der Nachschub, fährt das Denkorgan in eine Art Sparmodus. Wir machen häufiger Fehler, mancher mag sich kurz vor dem Mittagessen nicht mehr allzu gewählt ausdrücken können. Nett zu sein, ist in dem Zustand nicht vorgesehen. Das kostet nur unnötige Kraft.

Wer trotz der Alarmzeichen nicht sofort in die Kantine stürmt, zwingt sein Gehirn, Signale an andere Organe im Körper zu senden. Die Botschaft: Sorgt für mehr Glukose. Was nach einem sinnvollen Warnsystem klingt, hat allerdings einen Haken. Mit der Glukose-Produktion werden auch Stresshormone freigesetzt. Das Gehirn kann weiter denken, der Körper aber ist im Alarmzustand. Erst recht, wenn dann noch Neuropeptid Y zu Höchstform aufläuft. Der Stoff steuert gleichermaßen Hunger und Angst.

Also was tun? Offensichtlich besteht die Lösung darin, rechtzeitig zu essen. Der rasche Keks zwischendurch ist dafür allerdings nicht empfehlenswert: Er jagt – wie Schokolade oder Chips – den Glukose-Spiegel nur kurzzeitig hoch, um ihn ebenso hart abstürzen zu lassen. Mit den bekannten Konsequenzen. Ernährungswissenschaftlerin Salis plädiert deshalb für das, von dem alle längst wissen, dass es gut für sie ist: nährstoffreiche, kalorienarme Kost auch für zwischendurch. Kurz: Obst.

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