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Die Patriarchatsabwrackprämie von der „lifestyle bakery“

 

Ein Vater mit seinem Kind am Strand. © Dinuka Liyanawatte / Reuters
Ein Vater mit seinem Kind am Strand © Dinuka Liyanawatte / Reuters

Die lifestyle bakery Mestemacher hat also einen Preis vergeben. Einen Preis für Spitzenväter. Gewürdigt wurde das „partnerschaftliche Ehe- und Familienmodell“. Den Preis bekamen nun zwei Herren dafür, dass sie ihre Kinder in einer „Wohlfühlatmosphäre gedeihen“ lassen und 7,5 Stunden pro Tag mit der Betreuung des Nachwuchses verbringen. Die Initiatorin des Preises und studierte Frauenrechtlerin, Prof. Dr. Ulrike Detmers, findet, ein solches Engagement müsse belohnt werden. Und überreicht den Montags-bis-Sonntagsvätern jeweils 5.000 Euro.

Patrick ist einer von beiden: „Mit seiner Familienarbeit stärkt er eine gleichberechtigte Gesellschaft“, zudem entlaste er seine Partnerin und nehme seinen Anspruch auf Teilzeittätigkeit während der Elternzeit wahr. Patrick übernimmt auch Hausarbeit, klar, und orientiert sich nicht „an tradierten Zuschreibungsmustern“. Knaller! Mit und ohne Ironie. Die Preisverleihenden sparen sich die Erwähnung nicht, dass Patrick „Frauen (wie Männer) mit ihrer Sozialisation, ihren Stärken und Schwächen, ihrer Kommunikationsweise, auf die er flexibel und verständnisvoll reagiert, akzeptiert“. Als moderner Mensch kann man bei solchen Formulierungen Schluckauf bekommen. Ist das zu glauben: Ein Mann akzeptiert Frauen, wie sie sind? Dem schenken wir was! Was schenken wir dem? Geld! 5.000 Euro! Prima! Und damit Patrick nicht allein ist mit seinem Geld, schenken wir einfach noch einem zweiten Mann was, der das ähnlich gut macht wie Patrick.

Christoph zum Beispiel: Christoph schenkt seine Liebe schließlich „seiner Birgit, seinen Kindern und seiner beruflichen Leidenschaft“. Das ist toll, das müssen wir würdigen! Im Haushalt übernimmt der Spitzenvater „alle Teilaufgaben, die üblicherweise von Hausfrauen erledigt werden“. Was für ein Mann! Man möchte glatt mit Konfetti werfen, aber wir sind ja hier nicht bei einer Karnevalssitzung. Und wichtig zu erwähnen ist auch, dass Christoph „in den vielen nervenaufreibenden Momenten des Familienalltags erstaunlich souverän die Nerven behält und nicht den strengen Patriarchen raushängen lässt, wie ein klassisches Rollenverständnis vielleicht vorgeben würde“. Vermutlich werden in diesem Moment die ersten Spatenstiche getätigt, um ein Denkmal zu errichten.

Vorgeschlagen wird der Spitzenvater übrigens „von einer Person, die in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zum empfohlenen Familienvater steht“. Kinder dürfen ihren Vater also nicht vorschlagen, dafür der Chef. Der kann auch sicherlich die im Bewerbungsbogen anzugebenden Stunden für die Familienzeit exakt benennen. Auch das dort gelebte Familienbild weiß er dort sicher essayistisch zu beschreiben.

Ziele des Preises sind nach Angaben der Initiatoren nun eben doch leider nicht Solidarität und Gleichberechtigung, sondern zuallererst die „Stärkung der Leistungs- und Wettbewerbskraft von Wirtschaft und Unternehmen“ (Hurra, Leistungsdruck!), zweitens die „tendenzielle Erhöhung des Anteils von Zweiversorgerehen“ (Hurra, weg mit den Alleinerziehenden und LGBTQ-Familien!) sowie die Ausdehnung des väterlichen Einflusses auf die Entwicklung des Kindes (Hurra, Stigmatisierung von Kindern alleinerziehender Mütter!).

Und so wird der Preis zur Patriarchatsabwrackprämie: Zahlen wir den Menschen doch Geld dafür, dass sie ein ohnehin völlig überholtes Familienmodell über Bord werfen. Eine Entschädigung für die armen Menschen, die sich an etwas Neues gewöhnen müssen. Das lässt sich nämlich auch spitzenmäßig vermarkten. Ist Bernd das Brot eigentlich auch schon Vater?


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