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Geschützter Verkehr

Manchmal habe ich Angst vor Florian. Jetzt ist wieder so ein Moment. Er ist einfach mal eben alle Berliner Jugendverkehrssschulen abgefahren und hat seine Erlebnisse dokumentiert. Großes Tennis!!

 

Morgen: Oldtimer zum Normaltarif

Sehr schöne Aktion: Am 12. Mai von 9-18 Uhr gibt es eine Traditionsfahrt historischer Omnibusse auf der Linie M45 zwischen Zoologischer Garten und Johannessstift Spandau. Im Einsatz unter anderem ein alter Büssing D2U von 1965, ein „Präsident“ von 1962 und ein „Jumbo DE“ von 1972. Die Fahrten kosten den ganz normalen BVG-Tarif. Ich habe letztes Jahr so eine Fahrt auf der Linie M48 gemacht und fand das sehr empfehlenswert.

 

Beim Pilgern zuschauen

… kann man in der Passionskirche am Marheinekeplatz. Das Thema Pilgern war lange nicht so en vogue wie in den vergangenen Jahren. Das zeigt sich unter anderem daran, dass Hape Kerkelings schönes Buch „Ich bin dann mal weg“ seit Monaten die Spiegel-Bestsellerliste anführt. Dem Stern wiederum war das Thema Pilgern vor zwei Wochen eine Titelstory wert. Wer sich für das Thema interessiert, möge am 27. April um 16:30 die Passionskirche, äh, entern, denn dort gibt es um 16:30 Uhr einen mehrstündigen Diavortrag über den Jakobsweg, den Godfather aller Pilgerwege.

 

Zu Besuch bei Kim’s Karaoke

Soll ich oder soll ich nicht? Ein guter Freund feierte gestern seinen Firmenabschied und lud hierzu Freunde und Kollegen in „Kims Karaoke Bar“ ein. Hm. Ich war Karaoke-Jungfrau. Wollte ich mir das wirklich antun? Ja, ich wollte.

Kims Karaoke Bar liegt am Mehringdamm, quasi neben DER berühmten Currywurstschmiede, in einem Hinterhof. Man muss an der Haustür klingeln, dann durch einen Hausflur in den Hinterhof, dort an einem kleinen Bau nochmal klingeln. Dann wird man eingelassen. Es empfängt einen eine 70-er Jahre-Zweckbauästhetik, die grauenvoller nicht sein könnte. Sie ist mit japanischem Pseudokitsch zugestellt. Man muss sich die Atmosphäre vorstellen als eine Mischung aus billigem Japan-Imbiss und Volkshochschulverwaltungszentrale. Es gibt um die 12 Tische, kleine und große. Zumeist sitzen dort mehr oder weniger alkoholisierte Gruppen von Leuten, die Alters- und Persönlichkeitsstrukturen sind außerordentlich gemischt. Von drei Manga-Girls über einen Firmenausflug mit angeschickerten Vierzigjährigen bis hin zu struppigen Studenten ist alles da.

Die Bedienung ist sagenhaft bocklos. Wirklich beeindruckend. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Menschen dort ihr Publikum hassen (was man ihnen andererseits auch nicht immer übel nehmen kann). Das Schöne beim Karaoke ist aber, dass es irgendwann jeden infiziert. Man kann nur eines tun: Trinken und mitmachen. Irgendwann wird es schön, und immerhin hat es etwas Verbindendes, weil mit fortschreitender Stunde die Gruppen sich durchmischen und es zu bizarren Duetts, ja sogar gemischten Chören kommt. Man muss es einfach durchstehen, gemeinsam.

Die Anlage ist nicht besonders gut, manchmal setzt bei höheren Lautstärken auch einfach mal die Endstufe aus, die Musikauswahl beschränkt sich auf die klassischen Formatradiosachen plus die kompletten 80-er und 90-er Jahre, ergänzt um unerwartete, seltene Preziosen wie Radiohead.

Interessanterweise wird die Stimmung tatsächlich gut, trotz des Personals. Man kann sagen, dass sowohl das Personal, als auch die Gäste einfach eisenhart ihr Programm durchziehen, ein wunderbares Aneinandervorbeifeiern.

War also letztlich ein schöner Abend. Trotz der Umstände. Und danach die Currywurst, ah. Geil!

Hat jemand schon mal andere Karaoke-Schuppen in Berlin ausprobiert und möchte er berichten?

 

Konsequent Berlin oder ziemlich Potsdam?

Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Aber ich sollte. Sagt der Wahlomat, nachdem ich ihm 20 intime, hoch politische und brennend-brennende Fragen (z.B. meine Meinung zur „Wiedereinführung für Kopfnoten wie Fleiß und Betragen“ oder einem potenziellen „Ausbau der Binnenschifffahrtswege in Berlin?“) beantwortet habe. Ich habe also 20x auf „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ geklickt und soll jetzt FDP wählen. Ich könnte natürlich auch eine der anderen 22 Parteien wählen. Wäre gar kein Problem. Könnte – zack! – am 17. September bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin die „Grauen“ wählen, in deren Wahlprogramm steht, wie’s geht, mit der Welt:

„Ehrlichkeit ganz oben auf der Wunschliste… und wir hätten Geld ohne Ende.“

Ah, ach so! Einfach nicht mehr lügen, und rummsdibumms ist Geld in der Kasse. Mit anderen Worten, habe ich genug Kohle, kann ich lügen wie gedrückt. Nein, eine solche Partei ist nicht meine Tasse Tee.

Könnte natürlich auch die PSG wählen, die „Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale“. Hui, das klingt aber ganz schön Heinermülleresk. Haupt-These: „Arbeit zu finden, ist ein soziales Grundrecht.“ – och nöh. Ich finde, es soll jeder machen, was er will, und Stein findet das auch.

Vielleicht die Humanwirtschaftspartei? Die hat zwar ganz schöne Ideen („Die Abschaffung sämtlicher Steuern auf den Faktor ‚Arbeit‘ (Lohn- und Einkommenssteuer) [ausschließliche Besteuerung von ‚Verbrauch‘] sowie die Reduzierung der Kapitalkosten durch die ‚Umlaufsicherung'“), aber erst 35 Mitglieder, und gerade eine so vernunftorientierte Partei wird wohl verstehen, wenn ich im Sinne einer persönlich-politischen Investitionssicherheit hier erst mal ein bissl Angst habe ein Kreuzlein zu machen.

Der Wowereit! So nett sieht der aus. So ein feines Kerlchen! Denn will ich wählen. Aber ich kann nicht: Weil auf seinen Plakaten steht: „Konsequent Berlin“. Ich kann so nicht wählen! Konsequent Berlin. Das ist wie: „Ziemlich Potsdam“. Oder „Ganz schön Bremen“. Wenn nicht gar „Mein lieber Scholli Travemünde“.

Ich weiß nicht, was ich wählen soll. Ich mach den Wahlomat einfach nochmal von vorne.

 

Wie sieht Gott aus?

UPDATE: UND SO WAR’S DA.

Warum gibt es in meinem Supermarkt andauernd einen so genannten „Storno“? Wie belpt man einen Rodiot? Gibt es das Perpetuum Mobile doch? Fragen dieser Art werden am kommenden Samstag auf dem Bebelplatz geklärt. 112 hochdekorierte Wissenschaftler aus aller Welt werden simultan 100 dergestalt existenzialistischer Fragen gleichzeitig beantworten, gefilmt von 112 Videokameras. Krank? Klasse! Das Projekt wird unter www.droppingknowledge.org online begleitet und von meiner Kollegin Juliette Guttmann besucht. Am Sonntag also mal unter www.zeit.de reinschauen und den Artikel genießen.

 

Der Unterschied zwischen Beck’s und Beck’s Gold

Äußerst intime und freundliche Lokalität für einen entspannten Drink: die Minibar in der Gräfestraße (Kreuzberg). Im Sommer sitzen die Leute draußen zwischen Jugendstilfassaden, bei schlechtem Wetter geht’s rein in die gute Stube und die ist wirklich mini. Um die Theke herum hat nur eine handvoll Leute Platz und weil’s so kuschelig ist, nimmt man, oft unfreiwillig, an den Gesprächen anderer teil. Neulich diskutierten Zwei mal wieder das abgedroschene Streitthema: „Beck’s Gold ist ein Mädchenbier! “ Daraufhin inszenierte der Barkeeper einen spontanen Beck’s-Test, an dem gleich alle begeistert teilnahmen. Und der ging so:
Barkeeper gießt Beck’s (das grüne Original) und Beck’s Gold in zwei Gläser.
Gast kostet, ohne zu wissen, welches welches ist.
Gast versucht, Beck’s Gold am Geschmack zu erkennen.
Das verblüffende Ergebnis: Geht nicht! Die Tester waren sich einig, dass beide Biere genau gleich schmecken.
Vielleicht waren das jetzt alles Menschlein, deren Zungen vom vielen Rauchen und scharfes Essen Essen unter Geschmacksknospenverödung litten. Aber wenn’s mal wieder darum geht, dass echte Männer niemals Beck’s Gold trinken würden, muss ich jedes Mal schmunzeln.
Jetzt warte ich natürlich gespannt auf Ihre Testberichte: Kann man die beiden Biere am Geschmack unterscheiden, oder nicht? Aber nicht schummeln!

 

Schmerzen im Offenen Kanal Berlin

Sich über den Offenen Kanal Berlin lustig zu machen ist ungefähr so originell wie Scherze über Briefmarkensammler, Liegeradfahrer oder Hefeweizentrinker. Gestern zappten die beste Ehefrau von allen und ich ein wenig rotweinsediert durchs Programm und sahen etwas, was in Traurigkeit überhaupt nicht mehr zu überbieten war und uns in eine dermaßen übersteigerte Trauer hineinruderte, dass wir Minuten später verzweifelte Lachsalven ausstießen.

Was war zu sehen?
Ein Kamerateam hatte am derzeit stattfindenen Karneval der Kulturen quälend lang das Bühnenprogramm der Farafina-Bühne abgefilmt. Und zwar – wie im Offenen Kanal üblich – unkommentiert und nur rudimentär geschnitten. Wer sich an das gestrige Wetter erinnert ahnt was nun kommt: Auf der Bühne engagiertes Herumgeturne, während vor der Bühne stechender Platzregen niederging und der gesamte Bühnenvorplatz bis auf drei, vier versprengte Gestalten LEER war. Leer. Und zwar ratzeputz und mimamausetot.

Wir sahen den Percussionisten Holger Teuber, der laut Programm „Perkussionsexperimente für Kinder: Klangvielfalt auf exotischen Instrumenten“ anbot. Holger Teuber, bemühte sich redlich und verdienstvoll, gute Stimmung zu erzeugen, allein – es war kein Reflektor für diese Stimmung da. Auf der Bühne: Tontechniker, Kameraleute, zwei Percussionisten – vor der Bühne niemand. Nach mehrminütigem Getrommel fanden sich an den regengeschützten Rändern der Bühne einige, wenige Zuschauer ein. Doch die Begleitung des Trommlers, eine Frau in einem wirklich beängstigenden übermannshohen Vogel-Strauß-Kostüm, die ekstatisch über den Platz hin- und heroszillierte, verscheuchte sogleich alle Menschen wieder, denn es sah dies wirklich aus, wie ein wildgewordenes, an Vogelgrippe und BSE gleichzeitig erkranktes Tier.

Der Percussionist, den ich nochmal für seine Tapferkeit loben möchte, verließ die Bühne mit einer umgehängten Trommel um einige Kinder für eine Improvisation mit auf die Bühne zu holen. Und immer, wenn er Vertrauen zu einem Kind aufgebaut hatte, kam der Grusel-Vogel und die Kinder suchten mit angstgeweiteten Augen das Weite.

Wir schauten dies quälende 15 Minuten lang an, mit wachsender Trauer und Hysterie, bis wir lachkrampfgeschüttelt das Programm wechselten: Auf WDR 3 ging gerade Sonic Youth im Rockpalast los. Und das war uns dann doch lieber.

Himmel, war das traurig.

 

Von wegen Amtsschimmel

Es wird ja sehr gerne gemeckert über die Berliner Ämter. Ewiges Warten in zugigen, zugequarzten Fluren, somnambule Verwaltungsmitarbeiter, insgesamt dumpf-säuerliche Amtsschimmeley. Doch es gibt auch Lichtblicke.

Neulich erwarb ich in Neukölln ein Lahmacun (türkische Pizza). Zu spät, nämlich bereits nach Aufgeben der Bestellung, stellte ich fest, dass der Imbiss, in dem ich stand, in extremem Maß unappetitlich war. Nun bin ich sicherlich alles andere als Etepetete, ich gehe auch ohne zu klagen auf die Toilette im Kumpelnest, aber was ich in diesem Imbiss sah, war mehr als fies: In der Kühlvitrine vergammelte Fleischbatzen, bei einer der Saucen flockte Joghurt aus -> es war nicht unappetitlich, es war gesundheitsgefährlich.

Ich dachte, schreibste mal eine E-mail an das zuständige Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt. Und siehe da: Ich bekam gleich am nächsten Tag eine Antwort, man danke für meinen Hinweis und werde dem nachgehen. Einen weiteren Tag später erhielt ich eine erneute Rückmeldung: Der Betrieb war sofort überprüft worden, man teilte mir sogar das Untersuchungsergebnis mit.

Zwei E-Mails! Von einem Berliner Amt! Das ist so schön, dass es einen fast rührt.