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Kleine Weltflucht

Subtil und bildgewaltig: Das Festival Around the World in 14 Films zelebriert die Fremde mit Beiträgen aus Kanada und Russland.

Eine Woche lang spielt das Babylon Filme von jungen Filmemachern aus 14 Ländern der Welt. Obwohl auf internationalen Filmfestivals gefeiert, haben viele der Beiträge keinen deutschen Verleih gefunden. Jedes der Werke wird von einem deutschen Regisseur vorgestellt. Paten der heutigen Filme sind die Regisseure Thomas Arslan und Stephan Wagner. Arslan führt in den kanadischen Beitrag Curling (2010) ein, Wagner präsentiert den russischen Film Silent Souls (2010):

Mit Curling erzählt Denis Côté die klaustrophobische Vater-Tochter-Geschichte von Jean-François und Julyvonne. Sie leben isoliert am Rande einer Kleinstadt. Julyvonne darf nicht einmal die Schule besuchen. Bei einem unerlaubten Ausflug in die Natur macht sie eine traumatisierende Entdeckung, die ihr Weltbild erschüttert. Die Beziehung zwischen Vater und Tochter definiert sich neu.

Curling erhielt in Locarno den Preis für die beste Regie und den besten Hauptdarsteller.

In Silent Souls (Ovsyanki) entführt Regisseur Aleksei Fedorchenko den Zuschauer in die Kultur der finnisch-ungarischen Merja. Die Frau des Fabrikdirektor Miron ist gestorben. Er bittet seinen Freund und Angestellten Aist, ihn bei ihrer Verabschiedung zu begleiten. Gemeinsam reisen sie durch Zentralrussland, um Tanja traditionsgemäß am Nerosee einzuäschern. Miron’s Schilderungen der gemeinsamen Zeit vermitteln intime Einblicke in die fremden Bräuche.

Für seine Bildgewalt erhielt Ovsyanki in Venedig den Preis für die beste Kamera.

Mittwoch Abend läuft übrigens Winter Vacation (Han Jia) von Li Honqi, der in Locarno den Hauptpreis gewonnen hat. Zu Recht!

19.30 & 22 Uhr | 29. November 2010 | Kino Babylon | Rosa-Luxemburg-Straße 30 | Berlin Mitte

 

Kein Glühwein!

© Grimmuseum

Klangausstellung mit Tee

Der Kunstraum Grimmuseum setzt seine Klangausstellungen fort. Für die Dauer der Gruppenshow Feather Throat findet wöchentlich der Sunday Listening Salon statt. Diesmal hat Kurator Michael Northam den experimentellen Musiker Werner Durand eingeladen. Er präsentiert Schönere Stimmen aus seinem Soundarchiv. Dazu gibt’s Tee und Kaffee.

14 Uhr | 28. November 2010 | Grimmuseum | Fichtestraße 2 | Berlin Kreuzberg

Kaffeefahrt der Fotografie

Die Berlinische Galerie und Kulturprojekte Berlin veranstalten thematische Führungen. Die heutige Tour verbindet Ausstellungen zum Thema Neue Bildwelten, neue Techniken. Der Guide erklärt jeweils Schlüsselwerke von László Moholy-Nagy – Kunst des Lichts im Martin Gropius Bau, Kathrin Korfmann – Count for Nothing in der Galerie Hilgenkamp sowie der Gruppenausstellung Creative Destruction in der Kunstagenten Galerie.

Die Bustour dauert gute vier Stunden, und beinhaltet unnötigerweise einen Sektempfang sowie eine Kaffeepause. Wem das zu betulich ist, bleibt die heutige Massen-Finissage Photo.Open. Einige der am Monat der Fotografie teilnehmende Galerie zeigen ein letztes Mal ihre Ausstellungen.

13.30 Uhr | 28. November | Berlinische Galerie | Alte Jakobstraße 124-128 | Berlin Kreuzberg

 

Low-End-Pop mit Cory Arcangel

Frei ab 18: Music for Stereos

Cory Arcangel kann nicht nur programmieren, sondern auch Musik machen. Der in New York lebende Künstler eröffnet seine Ausstellung Here Comes Everybody im Hamburger Bahnhof mit der Audio-Performance Music for Stereos. Inspiriert von Lil‘ Waynes Popsong Knockout präsentiert der Künstler Musik auf „aufwendig designten low-end Stereoanlagen“.

Das Herzstück der Ausstellung ist die Videoinstallation a couple thousand short films about Glenn Gould. Arcangel hat dazu über 1100 Bilder aus dem Internet gezogenen und zu einer Videoversion der Goldberg-Variationen von Bach montiert. Dabei entspricht ein Bild jeweils einer Note des Stücks.

20 Uhr | 28. November 2010 | Hamburger Bahnhof | Invalidenstr. 50 | Berlin Mitte

 

Religion, Sex und Geld – Streitkultur an Berliner Bühnen

Ein Streitraum und ein Streit in eigener Sache – Schaubühne und Maxim Gorki haben ihren politischen Tag.

Wie stehen Bibel, Koran und Talmud zum Thema Sexualität? Im Streitraum Die Kinder Abrahams und der neue Kampf um alte Tabus diskutieren der Rabbiner Michael Goldberger, der Theologe Thomas Römer und die Journalistin Hilal Sezgin über die verschiedene Formen der Sexualität und ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft.

Die Diskussion Geld ist genug da – Theater sterben am Maxim Gorki Theater reagiert auf die Etatkürzungen in der deutschen Theaterlandschaft. Es geht um mögliche Perspektiven und die Frage, inwiefern hinter den einzelnen Beschlüssen ein politischer Angriff auf das Ensemble- und Repertoiretheater steckt. Intendanten aus Dessau, Hamburg, Leipzig und Wuppertal diskutieren mit dem Staatssekretär Knut Nevermann.

12 Uhr | 28. November 2010 | Schaubühne | Kurfürstendamm 153 | Berlin Wilmersdorf

11 Uhr | 28. November 2010 | Maxim Gorki Theater Berlin | Am Festungsgraben 2 | Berlin Mitte

 

Rettet Tor 111

© Stefanie Gerke

Kunstauktion statt Flohmarkt

Was neues für’s Wohnzimmer verspricht die Versteigerung des Kunstvereins Tiergarten. Der Erlös dient dem Erhalt des Kunstprojektes Tor 111, einem charmanten Kuriosum nahe des Rosenthaler Platzes. Die Auktion bietet viele Künstler, durchwachsene Arbeiten – aber das immerhin für einen guten Zweck.

12 Uhr | 28. November 2010 | Galerie Nord-Kunstverein Tiergarten | Turmstrasse 75 | Berlin Tiergarten

 

Absalon auf allen Etagen

Absalon, Cell n° 2 (prototype), 1992, Ausstellungsansicht Kunsthalle Zürich Foto: A. Troehler

Die Kunst-Werke Berlin zeigen den israelischen Künstler Absalon.

Absalons Werk ist seit 1994 erstmals wieder in diesem Umfang zu sehen. Neben Arbeiten aus der Serie Proposition d’habitation (1989–92) und der Installation Dispositions (1990) präsentieren die KW Institute for Contemporary Art in Berlin auch bisher nicht öffentlich gezeigte Modelle, Zeichnungen, Malereien und Videoarbeiten des israelischen Künstlers.

Absalon lebte von 1987 bis 1993 in Paris, wo er im Alter von nur 28 Jahren starb. Sein Werk bewegt sich an der Grenze von Skulptur und Architektur und beschäftigt sich mit Struktur und Raum. Seine reduzierten Arbeiten basieren auf geometrischen Grundformen, so auch die Cellules: Absalon plante Wohneinheiten, die speziell auf ihn zugeschnitten waren – kleine Zellen im öffentlichen Raum, die er u.a. in Paris, Tel Aviv, Frankfurt, Zürich und Tokio bewohnen wollte. Die Ausstellung zeigt Prototypen dieser Zellen, in denen Absalon die Möglichkeit sah, „das Soziale zu leben“.

17 Uhr | 27. November 2010 | Kunst-Werke Berlin | Auguststraße 69 | Berlin Mitte

 

Das Gorki macht Kracht

© Cecilia Gläsker

Armin Petras inszeniert Christian Krachts Kriegsfiktion Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten.

Lenin hat den Zug nach Russland nie bestiegen. Die Schweizer Sowjetunion kämpft für den Kommunismus. Der Krieg tobt seit 96 Jahren.

Armin Petras stellt die Bühnenfassung von Krachts wilder Geschichtsvision vor: Darin soll ein Schweizer Parteikommissär den polnisch-jüdischen Staatsfeind Brazhinsky verhaften. Oberst Brazhinsky herrscht über ein unterirdisches Waffenlager im Reduít, einem gigantischen Labyrinth-System in den Alpen. Zunächst trifft der Parteikommissär jedoch auf die Frau des Gesuchten, Divisionärin Favre. Eine schicksalhafte Begegnung…

Die Erstaufführung fand am Staatstheater Stuttgart statt. Jetzt kommt auch Berlin in den Genuss des abwegigen Theaterabends.

20.15 Uhr | 26. November 2010 | Maxim Gorki Theater Berlin | Am Festungsgraben 2 | Berlin Mitte

 

Kunstmetropole auf dem Abstieg?

© Kunstverlag

Der Essayband Metropolitan Views hinterfragt die große Euphorie.

„Berlin, Berlin!“ lautete der euphorische Titel der ersten Berlin Biennale. Metropolitan Views: Berlin, Berlin. Kunstszenen 1989-2009 untersucht den Mythos der deutschen Kunsthauptstadt

Die Essays betrachten die Eigentümlichkeiten der Berliner Kunstszene und ihre historische Entwicklung seit dem Mauerfall. Neben Interviews mit Christoph Tannert, dem Leiter des Künstlerhauses Bethanien, Frieze-Chefredakteur Jörg Heiser und Galerist René Block enthält der Band außerdem Werke von Künstlern und Architekten sowie persönliche Statements von Kuratoren.

Auf die Buchvorstellung in der Bar Babette folgt die Release-Party.

20 Uhr | 26. November 2010 | Bar Babette | Karl-Marx-Allee 36 | Berlin Mitte

 

Das Tja wird 25

© Kamila Smechowski

Eine Jubiläumslesung: Das Treffen Junger Autoren findet zum 25. Mal statt.

Aus 687 Nachwuchsschriftstellern in den Bereichen Drama, Prosa und Lyrik hat die Jury 20 Autorinnen und Autoren ausgewählt und nach Berlin eingeladen. Die jüngsten sind gerade mal 13 Jahre alt.

Fünf Tage lang werden die jungen Talente mit erfahrenen Schriftstellern an ihren Texten arbeiten. Heute Abend gehört ihnen schon einmal die Bühne im Haus der Berliner Festspiele. Für einige wird es sicher nicht die Letzte sein.

19 Uhr | 26. November 2010 | Haus der Berliner Festspiele | Schaperstraße 24 | Berlin Wilmersdorf

 

Lange Nan-Goldin-Nacht

Nan Goldin, Bloody bedroom in a squatted house Berlin, 1984 © Nan Goldin / Courtesy Matthew Marks Gallery, New York

Die Berlinische Galerie lädt zu einer Lesung über Nan Goldin.

Die Berlinische Galerie zeigt derzeit Nan Goldin.Berlin Work. Die Ausstellung umfasst 80 Aufnahmen von Goldin, ihren Freunden und ihrem Lebensraum in Berlin. Die Künstlerin hat sie zwischen 1984 und 2009 fotografiert. Sie zeugen von Exzess und Glück, die Goldin im damals noch wilden Berlin gefunden hat.

Nachdem diverse Blogs wie ArtSchoolVets! die Ausstellung angekündigt haben, hält sich die Begeisterung nun in Grenzen: Die ZEIT begnügt sich mit Goldins warmherzigen Blick auf Bars und besetzte Häuser. Der Spiegel bemängelt die emotionslose Präsentation. Und der Tagesspiegel bemerkt trocken, dass eine Werkschau in der Berlinischen Galerie lediglich eine Frage der Zeit gewesen sei.

Jedenfalls ist heute nicht nur die Ausstellung bis 22 Uhr geöffnet. Um 19 Uhr findet außerdem die Lesung Life unbound. Nan Goldin. Abgründe der Intimität von Tatja Seibt und Kade Schmidt statt. Wenn anschauen, dann heute.

19 Uhr | 25. November 2010 | Berlinische Galerie | Alte Jakobstraße 124-128 | Berlin Kreuzberg