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Eine der weltweit größten Müllkippen wird zum grünen Kraftwerk

Die Bordo Poniente Müllkippe in Mexiko City ist in diversen Kategorien Weltmeister: Sie gilt als eine der größten Müllkippen der Welt, zu Hochzeiten wurde sie von hunderten Müllwagen täglich angesteuert, wie BBC berichtet. Zudem ist die Kippe einer der größten Klimagas-Emittenten der Hauptstadt, die Emissionen aus dem dort offen gelagerten Abfall machen rund ein Viertel der Klimabilanz aus. Beim Verrotten der Abfälle entsteht Methan, ein Gas, das 23 Mal  klimawirksamer ist als Kohlendioxid.

Seit Mitte Dezember wird nun die Müllkippe nicht mehr angefahren, ein Erfolg der Stadt und der Clinton Climate Initiative. Nun soll aus der Müllkippe eine Art grünes Kraftwerk werden: Das anfallende Methan soll aufgefangen und zur Stromerzeugung in einem Kraftwerk genutzt werden, es könnte rund 35.000 Haushalte mit Elektrizität versorgen. Ein Zementwerk hat außerdem zugesagt, täglich rund 3000 Tonnen Abfälle als Ersatzbrennstoff einzusetzen. Und auch die Müllsammler vor Ort sollen eine Zukunft haben, sie sollen neue Jobs auf der Müllkippe bekommen und beim Versiegeln der Oberfläche helfen.

Das alles mag dröge und technisch klingen, aber es sind gerade solche Maßnahmen, die dem Klima helfen. Wie sagt es der Bürgermeister:

„Closing Mexico City’s Bordo Poniente landfill is one of the most important environmental actions for the entire country. If it can be done here, it can be replicated elsewhere even if the solution is a complex one.”

Und was kostet das alles? Dazu machten der Bürgermeister und die Clinton Initiative leider keine Angaben. Außer, dass man natürlich das Biogas verkaufen will und sich daraus Erlöse erhofft. Auf Zuschüsse der Regierung und vom Privatsektor ist man aber trotzdem angewiesen.

 

 

 

 

 

Elektroschrott? Von wegen – wahre Schätze!

Es ist die andere Seite unserer Konsumgesellschaft. Eine aktuelle Studie aus Großbritannien hat ergeben, dass mehr als ein Fünftel aller dort weggeschmissenen Elektrogeräte – vom Handy über´s Laptop bis zum Bügeleisen – sich mit Mini-Aufwand gewinnbringend weiterverkaufen lassen. 23 Prozent der Geräte aus den Elektroschrott-Recyclingcentern hätten man entweder direkt weiterverwenden können. Oder man hätte sie nur geringfügig reparieren müssen, meldet die Organisation WRAP (Together working for a world without waste).

Denn de facto werfen wir mit unserem Elektroschrott einfach Geld aus dem Fenster. Die Waren hätten immerhin einen Wert von mehr als 230 Millionen Euro. Zieht man die Kosten für das Einsammeln und Reparieren ab, würde immer noch ein Gewinn von knapp 120 Millionen Euro übrigbleiben.

„Verbraucher denken oft, dass es einfacher und kostengünstiger ist, ein Gerät neu zu kaufen – aber unsere Untersuchung zeigt, dass die weggeworfenen Geräte noch einen wirklichen Wert haben“, sagt WRAP-Mitarbeiterin Lucy Keal.

Allerdings kommt die Studie zu dem Schluss, dass sich das Weiterverkaufen und Reparieren vor allem bei großen Elektrogeräten lohnt, bei Waschmaschinen, Kühlschränken und Trocknern. Je kleiner das Gerät, desto schlechter die Kosten-Nutzen-Bilanz.

Und ich würde noch einen Einwand machen: Wichtig ist natürlich auch die Energieeffizienz. Sicher, ich kann einen wunderschönen Bosch-Kühlschrank aus den 50er Jahren (Energieeffizienzklasse unterirdisch) reparieren lassen. Aber ob sich meine Stromrechnung – und das Klima – darüber so freuen, ist eine andere Frage.

Ganz passend übrigens die wirklich beeindruckende Fotostrecke „Ein Strom, der nie versiegt“ im aktuellen stern (einfach etwa fünf Mal auf die rechte Ecke oben des stern-Heftes klicken): Eisbären, die im Elektroschrott wühlen, ein Müllplatz für ausrangierte Flugzeuge der US-Airforce. Wirklich verstörend, wie wir Menschen gerade unseren Planeten zumüllen.

 

 

Biodiesel – der Alligator im Tank

Woraus stellen wir Biodiesel her? Aus Raps, aus Soja? In den USA haben Wissenschaftler jetzt eine neue Quelle aufgetan: Alligatorfett. Wie Rakesh Bajpai im Fachmagazin Industrial & Engineering Chemistry Research berichtet, würden in der Alligatorzüchtung jedes Jahr in den USA rund 15 Millionen Pfund Alligatorfett anfallen. Daraus ließe sich ein super Biodiesel herstellen, der gar Biodiesel aus Sojaöl in seinen Eigenschaften enspreche.

Einmal ganz abgesehen, dass die New York Times vorrechnet, dass die produzierte Menge kaum den jährlichen Dieselbedarf der USA ersetzen könnte (jährlicher Dieselverbrauch USA: „45 billion gallons of diesel“, jährliche Produktion aus Alligatorfett: „1.25 million gallons of fuel“):  Nicht alles, was man kann, sollte man auch tun.

Sicherlich, Bajpai will die Abfälle aus der Alligatorzüchtung nutzen. Und deren Energie sollte besser nicht verschwendet werden.

Aber vielleicht sollte man einmal kurz die Alligatorzüchtung hinterfragen. Taschen und Gürtel aus Krokodilleder (oder besser: Alligatorhaut) sind doch wohl wirklich aus der Mode – und das nicht nur bei Tierschützern.

Millionen von Jahren haben diese beeindruckend robusten Tiere bereits auf der Erde überdauert. Wer weiß, vielleicht überleben sie sogar den Menschen. Und nun sollen sie plötzlich im Tank landen, damit wir die Folgen unseres Handels, also den Klimawandel, bekämpfen können? Das ist doch absurd…


 

Elektroschrott: Fragwürdige US-Recyclinginitiative

Auf den ersten Blick klingen die Ziele ambitioniert: Die großen Elektronikkonzerne in den USA, etwa Panasonic, Sony und Toshiba, wollen in den kommenden fünf Jahren ihre Recyclingquote von Elektroschrott verdreifachen. Eine Milliarde US-Pfund Elektroschrott („one billion pounds“) wollen sie jährlich einsammeln, gaben sie jüngst bekannt. Das entspreche etwa einem Football-Stadium mit 71.000 Sitzplätzen, das bis zur Oberkannte nur mit alten Computern, Laptops, Handys und Fernsehern gefüllt sei. Ziel sei unter anderem zu verhindern, dass Elektroschrott unsortiert in Entwicklungsländern lande, wo er nicht nur für Umweltprobleme sorgt, sondern auch massive Gesundheitsschäden verursacht. Die eCycling Leadership Initiative will dafür unter anderem die 5000 Recyclinghöfe in den USA besser bewerben und setzt auf Aufklärung beim Kauf von neuen Elektrogeräten.

Doch Kritik gab es prompt – und zwar von prominenter Stelle. Das Basel Action Network, eine einflussreiche Umweltschutzorganisation, die sich auf illegale Müllexporte spezialisiert hat, weist darauf hin, dass die USA immer noch nicht die Basel Konvention ratifiziert haben. Das wäre der erste und wichtige Schritt, um den Export von Elektroschrott in Entwicklungsländer zu brandmarken. Dieses Abkommen regelt den internationalen Handel mit Giftmüll und verbietet den Export in Entwicklungsländer. Deutschland hat es 2002 ratifiziert.

So schön freiwillige Initiativen der Privatwirtschaft auch sein mögen, die Praxis zeigt: Beim Elektroschrott  braucht es Gesetze, damit der Handel besser kontrolliert werden kann. Das findet auch die Electronics Take Back Coalition, die vermutet, die Unternehmen wollten einer ungeliebten Gesetzgebung nur zuvorkommen. Das Problem wird sicherlich nicht kleiner, nur weil niemand mehr darüber berichtet. Kaum eine andere Müllart wächst so schnell wie Elektroschrott  (kein Wunder, wenn fast jedes Jahr neue iPhones auf den Markt kommen). Und die USA sind einer der größten Elektroschrott-Produzenten der Welt.

 

Und noch eine Mülltonne

Seit einigen Tagen herrscht in unserem Hinterhof ein farbiges Chaos: Neben einer grünen, einer blauen, einer grauen und einer braunen Mülltonne steht nun dort auch eine quietschorangene Mülltonne – Verzeihung: Wertstofftonne.  Altes Plastikspielzeug, Toaster und Pullover darf man in der „Orange Box“ entsorgen. Der heutige Test ergab: Ein alter CD-Spieler und ein verkalkter Duschkopf hatten es in die Tonne geschafft. Sehr löblich.

Copyright: Berliner Stadtreinigungsbetriebe

Aber macht diese Tonnenvielfalt wirklich Sinn? Nur zwei Meter neben der neuen Wertstofftonne steht nämlich auch die bekannte gelbe Tonne, in die der Verpackungsmüll mit grünem Punkt landen soll.

Was für ein ärgerliches Chaos. Ein Joghurtbecher aus Plastik muss nun in die gelbe Tonne, ein Spielzeugauto aus genau dem gleichen Material (!) in die Wertstofftonne (Wenngleich es immer noch besser ist, dass das Spielauto via Wertstofftonne recycelt wird und nicht einfach nur mit dem Restmüll verbrannt wird).

Aber wie soll man da eigentlich den Überblick behalten? Ein überflüssiger Trennungsirrsinn ist das, der mal wieder bestätigt: Je komplizierter und intransparenter ein System organisiert ist, desto mehr Profiteure gibt es. Seit Jahren bekriegen sich hinter den Kulissen Kommunen und private Entsorgungsunternehmen, wer welchen Müll eigentlich entsorgen darf. Der Verlierer beim Kampf um den Müll ist klar die Umwelt. Denn mit der jüngsten Tonnenschwemme vergrault man die Leuten  – dabei ist Recycling doch wünschenswert. Es wird Zeit für eine einheitliche Wertstofftonne.

 

Auf dem Holzweg

Der Ticker am Berliner Hauptbahnhof erinnert rein äußerlich betrachtet an den Countdown bei einem Raketenstart. Nur, dass beim Waldticker des WWF nicht rückwärts gezählt wird, sondern vorwärts. Die digitale Uhr zeigt, wie Minute für Minute Wälder weltweit verschwinden.

Unter dem Zähler prangt in großen Lettern der Satz: „Innerhalb der nächsten 60 Stunden verlieren wir Wald von der Größe Berlins“. Der WWF enthüllte seinen Ticker passgenau zum heutigen Start des UN-Jahres der Wälder. Trotz zahlreicher Initiativen gegen den Kahlschlag, blieben Erfolge bislang aus: Allein Südamerika verliert jährlich vier Millionen Hektar Wald pro Jahr. Afrika knapp über drei Millionen Hektar.

Ein Quäntchen mehr Aufmerksamkeit und symbolträchtige Aktionen kann das Thema Waldschutz also vertragen. Klugerweise belässt es der WWF nicht dabei. Denn der Wald verschwindet nicht einfach so, sondern auch durch unseren Konsum. Und so rechnen die Naturschützer vor, dass die Deutschen in den letzten Jahren im Schnitt 235 Kilo Papier jährlich verbrauchten. Damit liegt Deutschland EU-weit an der Spitze. Laut UN-Experten liegt der Grundbedarf an Toilettenpapier, Zeitungen oder Schulheften lediglich bei spartanischen 40 Kilogramm.

Der Wald bleibt natürlich nicht nur für Papier auf der Strecke, sondern auch um den wachsenden Bedarf an Fleisch, Futtermitteln, Holz oder Bioenergie zu decken. Aber immerhin gewichtige 40 Prozent des industriell geschlagenen Holzes werden zu Papier verarbeitet. Soll heißen: Aus fast jedem zweiten Baum wird heute Papier.

Allein 30 Kilogramm Werbeprospekte landen jährlich in deutschen Briefkästen. Das sind 1,3 Millionen Tonnen Papier. Ein Aufkleber: „Bitte keine Werbung“ würde diese Flut verringern. Sieben Milliarden Papier-Küchenrollen helfen beim Putzen. Schwammtücher wären ein Ersatz . Und vielleicht am beeindruckensten: Für den Kaffee unterwegs dienen sechs Milliarden Pappbecher. Ein Thermobecher täte es auch. Nur durch diese letzte Mini-Aktion müssten rund eine halbe Million Bäume weniger gefällt werden.

Eigentlich wissen wir doch, dass in allen diesen Wegwerfprodukten Wald steckt, oder? Fragt sich, warum uns simple Aktionen im Alltag so schwerfallen? Unterm Strich – das zeigen die neuen WWF-Statistiken – reden wir gerne über Umweltschutz, konsumieren aber ständig mehr. Etwa Papier. Als sei der ganze grüne Lebensstil nur eine Art Zuschauersport und nicht essentiell für ein modernes und aktives Bürgertum, das den sorgsamen Umgang mit begrenzten Ressourcen im Sinn hat.

 

Ikea will nicht auf dem Sperrmüll landen

Auf den ersten Blick gleicht es doch einer Kannibalisierung: Ikea Schweden steigt in das Geschäft mit gebrauchten Billy-Regalen und anderen Ikea-Möbeln ein, berichtet das Times Magazin. Auf der schwedischen Ikea-Seite soll es jetzt einen Link zu einer Gebrauchtmöbel-Plattform geben, die nur Ikea-Möbel vertickt (den Link hätte ich echt gerne hier gepostet, aber das machen meine Schwedisch-Kenntnisse leider nicht mit – Hilfe willkommen!). Für Ikea ist es – so die offizielle Interpretation – ein weiterer Schritt, sich als  nachhaltiger und umweltfreundlicher Möbelgigant zu positionieren. Für Kritiker ist es nur eine andere Variante, sich Marktanteile zu sichern – dann eben auch im Geschäft mit Gebrauchtmöbel. So oder so: Solange Ikea hilft, den Sperrmüll zu reduzieren, sei es mir willkommen.

Update 9.9.2010: Und Ikea steigt jetzt sogar ins Geschäft mit Windpark ein, berichtet Focus Online.

 

1. Bio-Plastik ohne Futterneid

Den japanischen Konzern NEC kannte ich bislang nur als Hersteller von Computerbildschirmen und als Spezialisten für  IT-Produkte. Aber weit gefehlt: Die Forschungsabteilung entwickelt seit Jahren auch nachhaltige Ersatzstoffe für Kunststoffe. Jetzt präsentiert das Unternehmen seine neuste Entwicklung, die nach eigenen Angaben „weltweit erste Bioplastik aus nicht-essbarem Material“ . Der Clou: NEC verwendet keine pflanzlichen Rohstoffe wie Mais – den kann man nämlich besser selbst essen oder an Tiere verfüttern, statt ihn energetisch aufwändig zu Kunststoff aufzubereiten. Stattdessen besteht die neue Bio-Plastik aus Zellulose und Cardanol, das aus den Schalen von Cashew-Nüssen gewonnen wird.

Da das neue Bio-Material besonders hitzeresistent ist, lässt es sich auch für Computergehäuse o.ä. verwenden. In spätestens drei Jahren will NEC die ersten Produkte aus Bio-Plastik auf den Markt bringen. Bis dahin wird NEC hoffentlich auch eine Recyclinglösung gefunden haben. Denn im Kompost hat selbst Bio-Plastik nix zu suchen.

 

Starbucks-Aktionäre stimmen gegen Recyclingpläne

Wieder wat gelernt: Wussten Sie, dass Starbucks auch „SBUX“ abgekürzt wird – unter Umweltschützern und an der Börse? Das erfuhr ich gerade bei einer kleinen Recherche über die Recyclingpläne der US-Kaffeekette Starbucks. Da tut sich nämlich was – oder leider eher nicht so viel.

Auf der jünsten Starbucks-Aktionärsversammlung stimmte laut Seattle Times (der Heimatzeitung von Starbucks) die Mehrheit gegen ambitioniertere Recyclingpläne des Massen-Kaffee-Konzerns. Es geht nicht nur um die Millionen von Pappbecher, die täglich Starbucks-Kunden weltweit kaufen und die gerade einmal einen Recyclingmaterial-Anteil von zehn Prozent haben (der allerdings auf 100 Prozent steigen soll). Vor allem für die restlichen Produkte, angefangen von Getränkeflaschen bis zu Dosen und Wasserflaschen, gibt es bislang keine Recyclingziele, kritisiert die Aktionärsorganisation „As you sow.“. Schade, dabei hätte es Starbucks gut gestanden, sich des  Themas anzunehmen. Schließlich will sich das Kaffeehaus der Globalisierung doch als „responsible company“ profilieren.