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Mehr Cash für neue Ökoheizungen

Es gibt sie tatsächlich noch, die kleinen, positiven Meldungen über die Energiewende. Die Bundesregierung hat jetzt bekannt gegeben, die Förderbedingungen für das Heizen mit erneuerbaren Energien zu verbessern. Bereits ab dem 15. August 2012 können sich Antragssteller über höhere Zuschüsse vom Staat für Solarkollektoren und Wärmepumpen freuen.

Konkret erhöht das Bundesumweltministerium die Förderung aus dem Marktanzreizprogramm. Das wird vor allem für Hausbesitzer interessant sein, die sich Solarkollektoren aufs Dach schrauben, um damit Warmwasser für Heizung, Dusche und Waschmaschine zu produzieren. Nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) können sie zukünftig bei einer klassischen Solarwärme-Anlage statt mit 1.500 mit bis zu 2.000 Euro Zuschuss kalkulieren: Die Mindestförderung steigt und zudem gibt es noch eine Abwrackprämie für den alten Heizungskessel.

Bislang gab es die Zuschüsse nur für den Austausch von alten, ineffizienten Anlagen. Ab kommender Woche unterstützt die Bundesregierung auch die Kombination von Biomasseanlagen, Wärmepumpen und Solarkollektoren in Neubauten – allerdings erst einmal nur in großen Mehrfamilienhäusern. Wer eine Biomasseanlage zum Heizen nutzt (das sind zum Beispiel Holzpelletanlagen) und diese nachrüstet, bekam bisher 500 Euro Zuschuss. Zukünftig gewährt der Bund hier 750 Euro. Und auch für Neubauten werden solche Ökoheizungen nun erstmals mit 850 Euro unterstützt.

Na endlich, kann man da nur sagen. Schließlich verwenden wir rund 40 Prozent unserer Energie fürs Heizen – und bislang leisten erneuerbare Energien da einen geringen Beitrag. Seit Jahren will die Bundesregierung daher den Einsatz alternativer Energien im Wärmesektor fördern. Und seit Jahren bemüht sie dabei das Bild vom „schlafenden Riesen Ökowärme“. Ob der nun von dem Geldsegen aufwacht, werden die kommenden Monate zeigen. Die Solarlobby ist optimistisch. „Sowohl Eigenheimbesitzer als auch die Industrie profitieren. Wir rechnen mit einer Belebung der Nachfrage“, so der BSW.

Die Bundesregierung hat allerdings noch einen kleinen Trumpf im Ärmel. Im Vermittlungsausschuss vegetiert ja immer noch der Vorschlag zur steuerlichen Abschreibung von energetischen Sanierungsmaßnahmen. Wer sein Haus saniert, soll jährlich zehn Prozent der Sanierungskosten von der Steuer abschreiben können. Im Verhandlungspaket könnte nun auch eine Maßnahme aus dem Bereich erneuerbare Wärme sein, die sich dann abschreiben ließe. Wann die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, die das Vorhaben wegen Steuerausfällen boykottieren, allerdings fortgesetzt werden, ist noch unklar.

 

Energiewende auf italienisch: Prämie für die Fossilen

Das Thema Kapazitätsmärkte ist sperrig und klingt wahnsinnig öde, aber es treibt die Energiebranche gerade um. Alles dreht sich dabei um die Frage: Wie können künftig Kohle- und Gaskraftwerke rentabel betrieben werden, wenn sie in Konkurrenz zu erneuerbaren Energien stehen, die keine Brennstoffkosten verursachen und deren Grenzkosten somit gleich null sind.  Ist eine Solaranlage einmal angeschlossen, kostet ihr Betrieb praktisch keinen Cent. Das wird für die alten, fossilen Kraftwerke mit ihren Kosten für Kohle und Gas zum großen Problem.

In Deutschland wird das Thema kontrovers diskutiert. Ganz spannend ist aber ein Blick über die Alpen hinweg, nach Italien. Ein Land, das einige Energie-Superlative zu bieten hat. Kein Land der Welt importiert mehr Strom (die aktuellsten Daten der IEA sind zwar aus dem Jahr 2010, seitdem hat sich jedoch nicht viel verändert). In keinem anderen Land Europas zahlen die Konsumenten höhere Strompreise. Allein im vergangenen Jahr hat sich Kapazität der Solaranlagen vervierfacht.

Vergangene Woche verabschiedete nun Italiens Parlament zwei Gesetze, welche die Einführung von Kapazitätsprämien vorsehen. Dabei erhalten die Betreiber von fossilen Kraftwerken Zuschüsse, um Kapazitäten vorzuhalten, wenn Solar- und Windanlagen wegen der Wetterlage keine Energie liefern. Außerdem sollen für die fossilen Kraftwerke die Umweltauflagen gelockert werden, berichtet die britische Financial Times. Noch ist unklar, wie hoch die Prämie sein wird. Und wer eigentlich die Prämie zahlen soll. Offenbar sieht das Gesetz vor, dass die Energieversorger wie ENEL das Geld nicht per Umlage von den Verbrauchern erhalten.

In Italien sorgt die Kapazitätsprämie für einen Schlagabtausch zwischen Ökos und den etablierten Versorgern. Die Vereinigung Third Industrial Revolution European Society, hinter der der US-Ökonom Jeremy Rifkin steckt, bezeichnete die Pläne Italiens bereits als „unmoralisch“ und technisch unausgegoren.

Die Branche der Erneuerbaren fürchtet, dass sich die großen Energiekonzerne durchsetzen und die Ökos gezielt ausgebremst werden. Allzu abwegig scheint der Verdacht nicht zu sein. Die Regierung hatte erst vor Kurzem die Förderung der Solarenergie de facto gedeckelt, die Einspeisetarife gekürzt und eine aufwändige Registrierungspflicht eingeführt.

 

Anti-Dumping-Klage spaltet Solarbranche

Solarworld-Chef Frank Asbeck aus Bonn nimmt es an allen Fronten mit der chinesischen Konkurrenz auf: Über seine Solarworld-Tochter in den USA hat er es bereits geschafft, dass die USA auf chinesische Solarmodule Strafzölle von 30 Prozent und mehr erheben.

Und jetzt geht es in der EU weiter. Europäische Solarhersteller haben bei der EU-Kommission eine Anti-Dumping-Klage gegen die Konkurrenz aus China eingereicht. Es gibt sogar gleich eine neue Initiative dazu, EU ProSun, deren Sprecher der Solarworld-Konzernsprecher Milan Nitzschke ist. Auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) unterstützt die Klage.

Die Solarkonzerne werfen China vor, mit günstigen Krediten und dem billigen Renminbi Preisdumping zu betreiben und ihre Produkte so in den Markt zu drücken.

Jetzt könnte man meinen: Die Ökobranche stärkt Asbeck den Rücken, schließlich geht es auch darum, heimische Hersteller und deren Absatz zu schützen. Aber weitgefehlt. Nicht nur der europäische Solarbranchenverband EPIA äußert sich zurückhaltend. Einer der prominentesten Fürsprecher der Solarenergie, Hans-Josef-Fell von den Grünen, hält die Klage sogar für komplett falsch:

„Anti-Dumping-Klagen behindern die Energiewende, weil sie einen weiteren Preisrutsch der Module ausbremsen, womit auch die schnelle Entwicklung sich selbsttragender Märkte behindert wird. Die EU-Kommission wäre gut beraten, die Anti-Dumping-Klagen abzuwehren und stattdessen aktiv für offene Marktzugänge europäischer Solarfirmen in China, Indien, USA und anderswo zu sorgen.

Man kann also sagen: Anstatt künstlich mit Hilfe von Strafzöllen die weltweiten Preise hochzuhalten, ist Fell das Gelingen der Energiewende wichtiger. Und das geht eben einfacher mit billigen als mit teuren Solarmodulen. Natürlich würde er das nie so sagen. Er verweist lieber darauf, dass die Zukunftsmärkte auch für die deutsche Solarbranche in China, Indien und die USA liegen. Und dass es deshalb wichtig sei, den weltweiten Handel zu fördern, anstatt ihn mit Strafzöllen zu lähmen.

Zudem ist das Gesamtbild mal wieder komplizierter als gedacht. In chinesischen Solarmodulen stecken, so Fell in einem Thesenpapier, auch 60 Prozent europäische Wertschöpfung, zum Beispiel Produktionsanlagen, die in Deutschland hergestellt wurden und nun in China Module ausspucken.

Diese europäische Wertschöpfung beim Rückimport aus China mit Strafzöllen zu belegen macht offensichtlich keinen Sinn.“

 

Offshore-Windparks: Gerangel um die Gewerbesteuer

Glaubt man den Beamten im Kieler Finanzministerium, dann ist die Lage eindeutig: Dieser kleine Felsbrocken Helgoland, gerade einmal ein Quadratkilometer groß, wird sich zukünftig über einen wahren Geldsegen freuen dürfen.

In der Nordsee sind ja zurzeit jede Menge Offshore-Windparks geplant. Seit 2001 hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie allein 27 Windparks genehmigt, mehr als 80 sind beantragt. Sie kommen in der Regel auf 200, teilweise auch 400 Megawatt Kapazität. Der Bau eines Windparks kostet Milliarden, sicher. Aber eines Tages werden auch diese Parks dank garantierter Ökostromvergütung Gewinne erwirtschaften – und sind damit gewerbesteuerpflichtig.

Nur: Welche Gemeinde darf eigentlich kassieren? Schließlich liegt der Großteil der Windparks in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) – und da ist bislang aus Sicht der Finanzbehörden „gemeindefreies Gebiet“, also irgendwie Niemandsland. Bislang gibt es keine Regelung, wer eigentlich die Gewerbesteuer erhält, die im Gewinnfall anfällt. Und die Summen darf man wirklich nicht unterschätzen. In Schleswig-Holstein sind etwa die Steuerzahlungen der Windparks an Land inzwischen mit die wichtigste Einnahmequelle für klamme Kommunen. 40 Millionen Euro kassieren sie von den Windparkbetreibern – und zwar jährlich.

Umso spannender die Frage, wie es auf hoher See aussieht. Das Land Schleswig-Holstein ist vorgeprescht und hat bereits im Jahr 2007 eine Verordnung vorgelegt. Helgoland gehöre zum Festlandsockel des Bundeslandes. Demnach dürfe sich die Kommune, die wiederum zum Kreis Pinneberg gehört, über den Geldsegen freuen. Auch wenn die Gewerbesteuer noch aufgeteilt wird zwischen der Gemeinde, wo der Windpark steht, und der Kommune, wo der Betreiber seinen Sitz hat (in der Regel eine Kommune an Land): Es wären Millionensummen, die dem Bürgermeister von Helgoland, Jörg Singer, zuflattern würden.

Singer gibt sich bislang gelassen. Ja, theoretisch sei das vielleicht so, dass Helgoland auf diese Weise schnell in die Liga der reichsten Kommunen Deutschlands katapultiert werden könne. Aber so richtig freuen mag er sich noch nicht. Noch sei unklar, ob Schleswig-Holstein die Gewerbesteuerzuteilung überhaupt selbst regeln dürfe. Und ob nicht doch der Bund noch ein Wörtchen zu sagen habe. Singer:

„Wir benötigen, um sicher zu gehen, mindestens eine Bundes-, wenn nicht sogar eine EU-Verordnung. Auf alle Fälle ist seitens der Nordsee-Anlieger viel Gezerre zu erwarten, wenn klar wird, dass man mit Offshore auch Gewinne einfahren kann.“

 

Offshore-Wind: auf der Suche nach dem besten Lärmschutz

Es ist wohl das klassische Dilemma: Da baut Deutschland mit einem riesigen Aufwand Windanlagen auf hoher See, um seine Energieversorgung langfristig auf Ökostrom umzustellen. Auf der anderen Seite bedeutet das  Eingriffe ins Ökosystem Meer – bei denen allerdings die Fachwelt noch unsicher ist, wie gravierend sie sind. Klimaschutz versus Naturschutz: kein einfaches Unterfangen.

Der Schweinswal treibt da zurzeit heftig die Offshore-Branche um. Wie bekommt man es hin, dass er nicht langfristig vertrieben wird von den lauten Rammarbeiten am Meeresboden und auch nicht gleich taub wird. Am heutigen Donnerstag hat die Branche eine erste Bilanz der verschiedenen Schallschutzmethoden vorgestellt. Das Projekt kostete rund vier Millionen Euro.

Das Positive vorweg: Vom „Großen Blasenschleier“, bei dem ein Mantel aus Luftblasen die Schallwellen abfängt, bis zu Dämmschalen und Schlauchvorhängen: Alle Methoden sind wirksam und mindern den Lärm um im Schnitt neun Dezibel.

Das Problem ist nur, dass das nicht ausreicht, um den gesetzlichen Grenzwert von 160 Dezibel zu garantieren. Die Unternehmen und Institute formulieren es diplomatisch:

„Damit konnte eine deutliche Annäherung an den Schall-Emissionsgrenzwert von 160 Dezibel in 750 Meter Entfernung um die Schallquelle herum erreicht werden.“

Für die Offshore-Firmen ist das Thema nicht nur, salopp gesagt: pille palle. Wenn sie die Schallschutzgrenzen nicht einhalten, kann das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie im Ernstfall sogar den Bau des Windparks untersagen. Zudem bedeuten die Schallschutzmaßnahmen enorme Kosten für sie. Denn für jeden Pfahl, den sie in den Meeresboden rammen, müssen sie zurzeit mit gewaltigem Aufwand auch ein Schallkonzept entwickeln – und das ja parallel zu den normalen Bauarbeiten. Kein einfaches Unterfangen.

Noch ist unklar, welche Technologie sich langfristig durchsetzen wird. Zurzeit setzen die Firmen vor allem auf den Luftblasenschleier, er ist „state of the art“. Doch er hat ein Problem – und das liegt in der Natur der Sache: Die Luftblasen verwirbeln und verändern sich, je nach Windstärke und Wellengang. Das bedeutet also, dass weitere Forschung nötig ist.

Wissenschafler kritisieren da wohl zu recht, dass sie gerade bei der Offshore-Windenergie aktuell nicht ausreichend Zeit haben, die ökologischen Folgen zu analysieren und zu bewerten. Was passiert mit dem Meeresboden, wenn sich langfristig mehr als 5.000 Windanlagen zukünftig in der Nordsee drehen sollen? Welche Folgen hat das auf die Biodiversität, nimmt sie zu, nimmt sie ab? Und eben: Wie wird´s dem Schweinswal mit den Windrädern gehen? Die Energiewende, sie ist zumindest in Teilen wohl gerade eine Operation am offenen Herzen. Aber anders lässt sie sich wohl auch nicht realisieren.

 

Mietwucher: Sündenbock energetische Sanierung

Anfang der Woche machte Report Mainz auf das Thema Mietwucher aufmerksam. Tenor des Beitrags: Die energetische Gebäudesanierung lässt die Mieten so hoch steigen, dass immer mehr Menschen sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Das treffe laut Deutschem Mieterbund auf 100.000 Mieter zu. Eine alleinerziehende Mutter aus Hamburg, ein Künstler- und ein Renterehepaar aus Berlin: Sie alle werden wohl umziehen müssen, weil ihre Wohnungen modernisiert werden sollen.

Die Deutsche Energieagentur dena sieht das alles ein bisschen anders. Gemach, gemach, sagt ihr Chef Stephan Kohler:

„Wer die energetische Sanierung zum Sündenbock für hohe Mietsteigerungen in Deutschland macht, ist auf der falschen Fährte.“

Die dena verweist darauf, dass es oft ganz anderes Gründe gebe, warum die Mieten steigen würden.

Alte Häuser, in denen trotz guter Stadtlage bisher eine geringe Miete fällig wurde, können nach einer Aufwertung durch eine umfassende Sanierung deutlich höhere Mieten erzielen. Diese Chance würden Eigentümer natürlich nutzen. Zwar würden diese Häuser dann auch häufig energetisch saniert – die hohe Preissteigerung sei aber zu einem guten Teil auf die „Schönheitssanierung“ zurückzuführen.
In anderen Fällen würden im Zuge einer energetischen Sanierung über lange Zeit nicht erhöhte Mieten an ein allgemein gestiegenes Niveau angepasst. Diese Effekte treten besonders in den deutschen Großstädten häufig auf und treffen tatsächlich oft einkommensschwache Menschen, die schon lange in ihren Wohnungen leben.

Zudem kann der Vermieter nicht nur Teile der energetischen Sanierungkosten umlegen, sondern auch Kosten der „wohnwertverbessernden Maßnahmen“, also ein schickes neues Bad oder einen neuen Balkon.

Sanierungskosten, Quelle: dena
Sanierungskosten, Quelle: dena

Der Gesetzgeber hat übrigens erst kürzlich einmal wieder die Chance verpasst, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Wieder einmal konnte sich der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag nicht darauf einigen, dass Vermieter die Kosten für eine neue, energieeffiziente Heizung und bessere Fenster in ihrer Steuererklärung geltend machen können. 1,5 Milliarden Euro würde das kosten, ein Betrag, auf den die Bundesländer nicht verzichten wollen. Dabei halten Energieexperten das Programm unisono für sinnvoll – erst recht, wenn Deutschland wie geplant seine Sanierungsquote verdoppeln will.

 

Energiewende: Stromnetz der Bahn nutzbar, aber echt kompliziert

Diese Idee hat vor allem Peter Ramsauer (CSU) unterstützt: Die Energiewende braucht neue Stromleitungen – warum nutzen wir nicht einfach das Stromnetz der Deutschen Bahn? Schließlich betreibt sie deutschlandweit ein riesiges Stromnetz. Vor allem auf der Nord-Süd-Route ist der Transportbedarf enorm, um mittelfristig den Offshore-Windstrom von der Küste gen Süden zu bringen. Der Bundesverkehrsminister verfolgt den Plan schon seit Monaten mit Hochdruck.

Heute hat erstmals die Bundesnetzagentur Zahlen zu dem Vorschlag vorgelegt. Denn was nützt die beste Idee, wenn sie vielleicht technisch gar nicht machbar ist. In ihrem Auftrag haben die Universitäten Hannover, Dresden und Clausthal verschiedene Möglichkeiten durchgespielt, unter anderem Gleichstromkabel oder Erdkabel entlang der Bahntrassen.

Die Bahn betreibt zurzeit mehr als 7700 Kilometer Stromleitungen in Deutschland. Allerdings nutzt sie eine andere Netzfrequenz, nämlich 16,7 Hertz. Die Frequenz des deutschen Übertragungsnetzes beträgt dagegen 50 Hertz.

Prinzipiell ist die Bahn gar nicht abgeneigt, ihr Stromnetz zur Verfügung zu stellen. „Wir unterstützen die Studie und jeden Vorschlag, der wirtschaftlich und technisch machbar ist“, sagt ein Bahn-Sprecher.

Aber genau das ist das Problem. Denn die unterschiedlichen Frequenzen machen die Realisierung von Raumsauers Vorschlag ganz schön kompliziert. Sie vertragen sich nicht so gut, vor allem auf langer Strecke. Bis maximal 50 Kilometer ist die Kombination der beiden Frequenzen möglich – sonst beeinflussen sich die beiden Stromkreise.

Dann gibt es natürlich noch die Variante mit Gleichstromkabeln. Gleichstrom hat ja den Charme, dass er verlustärmer über längere Strecken transportiert werden kann. Allerdings ließe er sich nur mit dem Bahnnetz kombinieren, wenn es andere Maste und vor allem breitere Schutzstreifen geben würde. Und das wiederum erfordert ganz neue Genehmigungsverfahren – die wiederum jeden Zeitvorteil auffressen könnten.

Bleibt die Variante Erdkabel. Aus Sicht des Bahnbetriebs (und der Bürger) wäre das natürlich die beste Lösung, schließlich stört kein zusätzliches Kabel über Tage. In der Studie heißt es aber:

Diesen Vorteilen stehen erhebliche Mehrkosten von ca. 14 Milliarden Euro (Faktor 2,97) zur Drehstrom-Freileitung mit Standardmasten gegenüber. Diese resultieren im Wesentlichen daraus, dass mit den heutigen HGÜ-Kabeln maximal 1200 MW Leistung übertragen werden kann und daher die Legung von vier HGÜ-Kabelsystemen erforderlich ist, um die Leistung von zwei Drehstromfreileitungssystemen zu erreichen.

Die HGÜ mit Erdkabeln ist damit die mit Abstand teuerste Lösung aller untersuchten Varianten.

Übrigens: Ein ganz interessantes Szenario, das die Macher noch durchspielen,  ist „Dezentralisierung.“ Was wäre, wenn die Bahn ihr deutschlandweites Stromnetz abbaut und ihre Strecken nur noch regional versorgt. Dann ließe sich auf den Masten entlang der Zugtrassen nur noch Energiewende-Strom von Nord nach Süd transportieren. Das hätte den Vorteil, dass nicht zwei unterschiedliche Frequenzen kombiniert werden müssen.

Allerdings würde sich die Bahn auch nicht mehr unbedingt so günstig Energie beschaffen können. Gerade das ist ja nur möglich, weil sie deutschland ihren Bahnstrom einkaufen kann. Strom würde in diesem Fall also teurer – und am Ende spiegel sich das natürlich auch in den Ticketpreisen wieder.

 

 

 

Solarförderung: Der Deckel ist da

Irgendwie hing die Idee ja schon seit Monaten in der Luft. Aber dass sich gestern Abend der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag darauf geeinigt hat, ist doch eine kleine Sensation: Erstmals führt die Bundesregierung für die Förderung einer Öko-Technologie einen Deckel ein. Wenn Solaranlagen mit einer Kapazität von insgesamt 52 Gigawatt in Deutschland am Netz sind, wird Schluss sein mit der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Mal kurz ein paar Zahlen zur Einordnung: Zurzeit sind in Deutschland Solaranlagen mit rund 28 Gigawatt am Netz. Es fehlen also noch 24 Gigawatt für das Ziel der Bundesregierung. Der zuständige Minister Peter Altmaier (CDU), der den Kompromiss gestern in Berlin als „Paradigmenwechsel“ bezeichnete, plant weiterhin mit einem jährlichen Zubau von etwa 2,5 bis 3,5 GW – falls es nicht zu unvorhersehbaren Booms kommt. Das bedeutet also, dass Solarstrom  noch etwa sechs bis sieben Jahre lang weiterhin gefördert wird (Aber Achtung: Immer unter der Annahme, dass der Zubau nicht wieder bei 7,5 GW wie im vergangenen Jahr liegt, sondern nur halb so stark ausfällt).

Ist das wahrscheinlich? Schwer zu sagen. Die Fördersätze sind ja in den vergangenen Jahren schon stark gefallen. Die Schlussverkaufspanik könnte zudem ein wenig gedämpft worden sein, da die Kürzung rückwirkend schon ab dem 1. April gelten soll.

Quelle: BSW
Quelle: BSW

Dass Solarstrom auch in den kommenden Jahren der Kostentreiber der EEG-Umlage sein wird, dagegen verwehrt sich (wenig überraschend) der Bundesverband der Solarwirtschaft. Zu – salopp gesagt – „Höchstförderzeiten“ im Jahr 2005 hätte jeder Haushalt rund zwei Euro im Monat dafür zahlen müssen, damit sich der Anteil Solarstrom am deutschen Strommix um einen Prozentpunkt erhöht. Bei den aktuellen Fördersätzen, die eben zusammengestrichen wurden, werden es in diesem Jahr nur noch 60 Cent sein.

Spannend wird, finde ich, ob Solar und Offshore-Windenergie gerade die Rollen tauschen. Bislang hatte Solarstrom immer den Ruf des Kostentreibers, wegen der hohen EEG-Förderung. Schaut man sich allerdings den Ausbau der Windenergie auf See und die Folgekosten an (Netzausbau, Haftungsfragen etc), so könnte vielleicht bald Offshore-Wind diesen Titel übernehmen.

 

 

 

Kohle versus Öko: Wer gewinnt den Wettlauf?

In bester Tradition hat Greenpeace zum vierten Mal sein Energieszenario „Energie (R)evolution“ vorgelegt. Seit dem Jahr 2007 rechnet das Deutsche Luft-und Raumfahrtzentrum für die Umweltschutzorganisation aus, wie ein Ausstieg aus der Kohle und Atomkraft möglich wäre und welche Investitionen in welchen Bereichen dafür nötig wären. Der Report wird etwa einmal im Jahr aktualisiert, u.a. weil etwa der Anteil der erneuerbaren Energien doch schneller gewachsen ist als gedacht.

Ganz interessante Zahlen finden sich zwar nicht in dem 340 Seiten langen Wälzer, aber in einem unveröffentlichtem Hintergrundpapier. Demnach liefern sich Kohle und alternative Energien gerade ein Kopf-an-Kopf-Rennen weltweit. Greenpeace hat unter anderem die internationale Energie-Datenbank wie Platts nach geplanten Kraftwerkprojekten durchforstet. Was haben die  Energieversorger in der Pipeline?

Demnach sind in den kommenden fünf Jahren Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von rund 350 bis 400 Gigawatt weltweit geplant. Das beeindruckt, rechnet man im Schnitt mit 1.000 Megawatt Kapazität je Kraftwerk, wären das mindestens 350 neue Kohlekraftwerke (die ja für mindestens 40 Jahre am Netz sein werden).

Beeindruckender sind aber die Zahlen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien. Schaut man sich die Kapazitäten an, dann sind ähnlich hohe Zuwächse geplant wie bei der Kohle: Mehr als 470 Gigawatt Wind- und Solaranlagen sowie Wasserkraftwerke sind geplant. Und nein, den großen Batzen macht diesmal nicht die Wasserkraft aus, sondern Wind: Bis zu 300 Gigawatt Windkraft wären möglich.

Nun muss man allerdings vorsichtig sein, denn es handelt sich nur um Pläne. Auch in Deutschland waren zu Höchstzeiten ja einmal mehrere Dutzend Kohlekraftwerke geplant – am Ende wurde bislang gerade einmal eine Handvoll realisiert. Deswegen ist es jetzt so entscheidend, welche politischen Rahmenbedingungen herrschen; ob sich eher Investitionen in Kohle oder Wind lohnen. Damit das Zwei-Grad-Klimaschutzziel nicht gerissen wird, müssten laut Greenpeace die Erneuerbaren die Wachstumsraten der vergangenen zehn Jahre beibehalten. Zugleich müssten die Investitionen in fossile Kraftwerke auf ein Minimum heruntergefahren werden.

Nach aktuellen Zahlen des Netzwerks REN21 wurden übrigens im vergangenen Jahr weltweit rund 257 Milliarden US-Dollar in den Ausbau der Erneuerbaren investiert – ein Plus von 17 Prozent zum Vorjahr.

Und das in Zeiten der Euro- und Schuldenkrise.

 

Nicht schlecht: Altmaiers Start als Umweltminister

So, heute Morgen lehne ich mich mal weit aus dem Fenster. Ich finde, der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) legt einen wirklich ganz passablen Start im Amt des Bundesumweltministers hin. Selten war so viel Engagement in der Chefetage, allein kommende Woche nimmt er an sieben Terminen teil (unter anderem wagt er sich gleich ins Bundeswirtschaftsministerium, Feindesterrain sozusagen).

Diese Woche fährt er am Freitag in die Asse ein – und das nach gerade einmal zwei Wochen im Amt. Sein Amtsvorgänger Norbert Röttgen brauchte dafür zwei Jahre. Heute kündigte er zudem einen zehn-Punkte-Plan bis zur Sommerpause an, was er alles bis zur Bundestagswahl 2013 erledigen will. Neben der Energiewende will er sich vor allem auf das Thema „Klimaschutz“ konzentrieren.

Entscheidend wird natürlich jetzt sein, was Altmaier nach den Sommerferien alles anpacken und vor allem umsetzen wird. Wird da mehr kommen, als ein „Der Abschied von der Kernenergie ist definitiv und endgültig„, wie er heute sagte? Jetzt geht es nicht mehr nur darum, Bekanntes zu bekräftigen und mit allen Akteuren und Widersachern zu sprechen, sondern vor allem darum, Entscheidungen zu treffen. Bekommt er etwa jetzt schnell die Einigung mit den Bundesländern hin, ein Endlagersuchgesetz zu verabschieden? Röttgen hatte ja zuletzt immer betont, dass man kurz vor einer Einigung stehe.

Übrigens, selten war ein Minister wohl so Twitter-engagiert. Mehr hier: @peteraltmaier. Und selbst das Bundesumweltministerium twittert inzwischen unter @bmu_de (allerdings auch oft Retweets vom Chef und schnöde Terminhinweise).