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Höhenwindanlagen, der jüngste Coup der Windmüller

Copyright: NTS
Copyright: NTS

Wat es alles gibt, oder? Die Windmüller starten jetzt in die nächste Liga: Sie wollen die besseren Windverhältnisse in – Achtung – 300 bis 500 Metern Höhe ausnutzen. Das Unternehmen NTS aus Berlin entwickelt dafür zurzeit die erste Höhenwindanlage in Deutschland. Dabei bewegen hoch am Himmel ziehende Drachen kleine Fahrzeuge auf einem Schienenkreis am Boden. Es ist sozusagen die Skysails-Idee fürs Land. Ein Kite soll eine Kapazität von etwa einem Megawatt schaffen. Die Effizienz sei wegen der besseren Ausbeute bis zu drei Mal höher als bei den herkömmlichen Windrädern.

NTS ist inzwischen sogar aus der Zukunftsvisionsphase heraus. In Mecklenburg-Vorpommern hat das Unternehmen in der Gemeinde Friedland eine erste Testanlage gebaut, die 400 Meter lang ist. Die Entwicklungskosten liegen im einstelligen Millionenbereich, die Berliner Förderbank IBB unterstützt das Projekt. Der Geschäftsführer des Start-Ups gibt sich optimistisch, bislang erfülle der Testbetrieb alle Erwartungen, so Uwe Ahrens.

Wie also genau funktioniert die Technik? Die Idee ist, die stärkeren Winde dort oben besser auszunutzen, NTS schwärmt sogar von grundlastfähigem Strom. Die Kites ziehen die kleinen Fahrzeuge  auf den Schienen immer in der Runde. Dabei erzeugen Generatoren Strom und speisen ihn ins Netz ein. Wenn es keinen Wind gibt oder die Fahrzeuge gerade auf einem Abschnitt unterwegs sind, auf dem der Wind aus der falschen Richtung bläst, übernehmen die Schienenfahrzeuge den Antrieb und ziehen die Kites. Auch wenn das wiederum Energie verbraucht: Das sei vergleichsweise wenig, sagt NTS. So sollen die Kites in der Luft gehalten werden. So funktioniert übrigens auch der Start der Kites: Die Mini-Fahrzeuge ziehen die Drachen in die Luft hoch. Es ist das gleiche Prinzip wie beim Drachensteigen, die ersten Meter muss man eben selbst rennen.

Teststrecke in Friedland, Copyright: NTS
Teststrecke in Friedland, Copyright: NTS

Eine Herausforderung ist, das wird gleich klar, der Flächenbedarf an Land und in Luft. Über der Anlage können Flugzeuge nur eingeschränkt fliegen, schließlich sind die Drachen auf bis zu 500 Metern Höhe unterwegs. Und damit sich nichts vertüddelt, brauchen die Kites einen Mindestabstand von etwa 400 Metern. NTS stellt die Schienen auf Stelzen, damit die landwirtschaftlichen Flächen noch zu nutzen sind. Trotzdem würde eine Anlage, die etwa 120 Gigawattstunden im Jahr produzieren können soll, rund 9,6 Kilometer lang sein müssen (weil sie die Form einer Ellipse hätte wäre sie de facto rund 4.000 Meter lang und rund 800 Meter breit).

Tja, ob das jetzt was für Deutschland ist? Erst einmal sicher nicht, dafür ist die Technik ja noch in der Pilotphase. Aber die Entwicklerfreudigkeit, die dahinter steckt, die braucht Deutschland jetzt in der Energiewende auf jeden Fall. Und wer weiß: Vielleicht finden sich ja die ein oder anderen Landwirte, die ihre Äcker lukrativ an die Drachenflieger von NTS verpachten wollen.

 

 

First Solar: Röttgen will nicht schuld sein

Na, das klingt wie eine Verteidigungsrede eines Wahlkämpfers: Gerade eben hat das Bundesumweltministerium eine ungewöhnlich ausführliche Erklärung zur Schließung des Solarwerkes von First Solar ausgegeben. Ich dokumentiere hier einmal flott die ersten Absätze von Norbert Röttgen, der ja gerade in NRW Wahlkampf macht:

„Zur Werkschließung des Unternehmens First Solar in Frankfurt an der Oder sowie zur Entwicklung der deutschen Photovoltaikindustrie erklärt Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen:

„Die Entscheidung des amerikanischen Unternehmens First Solar, sein Werk in Frankfurt an der Oder zu schließen, ist ein schwerer Schlag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer Region, die große Hoffnungen in die Photovoltaikindustrie gesetzt hatte. Ihnen und ihren Familien gilt mein Mitgefühl.

Vorwürfe, dass die Werksschließung in unmittelbarem Zusammenhang mit den seit dem 1. April geltenden neuen Vergütungssätzen für die Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen steht, sind unzutreffend und gehen an der Realität vorbei. Vielmehr sind die Umbrüche der jüngsten Vergangenheit innerhalb der deutschen Photovoltaikindustrie einem dramatischen Preisverfall bei Photovoltaik-Modulen aufgrund massiver weltweiter Überkapazitäten geschuldet. Die Weltmarktsituation ist dramatisch: Herstellungskapazitäten von bis zu 70 Gigawatt stand 2011 ein Absatz von etwa 27 Gigawatt gegenüber. Den resultierenden Preisverfall können die Hersteller weltweit kostenseitig nicht mehr darstellen – auch chinesische Hersteller schreiben derzeit rote Zahlen, First Solar schließt gleichermaßen seine Produktionsstätte in Malaysia.“

Aber hat Röttgen tatsächlich Recht mit der Analyse, dass die Schließung nichts mit der Kürzung der Solarförderung zu tun hat? Es ist die klassische Huhn-Ei-Diskussion: Was war zuerst? Natürlich hat die Bundesregierung die Förderung gekürzt, weil es international zu einem rasanten Preisverfall gekommen ist. Aber natürlich schließen die Solarhersteller auch in Deutschland, weil sie – eben nach der Kürzung – keine Geschäftsgrundlage mehr in Deutschland sehen.

Nun kommt es darauf an, wer von den großen Solarkonzernen in Deutschland sich behaupten kann. Spannend wird es bei Solarworld aus Bonn. Firmenchef Frank Asbeck vermutet ja bereits eine gezielte Strategie der großen Stromkonzerne hinter den Kürzungen. „Man will uns kaputtmachen“, sagte er am Wochenende in einem SZ-Interview.

Das ist natürlich Quatsch. Aber klar: In den kommenden Wochen wird sich zeigen, welche deutschen Solarfirmen den Preisverfall überleben. Und ob die Politik nicht doch zu überambitioniert bei den Kürzungen war.

 

Afrikanischer Champion bei erneuerbaren Energien will Ölförderland werden

Ölsuche in Kenias Norden. Foto: Reuters
Ölsuche in Kenias Norden. Foto: Reuters

Eigentlich sind die Aussichten  in Kenia sonnig. Erst im vergangenen Herbst hat eine niederländische Tochterfirma von Ubbink in Naivasha, dem Zentrum der kenianischen Rosenproduktion, die erste Solarfabrik Ostafrikas eröffnet. 30.000 Solarpanele vor allem für Haushalte auf dem Land sollen dort pro Jahr produziert werden. Mehr als 90 Prozent der ländlichen Haushalte sind nach wie vor nicht ans Stromnetz des Landes angeschlossen.

Bisher deckt Kenia mehr als die Hälfte des Strombedarfs aus der Wasserkraft. Allerdings hat sich diese Energiequelle in den vergangenen Jahren als immer weniger zuverlässig gezeigt. Immer öfter liefern die Wasserkraftwerke in den saisonalen oder außerplanmäßigen Dürren nicht mehr genug oder gar keinen Strom mehr. Das Ergebnis: Stromausfälle und für viele Unternehmen vom Hotel bis zum Gewerbe die Notwendigkeit, einen teuren Dieselgenerator vorzuhalten. Dabei hat Kenia die allerbesten Chancen, seinen jährlich um rund acht Prozent wachsenden Strombedarf komplett aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Denn Kenia hat ein riesiges geothermisches Potenzial. Nach Berechnungen der Geothermie-Fachleute in Kenia liegt das Potenzial zwischen 7.000 und 10.000 Megawatt. Am Netz hat Kenia derzeit Geothermie-Kraftwerke mit einer Kapazität von 200 Megawatt. Und erst vor wenigen Wochen ist das nächste Kraftwerk in Olkaria, etwa auf halbem Weg zwischen der Hauptstadt Nairobi und Naivasha gelegen, in Angriff genommen worden. Ein Finanzierungskonsortium unter neuseeländischer Leitung, an dem auch die japanische Entwicklungsagentur und die deutsche KfW-Bank beteiligt sind, baut nun ein Kraftwerk mit einer Kapazität von 280 Megawatt. Von April 2014 an soll es Strom liefern. Der kenianische staatliche Elektrizitätsversorger Ken-Gen hat Pläne für die Erschließung weiterer 1.200 Megawatt Geothermie-Kapazität in den Schubladen liegen.

Im vernachlässigten kenianischen Norden spielt sich derzeit ein ganz neuer Wettlauf um Energie ab: In diesen Tagen ist mit dem Bau der größten Windfarm Ostafrikas nahe dem Lake Turkana begonnen worden. 365 Windmühlen der dänischen Firma Vestas mit einer Leistung von je 850 Kilowatt sollten dort entstehen. Das Prozent kostet rund 620 Millionen Dollar und wird von einer dänischen Firma umgesetzt. Das Lake Turkana Wind Project (LTWP) ist seit gut drei Jahren in Vorbereitung. Das größte Problem war die Finanzierung der 428 Kilometer langen Hochspannungsleitung, mit der der Strom aus dem unerschlossenen Norden Kenias in die Hauptstadt befördert werden soll. Gebaut wird diese nun von Kenya Power, und finanziert über Darlehen der kenianischen und der spanischen Regierung. Kostenpunkt: 188 Millionen Dollar zusätzlich. Die ersten 50 Megawatt Leistung Turkana-Wind sollen schon im kommenden Jahr erzeugt werden – falls die Leitung bis dahin steht.

Doch nun ist Turkana auch ins Visier der Ölkonzerne geraten. Tullow Oil, eine britische Prospektionsfirma, hat gerade erst bekannt gegeben, dass in Turkana Erdöl gefunden worden ist. Ob sich die Ausbeutung lohnt, soll nun mit weiteren Probebohrungen ermittelt werden. Aber die Hoffnungen von Tullow und der Regierung sind groß. Präsident Mwai Kibaki sagte: „Das ist ein guter Tag für Kenia.“ Ob es auch ein guter Tag für Turkana im Nordwesten des Landes ist, wird sich zeigen. Bisher hat die Region von den Segnungen der Zivilisation jedenfalls nicht viel abbekommen. Die Region gehört zum semi-ariden Gürtel südlich der Sahara, quasi der Fortsetzung der Sahel-Zone nach Ostafrika. In guten Jahren regnet es zwischen 300 und 400 Milliliter im Jahr. In schlechten gar nicht. Und in Turkana gab es in den vergangenen zehn Jahren mehr schlechte als gute Jahre. Weder die Windfarm noch mögliche Öl-Installationen lassen sich bisher auf Teerstraßen erreichen, in der ganzen Provinz gibt es davon nämlich nur 319,2 Kilometer. Knapp eine Million Menschen leben in Turkana, davon sind 46 Prozent jünger als 14 Jahre. Gerade mal 116.816 Wähler sind in Turkana registriert. Der Anteil der Bevölkerung, die unterhalb der Armutsgrenze leben, liegt bei 95 Prozent. Ein Lehrer unterrichtet im Schnitt 51 Kinder, wenn er sie überhaupt unterrichtet, denn viele Menschen in Turkana sind Nomaden. Ein Arzt kommt auf 52.434 Menschen. Auf 1.000 Geburten kommen 60 Totgeburten und von 1.000 Kindern überleben 12 ihren fünften Geburtstag nicht. Der Grund: Die meisten Kinder sind unterernährt.

Vermutlich werden die Menschen in Turkana weder von der Windfarm noch von der abzusehenden Erdölförderung profitieren. Der Windstrom wird mit einer Hochspannungsleitung abtransportiert. Eine Versorgung der lokalen Bevölkerung durch ein Verteilnetz ist den Investoren zu teuer. Außerdem könnten sie kaum darauf zählen, dass die arme Bevölkerung ihre Stromrechnungen auch bezahlen könnten. Und für das Ölgeschäft ist hier niemand ausgebildet. Wenn es Jobs für die lokale Bevölkerung geben sollte, wären es Dienstleistungen für die Ölarbeiter. Sie könnten Rinder zum Schlachten verkaufen oder Schafe oder Ziegen. Aber angesichts des Wassermangels in der Region müsste vermutlich sogar ein Großteil der Nahrungsmittel von anderswo in die Region geschafft werden. Seit 2008 gibt es erstmals in der Geschichte Kenias ein Ministerium für den Norden Kenias und andere Trockenzonen des Landes. Dem Vernehmen nach fühlt sich der zuständige Minister Mohammed Ibrahim Elmi in Nairobi sehr wohl und hat sich in der Region noch nicht allzu häufig blicken lassen. Das dürfte sich mit dem Fortgang der Ölsuche aber zweifellos ändern.

 

US-Militär will grüner werden

Copyright: Acore/AAE
Copyright: Acore/AAE

Auf die Tank- und Stromrechnung seiner Truppen würde der amerikanische Verteidigungsminister sicher gerne verzichten: 150 Milliarden US-Dollar veranschlagt das Pentagon für das nächste Jahrzehnt. Das US-Militär gilt als größter Energieverbraucher der Welt, allein im Jahr 2010 verbrauchte es 125 Millionen Barrel Öl (zum Vergleich: Ganz Deutschland verbrauchte in dem Jahr laut CIA Factbook rund 911 Millionen Barrel).

Doch die Ölabhängigkeit macht angreifbar. Allein in Afghanistan waren im Jahr 2007 mehr als ein Drittel der Armee-Unfälle Anschläge auf Tanklaster, im Irak waren es zwölf Prozent.

Daher kommt es jetzt zu einer neuen, bemerkenswerten Allianz: Die Ökolobby in den USA und das Militär kooperieren zukünftig. Bis 2025 will die US-Armee ihren Ökostromanteil auf rund 25 Prozent erhöhen. Dafür nimmt sie in den kommenden Jahren rund sieben Milliarden US-Dollar in die Hand. Damit finanziert das Militär etwa die Entwicklung von leistungsstärkeren Stromtransformatoren, von effizienteren Batterien und Solarparks.

Tja, was ist jetzt von solchen Entwicklungen zu halten? Klaus Töpfer, Ex-Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, spricht ja regelmäßig davon, dass Klimapolitik vor allem auch Friedenspolitik sei. Das bekommt bei solchen Meldungen eine ganz neue Bedeutung.

 

Co2-Handel: Österreich kauft sich günstig frei

Die Preise für Emissionszertifkate dümpeln ja schon seit Monaten auf einem extrem niedrigen Niveau, gerade einmal etwa sechs Euro kostet zurzeit die Tonne CO2, erst vergangene Woche ist der Preis wieder in den Keller gerauscht. Mit weitreichenden Folgen: Mit so niedrigen Preisen sinkt der Anreiz, in Klimaschutzaktivitäten zu investieren. Die EU will den Emissionshandel wieder beleben, eine Idee wäre es, die Zahl der Verschmutzungszertifikate zu verknappen und so den Preis hochzutreiben.

Den österreichischen Umweltschutzminister ficht das Problem dagegen offenbar nicht an. Im Gegenteil, geradezu bauernschlau klingt seine Einschätzung: Ist doch super, so ein niedriger CO2-Preis, da kann Österreich schön günstig Zertifikate zukaufen:

„Vor einem Jahr wurden die Kosten der Zertifikate für Österreich auf 600 Millionen Euro, sogar bis zu einer Milliarde Euro geschätzt. Wenn wir heute Geld in die Hand nehmen, sparen wir gut 440 Millionen Euro. Das nutzt dem Budget und dem Klima“, erläutert Berlakovich.

Österreich hat tatsächlich ein Problem: Das Land hat sein CO2-Budget überfordert. 6,2 Millionen Tonnen CO2 muss es zukaufen, um die Klimaschutzziele zu erfüllen und um Strafzahlungen zu entgehen. Das ist natürlich jetzt gerade billiger als vor einem Jahr, als der CO2-Preis noch etwas höher war.

Allerdings ist Berlakovichs Rechnung wohl eher eine Milchmädchen-Rechnung. Zwar sparen die österreichischen Steuerzahler vielleicht Millionen ein. Aber smarter wäre es wohl, das Geld in Klimaschutzmaßnahmen zu Hause zu investieren und so die heimische Wirtschaft anzukurbeln.

Natürlich, dem Klima ist egal, ob die Tonne CO2 nun in Österreich oder auf einer indonesischen Müllkippe durch ein Klimaschutzprojekt eingespart wurde. Aber so vergibt sich Österreich die Chance, selbst von Klimaschutzmaßnahmen zu profitieren. Einmal davon abgesehen, dass der niedrige CO2-Preis niemandem hilft: Nur wenn es ein klares und eindeutiges CO2-Preissignal gibt, rechnen sich Investitionen in erneuerbare Energien und  CO2-ärmere, effiziente Gaskraftwerke. Erst kürzlich sprach sich daher auch Eon-Chef Teyssen für eine Stärkung des europäischen Zertifikatshandels aus. Das sollte Herrn Berlakovich zu denken geben.

 

Tschüss Q-Cells: Schumpeter schlägt zu

Es ist ein komisches Gefühl, diese Pleite mitzuerleben. Morgen früh wird ja Q-Cells Insolvenz beantragen, der einstige Weltmarktführer für Solarzellen in Deutschland. Zu Hochzeiten war dieses Unternehmen mehrere Milliarden Euro an der Börse wert, jetzt daddelt die Aktie bei gerade einmal 12 Cent herum.

2006 lief ich durch Bitterfeld-Wolfen und besuchte einen Tag lang den damaligen Star der deutschen Solarbranche. Herausgekommen ist damals diese Reportage (pdf). Es herrschte eine extrem optimistische Stimmung in dem Gewerbepark und bei Q-Cells.

Aus und vorbei. „Sonnenuntergang“ ist zurzeit die beliebteste Überschrift für all die Porträts über den Verfall der deutschen Solarindustrie.  Der Preisverfall auf den Märkten wegen immenser Überkapazitäten bedeutete auch das Ende für Q-Cells. Es ist die vierte große Pleite eines deutschen Solarunternehmens in jüngster Zeit. Ich zitiere mal kurz und natürlich komplett uneitel den Firmengründer Anton Milner (inzwischen ausgeschieden) aus der Reportage von damals:

Er sei eine Art „altruistischer Kapitalist“, erzählt Milner. Natürlich wolle er Geld verdienen – aber am liebsten mit einem Produkt, das Menschen helfe: „In Afrika oder China brauchen die Leute erst einmal Strom.“ Es gefällt ihm, leise, aber beharrlich die Öl-, Gas- und Atomkonkurrenz herauszufordern. „Wir können den Klimawandel beeinflussen“, sagt er, „und den Energiemarkt aufmischen.“

Den Energiemarkt hat Q-Cells sicherlich zeitweise aufgemischt. Aber wenn man tatsächlich in Afrika helfen will, dann ist wohl nichts sinnvoller, als günstig Solarmodule zu produzieren. In Deutschland ist das derzeit unter den aktuellen Bedingungen nicht möglich. Das bedeutet eine weitere Insolvenz, was schlimm ist, vor allem für die Region Bitterfeld. 2200 Arbeitsplätze sollen bei Q-Cells auf dem Spiel stehen.

Um die Ziele, also Gridparity, zu erreichen, ist allerdings der Kostenverfall ein Muss. Sonst wird Solarstrom niemals mit Strom aus Kohle- oder Atomkraftwerken mithalten können. Es ist der „schöpferische Wettbewerb“ a la Schumpeter, den man da gerade live in Bitterfeld erleben kann.

Allerdings mit teilweise unfairen Waffen. Das zeigt Solarworld, die ja erfolgreich gegen die massive Subventionierung der chinesischen Solarindustrie und Dumpingpreise klagen, wie die Frankfurter Rundschau meldet.

 

Hybrid-Solarzelle soll für höhere Ausbeute sorgen

Okay, fragen Sie mich jetzt nicht, warum dieses britische Start-Up gerade Naked Energy heißt. Denn das, was die Firma gerade entwickelt, ist alles andere nackt, die Briten ummanteln nämlich: Sie stecken Solarkollektoren, die Wasser erhitzen, in eine Art Glaskolben und kombinieren sie mit Solarzellen, die Strom erzeugen. Das erhöht, zumindest theoretisch, die Effizienz ungemein.

Am Anfang steht nämlich eine Art „Designdilemma“: Je wärmer eine Solarzelle wird, desto geringer ihre Ausbeute. Auf der anderen Seite benötigt man allerdings gerade höhere Temperaturen, um Wasser mit Solarkollektoren zu erhitzen. Wie also löst man den Zielkonflikt, wenn man beides kombinieren will?

„A very efficient photovoltaic panel has a maximum efficiency of approximately 18 per cent. But by the time you get up to 65°C, which is quite a normal temperature on the face of a solar panel, you’re down to something like four per cent efficiency“, sagt Nick Simmons von Naked Energy dem Fachmagazin The Engineer. 

Also muss man die Hitze ableiten, um den Wirkungsgrad zu steigern. Die Hitze lässt sich wiederum perfekt zur Warmwasserbereitung mit einem Solarkollektor nutzen – eine klassische win-win-Situation. Naked Energy macht das mit einer speziellen Wärmeleitertechnology, lässt sich aber nicht so recht in die Karten schauen. Inzwischen hat das Unternehmen einen ersten Prototyp entwickelt.

„Heat is transferred away from the photovoltaic cells with a patented thermosyphon technology that harvests the unwanted heat from the photovoltaic cell to heat up water“, heißt es bei The Engineer.

Nun muss ich ein bisschen Entwarnung geben: Das, was die Briten hier entwickeln, ist nicht komplett neu – aber eben vielversprechend. Am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) arbeitet man ebenfalls schon seit einiger Zeit an der Technologie, schließlich ist sie – wenn sie denn klappt – die effizienteste Art, Solarenergie auszunutzen. Bislang allerdings steckt man dort auch noch in der Prototypenphase. Die Herausforderung ist es, Solarzelle und Solarkollektor zu kombinieren – und zugleich Kosten einzusparen. Das gelinge bislang noch nicht in ausreichendem Maße, heißt es am ISE.

Mal schauen, ob es den Briten besser geht. Die scheinen ganz optimistisch zu sein. Aber sie sind auch auf der Suche nach Investoren, mehr als zehn Millionen US-Dollar wollen sie in den Aufbau einer Produktion stecken, wenn ihr Prototyp erfolgreich ist.

 

Versicherung von Offshore-Windparks: Riskant, aber einträglich

Offshore-Windpark alpha ventus. Copyright: Matthias Ibeler/alpha ventus
Offshore-Windpark alpha ventus. Copyright: Matthias Ibeler/alpha ventus

Für die Allianz lohnt sich die Energiewende, schaut man sich die aktuellen Zahlen an. Das Unternehmen ist ja sowohl als Investor aktiv als auch Versicherer. Gerade eben gab der Münchner Versicherungskonzern bekannt, im vergangenen Jahr seine Investionen in alternative Energien um 25 Prozent gesteigert zu haben. Inzwischen hält er in Europa Anteile an 34 Windparks und sieben Solarparks (ingesamt rund 720 Megawatt Kapazität). Rund 1,3 Milliarden Euro hat das Unternehmen bislang in Ökostrom gesteckt.

Spannender sind allerdings die aktuellen Zahlen aus dem Offshore-Segment der Allianz. Denn hier tritt das Unternehmen vor allem als Versicherer auf. Es ist ein einträgliches, aber auch riskantes Geschäft mit den Windrädern auf hoher See, glaubt man Robert Maurer von der Allianz Global Corporate and Specialty. Ein deutscher Offshore-Windpark mit einer Kapazität von rund 400 Megawatt koste rund 1,7 Milliarden Euro. Für die Versicherung müsse man ein bis zwei Prozent einplanen (mehr als doppelt so viel wie für ein konventionelles Kraftwerk an Land). Das macht also 34 Millionen Euro, wohlgemerkt nur für die Versicherung. Sachschäden, etwa am Seekabel, die rund 30 bis 40 Millionen Euro kosten,  hält Maurer für überschaubar. Ans Eingemachte ginge es, wenn der Windpark keinen Strom mehr produziere, sagt er im Interview:

„Der Sachschaden wäre mit 40 bis 50 Millionen vielleicht noch überschaubar, das hängt natürlich von der Art des Unfalls ab. Aber das große Problem wäre die Unterbrechung der Stromverbindung und die damit verbundenen finanziellen Verluste. Einen Schaden am Transformator zu beheben, kann ein bis zwei Jahre dauern. Es gibt dort ja die Lieferengpässe und man kann die Anlagen nur in einem sehr kleinen Zeitfenster im Jahr auf hoher See installieren. Wenn der Windpark ein Jahr lang keinen Strom produzieren kann, liegt der Ausfallschaden schnell bei rund 300 Millionen Euro.“

Kaum überraschend, dass bei solchen Summen und der fehlenden Erfahrung keine Versicherung alleine das Risiko für einen Windpark tragen mag, den man erst nach einer sechstündigen Schiffsreise erreichen kann. Bis zu zehn Versicherer schließen sich daher für einen Windpark zusammen, um die Risiken zu streuen. In Deutschland gehen vor allem die Allianz, der HDI und Axa offshore.

Allerdings überwiegen dabei wohl zurzeit eher die mulmigen Gefühle. Der Ausbau der Windparks kommt nur ziemlich zäh voran, denn an allen Stellen kommt es zu Verzögerungen, egal, ob beim Netzanschluss oder dem Bau der millionenschweren Umrichterstationen. Lieferzeiten von mehr als einem Jahr sind bei letzterem gerade keine Seltenheit. Die beiden zuständigen Minister, Norbert Röttgen (Umwelt) und Philipp Rösler (Wirtschaft) haben daher vergangene Woche angekündigt, bis zu Sommerpause ein Gesetz zur Beschleunigung des Offshore-Ausbaus vorzulegen. Mal schauen, ob zumindest die beiden Herren den Zeitplan einhalten. Denn die Branche kann gerade viel gebrauchen, nur keine weiteren Verzögerungen.

 

 

 

 

Neuer Ölhafen in Russland stößt auf Widerstand

Ein Prestigeprojekt der russischen Regierung  in der Nähe von St. Petersburg zieht die Kritik deutscher Umweltschützer auf sich. Der neue Ölhafen Ust-Luga, der eigentlich Anfang April eröffnen soll, ist offenbar eine marode Baustelle: 17 Meter tiefe Löcher sollen seit vergangenem Sommer in dem Dock klaffen, berichtet das russische Magazin Kommersant Money. Reuters meldete im November gleich drei schwere Landrutsche am Kai. Auch eilig installierte Metallplatten, die das Dock stabilisieren sollen, entpuppen sich als schlechtes Provisorium. Das Terminal soll eine Kapazität von rund 20 Millionen Tonnen Öl haben (das entspricht etwa dem Jahresumschlag an der NWO-Löschbrücke in Wilhelmshaven).

Der Naturschutzbund und die Grünen warnen inzwischen davor, den Ölhafen in Betrieb zu nehmen, und fordern die Bundesregierung zum Handeln auf. „Es droht eine Ölkatastrophe großen Ausmaßes“, sagt die Grünen-Abgeordnete Valerie Wilms. Der neue Ölhafen sei eine Gefahr für die Ostsee und alle Anrainerstaaten. Wilms kritisiert, dass es keine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben habe, obwohl das Umweltsekretariat der Ostsee-Anrainerstaaten (Helcom), dem auch Russland angehört, diese vorsieht. Bei einem Ölunfall an der russischen Ostseeküste seien schnell auch andere Länder betroffen. Deutschland habe eine besondere Verantwortung, schließlich habe man das Terminal mitfinanziert.

Auch wenn die Reparaturarbeiten laut Kommersant mindestens 30 Millionen US-Dollar plus zusätzlich 100 Millionen für Bohrungen kosten könnten: Der staatliche Betreiber und Besitzer, u.a. Rosneftbunker, meint es offenbar ernst. Für Russland ist das neue Terminal geopolitisch wichtig, schließlich ist es der Endpunkt der Baltic-Pipeline-2. Das Terminal ermöglicht es Russland, Öl nach Europa zu liefern, ohne es durch weißrussische Pipelines pumpen zu müssen.  Reuters meldet, dass Anfang April die ersten Öltanker anlegen sollen. Das Magazin Kommersant vermutet allerdings auch, dass dies nur Show sein könnte – zu groß seien die Probleme, zu sehr drängten die Reparaturarbeiten.