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Rohstoffhunger: Land Grabbing nimmt weltweit zu

Kohlemine in Jharia/Indien, Februar 2012. Copyright: Daniel Berehulak /Getty Images
Kohlemine in Jharia/Indien, Februar 2012. Mehr als 2300 Familien wurde für die Mine umgesiedelt. Ihnen seien Schulen und Krankenhäusern zugesagt worden, bislang sei aber nichts passiert, sagen die Anwohner. Copyright: Daniel Berehulak /Getty Images

Wenn ich das Thema Land Grabbing höre (was sich wohl am besten mit unerlaubter Landnahme übersetzen lässt), denke ich ja erst einmal an südamerikanische Bauern, die für riesige Sojaplantagen weichen mussten. Oder an Afrika, wo Menschen für neue Kohleminen vertrieben werden. Im kolumbianischen Amazonasgebiet wird nach Gold geschürft, in Indien nach Kohle und Bauxit. Alles weit weg. Heute morgen kam mir nun ein Report von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen unter: Opening Pandoras Box – The New Wave of Land Grabbing by the Extractive Industries and the Devasting Impact on Earth.

Die Gaia Foundation, eine NGO aus London, die unter anderem von der indischen Menschenrechtlerin Vandana Shiva unterstützt wird, macht darin deutlich, dass Land Grabbing schon lange nicht mehr ein Phänomen nur in ärmeren Staaten ist. Ob Mountain Top Removal in den USA, die riesigen Mondlandschaften des Teersand-Abbaus in Kanada, das Fracking in Europa: Die Suche nach Rohstoffen findet inzwischen direkt vor unserer Haustür statt – mit dramatischen Folgen für die betroffenen Menschen, für Umwelt, Wasser und Klima.

„We are no longer talking about isolated pockets of destruction and pollution. Nowadays, chances are that, no matter where you live on Earth, land acquisitions for mining, oil and gas might soon be at your door. This trend is now a major driver of land grabbing globally, and poses a significant threat to the world’s indigenous communities, farmers and local food production systems, as well as to precious water, forests, biodiversity, critical ecosystems and climate change.“

Es sind vor allem die steigenden Rohstoffpreise, die diese Entwicklung befeuern. Dahinter steckt einfach die steigende Nachfrage nach entsprechenden Produkten. Das zeigen vor allem auch die zahlreichen, auch deutschen Initiativen zur Sicherung von Rohstoffen, die Regierungen weltweit auflegen. Erst gestern stellte die Bundesregierung ja auch ein Ressourceneffizienzprogramm vor, um effizienter mit Rohstoffen umzugehen.

Der weltweite Trend allerdings geht zurzeit noch in eine andere Richtung. Die weltweite Eisenerz-Produktion wurde, so die Studie, in den vergangenen zehn Jahren um 180 Prozent gesteigert. Gerade die Nachfrage nach den Seltenen Erden –  die ja auch für die grünen Technologien wie Solarzellen und Windräder so wichtig sind – hat zugenommen (spannend das Kapitel Green Energy dazu in der Studie ab Seite 45).

Ganz einmal abgesehen von den Menschenrechtsverletzungen, die durch den Rohstoffabbau stattfinden: Die weltweite Branche hat ein riesiges Abfallproblem. Jährlich würden, so das Mining Journal, rund 50 Milliarden Tonnen Erde beim Abbau von Eisenerz, Kohle, Industriemetallen und anderen Rohstoffen bewegt (Seite 34). 21 Milliarden Tonnen, also knapp die Hälfte, fallen einfach als Abraum an – ungenutzt.

Was also tun? Die Studienmacher fordern ein Globales Moratorium für neue Abbauprojekte. Minen, die bereits in Betrieb sind, sollten auf ihre Umweltauswirkungen untersucht werden. Es sollte No-Go-Areas geben, wo der Rohstoffabbau tabu ist, darunter etwa alle UNESCO-Schutzgebiete. Und es sollte ein Veto-Recht für die lokale Bevölkerung bei Abbauplänen geben.

 

Kinderbücher lassen die Natur außen vor

Copyright: Alexandra Beier/Getty Images
Copyright: Alexandra Beier/Getty Images

Das aktuelle Lieblingsbuch meiner jüngsten Tochter heißt gerade „Wilde Tiere“ und erzählt alles über Löwen, Affen, Eletanten (und gefährlichen Wellensichttichen, huhuhu). Nun gut, es ist vor allem angesagt, weil sie auf jeder Seite ein Knöpfchen drücken kann und dann der große Löwe brüllt – im kinderkompatiblen, zärtlichen Tonfall.

Glaubt man einer neuen Studie aus den USA, dann sind solche Kinderbücher allerdings immer seltener. Der Umweltsoziologe J. Allen Williams von der Universität Nebraska hat rund 300 Kinderbilderbücher aus den Jahren 1938 bis 2008 ausgewertet, die jedes Jahr den wichtigsten Kinderbücherpreis, die Caldecott Medal, gewonnen haben – also auch in den Buchläden Bestseller sind. Mehr als 8000 Zeichnungen haben die Wissenschaftler analysiert.

Ergebnis: Natur und die natürliche Umgebung sind in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr in den Hintergrund gerückt – und das entspricht wohl dem allgemeinen Trend, weniger Kontakt zur Natur zu haben.

Williams unterscheidet drei Umgebungen: Wilde Natur, also Dschungel oder Wald. Dann von Menschen errichtete Umgebung (Städte, Häuser, Innenräume) und eine Mischform: das Maisfeld oder der gemähte Rasen – ist ja schließlich auch Natur, nur eben vom Menschen verändert.

Während sich bis in die 60er Jahre Natur und Stadt ungefähr fifty-fifty verteilten, klafft seitdem eine Lücke auf: Der Anteil von Geschichten, die in der Natur spielen, nimmt ab, stattdessen spielen die Geschichten nun in Häusern, in der Stadt.

„What we find in these books, however, is not a consistent proportional balance of built and natural environments, but a significant and steady increase of built environments, both by mere presence and as the major environment. Natural environments have all but disappeared.“

Was sagt das aus? Natürlich spiegelt es erst einmal nur eine allgemeine Entwicklung wieder, der Großteil der Amerikaner lebt eben inzwischen in Städten. Aber Wiliams warnt. Der Umweltgedanke und eine Wertschätzung der Natur würden so schon im Kindesalter an Bedeutung verlieren:

„(…) it does suggest that the current generation of young children listening to the stories and looking at the images in children’s books are not being socialized, at least through this source, toward greater understanding and appreciation of the natural world and the place of humans within it.“ (…)

„I am concerned that this lack of contact may result in caring less about the natural world, less empathy for what is happening to other species and less understanding of many significant environmental problems.“

 

 

Die andere Seite unseres Elektroschrott-Problems in Afrika

Copyright: Reuters/Thomas Mukoya
Copyright: Reuters/Thomas Mukoya

Wer „Elektroschrott“ und „Afrika“ hört, der denkt in der Regel an kriminelle Machenschaften: alte Röhrenfernseher und Kühlschränke aus den 50er Jahren, die von Europa nach Afrika verschifft werden und dort auf einer illegalen Müllkippe landen. Schließlich ist die fachgerechte Entsorgung etwa der Kühlmittel hierzulande so teuer und die Erlöse aus den Rohstoffen so niedrig, dass es sich für manche „Recycler“ lohnt, die Ware lieber dort günstig zu verklappen. Die Bilder von Kindern auf Müllkippen im ghanischen Accra, die über offenem Feuer mit Elektrokabel hantieren, sind  bekannt.

Das Öko-Institut fügt nun mit einer Studie für das UN-Umweltprogramm der Geschichte einen weiteren Aspekt zu. Denn nicht alle Elektrogeräte, die nach Afrika gehen, landen einfach ungenutzt auf einer Halde. Projektleiter Andreas Manhart hat die Situation genauer analysiert. In Ghana sind Elektrogeräte etwa eines der wichtigsten Importgüter – und die sind zum großen Teil tatsächlich weiterverwendbar. Schaut man sich  ihre Importzahlen an, dann lassen sie sich wie folgt aufschlüssen:

–  Neuware: 30 Prozent

– Gebrauchtware funktionsfähig: 49 Prozent

– Gebrauchtware nicht funktionsfähig aber reparierbar: 10,5 Prozent

– Gebrauchtware nicht funktionsfähig und nicht reparierbar: 10,5 Prozent

Und tatsächlich hat sich in einigen afrikanischen Ländern inzwischen ein florierendes Recyclinggeschäft etabliert. Egal, ob Staubsauger, Wasserkocher, Handys oder Computer: Die importierten Geräte werden repariert und weitergenutzt. Ganz im Sinne von Umweltschützern (Obwohl man einfügen muss: Alte Kühlgeräten mit klimaschädigendem FCKW und Stromfresser haben nichts im Recycling zu suchen. Und es gibt leider keine Zahlen darüber, wie lange denn die Second-Hand-Geräte tatsächlich am Ende halten.)

Klar ist aber: Dieses Geschäft schafft Arbeitsplätze. Allein in Accra (Ghana) und Lagos (Nigeria) verdienen rund 30.000 Menschen in diesem teilweise informellen Bereich ihr Einkommen.

„Kein anderes westafrikanisches Land importiert so viele Altgeräte wie Nigeria. Das bedeutet gleichzeitig, dass Reparatur und Recycling von Alt- und Schrottgeräten wichtige Arbeitsmärkte für die Menschen sind. Allein auf den zwei größten Märkten des Landes – dem Alaba Market und dem Ikeja Computer Village – reparieren und verkaufen 15.000 Menschen in 5.500 Kleinbetrieben gebrauchte elektrische und elektronische Geräte“, sagt Manhart.

UNEP betont daher in der Studie, dass es keinen Sinn macht, einfach den weltweiten Handel mit Altgeräten zu verbieten, um Umweltsünden zu vermeiden.

„In addressing this issue, one major challenge for West African countries is to prevent the import of e-waste and near-end-of-life equipment without hampering the meaningful and socio-economically valuable trade of used EEE of good quality. Refurbishing of EEE and the sale of used EEE is an important economic sector in some countries of West Africa (e.g. Ghana and Nigeria). It is a well-organized and dynamic sector that holds the potential for further industrial development. Indirectly, the sector has another important economic role, as it supplies low and middle income households with affordable ICT equipment and other EEE.“

(ICT: Informations- und Kommunikationstechnologie; EEE: elektrische und elektronische Geräte)

Also geht es – neben effektiven Ausfuhrkontrollen, um Kriminellen das Handwerk zu legen – vor allem um den Aufbau besserer Recyclingcenter vor Ort. Wer die Altgeräte besser, umwelt- und fachgerechter zerlegt, der kann etwa noch mehr Rohstoffe gewinnen und weiterverkaufen. Für Manhart ist daher klar, dass Afrika hier einen anderen Weg gehen muss als etwa Deutschland mit seinen Hightech-Recyclingcentern:

„In Europa sind die Verfahren oft auf einen möglichst geringen Arbeitskräfteeinsatz optimiert. Dies wäre in West-Afrika einerseits aus sozialen Gründen nicht akzeptabel, andererseits gehen bei vielen mechanisierten Verfahren auch wertvolle Rohstoffe unwiederbringlich verloren.“

 

 

Schifffahrt soll noch mehr ergrünen

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments mag es ja gerne provokant. Diesmal hat er sich die Schifffahrt vorgenommen. Konkret geht es um den Schwefelanteil im Schiffsdiesel. Der Umweltausschuss fordert, dass die zähe Pampe in EU-Gewässern schon ab 2015 nur noch 0,5 Prozent Schwefel enthalten dürfen soll.

Seit Jahren rangeln Politik, Reeder und Umweltschützer ja um den Schwefelanteil. Der liegt nämlich weltweit zurzeit bei 3,5 Prozent und soll erst im Jahr 2020 laut Internationaler Maritimer Organisation auf 0,5 Prozent gesunken sein. Eine Sonderrolle spielen Nord- und Ostsee. Hier gelten schon heute 0,5 Prozent – und die hätte der Umweltausschuss nun gerne in allen EU-Gewässern, also auch im Mittelmeer. Die 3,5 Prozent entsprechen übrigens 35.000 ppm (parts per million – Millionstel Anteil). Zum Vergleich: Für Pkw-Kraftstoffe gilt in Deutschland ein Grenzwert von 10 ppm.

Doch während die Autos immer sauberer werden, tut sich die Schifffahrt schwerer. Schweröl als Sprit, mit hohem Dieselanteil, ist eben ein günstiges Abfallprodukt in den Raffinerien. Das Problem ist nur, dass der Schwefel im Diesel unter anderem sauren Regen verursacht. Hafenstädte wie Hamburg, Travemünde und Los Angeles können da eine lange Geschichte erzählen.

Die deutschen Schiffsbesitzer finden auf jeden Fall das Vorpreschen des Umweltausschusses gar nicht lustig – aus ihrer Sicht ist der Umweltausschuss wohl so etwas wie die berühmte „loose cannon“. Denn wenn die EU mit den Regeln vorprescht, hätte das natürlich Folgen für den gesamten internationalen Schiffsverkehr. Was ist mit Schiffen, die von Asien kommen und durch den Suezkanal ins Mittelmeer fahren? Werden die dann einen zweiten Dieseltank anzapfen und den umweltfreundlicheren Diesel verbrennen? Die Reeder fürchten, dass Verkehr von See auf Land umgelagert wird, weil das unterm Strich günstiger wäre.

Doch de facto schlagen die EU-Parlamentarier ja nur einen ehrgeizigeren Zeitplan vor. Das Problem, sich auf mehr Umweltschutz einzustellen, wird die Schifffahrt so oder so haben.

 

Gezielte Manipulation im Strommarkt gefährdet Energiewende

Eine Räuberpistole hat heute Jakob Schlandt in der Frankfurter Rundschau aufgeschrieben. Erinnern Sie sich an die Meldungen Anfang Januar und Februar (unter anderem in der FAZ), dass in Deutschland Strom knapp sei und wir deswegen sogar auf ein österreichische Ölkraftwerk zurückgreifen mussten?

Glaubt man der FR, zeigt sich jetzt was wirklich dahintersteckte: Strommarkt-Manipulationen im großen Stil. Weil die Strompreise an der Strombörse so hoch waren, hätten Stromhändler ihre Prognosen bewusst zu niedrig berechnet und so vermieden, die hohen Börsenpreise zu zahlen:

„Die Händler wollten vermeiden, so hohe Preise zu bezahlen – und griffen zu einem illegalen, aber nur schwer nachweisbaren Trick. Sie schraubten systematisch die Prognose über den Stromverbrauch ihrer Kunden nach unten und lieferten entsprechend weniger. So vermieden sie massenhaft, den gerade sehr teuren Strom zukaufen zu müssen.

Der fehlende Strom musste dann aus der eigentlich für Notfälle gedachten Regelleistung aufgefüllt werden, um einen sofortigen Blackout abzuwenden. Der Preis der Regelleistung ist weitgehend fix. In normalen Zeiten ist er zwar teurer. Doch angesichts des Ausnahmezustands war er zeitweise viel billiger als Börsenstrom: Etwa 100 Euro pro Megawattstunde werden den Händlern für die Regelleistung im Nachhinein in Rechnung gestellt.. Die gewaltigen, absichtlichen „Lastprognosefehler“ betrugen zeitweise mehrere Tausend Megawatt.“

Die Bundesnetzagentur sei alarmiert von den Vorgängen und habe bereits einen Brandbrief an die Stromhändler verschickt:

Darin heißt es, das deutsche Stromnetz habe seit dem 6. Februar zu unterschiedlichen Tageszeiten „erhebliche, über mehrere Stunden andauernde Unterdeckungen verzeichnet“. Deshalb sei „im Störungsfall teilweise keine Regelleistung verfügbar gewesen“. Die Lage bereite der Netzagentur „erhebliche Besorgnis“.

Wenn es tatsächlich so war, wie Schlandt schreibt, dann treiben die Stromhändler diesmal ein gefährliches Vabanquespiel und bringen mit ihrem Verhalten die Energiewende in Verruf. Denn dafür ist das Vertrauen der Bürger nötig, dass der Atomausstieg tatsächlich gelingen wird. Mit Meldungen wie „Strom wird knapp“ ist das kaum zu erreichen.

 

Indien führt weltweite Green Tech-Investments an

30 MW-Solaranlage in Indien, Copyright. Sam Panthaky/AFP/Getty Images
30 MW-Solaranlage in Indien, Copyright. Sam Panthaky/AFP/Getty Images

Ich gebe zu: Nach einer Weile können ja Rekordmeldungen à la  „Der Beste, der Höchste, der Kleinste“ nerven. Trotzdem kann ich mir diese Nachricht nicht verkneifen:
Kein anderes Land habe im vergangenen Jahr so stark in grüne Technologien investiert wie Indien. Das vermeldet Bloomberg New Energy Finance.

10,3 Milliarden US-Dollar seien in Ökoprojekte investiert worden – ein Plus von 52 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit würde Indien vier Prozent aller weltweiten Green Investments abgreifen:

„Clean energy investments in India reached $10.3bn in 2011, some 52% higher than the $6.8bn invested in 2010. This was the highest growth figure of any significant economy in the world. There is plenty of room for further expansion – in 2011, India accounted for 4% of global investment in clean energy.“

Und jetzt raten Sie mal, was der Wachstumstreiber ist? Genau: Solarstrom. Während vor zwei Jahren gerade einmal 600 Millionen US-Dollar in netzgebundene Solarprojekte investiert wurden, habe sich die Zahl 2011 sogar versiebenfacht (auf 4,2 Milliarden US-Dollar). Das liege vor allem an den radikalen Kostensenkungen, die Solarmodule zurzeit verzeichnen, so Bloomberg.

Der Preiseinbruch sorgt also nicht nur für einen Solarboom auf deutschen Dächern, sondern eben auch in Indien. Und der wird zudem noch unterstützt von einem staatlichen Förderprogramm, der Jawaharlal Nehru National Solar Mission (die allerdings in der Kritik steht).

Und mit Wachstumsraten ist das ja so eine Sache. Der Solarboom klingt ja ganz gut, aber entscheidend ist, von welchem Niveau man startet. Bislang ist der Solarstromanteil in Indien noch recht bescheiden. Nach Informationen der Unternehmensberatung GTM kamen Solaranlagen Ende 2011 auf geschätzte 365 Megawatt:

„At year-end 2010, India claimed just 54 MW of installed grid-connected solar. However, recent feed-in tariffs (FIT) allocations from the NSM and the state of Gujarat’s Solar Policy promise to increase that installed capacity six-fold to approximately 365 MW by the end of 2011 and, furthermore, to over 1,100 MW by 2012.“

Zum Vergleich: In Deutschland sind zurzeit Anlagen mit einer Kapazität von knapp 25.000 Megawatt installiert.

Korrektur 16:58: In einer alten Version sprach ich von einer Verdoppelung der Wachstumsrate. Das war falsch und wurde korrigiert.

 

 

Warum Prestige-Ökocitys nicht Chinas Zukunft sind

Wer sich mit nachhaltiger Stadtentwicklung in China beschäftigt, der kommt an den zahlreichen Ökocitys nicht vorbei. Egal, ob Dongtan bei Shanghai oder Huangbaiyu oder Tianjin. Prestige-Ökoprojekte, klimaneutral, energieeffizient, autofrei und  supermodern.

Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University
Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University

Einmal davon abgesehen, dass offenbar wenig in den vergangenen Jahren in den chinesischen Ökocitys passiert ist – es mehren sich die Kritiker solcher millionenschweren Nachhaltigkeitsprojekte. Einen ausführlichen Report dazu präsentiert gerade yaleenvironment360, welcher der Frage nachgeht, inwiefern sich der Trend zur Urbanisierung in China besser und umweltfreundlicher gestalten lässt.

Mehr als die Hälfte der 1,3 Milliarden Chinesen lebt inzwischen in den Städten. Investoren und die Regierung reagieren auf diese Entwicklung, überall wird massiv in städtischen Wohnraum investiert.

Aber das hat Folgen, denn Bauen ist natürlich alles andere als klimafreundlich. China schafft es auf Platz 1 der weltweiten CO2-Verschmutzer auch wegen seines Baubooms, schließlich ist die Herstellung von Stahl und Zement immens energieintensiv.

Eine Entwicklung mit dramatischen Folgen. Zwar sind in den vergangenen Jahren einige Prestige-Stadtprojekte entstanden, wo das Bauen umweltfreundlicher passieren sollte – eben die Ecocitys. Aber zugleich müssen in unzähligen Städten ganze Altstadtviertel Platz machen für einen schnell hochgezogenen Wohnblock aus minderwertigem Baumaterial. Schlechte Qualität, die nur wenige Jahre hält. Und am Ende abgerissen werden muss. Ein Städteplaner kommt gar zu der Einschätzung auf Yale Environment, dass der Abriss von Gebäuden inzwischen die größte CO2-Quelle in China sei:

“Poor urban planning, lack of accountability, weak regulation and absence of legal framework, all together makes buildings in China so vulnerable,” says engineer Ding Jianhua of the China Urban Construction, Design and Research Institute. “Tearing down buildings is, in my opinion, essentially the most high carbon factor in China at present.”

Was also tun? Es ist wie in Deutschland: ran an die Vorschriften. Wer strenge Energiespar-Vorschriften für Neubauten macht, der hat einen weitaus größeren Klimaeffekt als eine einzige Ökostadt ihn je haben wird. Das können Vorgaben für Dämmung, den Einsatz von Ökostrom oder Solarwärme sein, an denen China zurzeit arbeitet. Und vielleicht ist das auch der große Unterschied zu Deutschland. Während hierzulande der Baubestand die große Baustelle ist (und die Bundesregierung hier zurzeit effektive Anreize zum Sanieren und Dämmen verpeilt), sind in China strenge Vorgaben für Neubauten wichtig. Denn nichts wäre eine größere Verschwendung von Energie, wenn die jetzt neu gebauten Städte zwar schick, aber energiemäßig auf dem Niveau eines Plattenbaus aus den 1960er Jahren sind.

 

 

AKW-Neubau in den USA: Und wer zahlt?

Am Donnerstagabend wurde ja bekannt, dass erstmals seit Jahrzehnten die USA den Neubau eines AKW genehmigt haben. Das war nicht überraschend, schließlich hatte die Regierung Obama 2010  ein milliardenschweres Förderprogramm von mehr als acht Milliarden Dollar zugesagt. Und da genau liegt der Knackpunkt: Wer zahlt am Ende diesen Neubau? Am Ende werden das die amerikanischen Steuerzahler sein. Die Wall Street hält sich da ja offenbar zurück – oder sind irgendwelche Privatinvestoren bekannt, die sich gerne an dem Atomkraftwerk beteiligen?

Mal ganz abgesehen davon, dass es bislang ja erst einmal nur um die Genehmigung geht. Ich bin jetzt schon gespannt auf die Bauphase  – und kann mir einen Blick nach Finnland nicht verkneifen. Dort baut der französische Areva-Konzern ja seit 2005 Block 3 des AKW Olkiluoto. Also seit mehr als sechs Jahren. Es ist eine Pannen- und Pleite-Geschichte. Die Kosten laufen aus dem Ruder, die Zeitpläne verschieben sich immer wieder. Neuster Fertigstellungstermin: 2014. Eigentlich war einmal 2009 angedacht. Ein Milliardengrab schon jetzt für die Baufirmen.

Na dann, schauen wir einmal, wie es 2017 in Georgia aussieht. Dann will Southern Company sein AKW Vogtle ans Netz bringen. Ich gehe gerne eine Wette ein, dass der Termin nicht zu schaffen sein wird.

 

Festspiele zur Energieeffizienz: Vorhang auf für die Stromlobby

Wunderbar, wie gerade eben selbst der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), also die Lobby der Stromversorger, die beiden Minister Rösler und Röttgen rüffelt und auf eine EU-Regelung zum Energiesparen drängt:

„Große Sorge bereitet der Energiebranche, dass Deutschland bislang keine einheitliche politische Position zum Thema Energieeffizienz gefunden hat und somit bei den Verhandlungen das deutsche Interesse nicht vertreten kann. Es geht hier jedoch um einen zentralen Hebel, der zum Gelingen der Energiewende notwendig ist. Deutschland kann es sich bei diesem Thema nicht leisten, sich der Stimme zu enthalten und dadurch zusätzliche Lasten für die Energiewirtschaft zu riskieren“, erläuterte Müller. (Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, muk).

Sicher, der BDEW ist gegen die umstrittene Einsparverpflichtung von 1,5 Prozent – kaum überraschend. Aber an erster Stelle beklagt er das Nichtstun der Politik. Das sollte der Bundesregierung nun wirklich mal zu Denken geben. Bis kommenden Dienstag haben Rösler und Röttgen noch Zeit, dann treffen sich in Brüssel die Energieminister.

 

Ein paar Zahlen zur Kältewelle und zum Strombedarf

Das klingt ja dramatisch, was Spiegel Online heute Vormittag als Aufmacher vermeldet. „Kältewelle: Strom in Deutschland wird knapp.“ Die Netzbetreiber würden Reservekapazitäten im Ausland anknapsen, so schlimm sei schon die Situation.

Die Netzengpässe gibt es sicherlich, keine Frage. Aber der Zusammenhang „Kältewelle – Strommangel“ stimmt einfach so nicht – zumindest hat diese Meldung einen falschen Tenor und bringt die Energiewende in Verruf.

Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW
Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW

In Deutschland spielt Strom beim Heizen kaum eine Rolle (siehe Grafik), gerade einmal sechs Prozent aller Wohnungseinheiten werden mit Strom geheizt. Nachtspeicheröfen sind inzwischen ja sogar ein Auslaufmodell. Ich habe flott beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft nachgehakt und auch dort bestätigt man: In Kälteperioden steigt die Stromnachfrage nicht besonders stark.
Anders natürlich die Situation in Frankreich. Frankreich ist ein Land der Stromheizungen, die AKW liefern schließlich dort wunderbar billigen Grundlaststrom, der dann in den Nachtspeicheröfen geparkt wird – so wie früher in Deutschland. Und jetzt kauft eben Frankreich bei uns Strom ein. Es ist ein europäischer Markt, wie es heute auch in der Financial Times Deutschland heißt:

„Auch die Stromexporte nach Frankreich sind eine Folge des kalten Winters. In Frankreich heizen große Teile der Bevölkerung mit Strom. Am Dienstag benötigten die Franzosen 100,5 Gigawatt Stromleistung. Das ist so viel wie nie zuvor und mehr als das Atomland selbst bereitstellen kann. Der Preis für kurzfristige Lieferungen schoss in Frankreich auf rund 360 Euro pro Megawattstunde hoch. Das Normalniveau liegt bei 50 Euro. Auch in Deutschland stieg der Börsenpreis, allerdings nur auf rund 76 Euro.“

Ein Knackpunkt ist natürlich die Gasnachfrage: Erdgas kommt im deutschen Wärmemarkt aktuell auf einen Anteil von 49 Prozent. Und klar gibt es regionale Engpässe, wenn – wie gestern – die EnBW einen Block vom Gaskraftwerk Karlsruhe wegen Lieferengpässen vom Netz nehmen muss. Aber auch hier betonen die Versorger: alles im Griff. Wie heißt es gestern bei dpa:

„Die Strom- und Gasversorgung in Deutschland ist trotz der anhaltenden Kältewelle gesichert. Stromnetzbetreiber, Gasversorger und die Bundesnetzagentur geben Entwarnung.“

Aber das klingt natürlich nicht so knackig wie: „Kältewelle – Strom in Deutschland wird knapp.“