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„Political Bodies“

B-Boys und Rapper der HipHop-Szene Senegals zeigen ihr Können auf Kampnagel. Das Projekt wurde von der politischen Bewegung „Y’en a Marre“ inspiriert.

Wild auf der Bühne verteilt stehen und liegen Holzbänke, Metallgerüste und transparente Abdeckfolien. Tänzer Vieira trommelt und Bboy Abdallah tanzt dazu traditionell senegalesisch, dann wieder Breakdance. Neben der Tanzfläche sitzt Tukki, der Designer, an seiner Nähmaschine. Er gibt dem Kostüm von Abdallah den letzten Schliff. Der B-Boy soll die blau glänzende Hose direkt testen. Er dreht sich auf dem Kopf und öffnet dabei die Beine, ein sogenannter Headspin. Tukki lächelt und klatscht die Hände ineinander. Die Hose hat gehalten.

Die Proben zum Tanztheater Political Bodies sind eine Woche vor der Premiere auf Kampnagel am 4. Februar in vollem Gange. Das Stück widmet sich HipHop als urbaner Protestform. Choreografin Yolanda Gutiérrez und Dramaturg Jens Dietrich haben es im Senegal mit den besten urbanen Tänzern und Rappern des Landes erarbeitet. 2011 führten sie mit Performances auf öffentlichen Plätzen die politische Bewegung Y’en a Marré (Mir reicht’s) an. 2012 wurden daraus Massenproteste gegen die politischen Missstände im Senegal.

Gutiérrez war offen für den Input der Senegalesen. „Jeder hat die Möglichkeit, sich auszudrücken“, erzählt Vieira, „wir freuen uns das Stück in Europa zu zeigen. Wir wollen beweisen, dass wir originell sind und dass ‚Afrika‘ nicht nur westliche Trends kopiert.“

Text: Andra Wöllert

 

Unter der Sternbrücke

Fröhliches Feilschen im Fundbureau, Waagenbau, Wasser Schaden und in der Astra-Stube mit guter Musik im Ohr und  einem kühlen Bier an den Lippen.

Im Ernst, in Hamburg gibt es mittlerweile so viele charmante Flohmärkte, dass man sich streng genommen in nahezu allen Bereichen mit Gebrauchtware eindecken kann. Dann bezahlt man für ein neues Outfit nur ein paar Euro und durchbricht gleichzeitig die böse Konsumspirale der Wegwerfgesellschaft – nur so als Anregung. Vor allem aber macht das Stöbern und Feilschen Spaß – zumindest, wenn man darauf steht. Einen szenigen Anstrich bekommt so ein Flohmarkt, wenn er in einem Nachtclub stattfindet und zu so einer unchristlichen Uhrzeit wie 20 Uhr beginnt. Einmal im Monat öffnen die Clubs unter der Sternbrücke ihre Türen, damit die Hamburger hier ihre Stände aufbauen können. Bis zum nächsten Morgen wird dann fröhlich gefeilscht im Fundbureau, Waagenbau, Wasser Schaden und in der Astra-Stube – mit guter Musik im Ohr und einem kühlen Bier an den Lippen. Klingt entspannt, nicht wahr?

Text: Lena Frommeyer

 

„Gute Aussichten“

Absurde Jobs und ein alter Gutshof: Das Haus der Photographie zeigt ein Best-of des deutschen Fotografie-Nachwuchses 2014/2015.

Neue Runde für den Wettbewerb Junge Deutsche Fotografie, der spannende Abschlussarbeiten von Studierenden zeigt. Selbst bewerben können sie sich nicht, stattdessen kann jede Hochschule, Fachhochschule oder Akademie Arbeiten von bis zu fünf Absolventen einreichen. 115 Einsendungen aus 40 Institutionen waren es 2014/2015 und die acht Gewinnerprojekte sind jetzt im Haus der Photographie der Deichtorhallen zu sehen. Facettenreich wie die Jury, zu welcher der Künstler Paul Graham und auch der gefeierte Grafikdesigner Mario Lombardo gehören, sind auch die Siegerprojekte. Sie erkunden alltägliche Wege, erforschen einen alten Gutshof, befassen sich mit dem, was nach dem Tod bleibt, mit modernen Traditionen, Zwischenmenschlichem und auch mit absurden Jobs. Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 8. März.

Text: Sabine Danek

 

„Abgelehnt“

Autoren, deren Texte von Verlegern abgelehnt wurden, erhalten bei der Lesung im Literaturhaus eine zweite Chance. Ist da der nächste Kafka durchgerutscht?

Jährlich gehen Hunderte ungefragt eingesandte Manuskripte über den Schreibtisch eines Verlagslektors – und während er die 7.598ste Vampirgeschichte vielleicht zu Recht ablehnt, rutscht ihm wahrscheinlich auch einmal der eine oder andere Geniestreich durch. Was jedoch tut der verkannte Autor nun? Er liest im Salon des Refusés vor Publikum, das sein Genie bestenfalls richtig zu schätzen weiß. Entwickelt haben das Format im Literaturhaus Studierende der Universität Hamburg. Sie wählten die Autoren des Abends aus, deren Texte eine zweite Chance bekommen. Es lesen Freyja Jürgens, Irena Stojanova, Henry Holland und Detlev Scholz. Ein Team aus Literaturkennern (Agenten, Verleger, Lektoren) schätzt die Qualität des Gehörten ein und erklärt, warum nicht jeder Text ein Buch werden kann. Der Lieblingstext des Abends wird ermittelt und wer weiß, vielleicht kann doch noch die Entdeckung eines neuen Kafkas gefeiert werden.

Text: Alissa Schrumpf

 

„Gedankenflieger“

Bin ich arm oder bin ich reich? Martina Petersen und Heike Blenk philosophieren kindergerecht im Literaturhaus über Bedeutungen von Besitz und Reichtum.

Wer bin ich? Was mache ich hier? Und wie hängt das alles mit der Welt um mich herum zusammen? Man nennt diese Gedanken gerne die großen Fragen des Lebens. Und trotzdem beschäftigen sie selbstredend nicht nur die Großen unter uns. Im Gegenteil – gerade viele Kinder stellen häufig die Fragen, die Erwachsene im Alltag so oft zurückdrängen, weil die Zeit knapp ist und so vieles schnell erledigt werden muss. Deshalb will man sich im Rahmen der Reihe Gedankenflieger im Literaturhaus diese Themen vorgeknöpften und widmet sich einmal monatlich einem zuvor festgelegten Aspekt. Im Februar soll es um die Rolle von Besitz und Reichtum gehen. Martina Petersen und Heike Blenk philosophieren anhand des Bilderbuches Das Gold des Hasen mit Kindern (bis 10 Jahre) darüber, was arm und reich bedeuten kann. Kleine Schauspielübungen eröffnen neue Blickwinkel und ganz sicher geht hier jeder mindestens reich an Gedanken wieder nach Hause.

Text: Miriam Mentz

Das Gold des Hasen from martin Baltscheit on Vimeo.

 

Vinyl am Kiez

In der Hasenschaukel werden nun jeden Dienstagabend gute Alben immer von Anfang bis Ende gespielt. „Die ganze Platte“ heißt diese neue Reihe.

„Entschleunigung“ ist so ein Credo, dem gerade viele urbane Menschen folgen möchten und manchmal dabei so angestrengt wirken, dass das Ganze zum Paradoxon wird. Dennoch, vielleicht tut es uns gut, manchmal (Achtung, billige Metapher) den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Das funktioniert sogar in einer der wuseligsten Ecken Hamburgs: dem Kiez. Das Team der Hasenschaukel in der Silbersackstraße will seinen DJs und Gästen etwas Ruhe gönnen und installiert eine unaufgeregte Reihe in ihren rosafarbenen vier Wänden: Die ganze Platte heißt dieser neue Dienstagabend, bei dem nicht, wie gewohnt, nach jedem Song das Vinyl gewechselt wird, sondern die komplette Scheibe von vorne bis hinten durchläuft. Ein bequemes aber auch anspruchsvolles DJ-Konzept. Schließlich müssen die ausgewählten Alben vom ersten bis zum letzten Track einen interessanten Bogen spannen, um nicht zu langweilen. Das ist ein Abend, wie gemacht für Plattenkenner und solche, die es werden wollen.

Text: Lena Frommeyer

 

Kofookoo

Die Woche mit einem kulinarischen Experiment beginnen und Hamburgs erstes asiatisches All-you-can-eat-iPad-Restaurant testen.

Das Konzept im Kofookoo ist einfach: Auf dem iPad klickt man sich durch Essen und Getränke. Pro Person dürfen bis zu fünf Speisen gleichzeitig geordert werden, dann gibt’s eine Pause von 20 Minuten. Maximal zehnmal kann bestellt werden. Der Spaß kostet 24,90 Euro. Wenige ausgewählte Gerichte sowie Getränke (darunter elf offene Weine, Tsingtao Bier, Sake und Cocktails) werden extra berechnet. Inhaberin Feiyan Wu hat das Konzept lange ausgetüftelt, selbst an Schuhcreme und Brillenputztücher auf den Örtlichkeiten hat sie gedacht. 180 Sitzplätze erstrecken sich über zwei Ebenen in der Rindermarkthalle. Hohe Decken, viel roher Beton, eine riesige Wand ist mit Modellbaumoos beklebt, aus den Lautsprechern schallert grauenhafter R & B. Doch in den üppigen Stühlen sitzt man bequem. Damit alles frisch zubereitet werden kann, hat Feiyan Wu sich gegen Laufband und Buffet entschieden. Die Teller sind hübsch angerichtet, vor allem den Temaki-Tütchen ist anzusehen, dass sie in Handarbeit entstehen. Immer wieder ordert man Suppe, Algensalat, Nigiri, kleine Lammkoteletts … Nach etwa 15 Tellerchen tritt die erste Sättigung ein.

Text: Nele Gülck

 

„Hamburger Comedy Pokal“

Da waren‘s nur noch…: Die Finalisten laden zur letzten Schlacht in Schmidts Tivoli – die Veranstaltung ist bereits ausverkauft.

Wer am Ende mit dem berühmten Frotteepokal aufs Treppchen steigt, hat eine harte Prüfung hinter sich: Bevor es ins Finale ging, traten die Comedians im Duell in den verschiedenen Kulturzentren der Stadt gegeneinander an. Wer nach der Hauptrunde noch stand, musste sich im Halbfinale erneut gegen einen Konkurrenten beweisen. Aus 20 Künstlern wurden so erst zehn, dann fünf – mit dem Publikum als erbarmungslosem Entscheider. Alle Verlierer der Ausscheidungskämpfe durften dann noch mal in der 2. Chance Show auf den sechsten und siebten Startplatz im Finale hoffen. Diesmal im Teilnehmerfeld: Robert Alan, Die Buschs, Archie Clapp, Ususmango, Cloozy, Frank Fischer, Katie Freudenschuss und viele weitere Komiker, Kleinkünstler und Kabarettisten aus ganz Deutschland. Der Sieger des Pokals wird von einer Jury aus Hamburger Journalisten und Programmmachern bestimmt, das Publikum im Schmidts Tivoli wählt seinen eigenen Favoriten.

 

 

„Liveheit“

Debüt einer neuen Veranstaltungsreihe im Golden Pudel Club – zu Gast: die Bands Pecco Billo und B-Seite sowie die DJs Martin Moritz & OhNo MoMo.

Das Team um Kathia von Roth veranstaltet erstmals die Veranstaltung Liveheit. Das Konzept: erst Konzerte, dann Platten auflegen. Nicht ganz neu, dadurch aber nicht minder gut. Im Gegenteil. Zur Premiere wurden die wunderbaren Pecco Billo eingeladen. Die sieben Jungs haben sich nach Elektro-Hype und Plastikbeats auf die Fahne geschrieben, wieder echte Instrumente in die Clubs zu bringen. Fasziniert von der Big-Band-Tradition der 1930er Jahre und den Hip-Hop-Helden ihrer Jugend basteln sie ihre Tracks. Sie lassen Samples und Loops live entstehen, und Frontmann Silvan sitzt nicht nur an den Drums, sondern rappt dabei gleichzeitig über Dinge, die er liebt. Ein wahres Erlebnis. Support kommt an diesem Abend von der Hamburger Band B-Seite. Ihre ebenfalls Hip-Hop-lastigen Grooves kombinieren sie mit Jazz-Einflüssen und Gesang. Anschließend legen Martin Moritz & OhNo MoMo den Inhalt ihrer Plattentaschen auf die Teller. Hingehen!

Text: Ole Masch

 

„Paarungen“

Explosion am Küchentisch: Wie lustig es sein kann, wenn Pärchenabende gründlich in die Hose gehen, ist noch bis zum 15. März im Winterhuder Fährhaus zu sehen.

Der Pärchenabend – Inbegriff der Gemütlichkeit und voller Tücken! Vor allem, wenn sich mehrere liierte Menschen in Gruppen zusammenrotten. In der Komödie Paarungen im Winterhuder Fährhaus geht ein solcher Rudelabend gewaltig nach hinten los, weil einer aus der Reihe tanzt. Statt wie in den letzten Jahrzehnten seine Frau, bringt Paul eine neue Freundin mit zum gemeinsamen Essen mit dem befreundeten Paar Katharina und Stephan. Prompt macht Katharina Paul eine Szene wegen der Trennung. Ein Wort folgt aufs andere und plötzlich kommt eine Welle von Enthüllungen in Gang, die nicht mehr zu stoppen ist. Die Beteiligten haben in der Inszenierung von Bettina Rehm bald nichts mehr zu lachen, das Publikum dafür umso mehr. Das Stück läuft noch bis zum 15. März in der Komödie Winterhuder Fährhaus.

Text: Katharina Manzke