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Beginner Soundsystem

Die Vorfreude ist groß, denn Denyo und Mad starten als Beginner Soundsystem Ende November einmalig und exklusiv ihre einzige Clubnacht des Jahres in Hamburg. Hinter den Toren des Mojos wird sich die Quelle für Raps mit Profil und Charakter nicht hinter Plattentellern verstecken, sondern live und direkt Bambule machen, bis die Sonne aufgeht. Wer Lust hat auf Hits und Tunes, die Vorder- und Hinterteile zum Shaken bringen, ist im Keller unter den krummen Türmen genau richtig. Die Jungs lassen Beine wackeln, Köpfe nicken und präsentieren feinste Delikatessen in Sachen Hip-Hop, Funk, Reggae, Pop und Elektro. Natürlich immer mit dabei: ein vollgepackter Koffer mit unvergessenen Beginner-Perlen, derben Remixen und exquisiten Solosongs. Denyo & Mad rollen in den Club, um aufzulegen, zu rappen, zu hosten und zu feiern. Ganz sicher ohne Hubba-Bubba von deinem Blubber-Blubber.

Text: Ole Masch

 

Kraftwerk

Studio Braun gaben sich als Fraktus alle Mühe, die Erfindung des Techno für sich zu beanspruchen. Diese Ehre müssen sie neidlos an Kraftwerk abtreten. Ohne sie wäre die heutige Musikwelt kaum denkbar, legten sie nicht nur den Grundstein elektronischer Tanzmusik, sondern auch den des Hip-Hop, der auf dem Rhythmus-Pattern des 1977 komponierten Trans Europa Express aufbauen sollte. Seit 2011 touren sie mit ihren 3-D-Konzerten, die erfolgreich die Brücke zwischen Videoinstallationskunst und ihrer präzisen, rational wirkenden Musik schlagen. Ob Heinz Strunk wohl eine Karte für den 27. November hat? Eine doppelte Chance hätte er: Die Show findet nämlich gleich zwei Mal hintereinander statt.

Text: Pablo Schinkel

 

Auto.Matic.Music

Seit über zwölf Jahren feiert das Label Auto.Matic.Music im ganzen Bundesgebiet seine Partys und beweist immer wieder auch in Hamburg exzellenten Geschmack, wenn es darum geht, die richtige elektronische Musik für einen lauschigen Clubabend auszuwählen. Die Köpfe hinter der Reihe, die heute erstmalig die Villa Nova beschallt, sind die Augsburger Stefan Sieber und Tobias Schmid. Als Mainact präsentieren sie Daniel Bortz, dessen Sets regelmäßig ein begeistertes Publikum hinterlassen, das vor allem seine verspielte Vielseitigkeit und sein feines Gespür für jede Stimmungslage schätzt. Zum Glück ist die Stimmung in der Villa Nova immer gut, auf seine Vielseitigkeit sind wir dennoch gespannt.

Text: Gaby Olufsen

 

Nordwind-Festival auf Kampnagel

Auch wenn der Hamburger das nicht gerne zugibt: Es geht noch viel, viel nördlicher. Skandinavier, Isländer, die Bewohner des Baltikums zucken nur amüsiert mit den Mundwinkeln, wenn wir über unser laues Seelüftchen sprechen. Darum trägt das größte deutsche Festival für Darstellende Künste und Musik aus den nordischen Ländern den passenden Namen Nordwind. Ende November fegt dieser auch russische Künstler nach Kampnagel – beispielsweise Oxana Schalygina, Kollegin des Radikalkünstler und Regierungskritiker Pjotr Pavlenski, der sich den Mund zunähte und seinen Hodensack auf den Roten Platz nagelte. Er wäre gerne selbst zur Eröffnung der weltweit ersten Retrospektive seiner Arbeiten auf Kampnagel gekommen, er wurde aber Anfang des Monats in Moskau festgenommen, weil er die Eingangstür zum Gebäude des russischen Geheimdienstes in Brand steckte. Videos, Fotos und Reaktionen von Medien und der russischen Justiz zu seinen vorherihen Aktionen sind dennoch zu sehen. Weiteres Highlight: Die isländische Tänzerin und Choreografin Erna Ómarsdóttir zeigt bereits zum vierten Mal ihre düster-dynamische Bühnenarbeit Black Marrow. Das Nordwind-Festival findet bis zum 5. Dezember statt.

Text: Lena Frommeyer

 

Women on Fire

„We’re doing a good old Partykeller night with Salzstangen und Discoampel at Golem next week“, hat die Lehult Crew schon mal auf ihrer Facebook-Seite angekündigt. Gegen Ende der Nacht ist sicher alles Friede, Freude, Discoampel – der Abend beginnt aber mit inhaltlich pfundigeren Materie im kleinen Kino im Keller. Monika Treuts Die Jungfrauenmaschine wird in der Reihe Women on Fire genauer unter die Lupe genommen. Der Film „ist eine der anarchistischsten, zynischsten und subversiv-witzigsten Attacken gegen die herrschende Sexualpolitik“, heißt es in einer Kritik im britischen Magazin Sight and Sound. Anschließend bitten Monika Treut selbst und Maike Mia Höhne zum Gespräch. Dank Zynismus und Witz sollte das Thema allerdings zu übermäßiger Feierlaune führen. Und da sind wir wieder bei der Lehult Crew, die später am Abend in der Krypta auflegen – inklusive Salzstangen hoffentlich. Oben in der Bar kredenzen euch übrigens Mehmet Aslan und Moscoman von Disco Halal ihre Platten. Wenn da mal nicht für jeden etwas dabei ist.

Text: Andra Wöllert

 

Love

Ein Mann und eine Frau im Bett. Ihre Hand quetscht sein bestes Stück, es dauert lange, bis er zum Höhepunkt kommt. Erster Shot. Etwas Quälendes haftet der Szene an, der Liebesakt als harte Arbeit in 3-D. Als Zuschauer ist man der im Wandschrank versteckte Spanner mit Effektbrille. Gaspar Noe, französisches Regie-Enfant-terrible, tischt mit Love wieder Kinoerlebnisse der etwas anderen Art auf. Sein Protagonist Murphy, selbst angehender Regisseur, formuliert das Ziel des Films so: „sentimental sexuality“ gefühlsecht auf die Leinwand zu bringen. Aber weil Murphyʹs Law bekanntlich sagt, dass alles, was geschehen kann, auch geschehen wird, sehen wir den Liebeswütigen, dem die Kamera wie ein Schatten durch dieses düstere Kammerspiel folgt, plötzlich mit einer ungeliebten Blondine und einem schreienden Kind in einer engen Mietwohnung hausen, sein Dasein und den Verlust Elektras, der Bettgenossin aus der Anfangsszene, verfluchend. Der neue Film von Noe, dessen ultrabrutales Rape-and-Revenge-Drama Irreversibel 2002 ein 90-minütiger Schlag in den Unterleib war, hat Premiere im Abaton.

Text: Calle Claus

 

Manége Mentale

Wahrlich, wir leben in verwirrenden Zeiten! Burnout, gesamtgesellschaftliche Zwangsneurose, an den Supermarktkassen Schlangen von erschöpften Selbsts, transzendentaler Ekel, Freizeithysterie, grassierender Luststress und Riesenangst vorm kleinen Glück. Hand hoch, wer sich gesund vorkommt! Keiner? Dachten wir uns. Doch Rettung naht. Manuel Muerte (Experte für alternative Zauberei und Psychomagie) und Jörg Pohl (experimenteller Heiler) werden sich im Golem im Rahmen einer Interventionstalkshow einem mehr oder weniger bedeutenden Hamburger widmen, um an ihm oder ihr, stellvertretend für das Publikum, handfeste Zwangsstörungen im Blitzverfahren zu therapieren, Kindheitstraumata auf den trüben Grund zu gehen, die uralte Frage nach dem „Wer bist du wirklich und warum“ zu beantworten, schlechterdings das Leid der ganzen Welt in ihm oder ihr leibhaftig zu exorzieren! Denn der Promi ist, wer weiß das nicht, der besondere Mensch mit hoher multiplikatorischer Wirkung auf die ihn umgebende Gesellschaft. Heile den Leitwolf – heile das Rudel (indische Weisheit). Eine psychohygienische Talkshow also, die ganz entschieden nicht nur allgemein kathartisch, sondern auch für die Mitwelt nachhaltig wohltuend wirksam sein will. Der Gast in dieser ersten Folge der neuen Talk-Reihe ist Heinz Strunk, der an diesem Abend geläutert wird.

 

Kampfeinsatz

„Der Krieg ist ein Winterschlaf der Kultur“, hat Friedrich Nietzsche einmal treffend formuliert. Dieses Statement vorangestellt, nähert sich die freie Theatergruppe Axensprung in dem Stück Kampfeinsatz unter anderem der Frage, wie ehemalige Soldaten aus Kriegsgebieten zurück in das Wertesystem unserer Gesellschaft finden? Und: Was bewegt junge Menschen, auf allen Seiten der Fronten als Freiwillige in den Kampf zu ziehen? Dramaturgisch arbeitet sich das Stück, das im Mahnmal der Nikolaikirche an der Willy-Brandt-Straße gezeigt wird, an den Lebenswegen eines Bundeswehroffiziers, eines Radikalen mit osteuropäischen Wurzeln und eines friedenstiftenden Politikers entlang, die auf unterschiedlichste Weise mit den Auswirkungen des Krieges hadern.

 

Kasimir und Karoline

In dieser Inszenierung verwebt die Regisseurin Jette Steckel am Thalia Theater zwei Werke von Ödön von Horváth: Kasimir und Karoline und Glaube Liebe Hoffnung. Sie spinnt aus beiden Geschichten eine einzige Sozialstudie, die zeigt, wie sehr die Liebe unter Geldmangel leiden kann, und wirft dabei die Frage auf: „Was ist der Wert des Menschen, wenn er weder Geld hat noch Arbeit noch gültige Papiere?“ Während der Weltwirtschaftskrise verliert Kasimir 1929 seinen Job und wird daraufhin von Karoline verlassen, die sich auf der Suche nach gesellschaftlicher Anerkennung Schürzinger zuwendet, während Kasimir sich mit dem Gauner Merkl Franz einlässt. Ihr Versuch wieder zueinanderzufinden, scheitert. In Glaube Liebe Hoffnung versucht die junge Elisabeth sich umzubringen, nachdem sie alles verloren hat: Geld, Arbeit und die Liebe. In Horváths sozialpolitischen Volksstücken geraten die Figuren, bedingt durch die Wirtschaftslage, in scheinbar ausweglose Lebenslagen, in denen sie sich abstrampeln, um wieder auf die Füße zu kommen. „Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich“, heißt es an einer Stelle treffend, „aber dann kehrt man zurück mit gebrochenen Flügeln und das Leben geht weiter, als wäre man nie dabei gewesen.“

 

Sarah Moon

Eigentlich arbeitete sie in Paris als Model, als sie gefragt wurde, ob sie für einen ausgefallenen Fotografen einspringen könne. Und weil sie sich damit so wohl fühlte, blieb sie gleich hinter der Kamera. Zumindest erzählt man sich das so. Mit rund 350 Fotografien und fünf Filmen widmet sich das Haus der Photographie der Deichtorhallen nun dem Gesamtwerk der Modefotografin Sarah Moon, die vor allem durch ihre Werbeaufnahmen für Cacharel, Dior, Chanel, Comme des Garçons, Issey Miyake und Valentino bekannt (und berühmt) wurde. Dass sie auch Kurz- und Dokumentarfilme drehte, etwa über ihren Freund Henri Cartier-Bresson und über Lillian Bassman, und ein eigenes künstlerisches, fotografisches und filmisches Werk frei von Auftragsarbeiten entwickelte, ist weniger geläufig und wird in der aktuellen Ausstellung aufgegriffen. „Sarah Moon verunsichert den Bildbetrachter“, erläuterten die beiden Kuratoren Ingo Taubhorn und Brigitte Woischnik im Vorfeld. „Sie wirft ihn aus dem Raum der geordneten Identität heraus in die Zeit des Zwiespalts und der chaotischen Differenz. Der Inhalt jedes einzelnen Bildes ist unsicher. Zeit und Raum verschwimmen. Die von der Künstlerin bearbeiteten Aufnahmen spiegeln so die malerische und grafische Imagination und lassen die Bilder wie eine aufscheinende oder verblassende Erinnerung wirken.“ Eine Retrospektive in der Größe, wie sie die Deichtorhallen nun präsentieren, ist bisher weltweit einzigartig.