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Kate Tempest

Spoken-Word-Poetry zwischen James Joyce und Wu-Tang Clan: Die 28-jährige Britin stellt ihr Debütalbum live im Molotow vor.

Wo hört Spoken-Word-Poetry auf und wo fängt Rap an? Der Übergang ist seit jeher fließend. Und spätestens seitdem sich Rap Ende der 1990er Jahre in alle möglichen musikalischen Richtungen weiterzuentwickeln begann und MCs über den HipHop-Tellerrand zu blicken gelernt haben, scheinen die Grenzen endgültig verwischt. Die 28-jährige Kate Tempest aus London ist auf dem weiten Feld der Wortkunst zu Hause. Literatur und Rap, James Joyce und der Wu-Tang Clan sind ihr gleich wichtig. Dass sie mit diesem freidenkerischen Ansatz den Ninja-Tune-Label-Ableger Big Dada für eine Plattenveröffentlichung gewinnen konnte, will da nicht weiter verwundern. So erschien dort kürzlich ihr Everybody Down betiteltes Debütalbum, das sie nun auf einer Europa-Tournee live vorstellt. Über ihren Zwischenstopp im Molotow freuen wir uns.

 

 

„Grotesken des Alltäglichen“

Vier Positionen am Rande des guten Geschmacks: Im Gängeviertel zeigen Künstler verstörende Absurditäten des täglichen Lebens. 

Die „Ästhetik des Absonderlichen“ hat es den vier KünstlerInnen angetan, die ab dem 27. November gemeinsam in der Galerie Speckstraße ihre Werke ausstellen. Die Bilder, Collagen, Skulpturen und Videos von Maaike Dirkx, Jens Rausch, Boje Arndt Kiesiel und Nino Svireli spüren den Verführungen der Konsumwelt und anderen Absurditäten des täglichen Lebens nach, „zitieren dabei teils ironisch, teils verstörend das unersättliche Verlangen nach ‚mehr'“ (Veranstalterinfo) und liefern Antworten auf Fragen wie: Warum ist die Cornflakes-Packung nicht nur für Kinder so verführerisch? Inwiefern stellen Plastik-Umverpackungen ein Spiegelbild unserer Zeit dar? Und warum steckt in jedem absurd-grotesken Dialog auch immer ein Moment der Poesie? Die Ausstellung läuft noch bis zum 6. Dezember.

 

Bunker Slam

Der „Kampf der Künste“ geht in seine 44. Runde – mit Slam-Poeten aus der ganzen Republik, Moderator Michel Abdollahi und DJ Johnboy Jones.

Auf zum nächsten Poetry-Slam in „Hamburgs härtester Arena“ (womit nicht nur das Bunker-Gemäuer des Uebel & Gefährlich gemeint sein dürfte). Mit Nick Pötter, Bo Wimmer, Sebastian Lehmann, Dominik Bartels, Malte Roßkopf, Andy Weber, Maik Martschinkowsky und Fabian Navarro treten am 27. November acht Slammer aus Berlin, Hamburg, Marburg, Helmstedt und Münster gegeneinander an, um im Rahmen der mittlerweile 44. Ausgabe des 2005 ins Leben gerufenen Kampf der Künste die Gunst des Publikums für sich zu gewinnen. Die Moderation übernimmt wie immer Michel Abdollahi. Für duften Disco- und House-Sound ist diesmal DJ Johnboy Jones zuständig. Kleiner Tipp am Rande: Unter dem Titel Best of Poetry Slam #1 ist in diesem Jahr ein 210 Seiten starkes Buch mit zahlreichen Illustrationen herausgekommen, das die Höhepunkte der letzten zehn Jahre versammelt.

 

Kollektiv22

Die junge Hamburger Band singt und rappt auf Deutsch, Englisch und Französisch. Ihre Mischung aus Pop und Poesie zieht für ein Konzert in den Mojo Club.

Man sagt ja, zu viele Köche verdürben den Brei, aber das muss ja nicht für alles gelten, was aus der Küche getragen wird. Kollektiv22 nennen ihren Stil „musikalisches Ratatouille“, weil jedes der sieben Bandmitglieder etwas in den Topf geschnippelt hat: Folk, Reggae, HipHop, Chanson, Soul, Pop und Rock stehen auf dem Herd. Jetzt reicht es allerdings auch mit den kulinarischen Metaphern, zu den harten Fakten: Bei der Band handelt es sich um junge Musiker aus Hamburg, die auf Deutsch, Englisch und Französisch singen und rappen. Im Mai erschien ihr Debütalbum Geschichten ohne Versmaß, das mit einem ausverkauften Release-Konzert im Uebel & Gefährlich von den Fans freudig begrüßt wurde. Die Mischung aus Pop und Poesie kommt eben gut an: eine Boyband für Traumtänzer und Tagebuchschreiber. Um noch einmal in die Küche zurückzukehren: Kollektiv22s lange Zutatenliste ist ganz offensichtlich ein Erfolgsrezept.

Text: Michael Weiland

 

Lesung im Ledigenheim

Die Hamburger Autorin Petra Oelker stellt im Wohnheim für Männer ihren historischen Roman vor und unterstützt das Projekt „Das Ledigenheim erhalten!“.

Das Ledigenheim in der Rehhoffstraße bietet seit über hundert Jahren Männern ein Zuhause. Oft sind es Hafenarbeiter und Seefahrer, die hier leben. Jedoch ist der Fortbestand der Einrichtung bedroht. Jahrelang wurde die Instandsetzung des Gebäudes vernachlässigt. 2009 kaufte es ein dänischer Investor. Ob dieser das Haus langfristig als Männerwohnheim weiterführen möchte, scheint fraglich. Es ist die alte aber nicht minder brisante Investor-gegen-Minderheiten-Geschichte. Die Hamburger Autorin Petra Oelker liest am 24. November im Ledigenheim aus ihrem historischen Roman Das klare Sommerlicht des Nordens. Die Schriftstellerin verzichtet an diesem Abend auf ihr Honorar zugunsten des sozialen Projekts Das Ledigenheim erhalten! Im Roman kreuzen sich in der Kaiserzeit die Wege zweier völlig gegensätzlicher Frauen: Sidonie Eschberger lebt in einer Villa an der Außenalster, gehört zur jüdischen Oberschicht und möchte ihre gesellschaftlichen Fesseln sprengen. Dora Lenau arbeitet als Näherin in der Neustadt und träumt von finanzieller Unabhängigkeit.

Text: Lena Frommeyer

 

Ben Howard

Dunkle Töne, großes Fingerpicking: Der englische Singer/Songwriter gastiert mit neuer Scheibe „I Forget Where We Were“ am 25. November in der Sporthalle.

„Hot sand on toes, cold sand in sleeping bags.“ So sprach Ben Howard auf Every Kingdom (2011) über warme Sommertage und uns aus dem Herzen. Die neue Scheibe, I Forget Where We Were (2014), kommt schon vom Artwork düsterer daher und ist Anlass für eine spätherbstliche Konzertreise. Die Platte beginnt mit dunklen Tönen in Small Things, über die Howard mit trauriger Stimme singt „Has the world gone mad. Or is it me?“. Gänsehaut. Song zwei und sechs sind flotter. Der Titeltrack handelt dann doch vom Sommer, wenn auch von einem, der vorbeigeht. End Of The Air geht instrumental ab Minute 4.45 Uhr richtig ab, live darf man sich hingegen auf Stücke wie In Dreams mit großem Fingerpicking an der Gitarre freuen.

Text: Lena Frommeyer

 

Wreckless Eric

Zwischen den Stühlen des Musikbusiness hat Wreckless Eric Songs geschrieben, die nie groß wurden, dafür auf den kleineren Bühnen legendär sind.

Den ganz großen Erfolg konnte der britische Wreckless Eric nie für sich verbuchen und trotzdem kann man ihm Legenden-Status zuschreiben. Vielleicht zu eingängig für den Punk, zu eigenwillig und chaotisch für den Mainstream, spielte er stets irgendwo zwischen den Stühlen, gründete Bands, um sie kurze Zeit später wieder aufzulösen, gab sich einen Lebensabschnitt der Karriere des Vollzeitalkoholikers hin, wie er selbst erklärt, und schrieb schließlich seine Autobiographie mit dem Titel Ein dysfunktionaler Erfolg – Das Wreckless-Eric-Handbuch. Vielleicht braucht es eben all diese Zutaten, die so weit weg vom klassischen Erfolg einsortiert sind, um schließlich das im Gepäck zu haben, was der Brite mit dem Cockney-Akzent bei seinen Konzerten auf die Bühne bringt. Diese Songs, die rücksichtslos vereinen, was ihm selbst passt, die sich schnoddrig im Kopf festsetzen.

Text: Miriam Mentz

 

Shantel & Bucovina Club Orkestra

Man sollte vorsichtig mit Begriffen wie „Live-Spektakel“ umgehen. Bei Shantel befinden wir uns jedoch punktgenau in der Wortdefinition.

Hätte man nur zehn Sekunden, um zu erklären, warum man eine Show von Shantel und seinem Bucovina Club Orkestra besuchen sollte, schmisse man vermutlich schnell mal Songtitel wie Disko Partizani oder Disco Boy in den Raum, ergänzt um den Verweis darauf, dass es sich hier um den mindestens gefühlten Erfinder des Balkan-Pop handle. Würde man nun noch etwas mehr ausschweifen dürfen, sei zu erwähnen, dass man diesem Künstler und Produzenten so nicht gerecht wird, der einer der gefragtesten Downbeat-Acts der 1990er war, Filmmusik für Fatih Akin und Sasha Baron Cohen schrieb, auf so ziemlich jedem wichtigen Festival der Welt eine Bombenshow ablieferte und ein immer anzuführender Beweis dafür sein könnte, dass Mannheim als Musikstadt nicht völlig versagt hat, sondern sogar Musiker in die Welt entlassen hat, denen wir liebend gerne unsere Ohren und aktuelle Stimmung anvertrauen.

Text: Miriam Mentz

 

Bücherflohmarkt

Sach-, Fach- und Kinderbücher, Reiseführer, Ratgeber und Belletristisches zum Schnäppchenpreis – viel Spaß beim Stöbern!

Das kann man mittlerweile eine schöne kleine Tradition nennen: Stets zum Jahresende findet im Lichthof der Staats- und Universitätsbibliothek ein Bücherflohmarkt statt. Das Niveau der angebotenen Ware ist hoch, schließlich landen hier nur Bücher auf dem Tisch, die die Uni auch in ihre Bücherei aufnehmen würde. Oder wie es die Veranstalter ausdrücken: „Es handelt sich um Dubletten zum Bestand der Bibliothek, die uns aus Geschenkzugängen erreicht haben“, darunter Fachbücher aus verschiedenen Wissensgebiete (mit Schwerpunkt Geisteswissenschaften) sowie Unterhaltsames aus der Belletristik, Reiseführer, Kinderbücher und Ratgeber. Weiterhin wissenswert: „Wie jedes Jahr gibt es eine Höchstgrenze von 10 Bänden pro Käufer, ausgenommen mehrbändige Werke. Der Erlös aus dem Buchverkauf wird zum Kauf von aktueller Literatur für die Bibliothek verwendet und hilft so, unseren Buchbestand aktuell und attraktiv für unsere Benutzer zu halten.“ Na dann, nichts wie hin.

 

Marianne Faithfull

Die Sängerin, Schauspielerin und Rock’n’Roll-Überlebende präsentiert ihr neues Album, „Give My Love To London“, live auf Kampnagel.

Sie ist seit über 50 Jahren prominent und geht nun langsam auf die Siebzig zu. Erst seit wenigen Jahren, so Marianne Faithfull in einem Interview mit dem ZEIT Magazin, werde sie für ihr Schaffen angemessen respektiert. Mit Give My Love To London ist kürzlich ihr 19. Album erschienen. Der Titel ist nicht etwa als späte Liebeserklärung an jene Stadt gemeint, zu dessen „swingin‘ sixties“ die Sängerin, Darstellerin und Großnichte von Leopold von Sacher-Masoch einiges beigetragen hat, sondern verstrahlt einen amüsant-subtilen Sarkasmus, wenn man weiß, dass Faithfull ihre Abneigung gegen die englische Hauptstadt auch jederzeit offen zu formulieren wagt. Normalerweise zwischen ihren Wohnsitzen in Paris und Irland pendelnd, begibt sich Marianne Faithfull jetzt noch mal auf große Tournee. Es wird dem Vernehmen nach wahrscheinlich ihre letzte sein.