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First Aid Kit

Das schwedische Schwesternpaar Klara und Johanna Söderberg trägt den prägnant puristischen Folk ihres Albums „Stay Gold“ im Mojo Club vor.

Eine Hand wäscht ja bekanntlich die andere: Auf First Aid Kits zweitem Album The Lion‘s Roar sang Indiefolk-Ikone Conor Oberst (ehemals Kopf von Bright Eyes, Park Ave., Commander Venus und Desaparecidos) mit, für seine aktuelle Platte Upside Down Mountain verpflichtete der 35-Jährige wiederum Klara und Johanna Söderberg als Background-Chor. Da hatte sich Oberst allerdings einen klaren Vorteil erschlichen: Die sich umeinander windenden Gesangsharmonien des schwedischen Schwesternpaares haben der quengeligen Stimme des US-Musikers eben einiges voraus – und sind auch auf dem neuen Folkpop-Prachtstück des Duos, Stay Gold, die Hauptattraktion. Zur Präsentation ihres mittlerweile dritten Albums gastieren First Aid Kit im Mojo Club. Wer den beiden dabei zuhören möchte, wie sie über Vergänglichkeit, das Touren, über Heimweh und verlorene Freunde singen, sollte sich noch schnell Karten besorgen. Es könnte voll werden…

 

Steve Jobs

Mike Daisy als Technik-Nerd, Enthüllungsjournalist und Apple-Gründer – ein Gastspiel des nö-Theater Köln.

Der Darsteller Mike Daisy ist so vielseitig wie das iPhone, das er so liebt. Innerhalb eines einzigen Theaterabends kann er sehr schnell in unterschiedlichste Rollen schlüpfen. Im Apple-Universum ist er zunächst nur ein schwärmender Nerd und Technikfan, dann mimt er plötzlich den Enthüllungsjournalisten, der von menschenunwürdigen Bedingungen in den chinesischen Foxconn-Werken berichtet (aus denen auch Apples iPhones stammen), und am Ende tritt er sogar als Apple-Gründer Steve Jobs höchstpersönlich auf. Das Stück Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs rund um das 1976 gegründete US-Unternehmen, das die Welt revolutionierte, ist eine Produktion des nö-Theater Köln. Die Premiere ist am 8. Oktober. Weitere Vorstellungen gibt es am 9. bis 11. Oktober, jeweils um 20 Uhr.

Text: Katharina Manzke

 

 

„Wissenschaft trifft Kunst“

Das Projekt bringt Kunststudenten und Klimaforscher zusammen. Die Ausstellung zeigt, welche Rolle die Kunst in der Klimaforschung spielt.

Die Hochschule für bildende Künste (HfbK) in Hamburg untersucht, was passiert, wenn Studierende der Hochschule auf die CliSAP treffen, die Integrated Climate System Analysis and Prediction, die interdisziplinäre Klimaforschung betreibt. Die dabei entstandenen Arbeiten zeigen, welche Rolle die Kunst in der Klimaforschung einnehmen (und inwiefern die Wissenschaft die Kunst beeinflussen) kann. Sie sind ab dem 8. Oktober (Eröffnung um 19 Uhr) in der Galerie der HfbK zu sehen. Am 16. Oktober findet im Hörsaal der Hochschule ein Symposium zum Thema Wissenschaft trifft Kunst statt, das sich mit Strömungen, wie der Poetisierung der Wissenschaft und mit Recherche-basierten Kunstprojekten beschäftigt. Die Beiträge stammen von Friedrich von Borries, Frauke Feser, Dirk C. Fleck, Dieter Mersch, Vera Tollmann, Simone Rödder, Hans von Storch u.a.

 

Kaspar Häuser Meer

Eine Komödie mit tiefen Abgründen: Felicia Zellers Stücke über hart gestresste Sachbearbeiterinnen läuft im Winterhuder Fährhaus.

Sachbearbeiterinnen am Rande des Nervenzusammenbruchs – lautet der Untertitel der Sozialgroteske von Felicia Zeller. Weil Kollege Björn im Krankenhaus liegt (wegen, haha, „Björn-out“) obliegt auf dem Jugendamt die Bearbeitung seiner liegengebliebenen Fälle den bereits heillos überarbeiteten Kolleginnen Anika, Barbara und Silvia. Die drei sind Retterinnen in der Not, die selbst kurz vorm Tod durch Ertrinken sind. Das Material für ihr bitterböses Stück sammelte Zeller vor Ort auf Jugendämtern, wo die Überforderung zum Büroalltag geworden ist. Die Verwahrlosungsspirale macht nicht an den sozialen Brennpunkten halt: Um mit der Situation fertig zu werden, wird Teufel Alkohol selbst bei den Helfern zum genehmen Lösungsansatz. Kaspar Häuser Meer ist eine Komödie mit tiefen Abgründen: Perspektiven sieht keine Seite des Schreibtischs.

Text: Thorsten Moor

 

Glenn Branca

No-Wave-Entwickler, Post-Minimalist, Gitarren-Weirdo: Ein Gigant der Rock-Avantgarde gastiert mit seinem 6-köpfigen Ensemble auf Kampnagel.

Prominenter Besuch auf Kampnagel: Mit Glenn Branca kommt einer der außergewöhnlichsten Musiker der US-Ostküste nach Hamburg. Mit seinen Bands The Static und Theoretical Girls prägte Branca maßgeblich die New Yorker No Wave der 1970er Jahre. Danach widmete er sich dem elektrisch verstärkten Minimalismus, wofür er in den Achtzigern verschiedene Gitarrenorchester zusammenstellte, denen auch spätere Indie-Rock-Größen wie Page Hamilton (Helmet) sowie Sonic Youths Thurston Moore und Lee Ranaldo angehörten. Nach seinen Experimenten mit ungewöhnlichen Gitarrenstimmungen, Geräuschen und Mikrotonalität hat der konsequente Nonkonformist in den letzten Jahren angefangen, auch für klassische Orchester zu komponieren. Ob das etwas mit Altersmilde zu tun hat, sei mal dahin gestellt… Nach Hamburg kommt Branca jedenfalls mit einem kleinen Ensemble, das vier Gitarren, einen Bass und ein Schlagzeug umfasst. Auf dem Programm steht der dritte Teil seiner Ascension-Reihe.

 

Antemasque

Die neue Band von Omar Rodríguez-López und Cedric Bixler-Zavala (beide ex-The-Mars-Volta) spielt in der Markthalle.

Sie können nicht mit-, aber auch nicht ohne einander: Antemasque ist bereits die dritte Band, in der Omar Rodríguez-López und Cedric Bixler-Zavala gemeinsam spielen. Ihre gemeinsame Geschichte begann in den Neunzigern bei den Emo-Helden At The Drive-In, nach deren Auseinanderbrechen gründeten die beiden die progrockigen The Mars Volta. Antemasque ist nun so etwas wie die Friedenspfeife, nachdem Bixler-Zavala seinem Kollegen wohl das Fremdgehen mit dem Projekt Bosnian Rainbows krummgenommen hatte. Die Verstiegenheit von The Mars Volta ist vorläufig zu den Akten gelegt, der Neubeginn mit Antemasque folgt geraderen Pfaden. (Auch wenn der legendär verquere Wortschatz der beiden intakt ist, siehe den undeutbaren Bandnamen.) Rockmusik ist nach wie vor das Ziel. Im Sommer erschien das Debütalbum digital, im Herbst steht die Platte auch in den Läden.

Text: Michael Weiland

 

Schweiß & Poesie

Mehr als nur heißer Dampf: Finnische und Hamburger Autoren laden zur Lesung in eine mobile Sauna. Nächster Halt: Finnische Seemannskirche.

Was für die Briten die Pubs sind, ist für die Finnen die Sauna: Ein Ort, an dem die Nordländer ihre Coolness auch mal ablegen können. Das finnische Goethe-Institut und der deutsche Performance-Poet Dirk Hülstrunk stellen junge Autorinnen und Autoren der finnischen Slam-Szene vor. Mit einem zur Sauna umgebauten Feuerwehrwagen reisen sie durch die größten Slam-Städte Deutschlands Hamburg, Berlin, Hannover und Düsseldorf, um schließlich zur Frankfurter Buchmesse zu kommen, auf der Finnland der diesjährige Ehrengast ist. In den letzten Jahren hat sich in Finnland eine vielfältige und spannende Spoken-Word-Szene entwickelt. Das Spektrum ist groß und reicht von Rap über Klangpoesie bis hin zu sozialkritischer Beatlyrik. Anders als in Deutschland sind viele Künstler auch auf dem heimischen Buchmarkt präsent. Die Poeten treten zusammen mit lokalen Autoren in Kneipen, Clubs und auf der Straße auf. Ein heißer und poetischer Roadtrip mit Esa Hirvonen, Harri Hertell, Heli Slunga u.a. steht bevor.

Text: Natalia Sadovnik

 

Transparenzgesetz

Gläserne Stadt: Jeder Bürger hat nun Zugriff auf das Hamburger Transparenzportal. Zur Podiumsdiskussion lädt unter anderem der Verein „Mehr Demokratie“.

2011 brachten die Vereine Mehr Demokratie, der Chaos Computer Club (CCC) und Transparency International mit ihrer Bürgerinitiative Transparenz schafft Vertrauen den Stein ins Rollen. Die Initiative forderte einen Paradigmenwechsel im Informationsrecht: Nicht der Bürger soll sich in Zukunft bei den Behörden um die Beschaffung von Informationen bemühen, sondern die Stadt muss dafür sorgen, dass die Bürger Zugang zu Daten und Dokumenten des Behördenapparats haben. Schnell bekam das Anliegen eine große Anhängerschaft und die Stadt trat die Flucht nach vorn an. Am 13. Juni 2012 wurde das Hamburgische Transparenzgesetz, kurz HmbTG, einstimmig von der Hamburgischen Bürgerschaft verabschiedet. Im Oktober 2012 trat das neue Gesetz in Kraft und löste das bis dahin geltende Informationsfreiheitsgesetz ab. Zwei Jahre hatte die Stadt Zeit, das Gesetz umzusetzen. Anfang Oktober, vorgesehen ist der 6., wird das Transparenzportal im Internet freigeschaltet. Was bedeutet das genau? Zur Podiumsdiskussion laden Mehr Demokratie, Transparency International und der Chaos Computer Club nun ins Betahaus in die Schanze.

Text: Lisa Scheide

 

David Blair


Kanada war ihm zu klein. So machte sich der Musiker mit seiner Musik im Gepäck auf den Weg in die große, weite Welt – zu der glücklicherweise auch die Pony Bar zählt.

Mit knapp 10 Millionen Quadratkilometern Fläche darf sich Kanada das zweitgrößte Land der Welt nennen. Dennoch reichte das dem aus Vancouver stammenden Songwriter David Blair als Spielfläche für seine Songs nicht aus. Im Gegensatz zu seiner kanadischen Anhängerschaft, können wir diesen Schritt in die Welt hinaus nur frohmutig beklatschen, denn sonst hätten wir auf solche Abende, wie er am 6. Oktober in der Ponybar ansteht, verzichten müssen. Blair schreibt seine Songs selbst. Wenn er performt hat man als Zuschauer das Gefühl, er spüre jedes Wort und jede Note bis in den Nagel seines kleinen Zehs. Selbst inmitten der traurigsten Passagen scheint der Kanadier immerfort zu lächeln, ohne dabei unauthentisch zu sein. Solange man Blair und seine Gitarre auf eine auch noch so kleine Bühne lässt, wird wohl nichts diese Lebensfreude ausbremsen können.

Text: Miriam Mentz

 

Sparstadt

Irgendwo zwischen Notwendigkeit und Überzeugung wird im urbanen Raum gerne gespart. Studierende der HafenCity Universität haben sich dem Phänomen angenommen.

In der Kindheit war es vor allem Dagobert Duck, der uns weiß machen wollte, dass man jeden Taler dreimal zähneknirschend wenden muss, bevor man ihn aus der Hand gibt. Und auch in den Werbepausen im TV wurden wir schon unzählige Male darauf hingewiesen, dass Geiz geil sei. Von keinem dieser beiden Beispiele kann man behaupten, hier hätte sich jemand sonderlich ernsthaft mit den Vor- und Nachteilen des Sparens beschäftigt. Anders ist das beim Projekt Sparstadt – zwischen Aushalten und Haushalten, das derzeit im Hamburg Museum die Besucher erwartet. Studierende der HafenCity Universität entwickelten Ideen dazu, was Sparen eigentlich im Hinblick auf den urbanen Raum in Bezug zu Zeit, Raum, Geld und Ressourcen bedeutet. Zwischen den hier illustrierten Sparphänomenen auf Friedhöfen oder in städtischen Brachen, kann der Besucher auf der Sparbank eigene Erinnerungen loswerden. Und vielleicht klärt sich ja auch die Frage, ob es bloß ein poetischer Zufall ist, dass sich die Begriffe „Aushalten“ und „Haushalten“ so schön reimen.

Text: Miriam Mentz