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Sonntagspudelei

Partymachen gehört nicht unbedingt zu den Aktivitäten, die man dem Sonntagnachmittag zuordnen würde. Gerade deswegen empfiehlt es sich, mal etwas anderes auszuprobieren und statt auf der Couch herumzuhängen, zu staubsaugen oder das Museum zu besuchen, sich in einem schrammeligen Club zu begeben. Im Garten rund um das kleine Häuschen vom Golden Pudel Club am Fuße des Park Fiction findet heute ab 15 Uhr zum siebten Mal das beliebte Pudel Open Air statt. Der Hamburger Komponist, Musiker und Entertainer Carsten Erobique Meyer bietet mit einer ganz speziellen Art von Aerobic ein Spaßsport-Programm an, bei dem man sich rhythmisch zu seiner verspielten, elektronischen Musik bewegt. Weitere musikalische Perlen werfen die Plattenladen-Besitzerin und DJane Marga Glanz sowie Rüftata110 vor die Säue. Letzterem DJ sagt man nach, er sei „älter als Gott und habe auch mehr Platten“. Hoffentlich scheint die Sonne! Wenn nicht, kann man sich die Schlecht-Wetter-Laune hier wunderbar gut wegtanzen.

TEXT: KATHARINA MANZKE

 

Drängelnde Stimme

DIE TOUR WURDE LEIDER KURZFRISTIG WEGEN KRANKHEIT ABGESAGT.

„That girl she holds her head up so high, I think I wanna be her best friend, yeah“, so lauten Textzeilen aus dem Song Rebel Girl von Bikini Kill. Kathleen Hanna, jahrelang Sängerin der legendären Punk-Band, trägt ihren Kopf sehr hoch. Es ist unmöglich, sie zu übersehen und erst recht zu überhören. In den vergangenen Jahrzehnten ließ sie gerade dort ihre Stimme erklingen, wo man sie nicht hören wollte. Obwohl sie sich mittlerweile davon distanziert hat, gilt Kathleen Hanna als eine der prominentesten Vertreterinnen der Riot-Grrrl-Bewegung, die unter anderem Zeichen gegen den Sexismus in der damaligen Punkszene setzte. Darüber hinaus engagierte sich die 1968 in Portland geborene Sängerin, Autorin und Aktivistin auch immer wieder für andere feministische Ziele. Die Rock- und Popgeschichte hat sie durch einige Anekdoten bereichert. Zum Beispiel soll sie den Satz „Kurt Smells Like Teen Spirit“ an die Wand des Nirvana-Sängers geschrieben haben, noch bevor er seinen weltbekannten Song schrieb. Heute kann man die Punk-Ikone live als Sängerin der Band The July Ruin auf Kampnagel erleben.

TEXT: KATHARINA MANZKE

 

Rauschhafte Kunst

Mit der Kunst, der Wirklichkeit und den Drogen ist es so ähnlich wie in den alten Märchen rund um den „Venushügel“ oder den Feenberg. Ein suchender, von der Wirklichkeit frustrierter Mensch findet ein künstliches Paradies, die Zeit verfliegt. Als er aus seinem Rausch erwacht, ist er um Jahre gealtert und die tatsächliche Welt eine völlig andere. Um sich ein perfektes Gegengewicht zur Realität erschaffen zu können, nutzten Künstler seit jeher, die bewusstseinserweiternde Wirkung von Drogen und machten teilweise schmerzliche Erfahrungen damit. In der Frappant Galerie setzen sich Thomas Ehgartner, Patrick Farzar, Philipp Haffner, Ariane Holz, Pascal Keck, Chantal Maquet, Mark Matthes, Marta Mikulec, Gordon Müllenbach und Sandra Poppe auf vielfältige Weise mit der Thematik Kunst und Drogen auseinander. Den Besucher erwartet eine psychedelische Multimedia-Gruppenausstellung, die ihn aus der schnöden Wirklichkeit entführt, aber auf ungefährliche Weise. Wenn einen die Galerie spätestens um 19 Uhr in die Wirklichkeit entlässt, wird noch alles beim Alten sein.

TEXT: KATHARINA MANZKE

 

Neues Hamburg

Die Immanuelkirche auf der Veddel als utopischer Ort: Der prozentuale Anteil von Christen ist auf der Veddel entschieden geringer als in anderen Hamburger Stadtteilen. Darum geht es dem Pastor und seiner Gemeinde aber gar nicht. Sie wollen in der Kirche einen Ort schaffen, in dem Menschen jeder Herkunft, Hautfarbe und Religion zusammenkommen. Das zweitägige Fest auf der Veddel gibt einen ersten Einblick in das Stadtprojekt New Hamburg vom Deutschen Schauspielhaus, das im Oktober Premiere feiern soll. Inmitten der Migrationsstadt Hamburg wollen die Dramaturgen Björn Bicker, Malte Jelden und Michael Graessner eine neue Stadt gründen, die alle Ankommenden mit offenen Armen empfängt. Das Vorabfest im Mai inkludiert neben einer Führung, einer Diskussionsrunde, einem Fußballspiel und dem Theaterprojekt auch Konzerte und eine Party – man darf sich freuen auf The Immanuels, Circuit Diagram sowie die DJs Ulfert Sterz und Booty Carrell. Ab Oktober steht die Elbinsel dann im vollen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, wenn bei Veranstaltungen, Lesungen, Workshops, Musik und einem dreiwöchigen Theaterfestival die Multikulturalität gefeiert wird.

TEXT: HANNA KLIMPE

 

Alternativ-Charity

Off-Kultur braucht frei organisierten Platz. Die Probebühne im Gängeviertel ist so ein Raum, der gesellschaftlich engagiertes Theater beheimatet – und der Ort ist perfekt dafür, auch weil das Gängeviertel selbst als Vorzeigeprojekt für kulturelle Teilhabe und gesellschaftlichen Widerstand gilt. Chancengleichheit in der Theaterlandschaft, interdisziplinäre Vernetzung und experimentelle Produktionen ohne Druck sind hier die idealistischen Schwerpunkte der darstellenden Gemeinschaft. Und wer die Soliparty Last Chance to Dance With a Factory am 17. Mai besucht, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Man erlebt einen äußerst bunten Abend bei der Charity Gala mit Performance-Künstlerin Mercedes Tuccini und fördert mit jedem Euro, der in die Partykasse fließt, das Gängeviertel und die Probebühne „für den Erhalt von freien Produktionen der darstellenden Künste in Hamburg“. Ab 21 Uhr beginnt das Video-Warm-Up. Anschließend spielen Señor Rita, DJ Gregory, 
Mindy, Balu Brixton (LikeBirdz)
 und wasweißdennich an den Reglern des Mischpults.

TEXT: LENA FROMMEYER

 

Kleine Freaks

Ein Polizist in Kampfmontur, ein Fan vom FC St. Pauli, ein Werbetexter im Rollkragenpullover – alles Freakheads. Im wahren Leben? Vielleicht. Als 20 Zentimeter große Figur aus lufttrocknender Modelliermasse und Stoffresten? Auf jeden Fall! Und zwar als Kunstobjekt der Ausstellung Liam und die Freakheads. Die Künstlerfamilie Tanzen aus Sülldorf (Vater Marcus, Mutter Manuela und der 13-jährige Sohn Liam) quartieren bei ihrer ersten gemeinsamen Einzelausstellung die kleinen Wesen im kleinen Kunstraum Die Bedürfnisanstalt ein. Neben den Figuren, die zuletzt beim altonale Kunstherbst zu sehen waren, stellt Liam seine „Portraits von Fußballern und anderen harten Kerlen“ aus, die in zwei Büchern zum Thema Fußball veröffentlicht wurden. Unter anderem zeichnete er einen grinsenden Franck Ribéry im Trikot der französischen Nationalmannschaft oder einen andächtig gen Himmel schauenden Gerd Müller.

TEXT. LENA FROMMEYER

Ausstellung bis 23. Mai
Do-Sa 17–20.30, So 14–20.30 Uhr

 

Queer-Punk

Dieses Jahr feiern die Lesbisch-Schwulen Filmtage ihren 25. Geburtstag – eigentlich erst im Oktober, doch gefeiert wird bereits im Mai: nach einer Fete in der Roten Flora am 3. Mai, zu der DJs und DJanes wie Mme Heinz, yesbutno und Lola Phroaig eingeladen waren, gibt es am 16. Mai – ebenfalls in der Flora – eine besondere Filmvorführung: Als Hamburg-Premiere zeigen die Lesbisch-Schwulen Filmtage den faszinierenden Dokumentarfilm The Punk Singer über Kathleen Hanna, legendäre Lichtgestalt des feministischen Punks. Als Fanzine-Schreiberin und Leadsängerin von Bikini Kill erhob sie eine wichtige Stimme in dem von Männern dominierten Genre, ihre Elektroband Le Tigre führte die Beschäftigung mit Queer-Themen fort. Derzeit tourt die Frau von Beastie Boy Ad-Rock mit ihrer aktuellen Band The Julie Ruin durch Europa – und schaut vielleicht sogar in der Flora vorbei.

TEXT. MICHAEL WEILAND

 

Frischluft-Konzerte

Die Open-Air-Saison im Stadtpark wird in diesem Jahr satte 40 Jahre alt – auch wenn die Tradition von Freiluftkonzerten an ebenjener Stelle sogar noch weiter zurückreicht: Damals wurde im Schatten einer mächtigen Ulme Musik gemacht. Der Baum war irgendwann morsch, Schutz vor Sonne und Regen muss man seitdem selbst besorgen – dafür steht da eine ausgezeichnet eingerichtete Bühne im Park. Eröffnet wird die Konzertreihe am 16. Mai wie gehabt von Lotto King Karl – wenigstens eine Jubelsaison in diesem Jahr für den HSV-Fan. Außerdem spielen diesen Monat Sean Paul (17.5.) und John Fogerty (30.5.) im Grünen, bis zum September sind unter anderem The National (4.6.), Ellie Goulding (21.7.) und Imagine Dragons (19.8.) auf dem vergleichsweise intimen Konzertgelände zu Gast. Die Anzahl der hier gespielten Gigs ergibt übrigens ein noch schöneres Jubiläum als die 40 Jahre auf der Uhr: „Nächstes Jahr knacken wir die 1.000!“ rechnete Frehn Hawel von der Karsten-Jahnke-Konzertdirektion uns im Mai 2013 vor – nur wirklich mitgezählt hat keiner. Egal – das wird ein besonderer Sommer im Stadtpark!

TEXT. MICHAEL WEILAND

 

Godzilla & Mutanten

Einmal im Jahr entsteigen Hamburgs nostalgischste Cineasten der Gruft. Dann heißt es im Metropolis: Monster machen mobil! In guten alten 35mm-Zelluloidkopien – und in mittlerweile ähnlich antiquiert anmutendem Deutsch synchronisiert – marschiert eine ganze Armada populärer Helden aus den Kindertagen des Fantasy-Kinos über die Leinwand: Godzilla trifft da auf Megasaurier, der Vampirjäger Peter Cushing erhält eine Lektion in Kung Fu, Mutanten unternehmen eine Tauchfahrt des Schreckens und im Anschluss an den Sternenkrieg im Weltall wird noch eine Blutmesse für den Teufel gelesen. Drei Tage lang feiert das internationale Trashkino der 1970er Jahre hier fröhliche Auferstehung – im besten Fall im psychedelischen Sonderformat HypnoVision, wie es das britische Schauerstück Die 13 Opfer des Dr. Desmond am 16.5. um Mitternacht zelebriert: Eine wahre Augenweide!

Neun Filme vom 16. bis 18. Mai

 

Tote Superhelden

In der einst stolzen Hip-Hop-Hauptstadt Hamburg wird seit Jahren eher verwaltet als regiert. Solide neue Alben von Samy und Fettes Brot sprechen vor allem die Erinnerung an, genau wie die umjubelten Auftritte von Fünf Sterne Deluxe und den Beginnern letztes Jahr auf der Trabrennbahn. Das zweite Album von Eljot Quent platzt da sehr gelegen in die Andachtsstimmung: Die Drei erfinden mit Batman ist tot das Genre nicht neu, ihr mit Samples und Scratches höchst oldschoolig angelegter Hip-Hop klingt wohltuend vertraut – Len, Müwie und Fogel machen aber hörbar ihr eigenes Ding, ohne bocklos das zweihundertste Feature in die Tracklist zu zwängen. Batman ist tot glänzt mit makellosem Reimefluss, sei es beim endlos namedroppenden Titeltrack oder dem Partytrack Bass und Boom. Live kann man sich das am 16. Mai beim Releasekonzert im Nochtspeicher anhören, danach geht’s zur Aftershowparty ein Stockwerk tiefer.

TEXT. MICHAEL WEILAND