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Hamburg Soul Weekender

Heute startet im Gruenspan einer der größten Soulweekender Europas – zum neunten Mal. Das diesjährige Line-up bietet unter anderem mit Keith Money, Laurent Rèus, Pat Bleasdale, Adam Maxwell oder Arron Azza aus unter anderem Österreich und Großbritannien eine internationale Auswahl an Top-DJs aus den Bereichen Northern Soul, Modern Soul, R ’n‘ B und Crossover. Verstärkung erhalten sie durch Acts aus dem ganzen Bundesgebiet. Aber nicht nur der Gruespan wird soulful in Beschlag genommen: Wer tagsüber vom 9. bis 11. Oktober weiterfeiern möchte, schaut im feinen Plattenladen Selekta Studio 1 in der Bernhard-Nocht-Straße auf St. Pauli vorbei. Dort legen von 14 bis 20 Uhr DJs auf. Sonntag geht’s dann zum Soul-Schippern auf die MS Hedi und wer abends immer noch kann, feiert bei der Aftershow-Party in der Komet Musikbar. Hier lohnt es sich, seine Seele für ein Wochenende zu verkaufen!

Text: Ole Masch

 

Männerschwarm

Als im Januar 2015 der Buchladen Männerschwarm in der Langen Reihe schließen musste, hatte Hamburg nicht nur einen weiteren der raren inhabergeführten Buchläden verloren, sondern auch eine Institution der queeren Kultur. Das Geschäft war 1981 als Projekt der Schwulenbewegung am Neuen Pferdemarkt eröffnet worden. 1992 wurde der Männerschwarm-Verlag gegründet – ausdrücklich kein „Zielgruppenverlag“. Das Motto Aus der Nische für alle steht seitdem sowohl für den Verlag als auch für seine Veranstaltungen. Nach Schließung des Buchladens finden nun die Lesungen an anderen Orten statt. In der neuen Reihe Literatur im Peerstall stellt Männerschwarm seit September an jedem 9. des Monats das Werk eines homosexuellen Schriftstellers vor. Die Veranstaltung am 9. Oktober ist Walter Foelske gewidmet, einem nicht sehr bekannten, aber einem der bedeutendsten deutschen schwulen Autoren.

Text: Angela Kalenbach

 

Nozinja

Auf dem Foto, das Kampnagel zur Ankündigung des Künstlers verwendet, trägt der korpulente Nozinja ein Feinripphemd. Unter der Brust wurden mehrere bunte Stoffbahnen an die Nachtwäsche genäht, abgeschlossen von einer in Falten gelegten grünen Rüsche. Am Oberarm sind bunte Federn befestigt, die nach oben zeigen. Auf dem Kopf thront so etwas wie eine Stammeskrone. Das Outfit beschreibt im Grunde auch die Musik des südafrikanischen Partykrachers am besten: Es wird schnell, afrikanisch und elektronisch. Übersetzt: Shangaan Electro. Die Mischung aus Highspeed-Rhythmen und souligen Vocals verließ schnell die Straßen Sowetos und inspirierte Musiker überall auf der Welt: Ricardo Villalobos, Actress oder Caribou haben Nozinjas Tracks geremixt. Live wird der Paradiesvogel von TänzerInnen der Szene begleitet. So macht Musik Spaß. Das Spektakel kann steigen.

Text: Andra Wöllert

 

Geile Party mit Paul und Carsten

Wenn Paul und Carsten ’ne geile Party feiern, lauten die Kommentare im passenden Facebook-Event: „Holt die Partypistolen raus!“ „Es schreit nach Eskalation.“ Das mag daran liegen, dass schon weit über 1.000 Leute zugesagt haben oder das Paul und Carsten nicht einfach nur Paul und Carsten sind. Hinter den Allerweltsnamen stecken nämlich zwei besondere Herren: Paul Pötsch, seines Zeichens Mitglied der Band Trümmer und Carsten ‚Mampf‘ Meyer, besser bekannt als Erobique, schmeißen ihre Plattensammlungen zusammen und laden in den Pudel. Und da kommen nicht nur Unmengen edler Platten zusammen, sondern viele Freunde des Hamburger Nachtlebens. Solltet ihr also damit leben können, euch im Pudel zu stapeln, führt der Weg an diesem Donnerstagabend ins kleine Haus am Hafen. Es loht sich auch bei Engtanz – sehr!

Text: Andra Wöllert

 

Antarktis

Das Sprechwerk kehrt zurück zu seinen Wurzeln: zum Sprechtheater. Die neue Reihe Wortgefechte zeigt dialogstarke Schauspielstücke, die aktuelle Gesellschaftsthemen aufgreifen. Mit der Eigenproduktion Antarktis geht es jetzt in die zweite Runde. Und zwar mit einem digitalen Tool zur Optimierung des Alltages:

Werner, ehemaliger Antarktisforscher, ist allein. Seine Ehe ist schon lange vorbei und plötzlich spielen auch Verstand und Körper nicht mehr mit. Seine Tochter Ina muss jetzt ihren Vater pflegen, wobei ihr eigenes Leben zu kurz kommt. Ein Onlineprojekt scheint die Lösung zu sein: Daytrack, ein kollektives Gedächtnis, sammelt Inas Bewegungen und ihren Konsum, um den Alltag zu perfektionieren. Doch ist Lebensoptimierung wirklich ein Fortschritt im menschlichen Sein?

Text: Hedda Bültmann

 

„Der Marsianer“

Man kann sich natürlich fragen, was es eigentlich soll, dass die Nasa solche Anstrengungen unternimmt, um einen einzelnen Astronauten vom Mars zu holen: den versehentlich totgeglaubten Mark Watney (Matt Damon), der nach einem gigantischen Sandsturm von der restlichen Crew auf dem roten Planeten zurückgelassen wird. Doch was der mittlerweile fast 80-jährige Ridley Scott (Blade Runner, Alien) aus Der Marsianer macht, ist eine großartige Kombination aus MacGyver-Getüftel und Discomusik, gigantischen Landschaften und trockenem Humor.

Während Watney mehr als 50 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, Kartoffeln anbaut und den versandeten Pathfinder ausgräbt, wird in Texas händeringend ein Rettungsszenario nach dem anderen durchgespielt. Geschrieben hat den so unaufgeregten wie ausgeklügelten Überlebenskampf der Software-Entwickler Andy Weir, der keinen Verlag fand und 2011 begann, Kapitel für Kapitel auf seiner Website zu posten. Neben den großen Häusern zeigt das Savoy Kino den Film (The Martian) im Original.

Text: Sabine Danek

 

Günther Förg

Wie das Auge vibriert und von diesen Farbflächen getroffen wird, spürt sofort, wer die Günther-Förg-Schau in den Deichtorhallen betritt. Förg, der 2013 überraschend starb, habe die Ausstellung aber nicht selbst eingerichtet. Wie stehe es also um Autorschaft? Die monochromen Farbflächen leben bei genauer Betrachtung, Pinselstriche werden sichtbar. Förg, der zu Lebzeiten mit Assistenten arbeitete, war diese Lebendigkeit seiner Farbflächen wichtig. Er überwachte seine Maler streng, malte aber nicht selbst – und dennoch wurde die Vibration der Farbe sein Markenzeichen. Seine Farbfelder sollten den Raum rhythmisieren und ihm eine Melodie geben, eine Art Farbchoreografie.

Die Hamburger Schau war daher von langer Hand geplant. Förg muss aufgefallen sein, was die Deichtorhallen mit ihrer Dachstahlkonstruktion seinen Farbtafeln boten: Eine Kathedrale der Kunst, in der seine Farbwände magisch werden konnten. Förg wird beim Durchwandern des Farblabyrinths dennoch lebendig. Und am Ende serviert sie eine postmoderne Einsicht: Farbe transzendiert irgendwann Autorschaft. Materialität selbst wird zum Ereignis. Die Ausstellung nicht in Fragen der Urheberschaft, sondern in Kategorien der Ästhetik zu begreifen, lohnt sich – eine Führung am Donnerstag gibt weitere Hintergründe!

Text: Stefanie Maeck

 

Comicfestival Hamburg

Anfang Oktober steigt das Comicfestival Hamburg. Dreh- und Angelpunkt der fünf Tage ist das Kölibri auf St. Pauli. Hier präsentieren Zeichner, Verlage und Kollektive ihre Werke auf einer Mini-Messe. Gleich ums Eck, im Comicladen Strips  & Stories in der Seilerstraße, finden Lesungen statt. Das restliche Programm ist international und prall gefüllt: In der Zentralbibliothek am Hühnerposten zeigt die Ausstellung Comic Transfer die Ergebnisse eines künstlerischen Austauschs zwischen acht Ländern Europas und dem Nahen Osten. Die Vernissage findet am 7. Oktober ab 18 Uhr statt.

In der Markthalle sind die Zeichnungen des argentinischen Künstlers Berliac und der lateinamerikanischen Independent-Comicszene zu sehen. Auch Arbeiten aus Hamburg erhalten eine Plattform: Die Zeichnerin Carolin Löbbert erzählt in Ice Ice Baby zusammen mit dem Autor Marcus Lucas die bewegende Geschichte von musikalischen One-Hit-Wondern. Und am Samstag findet ein Comic-Zeichenbattle im Molotow statt mit anschließender Party.

Text: Lena Frommeyer

 

Westbam liest

Wenn der Techno-DJ und Rave-Philosoph über 30 Jahre Musik und Feiern referiert, dann lauscht man gespannt. Wie ist das, tagelang zu tanzen, zu trinken, mitten in der Pampa oder in den angesagten Clubs der Metropolen aufzulegen, Events wie die Mayday zu stricken und als einziger DJ bei allen Love-Parades von einem Truck aus die Menge zum Ausrasten zu bringen?

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Westbam war wohl des freien Erzählens am Tresen leid und schrieb ein Buch über seine Erlebnisse, ein „Sittengemälde des Nachtlebens“, wie es in der Ankündigung seiner Lesung im Uebel & Gefährlich heißt. Der DJ Number One erzählt in Die Macht der Nacht vom Beginn seiner Karriere nach der Wende in Berlin, den Afterhour-Gigs im Rheinland, von Raves auf der Rennstrecke in São Paulo oder vor dem Cali-Kartell in Bogotà. Durch den Abend führt der Journalist Ulf Poschardt.

Text: Lena Frommeyer

 

Romeo & Julia

Getanzte Rebellion: Die Geschichte Südafrikas, von der Apartheid bis hin zur Demokratie, kennzeichnet die Inszenierungen der jungen südafrikanischen Choreografin Jessica Nupen. Auf Kampnagel stellt die Newcomerin und Wahl-Hamburgerin nun ihre neueste Produktion vor. Vor dem Hintergrund des Liebesdramas zwischen Romeo und Julia zeigt sie die Schwierigkeiten und Herausforderungen junger Johannesburger. Die Entwicklung der eigenen Identität unter Einfluss der Geschichte, Gender, Macht und Fremdenfeindlichkeit wird thematisiert. Die Tänzer, die aus den Slums Südafrikas kommen, haben durch eine Stiftung jahrelang Ballett- und Tanzunterricht erhalten und bewegen sich nun auf Kampnagel zu den Klängen des Musikers Spoek Mathambo, bekannt als „Prince of Township Tech“.

Text: Louise Otterbein