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Edgar Wasser

Der ist nicht sexistisch, der tut nur so. Der Meister der Irritation aus München rappt Tracks seines Albums „Tourette-Syndrom EP“ im Uebel & Gefährlich.

Es ist aber auch verwirrend: Da rappt irgendein Typ aus München davon, dass sich Frauen gefälligst von Hip-Hop fernhalten sollen, es sei denn, sie sehen geil aus und halten die Klappe – und das soll nicht sexistisch sein? Edgar Wasser ist ein Täuscher und Trickser, der viel dafür tut, damit nicht jeder aus ihm schlau wird – zum Beispiel einen Tonträger namens Tourette-Syndrom EP veröffentlichen, hinter dem sich in Wirklichkeit ein einstündiges 18-Track-Album verbirgt. Ein Album voller Subtext und Sarkasmus, das dazu noch verdammt eingängig ist und auch auf der Bühne funktioniert.

Text: Benedikt Ernst

 

Kwabs

Der 24-jährige Brite mit amtlichem Bariton und unverschämt viel Soul in der Hüfte stellt sein Album „Love+War“ im Mojo Club vor.

Vielleicht hat der ein oder andere Hamburger auf dem letzten Reeperbahnfestival den 24-jährigen Sänger live gesehen, der als „die neue Soul-Hoffnung aus Großbritannien“ gehandelt wird. Dann kribbelt es bestimmt noch ein wenig im Bauch, wenn man an den amtlichen Bariton des in Süd-London lebenden Singer-Songwriters zurückdenkt. Nun tourt Kwabs durch Deutschland, um sein kommendes Debütalbum Love+War vorzustellen. Ist klar, wo der soulige Typ mit den ghanaischen Wuzeln in Hamburg auf die Bühne tritt: im Mojo Club natürlich. Das wird ein leidenschaftliches Konzert im szenigen Kellerclub unter der Reeperbahn.

 

25 Jahre Deichtorhallen

Anlässlich des Jubiläums lädt das Ausstellungshaus für zeitgenössische Kunst und Fotografie mit der Körber-Stiftung zum Tag der offenen Tür.

Nach monatelanger Renovierung der Halle für aktuelle Kunst und anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Deichtorhallen öffnet das Ausstellungshaus zu einem Tag der offenen Tür. Neben den Schauen The New Social – European Exhibition Award 02, in der zwölf Fotografen ihre Essays zeigen, und Picasso in der Kunst der Gegenwart findet eine Podiumsdiskussion mit den ehemaligen Deichtorhallen-Direktoren Zdenek Felix und Robert Fleck, dem Gründungsdirektor des Hauses der Photographie F.C. Gundlach, sowie dem aktuellen Deichtorhallen-Intendanten Dirk Luckow statt. Außerdem gibt es ein Filmprogramm im Auditorium, verschiedene Themenführungen durch die Ausstellungen, Lesungen, Theater und unter dem Motto Picasso To Go eine Kunstwerkstatt für Alle.

Text: Sabine Danek

 

„The Haul“

Die Affenfaust Galerie zeigt Arbeiten der drei Urban-Art-Künstler Look, Vidam und DXTR – die letzte Ausstellung vor dem Umzug in neue Räume.

Als The Weird Crew hat sich ein Dutzend Künstler, Grafikdesigner und Illustratoren aus Deutschland und Österreich in den letzten Jahren einen Namen als Schwergewichtsstyler der Graffiti-Szene gemacht. Drei davon stellen jetzt in der Affenfaust Galerie im Herzen von St. Pauli aus. Dabei steht aber – Überraschung! – eher zeitgenössische Malerei, Zeichnung und Druckgrafik im Mittelpunkt. Denn obgleich sie sich als Sprayer, Graffiti-Künstler und Urban-Art-Guerilleros bestens mit Überfällen auf den öffentlichen Raum auskennen, leisten sie gleichzeitig ganz klassische legale Atelierarbeit. Attila Szamosi aka Vidam und Lars Wunderlich aka Look sind Partner im Berliner Designkollektiv Peachbeach und haben sich für die Ausstellung The Haul, die sich auch als Fortsetzung des Vorgängers The Heist in Amsterdam versteht, ihren Weird-Kollegen DXTR aus Düsseldorf dazugeholt. Während die Arbeiten von Look geprägt sind von Endzeitvisionen zwischen Traum und Wirklichkeit, holt Vidam stilistisch weit aus, von geometrischen Formen mit weichen Characters über Architekturzeichnungen bis zu Acrylmalerei. Abgerundet werden die präsentierten Arbeiten durch Dexters symbollastige, doppelbödige Bildsprache.

Text: Nik Antoniadis

Peachbeach & DXTR preparing „The Heist“ from Peachbeach on Vimeo.

 

Horrorbilly aus Österreich

Die Bloodsucking Zombies From Outer Space laden zum musikalischen Schlachtfest ins Hafenklang.

Es wird hässlich, laut, schnell und hart. Vielleicht ist es nicht gerade das Richtige für das erste Date, aber in jedem Fall ein Pflichttermin für alle Adepten des Horrorpunk und Psychobilly, wenn Dead Gein, Evilize, Dr. Schreck und Reverend Bloodbath das Hafenklang in eine geschlossene Anstalt für untote, bluttriefende, außerirdische Geisteskranke verwandeln. Die Österreicher Horrorbillies (deren Heimat natürlich nicht wirklich Wien ist, sondern „the bloody infinite vastness of space“) gehören seit Jahren zu den monströsesten Vertretern ihrer Zunft. Also: Flattops stylen, Martens polieren, Tattoos freilegen und allem Irdischen entsagen, um dabei zu sein, wenn die Bloodsucking Zombies From Outer Space im Hafenklang ihr Massaker anrichten.

Text: Nik Antoniadis

 

„eXHibition#3“

Das XH Collective präsentiert ausgewählte Arbeiten seiner Künstler in einer Gruppenausstellung im Bunker FRIEDA Ottensen.

Irgendwann waren sie ernüchtert. Die Ellbogen-Mentalität im Arbeitsalltag hatte nichts mehr mit dem zu tun, wofür sie sich während ihres Studiums begeistert hatten. Ihr Traumberuf war zu einer stressigen Dienstleistungsmaschine geworden. Es war an der Zeit, das, was sie wollten, auch zu zeigen – und wenn das eben nach oder vor ihrem eigentlichen Job geschehen musste. Das war die Geburtsstunde des Extra Hour Collective, ein Zusammenschluss von Kreativen aus der Medienbranche, die Ausstellungsformate entwickeln, Künstler betreuen und gemeinsame Projekte umsetzen. Teil dieser kollektiven Extraarbeit ist die Veranstaltungsreihe eXHibition als Plattform für zeitgenössische Kunst. Die dritte Ausstellung in dieser Reihe ist zugleich auch die letzte im ehemaligen Schutzbunker FRIEDA Ottensen. Ein letztes Mal füllen Illustrationen, Malerei, Fotografien, Filme und Skulpturen verschiedener XH-Künstler den alten Bunker bis unters Dach mit Kunst. Finissage ist am 12. April.

Text: Nik Antoniadis

XH BUNKER | Review eXHibition #2 | LOST | PHOTOGRAPHY | MARCH 2015 from XH Collective on Vimeo.

 

Hedida statt Pegida

Katriana und die Hedi-Crew spielen auf der Barkasse für die Lampedusa-Flüchtlinge und alle, die sich vor Krieg und Verfolgung nach Europa retten.

Wie so viele gute Ideen wurde auch diese bei einem Schnaps geboren. Nicht so viel Schnaps, um aus Katriana und der Hedi-Mannschaft Katriana and the Waves zu machen, aber genug, um das Motto für ein neues Bord-Event zu finden: Hedida statt Pegida. Weil wir irgendwie alle im selben Boot sitzen, zeigt sich Katriana auf der Hedi musikalisch solidarisch mit den Lampedusa-Flüchtlingen in Hamburg. „So schlug ich mich durch, hab’s geschafft, ich bin hier. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was mich das gekostet hat“, heißt es in der Ballade für Menschen auf ihrem letzten Album Aber klar doch. In all ihren Songs besitzt Katriana eine ganz eigene Poesie, ohne kitschig zu werden, ist engagiert, ohne die Räucherstäbchen aus dem Drittweltladen anzuzünden. Dabei bewegt sie sich zwischen Indie, Pop und Chanson, zuweilen will man an Amanda Palmer oder gar Tom Waits denken. Zusammen mit der Cellistin Monika Fughe und Dorothee Schüler am Schlagzeug singt, weint, schreit und flüstert sie gegen die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union.

Text: Nik Antoniadis

 

Krimi-Sonntag

Die Premiere des „Franken-Tatort“ schaut man in Hamburg am schönsten in einer Kneipe – beispielsweise auf der Großbildleinwand im 73 (Jolly Jumper).

Internetaffine Menschen neigen ja aktuell dazu, sonntags um 20.15 Uhr den Fernseher einzuschalten, sich mit dem Smartphone davorzusetzen und unter dem Hashtag #tatort in 140-Zeichen-Fetzen den Lieblingskrimi der Deutschen auseinander zu pflücken. Ein sehr modernes aber irgendwie auch trauriges Bild. Viel schöner ist es doch, in die Kneipe um die Ecke zu stratzen und gemeinsam mit vielen anderen Menschen den Tatort auf Großbildleinwand zu schauen. Dann kann man prima in der Gruppe zusammenschrecken, wenn jemand erschossen wird. Zur Not darf man auch hier sein Handy rausholen und twittern. Die Premiere des Franken-Tatort mit den neuen Kommissaren Voss, Ringelhahn, Goldwasser und Fleischer schaut sich beispielsweise gut im Jolly Jumper (Sternschanze), im Grüner Jäger (St. Pauli), in der Ponybar (Rotherbaum) oder im Krimicafé Jussi (Hoheluft-Ost).

Text: Lena Frommeyer

 

Solomun

Seit EGO-Schließung, Welttournee und Global-Underground-Platte legt der Hamburger erstmals wieder in seiner Heimatstadt auf.

Er ist einer der gefragtesten DJs für elektronische Musik und wird weltweit als Headliner gebucht. Seine Plattenfirma Diynamic zählt zu den erfolgreichsten House-Labels in Deutschland, den Sommer verbringt er als Resident auf Ibiza und sein Wohnsitz ist nicht mehr an der Elbe, sondern in Luxemburg. Aber obwohl inzwischen die Welt sein Zuhause geworden ist, hat er seine hanseatischen Wurzeln nicht vergessen. Hier ist er groß geworden, hier fing alles an. Umso schöner ist es, dass er vor Beginn der Ibiza-Saison in Hamburg auflegt. Die Nacht mit Solomun im Uebel & Gefährlich wird in jeder Hinsicht besonders: Die Anlage wurde eigens aufgerüstet, dem Equipment wird alles abverlangt – und die gesamten Eintrittsgelder werden von Solomun an das Hospiz Sternbrücke gespendet.

Text: Ole Masch

 

The Last Things

Sie mögen ihren Blues geschüttelt, nicht gerührt: Pünktlich zur Veröffentlichung ihres Debütalbums rockt die Hamburger Band The Last Things das Molotow.

„Wenn man mal so richtig schlecht draufkommen will, dann liest man dieses Buch“, sagt Frehn Hawel über Paul Austers Roman In The Country Of The Last Things, der Pate für den Namen der neuen Hamburger Formation stand. War nicht nur catchy, sondern passt auch gut, zumal der Blues ja nicht gerade die Musik der irdischen Glückseligkeit ist. Trotzdem stellt Hawel, Frontmann und Gitarrist von The Last Things, zufrieden fest, dass Shake ’em Blues die erste Platte mit seiner Beteiligung ist, an der er nichts zu meckern hat. Vor allem, weil The Last Things zwar auf den Spuren großer Namen wandeln, aber musikalisch unverwechselbar ihren eigenen Weg gehen. Sie wollen keine Epigonen sein, die wie Jon Spencer, Dan Auerbach oder die Replacements klingen. Zur Releaseshow des Albums kann sich im Molotow jeder selbst davon überzeugen.