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Bunker goes Stubnitz

Ein Dutzend seetauglicher DJs des Uebel & Gefährlich sorgen auf drei Floors für den nötigen Druck, um den Partydampfer in Fahrt zu bringen.

Keine Angst, die MS Stubnitz ankert nach wie vor in der HafenCity. Es geht für die Clubnacht „Uebel & Gefährlich goes Stubnitz“ nicht auf große Fahrt und man erwacht am nächsten Morgen nicht an irgendeinem fremden Ufer. Dennoch schaukelt das Partyboot am 11. April mit den Beats der elektronischen Tanzmusik, die von einem Dutzend seetauglicher DJs produziert werden. Ralf Köster und Deo & Z-Man vom Golden Pudel Club mischen sich hier unters Volk, um auf dem Oberdeck ihr Set rauszuhauen. Im Maschinenraum beheizen Felix Lorusso, Florian Belmondo, Mad Lobster und Oskar & Paul Omen die Kessel mit Musik. Douglas Greed, Madmotormiquel, Bodega und PunktPunkt sorgen schließlich auf dem Vorschiff für ordentlich Wellengang. Wer hier nicht für eine Nacht anheuert und das Deck mit den Sohlen schrubbt, wird kielgeholt!

 

Stimme X: „021“

Was bleibt von Musik, wenn sie sich nicht hören lässt? Ein unmögliches Konzert im Gängeviertel Exil im Oberhafen liefert Antworten.

Der gebürtige Stuttgarter Daniel Dominguez Teruel, der sich seit Jahren künstlerisch zwischen elektroakustischen Kompositionen, Videokunst und Szenografie bewegt, versteht die Bühne als einen Ort der Möglichkeiten. Im Rahmen der Musikreihe „Stimme X – neues Musiktheater für Hamburg“ beschäftigt er sich in seinem Stück „021“ mit dem Hören: Sprache wie Gesang werden mittels der Stimme vollzogen, sodass eine Abwesenheit des Hörens neue, andere Methoden zur Vermittlung zwingend macht. In einer Art Laborsituation wird im Gängeviertel Exil im Oberhafen gemeinsam mit Sängern, Stimmkünstlern, Gehörlosen und einem Schlagzeuger eine „Dramaturgie der Abwesenheit“ entwickelt, ein quasi unmögliches, weil unhörbares Konzert.

Text: Natalia Sadovnik

Anmeldung ist erforderlich unter info@stimme-x.de

 

Ich liebe Äpfel

Die Gattinnen mächtiger Männer sind sich einig: Ihr schlechtes Image beruht auf Missverständnissen. Eine tiefschwarze politische Komödie in der Thalia-Garage.

Mit eigenwilligen Frauen kennt Friederike Harmstorf sich aus. Nachtasyl-Gänger durften bereits die eine oder andere Inszenierung miterleben, in der sie berühmte Frauen der Geschichte wie die Dichterin Anna Achmatowa, die Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé oder die Spionin Mata Hari porträtierte. Nun bringt sie mit der Komödie Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel von Theresia Walser die Gattinnen dreier ehemaliger Staatsoberhäupter auf die Bühne, Margot, Imelda und Leila – die Ähnlichkeit mit realen Vorbildern ist kein Zufall. Zwei der Ehemänner sind bereits tot, der dritte steht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht. Die Damen, deren Leben verfilmt werden soll, treffen sich auf einer Pressekonferenz. Dort arten kleine Übersetzungsschwierigkeiten zu echten politischen Konflikten aus. Die mit einem Zitat von Diktator und Dichter Muammar al-Gaddafi benannte Komödie ist die Regie-Abschlussarbeit von Harmstorf, die bereits mit Dimiter Gotscheff, Leander Haußmann und Johan Simons zusammenarbeitete.

Die Vorstellungen im April sind bereits ausverkauft.

Text: Natalia Sadovnik

 

Hundeshow im Pudel

Die Mucker von Kreislauf Records geben sich beim Label Showcase die Ehre: Jascha Yousefi, Nicolai Toma, Brian Nappo und Hkee legen auf.

Jascha Yousefi, Nicolai Toma und die Kollegen von Kreislauf Records sind, nach eigenen Angaben, schon vor vielen Jahren auf den Hund gekommen. Nach abgefeierten Showcases beim Hamburger Mopsrennen und der Hunde-Talent-Show in Tremsbüttel bei Bargteheide war es deshalb irgendwie folgerichtig, für ihr diesjähriges Gastspiel in Hamburg einen Austragungsort zu wählen, der garantiert tierlieb ist. Die Wahl fiel, natürlich, auf den Golden Pudel Club, nicht nur des Menschen bester Freund, sondern auch ein sicherer Kandidat für verschwitzte, durchtanzte Partynächte, die übergangslos zu Morgen und Mittag werden. Zum Glück ist der Fischmarkt nicht weit – denn das beste Mittel gegen Nebenwirkungen von Pudelnächten ist ein Katerfrühstück an der Elbe.

Text: Nikolai Antoniades

 

„10 Milliarden“

Der Dokumentarfilmer Valentin Thurn sucht schon nach Lösungen für die Ernährung der Weltbevölkerung. Zur Hamburg-Premiere kommt er ins Abaton.

„Jeder hat das Recht, gutes Essen zu bekommen“, erklärt Will Allen. Der ehemalige Profi-Basketballer, der einen Bauernhof in einem Armutsviertel von Milwaukee gründete, zählt zu den beeindruckendsten Personen, die Valentin Thurn in seinem Film 10 Milliarden zu Wort kommen lässt. Darin geht er der Frage nach, wie wir alle satt werden, jetzt und im Jahre 2050, wenn die Erdbevölkerung 10 Milliarden Menschen umfasst. Seine filmische Erkundungsreise führt ihn rund um den Erdball, in die Labore der Agrarindustrie, wo gentechnisch verändertes Hochleistungssaatgut entsteht, und auf die Felder indischer Bauern, die damit schlechte Erfahrungen machen; auf eine Soja-Plantage in Mosambik, wo Kleinbauern zugunsten megalomaner Viehfutterhersteller enteignet werden, und zu deutschen Ökobauern, die auf deren Produkte dankend verzichten. Was Allen für Milwaukee konstatiert – „99 Prozent der Lebensmittel, die hier konsumiert werden, werden aus über 2.000 Kilometer Entfernung herangefahren“ – gilt mehr oder weniger auch für europäische Metropolen. Um immerhin diesen Wahnsinn zu mindern, hat Thurn das Portal Taste of Heimat gegründet, das Konsumenten mit regionalen Produzenten vernetzt – damit jeder sein Recht wahrnehmen kann, gutes Essen zu bekommen. Zur Hamburg-Premiere kommt der Regisseur Valentin Thurn am 10. April ins Abaton Kino.

 

Nachtdigital-Ausflug

DJs, die sich die Decks gerne teilen: Steffen Bennemann (Holger, Nachtdigital) und Sevensol (KANN) bespielen das Golem.

Seit 18 Jahren wird das überschaubare Gelände des Schullandheims Olganitz in Sachsen Schauplatz des Nachtdigital-Festivals. Um die Party familiär zu halten, bleiben die Besucherzahlen streng limitiert, weshalb das alljährliche Electronica-Techno-House-Spektakel nicht nur für sein erlesenes Line-up, sondern auch für ständig neue Ausverkaufsrekorde bekannt ist: Für die diesjährige Auflage des Festivals waren die Tickets nach ganzen zwei Minuten vergeben! Für die Unglücklichen, die leer ausgingen, gibt es aber ein dickes Trostpflaster: Steffen Bennemann, langjähriger Resident, Mitorganisator und Booker von Nachtdigital, kommt nach Hamburg und legt in der Krypta des Golem auf. Zur Verstärkung bringt er seinen Kollegen Alexander Neuschulz aka Sevensol mit. Noch familiärer geht nicht.

Tipp: Bereits um 20 Uhr wird im Rahmen der Reihe Women on fire im Golem der Film Top Girl Oder La Déformation Professionelle von Tatjana Turanskyjs gezeigt.

 

Kunst im öffentlichen Raum

Über drei Jahrzehnte urbane Kunst: Die Schau im Kunsthaus Hamburg läutet das zweite Jahr der Veranstaltungsreihe „Stadtkuratorin Hamburg“ ein.

Es geht los: Mit der Eröffnung der Ausstellung Passagen. Kunst im öffentlichen Raum seit 1981 im Kunsthaus startet zugleich das diesjährige Programm des Projekts Stadtkuratorin Hamburg. Während die Schau auf die wegweisenden Werke im öffentlichen Raum blickt, die von der Stadt gefördert in den letzten 35 Jahren entstanden sind, geht es gleichzeitig darum auszuloten, wie Künstler heute auf digitale Beschleunigung und neoliberale Privatisierung reagieren. Anhand von Zeichnungen, Modellen, Fotografien, Dokumentationen und andere Materialien wird eine Auswahl zum Teil kontrovers diskutierter Arbeiten präsentiert, wie etwa Joseph Beuys’ Projekt, die Stadt zu einem ökologischen Gesamtkunstwerk zu machen, oder Alfred Hrdličkas Gegendenkmal zum nationalsozialistischen 76er-Denkmal am Stephansplatz. Mit einem weit offenen Blick für künstlerische Perspektiven leitet die Ausstellung auch das diesjährige Programm Stadtkuratorin Hamburg ein, das sich mit Geschichte und Gegenwart von Kunstwerken im Stadtraum befasst und der Frage nachgeht, welche Art von Kunst nötig und angebracht ist in Zeiten, in denen die Stadtgesellschaften immer häufiger aufbegehren, während der öffentliche Raum zunehmend von privaten Interessen vereinnahmt wird.

Text: Sabine Danek

 

Nneka

Die zierliche Sängerin präsentiert ihr neues Album: eine musikalische Reise aus den politischen Abgründen Nigerias bis in die afrikanische Diaspora in Europa.

„Musik kann eine Waffe sein“, hat der legendäre nigerianische Musiker Fela Kuti einmal gesagt. Nneka ist eine seiner herausragenden Nachfolgerinnen, denn auf all ihren Alben finden sich politische und sozialkritische Texte über die Verhältnisse in Afrika und in Europa, wohin viele Afrikaner geflohen sind. My Fairy Tales heißt das aktuelle Album der zierlichen Sängerin mit der großen Stimme. Inspiriert wurde es von den Erfahrungen, die Nneka in Frankreich mit Afrikanern gemacht hat, die dort in der Diaspora leben und unter Rassismus und Ausgrenzung zu leiden haben. Die Sängerin, die lange in Hamburg gelebt hat, äußert sich nicht nur auf ihren Platten politisch. Sie hat auch gemeinsam mit dem ehemaligen Kindersoldaten MC Ahmed Nyei aus Sierra Leone die Organisation Rope Foundation gegründet, die Kindern die Möglichkeit gibt, sich durch ihre Kunst auszudrücken. Im April ist sie wieder einmal auf Deutschland-Tournee, um die neuen Songs ihres herausragenden Albums My Fairy Tales live zu präsentieren.

Text: Heinrich Oehmsen

 

Dry The River

Klagender Falsetto ohne kitschig zu klingen – das schafft nur Peter Liddle, Frontmann der Londoner Folk-Rock-Band, die im Molotow auftritt.

Wer Dry The River beschreiben möchte, kommt um eines nicht herum: die extravagante Stimme von Leadsänger Peter Liddle, der einen mit seinem klaren, klagenden Falsetto und lyrischen Texten über Liebe und Leid direkt an den Koronargefäßen zu fassen bekommt. Dabei dosiert er jedoch so fein, dass die Schwelle zum Kitsch niemals ganz überschritten wird. Was für eine Gratwanderung. Mit treibenden Schlagzeugrhythmen und Gitarrenriffs auf der einen sowie sanften Geigen und mehrstimmigen Gesängen auf der anderen Seite sorgen die vier Londoner für einen pompösen Sound, der facettenreich zwischen den Polen Folk und Rock oszilliert. Und auch live ist dieses Quartet ziemlich hörens- und sehenswert!

Text: Theresa Huth

 

Harry Gump

Der Acoustic-Folk-Punkrock-Singer/Songwriter aus dem Süden lädt zum Bar-Konzert in das Backpackers St. Pauli.

Four chords and everyday poetry: Nach diesem Prinzip, das gleichzeitig auch der Titel seines ersten Albums ist, schreibt Harry Gump seine Lieder. Wenn er die mit seiner Akustikgitarre anstimmt, dann bräuchte es nur noch ein frisch gezapftes Guiness und schummrig-gedimmtes Licht, die Irish-Pub-Stimmung wäre perfekt. Aber die Musik des Acoustic-Folk-Punkrock-Singer/Songwriters macht auch mit Astra im Backpackers St. Pauli gute Laune. Sein Stil ist beeinflusst von Johnny Cash, Bob Dylan und Co., sowie von Punkbands aus den letzten Jahrzehnten; mal ist Harry Gump solo unterwegs, mal in Begleitung wechselnder Musiker, mal mit kompletter Band im Rücken. Seit 2010 ist der Künstler regelmäßig on the road, war Vorband von Szenegrößen wie Street Dogs (US) und Attila The Stockbroker (UK), und erlebt dabei sicherlich genug spannende Geschichten für seine „everyday poetry“.

Text: Julia Braune