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„Zeit zu leben“

Sachlich und mit viel Taktgefühl: Sina Aaron Moslehis Dokumentation über drei Hospiz-Gäste ist von berührender Intensität.

„Sachlich und mit viel Taktgefühl. Hier wird ein existentielles Thema ohne Pathos behandelt“, urteilte die taz. Und die Redaktion von Hinz&Kunzt bezeichnete Zeit zu leben als „sehr sehr menschlichen Film“. Der 19-jährige (!) Filmemacher Sina Aaron Moslehi (Foto) portraitiert in seinem Dokumentarfilm drei Gäste eines Hospizes in Hamburg, unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Geschichten. Sie sprechen über ihre Erwartungen, Hoffnungen und Ängste und geben so Einblick in die kostbare letzte Phase ihres Lebens. Auch wie Angehörige und Pflegende mit den Herausforderungen dieser Zeit umgehen, zeigt der Filmemacher in Bildern berührender Intensität und Ruhe. Der Film bricht mit Klischees über das Hospiz – dies ist nicht nur ein Ort des Sterbens, sondern auch des intensiven Lebens, der für Selbstbestimmung, Fürsorge und Würde zum Lebensende steht.

 

HipHop Academy

Im „Problemstadtteil“ Billstedt trainieren Jugendliche in einem Kulturzentrum ihre Skills. Das Finale der Saison ist ihre Streetstyle-Show auf Kampnagel.

In Billstedt ist die Armut groß und die Chance auf Bildung klein. Kriminalität und Salafismus bestimmen immer wieder die Schlagzeilen. Genau hier, in einem ehemaligen Wasserwerk, errichtete Dörte Inselmann ihren Kultur Palast Hamburg. Die Intendantin kämpft im Stadtteilzentrum mit Subkultur und Herzblut für gesellschaftliche Teilhabe. Projekte wie die HipHop Academy sprechen jene coolen Kids an, die sonst kiffend vorm Einkaufszentrum die Zeit totschlagen würden. Seit 2007 fördern Trainer in Sparten wie Breakdance, Graffiti oder Beatboxing die Talente von Jugendlichen zwischen 13 und 25 Jahren. Die Teilnahme ist kostenlos. Wer es ins Ensemble schafft, kann seinen Lebensunterhalt als Künstler verdienen. 550 Jugendliche diverser Nationen nehmen aktuell teil. Sie rappen über ihren Stadtteil, tanzen sich den Frust aus der Seele und werden wahrgenommen. Die Produktionen touren durch ganz Deutschland. Jährliches Highlight ist die Gala der HipHop Academy. Auf Kampnagel zeigen knapp 100 Künstler am 5. und 6. Dezember ihr Können in sieben Kunstsparten und Elementen der HipHop-Kultur. Internationale Gäste und die Hausband der Talentschmiede Academy Allstars sind Teil der Show.

Text: Lena Frommeyer

 

Designpreis

Funktionsforschung, Recycling, Experiment: Zwölf Design-Projekte von HFBK-Studenten sind bis zum 4. Januar 2015 im Museum für Kunst und Gewerbe zu sehen.

Kleingärten gelten ja schon lange nicht mehr als spießig. Aber die Lauben, die im Allgemeinen im Baumarkt angeboten werden, haben das wohl noch nicht mitbekommen. Deshalb haben Charlotte Dieckmann und Daniel Pietschmann eine zeitgemäße Version erdacht und konstruiert: Ein Häuschen aus Europaletten – nachhaltig, weil die Paletten abbau- und wiederverwendbar sind bzw. zurückgegeben werden können; und minimalistisch, weil die Paletten als Türen, Boden, Dach, Fassade und Möbel dienen. Zudem ist das Ganze auch noch schön luftig und hübsch. Das flexible Gartenhaus, das Dieckmann und Pietschmann für eine Parzelle am Holstenkamp entworfen haben, ist eines von zwölf Design-Projekten von HFBK-Studenten, die für den Designpreis der Leinemann-Stiftung für Bildung und Kunst nominiert sind. Alle Teilnehmenden gingen der Frage nach, wie Design zur Gestaltung der Zukunft beitragen kann. Das vielfältige Spektrum der Arbeiten umfasst Material- und Funktionsforschungen, innovative Recycling-Ideen und experimentelle Studien für neue öffentliche Raumnutzungen. Im Museum für Kunst und Gewerbe sind die Projekte als inspirierender Rundgang ausgestellt. Eröffnung und Verleihung des HFBK-Designpreis ist am 4. Dezember.

Text: Julia Braune

 

Außer Rand und Band

Unter dem Motto „Sturmfrei“ zeigt die Fabrik der Künste bis zum 8. Dezember die Arbeiten von zügellosen Illustratoren.

„Ich hab am Wochenende sturmfrei!“ In Teenager-Jahren bedeutete dieser Satz: Alles ist möglich. Ohne Eltern, ohne Aufsicht, ohne Verluste (vollgekotzte Teppiche nicht mitgezählt …). Nicht ganz so pubertäre Auswirkungen hatte das Ausstellungsmotto Sturmfrei auf die acht Hamburger Illustratorinnen, die im Dezember in die Fabrik der Künste laden. Trotzdem waren sie ganz außer Rand und Band und befreiten sich von ihren alltäglichen beruflichen Restriktionen: Gemeinsam mit sieben Gast-Illustratoren überwinden sie die Grenzen von Papier und Leinwand, malen kleine Geschichten, Figuren, Formen und Muster in Schubladen, auf Stühle, unter Tische und an Zimmerdecken. Die raumgreifenden Illustrationen in Schwarz-Weiß machen die Ausstellung so zu einem begehbaren Abenteuerland. Das passiert also, wenn Illustratoren sturmfrei haben…

Text: Julia Braune

 

Knack den Krebs

Stereolove, Rhonda, Jon Flemming Olsen, Synje Norland, Jaimi Faulkner, Miu und das Falco Trio laden zum Charitykonzert in den Knust.

Knack den Krebs heißt eine Initiative der Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e. V., über die Constanze Klasen, Vorstandsmitglied der Fördergemeinschaft, sagt: „Ein toller Slogan, der unseren Kindern Hoffnung und Mut zugleich machen soll. Gemeinsam können wir mit Spenden und persönlichem Engagement helfen, den Krebs erfolgreich zu bekämpfen. Für mich drückt ‚Knack den Krebs‘ einfach und prägnant aus, was wir alle erreichen wollen – in der Forschung, in der Patientenversorgung und im sozialen Bereich.“ Nach einem Charity-Gig im Dezember 2013 im Knust haben sich nun auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Künstler gefunden, die mit einem gemeinsamen Konzert die Sache unterstützen wollen. Als da wären: Stereolove, Rhonda, Jon Flemming Olsen, Synje Norland, Jaimi Faulkner, Miu sowie das Falco Trio (in einer Duo-Session). Durch die Bank werden sie ihre Songs in alter Unplugged-Manier und in Kleinstbesetzung präsentieren – meist sogar nur in Begleitung von einer Akustikgitarre. Der Großteil des Eintritts geht an die Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e. V und fließt dort in die Musiktherapie.

 

 

Meisterin Lampe

Tina Oelker feiert ihr 1.000. Hasenwerk und das Ende ihrer Produktionsgalerie am Hafentor 7 mit einem „Schützenfest Reloaded“.

Noch im Oktober feierte das Hafentor 7 als Heimat der Hasenmanufaktur seinen vierten Geburtstag; nur zwei Monate später muss Tina Oelker (Foto) das Ende ihrer Produzentengalerie zelebrieren: Nächstes Jahr wird der in den 1930ern errichtete zweistöckige Backsteinbau an den Hamburger Landungsbrücken abgerissen. Oelker lädt deshalb den gesamten Dezember über zur Abschiedssause, dem Schützenfest Reloaded: einem Programm aus Kurzfilmpremiere, Krawattenbindekurs, Musik, Tanz und Séancen; mit Gästen wie Frank Spilker, Herr von Eden, Manuel Muerte und HedoLuxe. Zuvor allerdings wird sie ihr Langzeitprojekt 1000 Hasen – limited edition vollenden: 2007 begann die Künstlerin, Porträts von Feldhasen zu malen. Immer im selben Format, immer Öl auf Leinwand. Schützenfest-Gäste dürfen natürlich die Hasenwerke erwerben – es dürften genügend da sein …

Text: Julia Braune

 

Index 14

Hamburgs erste Verkaufsschau für junge Kunst geht in die 14. Runde – und stärkt konsequent ihre Perspektive.

Kathrin Affentranger bearbeitet vor Ort eine Säule mit Farbe, Letizia Calori & Violette Maillard legen eine Bodenarbeit aus – und Balz Isler schlüpft in sein Wolkenkostüm, um mit künstlerischen Mitstreitern Quote Graphics aus dem Internet zu trällern. Das ist alles ziemlich spannend und State of the Art. Doch wie sieht so eine Verkaufsschau aus? Ganz so wie die Index vor 14 Jahren startete? Einst mit viel Malerei, schon immer sehr ausgesucht – aber heute auch herrlich sperrig in ihren Mitteln. Das liegt nicht nur daran, dass die erste von Hamburgs Messen für junge Kunst längst nicht mehr die einzige ist. So hat die Index-Gründerin und Galeristin Elena Winkel, die seit mehreren Jahren von der Privatbank Berenberg finanziell unterstützt wird, diese Freiheit immer konsequenter genutzt, um sich jenseits von Verkäuflichkeit ganz auf die künstlerische Qualität der Arbeiten zu konzentrieren und auf die Gesamterscheinung der Schau, für die zunehmend raumspezifische Arbeiten eigens hergestellt werden. Videokunst, Objekte und Installationen sind jetzt deutlich stärker vertreten. Noch immer stammt ein Großteil der gezeigten Arbeiten von der HFBK und deren Umfeld, aber auch Künstler aus Frankfurt, Basel und vor allem aus Berlin sind vertreten.

Text: Sabine Danek

 

Machine Head

Das achte Studioalbum „Bloodstone & Diamonds“ im Gepäck, spielen die US-Metaller live in der Großen Freiheit 36.

Die Band Machine Head existiert bereits seit 23 Jahren und erklären muss man die US-Metaller wohl niemandem mehr, der sich in seinem Leben nur einen kleinen Moment mit harter Gitarrenmusik auseinandergesetzt hat. Höchstens etwas Auffrischungsarbeit könnte sinnvoll sein, sind doch ein paar Neuerungen aus dem letzten Jahr zu vermelden. So hat Adam Duce die Band verlassen und reichte eine Klage gegen seine alten Kollegen ein. Seinen Platz am Bass durfte nach einem mehrründigen Bewerbungsverfahren Jared McEachern übernehmen. Das bisherige Label Roadrunner Records wurde gegen Nuclear Blast eingetauscht und das achte Studioalbum Bloodstone & Diamonds erschien – ein Verweis auf die, laut Robert Flynn, härtesten Materialien der Erde. Das beste musikalische Update lässt sich natürlich immer noch live leisten. In der Großen Freiheit 36 präsentieren die Musiker, die 2008 für den Grammy Award in der Kategorie Best Metal Performance nominiert waren, ihr neuestes Werk. Mosh ab!

 

Sven Regener

Der Musiker und Autor denkt gemeinsam mit Regisseur Leander Haußmann im Bucerius Kunst Forum über Kunst und Quatsch nach.

Ist das Kunst oder kann das weg? Oder wird es noch als Quatsch verwendet? Es gibt wohl wenige Bereiche unserer Gesellschaft, die so viel Deutungsraum, Definitionsgeschwurbel und Eckpostenstreitereien ermöglichen wie der Kunstbegriff. Was muss eine Aktion, ein Zustand, ein Objekt oder eine Äußerung erfüllen, um Kunst zu sein? Und ab wann oder bis wo darf oder muss sie sich Quatsch nennen? Um den Spoiler schon mal im Tipp vorab zu setzen: Sicher wird auch dieser Abend die Frage nicht beantworten. Aber er ermöglicht uns, Sven Regener, Sänger und Trompeter von Element of Crime und Autor der Herr Lehmann-Trilogie, und Leander Haußmann, Film- und Theaterregisseur (u.a. Sonnenallee, Kabale und Liebe) bei der Diskussion genau dieser Frage zu lauschen. Das dürfte bei diesen beiden überaus kunstbegabten Quatschköpfen recht erquickend sein. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung erforderlich, jedoch ist die Veranstaltung bereits ausgebucht.

Text: Miriam Mentz

 

Pastalozzi Due

Ein italienisches Kleinod im Portugiesen-Viertel: Der mare-Verleger Nikolaus Gelpke eröffnete ein Spezialitätengeschäft für italienische Feinkost.

Nikolaus Gelpke hat nicht nur nach allen Seiten abstehende kurze Haare, er hat auch immer wieder Flausen im Kopf. Sein Engagement für das Meer bündelt der studierte Meeresbiologe in der Zeitschrift, dem Buchverlag und inzwischen auch in dem TV-Format mare. Außerdem hat Gelpke vor gut eineinhalb Jahren sein Stammlokal Pastalozzi in der Reimarusstraße übernommen. Jetzt drängte sich die Möglichkeit auf, den Nachbarladen ebenfalls zu übernehmen. Zwar gab es viele Interessenten, doch der Vermieter wollte ihn. Und Gelpke wollte keine Nachbarn, die nicht zu seinem Lokal passen. Nun ist dieser umtriebige Mann nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Italien aufgewachsen, wo sein Vater Anfang der 1970er einen ziemlich schrottigen Hof in der Toscana kaufte. Auf dem Hof produzieren die Verwandten von Gelpke inzwischen preisgekrönte Olivenöle, Ziegenkäse, für den die Sternegastronomie Schlange steht und Weine von hoher Qualität. Das alles verkauft Gelpke nun im Pastalozzi Due neben seinem Restaurant. Dazu gesellen sich noch weitere Spezialitäten, wie Wurst und Schinken von der familiengeführten Metzgerei aus dem Nachbardorf, Risottoreis und Pasta in Spitzenqualität. Am 3. Dezember öffnet Gelpke ab 13 Uhr seine Türen und man kann sich umschauen.

Text: Lisa Scheide