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Der Konservatismus ist nicht tot!

Ein Leser, der sich von meiner Behauptung getroffen fühlt, Merkel habe der Union eine „Obsession“ mit einem Konservatismus ausgetrieben, den ohnehin keiner mehr lebt, schreibt mit folgenden Brief, der mich sehr berührt:

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Herr T. aus Essen hat absolut Recht mit diesem Einwurf. Diesen Konservatismus hatte ich nicht gemeint. Den finde ich selber hochaktuell. Ich würde ihn gern eines Tages in Form einer schwarz-grünen Regierung politisch verwirklicht sehen. Aber ich fürchte, das ist noch eine Weile hin.

 

Mythos Einwanderungsland

Weil manche Mitblogger hier gerne behaupten, es gebe eine ungebremste Einwanderung nach Deutschland, ein paar Fakten. Dies hier sind die letzten Ausländerzahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge: Seit 2002 gibt es danach jedes Jahr leicht rückläufige Zahlen. Der Ausländeranteil stagniert seit einem Jahrzehnt bei knapp unter 9 Prozent.

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Eine andere grafische Darstellung im Zeitverlauf der Bundesrepublik macht den Aufwuchs sichtbar – und das Abflachen auf dem Niveau bei knapp über 7 Millionen.

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Quelle.

 

Die Internationale

Mein Porträt der Außen-Bundeskanzlerin Merkel aus der ZEIT von heute, Nr. 40. S. 2:

Was bleibt? Das Gruppenfoto im Strandkorb von Heiligendamm? Der Dalai Lama im Kanzleramt? Angela Merkel neben Obama in Buchenwald? Die Rede in der Knesset? Die frostige Pressekonferenz mit Medwedjew nach dem Georgienkrieg? Der Krawall-Auftritt für mehr Finanzregulierung mit Sarkozy in London? Im roten Anorak in Grönland, als Gletscherschmelztouristin? Es ist schwer, den einen symbolischen Moment für die Außenpolitik Angela Merkels zu finden – wie bei Schröder das Nein von Goslar. Außenkanzlerin Merkel hatte viele davon. Kein einziger allein erlaubt den Blick in den Kern ihrer Politik. Gibt es denn einen Kern? Und ist das überhaupt eine sinnvolle Frage in diesen Krisenzeiten?
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Angela Merkel in ihrem Element Foto: Regierung Online/Kugler

Kurz vor der Bundestagswahl bekommt Angela Merkel noch einmal die Chance, als Krisenretterin und Klimakanzlerin ganz groß zu punkten. In Pittsburgh kann sie sich als Vorkämpferin für Finanzmarktregulierung und CO₂-Reduktion auf größtmöglicher Bühne profilieren, während ihr Herausforderer daheim letzte Bierzelte und Marktplätze abklappern muss. Die Götter meinen es gut mit Angela Merkel und stellen sie auch in dieser Woche wieder im bunten Blazer zwischen lauter pinguinfarben gekleidete Männer.
Und so entsteht ein Muster: Angie und die starken Männer. Wie Angela Merkel sich unter den Mächtigen behauptet hat, offenbart viel über ihren außenpolitischen Stil. Manch einer hat sich früh ein Bild von ihr gemacht und es später revidieren müssen. George W. Bush zum Beispiel.
2003 schrieb sie ihm einen offenen Brief in der Washington Post, in dem sie sich ziemlich anbiedernd von Schröders Nein zum Irakkrieg absetzte. Bush hielt das für einen Treueschwur. Doch als sie Kanzlerin wurde, hat sie ihm wenig geschenkt: Kampftruppen für Afghanistan? Bombardierung Irans? Ukraine und Georgien in die Nato? Dreimal njet aus Berlin. Er blieb Fan, lud sie gar auf seine Ranch in Texas und versuchte ihr beim G-8-Gipfel den Nacken zu massieren. Merkels Zurückzucken wurde ein YouTube-Hit. Die Kanzlerin ließ Bush am Ende nicht mal mehr in die Hauptstadt. Der »liebe George« auf Abschiedstournee musste draußen warten, ein dead man walking im goldenen Gefängnis des Barockschlosses Meseberg. Berliner Bilder mit dem multipel Gescheiterten waren nicht erwünscht.
Auch Obama hielt sie schon vor dessen Wahlsieg auf Distanz. Das Brandenburger Tor gönnte sie ihm nicht als Kulisse. Es war dann sicher nicht leicht, Hunderttausende zum Großen Stern pilgern zu sehen, wo der Global-Charismatiker ersatzweise auftrat. Merkel hat anfangs auffällig spöttisch über die »Obamania« gesprochen. Gegen Bush war es leicht, gut auszusehen. Der ambitionierte Neue drängte »Miss World« aus dem Rampenlicht. Es war mehr als Neid: Charisma in der Politik aktiviert Merkels sehr dominantes Skeptiker-Gen.
Die Krise hat ihr Verhältnis zu Obama verändert: Merkel verweigerte sich zwar dem amerikanischen Druck, die Notenpresse auf Vollgas laufen zu lassen. Und Gefangene aus Guantánamo wollte sie auch nicht aufnehmen. Aber heute treibt sie die Sorge um, der Präsident könnte im Gerangel um seine Gesundheitspolitik so geschwächt werden, dass sein Schwung für eine Weltinnenpolitik verloren ginge. Iran, Nahost, Klima, Finanzkrise – kann man da ohne ein starkes Amerika vorankommen? Vorerst nicht. Ihre Berater rühmen, sie habe die transatlantischen Beziehungen »entspannt«. Ernüchtert wäre vielleicht das bessere Wort. Das wäre die Parallele zu Merkels Umgang mit den Herrschern der anderen Großmacht, deren Abstieg bereits weiter fortgeschritten ist.
Wenn Merkel zu Putin oder Medwedjew fuhr, fanden keine trauten Vieraugengespräche statt wie zu Schröders Zeiten. Putin, stets vorneweg beim Wettbewerb um den Titel des Weltpolitmachos, gerne auch halb nackt angelnd, machte sich einen Spaß daraus, seinen schwarzen Labrador Koni an der Bundeskanzlerin schnüffeln zu lassen – wohl wissend, dass diese Angst vor Hunden hat. Das war die Rache dafür, dass sie Dissidenten traf und beharrlich den Fall der ermordeten Journalistin Politkowskaja ansprach. Aus solchen Gesten wurde Merkels Bruch mit dem Erbe der Entspannungspolitik konstruiert. Das Eigene an Merkels Russlandreisen war aber, dass sie die falsche Alternative Annäherung oder Menschenrechte mied.
Merkel pflegt die Distanz. In der Georgienkrise fand sie als Vermittlerin mit Nicolas Sarkozy einen wohltuend erwachsenen Ton. Sie ließ keine Zweifel aufkommen, dass sie Saakaschwili für einen Hasardeur hielt und dennoch den russischen Einmarsch für ein Unrecht, ja schlimmer: für Torheit.
Aber sie hat eben keine andere Russlandpolitik gemacht als ihre Vorgänger. Im Gegenteil: Sie hat sie noch intensiviert. Dass sie etwa beim Nato-Gipfel in Bukarest den von der Bush-Regierung gewünschten Beitritt Georgiens und der Ukraine auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben half, entzückte Putin. »Das vergesse ich dir nie«, soll er der Kanzlerin gesagt haben. Und wie sie zwei Jahre später im Zeichen der Krise deutsches Steuergeld lockergemacht hat, damit Russland ein amerikanisches Unternehmen mit deutscher Ingenieurkultur kaufen kann, wird Putins gute Meinung von Merkel noch gefestigt haben. Nicht nur Opel, auch die Rostocker Wadan-Werften hat die Kanzlerin einem russischen Investor angedient. Mehr »Wandel durch Verflechtung« (Steinmeier) könnte auch ein ostpolitisch gesinnter SPD-Kanzler kaum zuwege bringen. Aber Angela Merkel ist eine bessere Verkäuferin sozialdemokratischer Politik als die Genossen. Das zeigte sich im lautesten Streit um die Außenpolitik.
Dass Merkels Einladung des Dalai Lama ins Kanzleramt zum Symbol ihrer Geradlinigkeit wurde, ist vor allem der Dummheit der anderen Seite geschuldet, sich die chinesische Empörung allzu eifrig zu eigen zu machen. Die Kanzlerin hatte gar kein großes Zeichen setzen wollen. Merkel empfing den schmunzelnden Wohlfühl-Geistlichen vor allem, weil er eben populär ist. Sie hatte dabei ihren Kredit bei den Chinesen überschätzt. Als der Schaden da war, machte Merkel aus einem diplomatischen Ungeschick eine Demonstration der Prinzipientreue. Ihr Kritiker Steinmeier sah sich gezwungen, zu betonen, auch er spreche in China Missstände an. Punktsieg Kanzlerin, gerade weil es dann der Außenminister war, der die Chinesen mühsam wieder einfangen musste.
Das Publikum sah fortan sich selbst gespiegelt im Bild einer angstfreien Kanzlerin, und wen wundert’s: Es mochte dieses Bild. Später legte Merkel sich wegen des Holocaust-Leugners Williamson sogar mit dem Papst an. Anders als beim Dalai Lama hat sie dies bei der eigenen Basis auch einiges gekostet. Katholische Stammwähler sehen den Papst nicht gerne auf der Bank der Sünder.
Die deutsche EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 war ein Erfolg mit manchmal bizarren Zügen. Merkel kämpfte für den Lissabon-Vertrag, nachdem die Verfassung in Frankreich und den Niederlanden gescheitert war. Dann kam Polen mit der »Quadratwurzel«-Offensive. Man wollte das Stimmrecht der großen Länder gegenüber den mittelgroßen relativieren, indem nicht die absolute Bevölkerungszahl, sondern die Quadratwurzel daraus zugrunde gelegt werden sollte. Als Kaczyński Merkel vor die Wahl stellte »Quadratwurzel oder Tod«, ließ sie ihn seelenruhig implodieren wie schon so viele Parteivorsitzende, Ministerpräsidenten und Fraktionsvorsitzende in ihrem Leben. Geschafft. Ironischerweise musste sie am Ende feststellen, dass die härtesten Europagegner in der heiß geliebten bayerischen Schwesterpartei sitzen.
Ihren Ruf als Klimakanzlerin hat sie selbst ramponiert, als sie im Streit um die CO₂-Emissionen ziemlich unverhohlen das Interesse der deutschen Autobauer pushte, bei den dicken Schlitten Marktführer zu bleiben. Der fotogene Auftritt im roten Jack-Wolfskin-Jäckchen vor dem grönländischen Eqi-Gletscher wirkt im Rückblick nach Merkels Brüsseler Autolobby-Auftritten unglaubwürdig.
Zum drängendsten außenpolitischen Thema hat Merkel sich widerwillig schubsen lassen. Über den Einsatz in Afghanistan hat sie lange nur unwillig bis pflichtschuldig gesprochen. Erst nachdem die Grünen triezten, sie solle endlich mal hinfliegen, tauchte sie bei den Soldaten am Hindukusch auf. Und es bedurfte der tragischen Entscheidung des Obersts Klein und massiver Kritik der Alliierten, um Merkel zu einer Bundestagsrede zu inspirieren – immerhin im Jahr acht des deutschen Krieges.
Gibt es also einen Kern? Ein vernünftiger Pragmatismus beim Einsatz für Entspannungspolitik, europäische Integration, Klimakompromisse und Menschenrechte, allerdings verbunden mit einem schärferen Sinn für Symbolik als ihre Vorgänger – keine Nebensache in der Außenpolitik. Sehr bundesrepublikanisch eigentlich, doch mit einem diffusen Versprechen von mehr.
Angela Merkels machtvollster Moment zeugt davon. Das Gruppenfoto im Strandkorb von Heiligendamm hat ihn eingefroren: acht wichtige Männer, mittendrin die Dame im grünen Sakko. Sie ist perdu, diese G-8-Welt. Nach der Krise regieren die G 20. Wie Macht und Einfluss in dieser Welt funktionieren, weiß in Wahrheit kein Mensch. Wenn Angela Merkel eine zweite Amtszeit erlebt, beginnt eine Reise in unbekanntes Terrain.

 

Sorgen eines Wechselwählers (6): Guido wählen?

Meine wöchentliche Kolumne zur Bundestagswahl (ZEIT Nr. 40, S. 6):

Alle vier Jahre frage ich mich: Warum eigentlich nicht die Gelben wählen? Diesmal, da Rekordergebnisse anstehen, besonders. Es lockt ein runderneuerter, spaßfreier, reumütig das Guidomobil verfluchender Dr. Westerwelle. Ein Kümmerer-Guido, der sich um Familien sorgt, das Hartz-IV-Schonvermögen erhöhen will und mit den über Fünfzigjährigen fühlt. Für diese Leute seien die Steuersenkungen, predigt er landauf, landab. Ich fürchte, ich werde es trotzdem nicht über mich bringen.
Meiner Klassenlage nach dürfte es mir eigentlich nicht so schwerfallen. Ich finde es aber peinlich, als »Leistungsträger« angebaggert zu werden, bloß weil meine Steuererklärung das hergibt. Es klingt verrückt: Ich zahle gerne Steuern. Ich lebe gerne in diesem Land und halte es für einen fairen Deal, dafür zur Kasse gebeten zu werden. Darum bringe ich es nicht fertig, eine Partei zu wählen, die mir einflüstert, ich würde hier ausgenommen. Ich finde das reichlich unpatriotisch.
Die Ausschließeritis – keine Ampel (mit der FDP), kein Jamaika (mit den Grünen), sowieso kein Rot-Rot-Grün – ist schon schade: Als Wechselwähler hatte ich gerade begonnen, Freude an meinen bunten Optionen zu finden. Andererseits hilft es mir schwankendem Rohr: Schwarz-Gelb oder Schwarz-Rot, das ist doch mal eine klare Sache. Ade, neue Unübersichtlichkeit.
Alle schließen irgendetwas aus, aber Topausschließer der Nation ist Westerwelle. Dass die FDP ihre Ehre daran hängt, mit den Sozen über eine Ampel nicht einmal pro forma zu reden, auch wenn’s für ein Bündnis Merkel-Westerwelle nicht reicht, ist mir aber zu hoch. Ich verstehe schon, dass Westerwelle die vielen enttäuschten Unionisten nicht verprellen will, die ihm diesmal nur die Stimme leihen. Doch dass ein Liberaler mit einer SPD, die wegen Hartz IV und Rente mit 67 am Abgrund torkelt, nicht mehr reden kann, ergibt keinen Sinn. Eine Union, die Westerwelle hämisch »sozialdemokratisiert« nennt, ist einzig denkbarer Koalitionspartner? Sorry, da komme ich nicht mehr mit. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als man SPD-FDP-Koalitionen für etwas Natürliches hielt. Jetzt sollte ich mich wohl schon mal auf Schwarz-Gelb 2.0 einstellen.
Die Protagonisten haben ein starkes Argument: Wir oder das Chaos! Da ist ganz sicher was dran. Merkwürdig nur, dass Union und FDP völlig konträr für Schwarz-Gelb werben. Hilf uns, Merkel aus den Sozi-Klauen zu befreien!, ruft Westerwelle. Sie hat zwar Opel gerettet und Banken verstaatlicht, aber eigentlich ist sie ganz okay. Wir müssen die Leipziger Reform-Angie freilegen!
Anders die Kanzlerin: Ich will die Liberalen vor dem schlimmsten neoliberalen Irrsinn bewahren, flüstert sie. Ich werde ihnen in der Regierung schon die Lektionen der Finanzkrise beibiegen. Wir müssen Guido zähmen, ich schaffe das.
Diese beiden wollen das Chaos verhindern?
Ein linker Freund kam letztens mit folgender Theorie: Wenn du willst, dass sich eine linke Mehrheit formiert, musst du FDP wählen. Nur Schwarz-Gelb macht Rot-Rot-Grün möglich.
Das ist mir einen Tick zu schlau. Als Wechselwähler brauche ich zwei funktionierende Lager, geführt von Volksparteien: Regierung und Reserveregierung – für den Fall, dass die erste Mannschaft Mist baut. Das spricht gegen die Große Koalition. Ich will aber auch nicht, dass die SPD gedemütigt wird. Uff. So schlimm war es noch nie. Drei Tage noch. Bis Sonntag vor der Kirche werde ich doch wohl wissen, was ich wählen soll!
Aber das habe ich letztes Mal auch gedacht.

 

Sechs tote Italiener in Afghanistan

Bei einem Selbstmordattentat in Kabul sind heute sechs italienische Soldaten getötet worden.

Ein Attentäter hatte einen Konvoi mit einem Aut angegriffen, das offenbar voller Sprengstoff war.

Eine unbekannte Zahl von Zivilisten ist ebenfalls zu Tode gekommen. Mindestens 10, und es ist die Rede von 52 Verwundeten. Die Szene mitten in Kabul sieht nach ersten Berichten apokalyptisch aus.

Man wird auch in Berlin gespannt beobachten, ob dieses Grauen Einfluss auf die italienische Debatte hat. Berlusconi war bisher ein unerschütterlicher Verteidiger des Krieges. Sein Koalitionspartner, die rechtspopulistische Lega Nord, plädiert seit langem für einen Abzug.

 

Warum wir jetzt gerade mit Iran reden müssen

Bezieungsweise nicht wir, die das immer schon getan haben, sondern die Amerikaner, die in 30 Jahren Diplomatiepause nichts, nichts und wieder nichts dagegen haben tun können, dass Iran zur regionalen Vormacht aufsteigt. Nicht einmal die Unterstützung eines Krieges gegen Iran hat geholfen.

Unterdessen haben die Amerikaner sei drei Jahrzehnten kein direktes Wissen über Iran aus eigenen Kontakten. Alles läuft über Mittelsmänner wie die Europäer und die Schweizer im Besonderen. Geheimdienstinformationen aus Iran sind nahe Null, weil ohne Botschaft auch das Spionage-Geschäft leidet.

Alle Infos über das Nuklearprogramm kommen von Oppostionsgruppen und Überläufern. Und man weiss in den USA eben nicht mehr, wie man mit Iranern überhaupt umgehen soll.

Das wird sich nun bald ändern, nachdem die amerikanische Regierung das Angebot der Iraner angenommen hat, im nächsten Monat  in Gespräche einzusteigen.

Roger Cohen, der während der brutalen Unterdrückung nach den Wahlen im Land war, unterstützt dies mit Bauchschmerzen:

„This is an ugly moment for diplomacy; the clampdown in Iran continues. But then nor were the situations in the Soviet Union or China propitious when breakthroughs were achieved. America must continue to press for the release of political prisoners and respect of human rights in Iran.

In the end, talks are essential because there is no viable alternative. Benjamin Netanyahu, the Israeli prime minister, said recently that “now is the time to start harsh sanctions against Iran.” But Iran is inured to sanctions after years of living with them and knows that its years of cultivating Russia and China (no mention of the plight of Chechen or Uighur Muslims) will pay. Iran is in effect a Russian ally.

I cannot see any deal that will not at some point trade controlled Iranian enrichment on its soil against insistence that Iran accept the vigorous inspections of the I.A.E.A. Additional Protocol and a 24/7 I.A.E.A. presence. The time is approaching for the United States and its allies to abandon “zero enrichment” as a goal — it’s no longer feasible — and concentrate on how to exclude weaponization, cap enrichment and ensure Iran believes the price for breaking any accord will be heavy.“

 

Der Münchener Mord und die Zivilcourage

Harry Nutt  beschäftigt sich in der FR im Meinungsleiter mit dem Münchener Mord und referiert dabei auch meinen Aufsatz:

„In ihrem soeben erschienenen Themenheft über Heroismus weist die Zeitschrift Merkur darauf hin, dass der Heldenmut Einzelner eher eine verdächtige Kategorie ist. Einerseits herrscht eine verbreitete Klage über die wegsehende Gesellschaft, während andererseits mit einigem Nachdruck vorm couragierten Eingreifen gewarnt wird.

Jenseits der handelsüblichen Debatten über schärfere Gesetze und Videoanlagen in den gesellschaftlichen Transiträumen gibt es jedoch Möglichkeiten, auf die wachsende Gewaltbereitschaft jugendlicher Kohorten Einfluss zu nehmen. Täter wie die Bande der Abkassierer in der S-Bahn fallen nicht vom Himmel. Lehrer, Eltern und Schüler können bereits jetzt hinreichend davon berichten, dass es auf den Pausenhöfen von Schulen Zonen gibt, in die man sich als Nichtzugehöriger eines Bandenumfelds besser nicht hineintraut.“

 

Sorgen eines Wechselwählers (5): CDU ohne Alternative?

Meine wöchentliche Kolume aus der ZEIT von morgen, Nr 39, S. 10:

Seit Steinmeier nicht übel abgeschnitten hat beim TV-Duell, kapriziert die andere Seite sich auf ein Killer-Argument: Der Kerl kann keine Regierung bilden. Er hat keine Machtoption!
Ich muss gestehen, das ist kein schönes, aber ein sehr starkes Argument, das mich mitten ins wankelmütige Herz trifft. Ich bin Wechselwähler, und in unserer zunehmend unübersichtlichen Parteienlandschaft heißt das: taktischer Wähler. Ich wähle nicht nur nach Überzeugung. Ich will mit meiner Stimme einen Wirkungstreffer landen. Wenn ich nun die Wahl habe zwischen einem Mann ohne Machtoption und einer Frau mit dreien, dann sollte es wohl eine klare Sache sein, bei wem ich mein Kreuzchen  mache.

Steinmeier kann zwar Schwarz-Gelb verhindern, aber keine Ampel formieren (Guido mag nicht) und kein rot-dunkelrot-grünes Bündnis schmieden (er selber mag nicht). Es wäre ein schöner Erfolg für ihn, Westerwelle einen höllischen Wahlabend zu bereiten und in der Opposition zu halten.
Meine Stimme für die Union hätte hingegen dreifache Gewinnchance: Große Koalition kann Merkel auf jeden Fall, Schwarz-Gelb vielleicht und womöglich (unwahrscheinlich) sogar Schwarz-Grün. Verlockendes Polit-Lotto!

Also Union wählen und sehen was rauskommt? Mir fiele es leichter denn je, und die Kanzlerin hat viel dafür getan: Sie hat die Partei gründlich entmufft. Spendensumpf getrocknet, Homann rausgeschmissen, Familienpolitik entrümpelt, Einwanderung akzeptiert, Klimawandel angefaßt. Merkel hat die Union sozialdemokratisiert und ihr die Obsession mit einem Konservatismus ausgetrieben, den keiner mehr lebt. Richtig so! Sie ist mir manchmal schon zu links, etwa beim Opel-Retten. Dass eine Unionskanzlerin sich freut, Putin zu ermöglichen, mit deutschem Geld eine amerikanische Firma zu kaufen, ist mir dann doch zu viel. Und wenn ich sie über gierige Manager schimpfen höre, möchte ich am liebsten einwenden, dass einige meiner besten Freunde Manager sind und ganz in Ordnung.

Wenn sie von Deutschland redet, geht es nur noch um unterbezahlte Friseurinnen und gierige Bonifresser. Die Mitte, die sie
doch wählen soll, kommt kaum noch vor.
Ich gehöre aber irgendwie zu dieser Mitte. Die Steuersenkung, die die Kanzlerin (sehr vage) verspricht, ist für mich. Und das empfinde ich als Beleidigung meiner Intelligenz. Ich war sehr fürs Bankenretten und auch fürs Konjunkturpaket. Ich weiss, wieviel Schulden wir haben. Und ich vermute, dass Angela Merkel selbst nicht daran glaubt, dass in absehbarer Zeit Steuersenkungen drin sind. Also warum sagt sie es? Weil sie mit meinen niederen Instinkten rechnet oder weil sie zwinkernd hofft, dass ich sie nicht ernst nehme?
Die Kanzlerin hält sich alles offen und ruft mir von allen Plakatwänden zu, dass ich an ihr eh nicht vorbeikann: »Wir wählen die Kanzlerin«, mahnen die CDU-Großflächen. Ich übersetze mir das so: Du könntest mir vielleicht noch Schwarz-Gelb kaputtmachen, mein Lieber. Aber regieren werde ich doch, mit wem auch immer. Also: Verhindern oder Gestalten?
Das ist für machtbewußte Wechselwähler, wie gesagt, ein bedenkenswertes Argument. Aber es ist auch gefährlich: Wir werden ziemlich fuchsig, wenn man uns bedeutet, dass wir zwar wählen können, aber einen Wechsel (an der Spitze) bitte nicht erwarten sollten. Eins können wir auf den Tod nicht ausstehen: Dass man keine Angst mehr vor uns hat. Ja, unser Herz ist ein beweglicher kleiner Muskel. Doch wir Flexiblen sind es, die dafür sorgen, dass Regierende nicht übermütig oder müde werden und Opponierende nicht bitter und demagogisch, weil sie bald schon wieder regieren können müssen. Alle Parteien mussten in Furcht vor unserer Flatterfhaftigkeit leben.
Bisher. Die Kanzlerin fürchtet mich nicht. Unerbittlich freundlich und alternativlos baut sie sich sich vor mir auf. Ich soll wählen, was ich nicht verhindern kann. Ich habe manchmal schon richtige Kohl-Flashbacks. Kann sein, dass mich das noch auf die andere Seite treibt.

 

Schamlose Eigenwerbung

Ich habe ein Buch geschrieben und möchte es allen Eltern, Paten, Onkeln, Tanten und Großeltern gerne ans Herz legen.
Es handelt davon, wie unsere Kinder uns erziehen.

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Bald mehr darüber.
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