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Schamlose Eigenwerbung

Ich habe ein Buch geschrieben und möchte es allen Eltern, Paten, Onkeln, Tanten und Großeltern gerne ans Herz legen.
Es handelt davon, wie unsere Kinder uns erziehen.

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Bald mehr darüber.
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Lob des Heldentums

Nach dem Mord in München diskutiert die Republik endlich über Gewalt im öffentlichen Raum und wie ihr zu begegnen sei.

Mein ganzer Artikel über Zivilcourage und Heldentum ist jetzt online beim Merkur.

Ich stelle das Thema dabei in einen weiteren Zusammenhang.

Auszug:

Es ist nicht schwer zu verstehen, warum der deutsche Zivilcouragediskurs nicht ohne Denunziation des Heldentums auskommt. Die Kritik am Heldentum versteht sich als Teil der geschichtspolitischen Aufarbeitung. Wenn Zivilcourage als Alternative zum Heldentum präsentiert wird, geht es darum, Unangepasstheit gleichsam zu demokratisieren und zu vergesellschaften. Nicht auf den Einzelnen, sein Pathos und moralisches Virtuosentum soll es ankommen. Um missbrauchsanfällige Heldenideale gar nicht erst aufkommen zu lassen, soll es unter dem Schlagwort Zivilcourage auch zu ermäßigten Kosten möglich sein, Mut zu zeigen, ohne Konfrontation und ohne Selbstgefährdung. Zivilcourage wird daher in Deutschland nicht einfach nur als Bürgermut, sondern immer auch als Gegenkonzept zum verdächtigen Kriegerethos früherer Zeiten verstanden.

Ob sich Zivilcourage aber verlustfrei entheroisieren lässt? Typischerweise bestreiten die Helden selber das Heroische ihrer Haltung: »Ich habe bloß meinen Job getan.« Oder sie behaupten, sie seien »nur zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen« und so zum Handeln gezwungen worden: »Jeder hätte sich so verhalten.« Ganz offenbar ist das aber nicht wahr. Es bleibt ein Geheimnis um das Nichtmitmachen, das oft auch von den Handelnden selber nicht durchschaut werden kann. Ohne das Pathos des Eigensinns kann der Schritt aus der Reihe nicht gelingen.

Ich will an drei Beispielen zeigen, dass die Rede von der Zivilcourage hohl bleibt, wenn sie nicht die radikalen Querköpfe im Blick hat, die sich nicht zu schade sind, »den Helden zu spielen«. Denn ohne die Bockigkeit der Schweißerin und Kranführerin Anna Walentynowicz wäre der Kommunismus in Polen womöglich bedeutend später zusammengebrochen. Ohne die Bereitschaft von John Lewis, immer wieder Schläge einzustecken, wäre Barack Obama heute vielleicht nicht Präsident der Vereinigten Staaten. Und auch die Blogeinträge des ägyptischen Studenten Karim Amer wird man vielleicht eines Tages als Vorboten eines Wandels sehen können…

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TV-Duell: Eine journalistische Katastrophe

Zeit für einen Wutanfall.

Kann es sein, dass die Journalisten (wir Journalisten) die Krise unseres politischen Systems herbeischreiben und herbeiquatschen (um mal beim gestrigen Abend zu bleiben), die wir dann beklagen?

Wie sich die vier Frager gestern abend bei dem „Duell“ zwischen Merkel und Steinmeier präsentiert haben, war beschämend. Statt die Kontrahenten zu den Inhalten zu befragen, wurde sofort auf die Metaebene ausgewichen: Sind Sie nicht ein altes Ehepaar? Wann wird der Wahlkampf endlich unterhaltend? (Als ginge es darum!) Wollen Sie nicht in Wahrheit eine zweite Große Koalition gründen? (Als wäre das nicht dem Wähler vorbehalten.) Und dann noch die „Tigerentenkoalition“ (Illner) oder die Schulnoten für Gerechtigkeit (Plasberg)! Halten diese Kollegen eigentlich das Publikum für doof und uninteressiert? Oder glauben sie, dass es eigentlich um nichts geht? Sie vermittelten jedenfalls den Eindruck.

Es wurde kaum in der Sache nachgefragt – Merkel nicht zu ihrem Steuerpopulismus, Steinmeier nicht zu seiner Opel-Retterei.

Immer wieder dieser Schwachsinn (Verzeihung), dass den beiden Kandidaten unterstellt wurde, sie könnten sich nichts Schöneres vorstellen als gemeinsam weiterzuregieren! Die Große Koalition war aber 2005 nicht gewünscht.Und sie wird auch nicht in Neuauflage erwünscht.

W i r (Wähler) haben sie herbeigewählt, die beiden Parteien haben sich in sie fügen müssen – und nun stehen beide vor historisch schlechtesten Wahlergebnissen. Und vor schrumpfenden Parteien, denen die Anhänger das Vertrauen entziehen.  Und müssen sich noch dazu vorhalten lassen, „langweilig“ zu sein. An der Zerstörung des Politischen ist diese Geschmäcklerei mit schuld.

Unerträglich auch der eitle Claus Peymann bei Anne Will, der sich „Sarkozy oder Berlusconi“ herbeiwünschte und der deutschen Politik „Zwergenhaftigkeit“ vorhielt. Was ist er denn selber für ein Geistesriese mit dieser Einlassung! Der Mann hält sich für links, aber sein populistische Schelte zeigt, aus lauter Rambazamba-Sehnsucht wäre er auch rechts sehr flexibel.

Die Intellektuellen (solche jedenfalls) sind in Deutschland das größere Problem für die Demokratie als die Politiker. Und die Journalisten dazu. Die Bildzeitung konnte sich ihren vorher ausgedachten Gag (Yes we gähn) nicht verkneifen, aber der Boulevard ist hier wirklich überall.Das Angeödetsein wird auch in manchen Qualitätsmedien gerne ausgestellt.

Wir haben keine korrupte, kaputte politische Kultur wie England. Wir haben keine zerstörte politische Kultur wie Amerika (wo Obama der blanke Hass entgegenschlägt). Wir haben keinen Berlusconi, keinen Wilders, keinen Blocher, keinen Le Pen, keinen Haider. Wir sind ein glückliches Land, was unser politisches Personal angeht.

Aber wir arbeiten hart daran, das kaputtzumachen.

 

Die Münchener S-Bahn-Schläger

So viel Aktualität für meinen Aufsatz im neuen Merkur hätte ich mir eigentlich nicht gewünscht: Wir wissen noch nicht genug über den Vorfall in der Münchener S-Bahn, bei dem ein Fünfizigjähriger erschlagen wurde, der die allseits gewünschte Zivilcourage an den Tag gelegt hatte.

Es heißt, der Mann habe sich richtig verhalten – eingegriffen, ruhig auf die prügelnden Jugendlichen eingeredet, die bedrohten Kinder beschützt und die Polizei gerufen. Dennoch folgten ihm die jungen Schläger und brachten ihm Verletzungen bei, denen er erlag.

Eines läßt sich aber schon feststellen: Es handelt sich hier nicht um ein Problem „junger krimineller Ausländer“. Die beiden mutmaßlichen Mörder sind Deutsche. Und im Lichte dieser Tatsache zeigt sich auch, wie fragwürdig die Koch’sche Instrumentalisierung des Falles war, den ich hier ausführlich besprochen habe.

Es geht um die Verteidigung des öffentlichen Raumes, um die Verteidigung der bürgerlichen Freiheit gegen alle ihre Feinde.

 

Maggie Thatcher, Commie

Oder jedenfalls nützliche Idiotin. Dies hier ist ziemlich starker Tobak. Man ahnte ja, wie sehr Thatcher ein vereintes Deutschland abgelehnt hat. Aber dass sie bereit war, den ganzen Ostblock unter der russischen Fuchtel zu lassen!

Reagan war wirklich ein Freiheitsfreund (im Bezug auf den Kommunismus). Thatcher interessierte sich nur für britische Interessen – und denen war offenbar besser gedient mit den Eisernen Vorhang. Shocking!

Two months before the fall of the Berlin Wall, Margaret Thatcher told President Gorbachev that neither Britain nor Western Europe wanted the reunification of Germany and made clear that she wanted the Soviet leader to do what he could to stop it.

In an extraordinary frank meeting with Mr Gorbachev in Moscow in 1989 — never before fully reported — Mrs Thatcher said the destabilisation of Eastern Europe and the breakdown of the Warsaw Pact were also not in the West’s interests. She noted the huge changes happening across Eastern Europe, but she insisted that the West would not push for its decommunisation. Nor would it do anything to risk the security of the Soviet Union.

So die Londoner Times.

Thatcher sagte zu Gorbatschow in einem geheim Gespräch:

The reunification of Germany is not in the interests of Britain and Western Europe. It might look different from public pronouncements, in official communiqué at Nato meetings, but it is not worth paying ones attention to it. We do not want a united Germany. This would have led to a change to post-war borders and we can not allow that because such development would undermine the stability of the whole international situation and could endanger our security.

 

Grüne Militanz

Der ARD-Deutschlandtrend hat erstaunlicher Ergebnisse zum Afghanistan-Engagement der Bundeswehr zu Tage gefördert. Die Zustimmung wächst erstmals wieder. Und sie ist am stärksten bei —- den Grünen!

Zitat aus ZEIT online:

„Am größten ist die Unterstützung für die weitere Stationierung unter den Anhängern der Grünen (50 Prozent dafür, 47 Prozent dagegen). Bei den Anhängern der Union halten sich Befürworter und Gegner eines längeren Einsatzes mit 46 beziehungsweise 47 Prozent annähernd die Waage. Bei der FDP sind 42 Prozent für ein längeres Engagement der Bundeswehr, bei der SPD 34 Prozent. Die geringste Zustimmung ist bei Anhängern der Linkspartei zu erkennen. Hier befürworten nur 22 Prozent eine weitere Stationierung der Bundeswehr.“

Über dieser Frage wird sich Schwarz-Grün also nicht zerlegen. Aber eine „rote Ampel“ sehr wohl (Rotrotgrün).

p.s. Sorry, der Artikel enthielt  falsche Zahlen für die SPD und die FDP. Ich habe sie korrigiert. Hier die Infografik zum Deutschlandtrend:

Bild 1

 

Pathos des Eigensinns

Dieser Tage erscheint das Doppelheft des Merkur zum Thema „Heldengedenken“. Ich habe eine Aufsatz über „Heldentum und Zivilcourage“ geschrieben, der das Heft eröffnet. Es folgt ein Auszug: (Das Heft lohnt sich zu kaufen!)

Am 20.Dezember 2007 kehrt der pensionierte Realschulrektor Hubert N.
von einer Weihnachtsfeiermit seinen alten Kollegen heim. AmMax-Weber-Platz steigt er um in die U4 Richtung Arabellapark und nimmt im letzten Wagen Platz, in der letzten Sitzreihe, wie er es immer tut. Zwei angetrunkene junge Männer setzen sich ihm gegenüber, Serkan A. und Spyridon L. Die beiden zünden sich eine Zigarette an und blasen den Rauch in Richtung des Rentners. Der sagt irgendwann den Satz, der sich als fatal erweisen wird: »In der U-Bahn wird nicht geraucht.« Die beiden beschimpfen ihn daraufhin als »deutsches Arschloch« und »scheiß Deutscher«. Als er aussteigt, folgen sie ihm und stoßen ihn, wie sich auf Überwachungsvideos beobachten lässt, von rückwärts zu Boden. Dann traktieren sie ihn mit Tritten gegen Kopf und Bauch. »Sie spielten Fußball mit meinem Kopf«, erinnerte sich der Lehrer. Er erleidet einen dreifachen Schädelbruch.
Der Fall Hubert N. wurde sehr schnell zu einem Politikum. Bald ging es um »kriminelle Ausländer« und eine vermeintlich allzu lasche Justiz. Das Getöse der Parteien um den Vorfall hat es bald unmöglich gemacht, ihn als
eine Episode zu sehen aus dem ganz normalen Alltag unserer Städte, die von ethnisch motiviertem Hass, Feigheit und Zivilcourage handelt. Wenn Roland Koch den Vorfall nicht für seine populistische Wahlkampagne zu vereinnahmen versucht hätte, fiele es leichter zu erkennen, dass das Schicksal des Hubert N. symptomatisch für unseren merkwürdigen Diskurs über »Zivilcourage« hierzulande ist.
Lassen wir die ganze hochideologische Debatte über den Fall beiseite: Auf
dem Überwachungsvideo aus der U-Bahn-Station kann man deutlich erkennen, wie einer der beiden Täter Anlauf nimmt und mit voller Wucht gegen den Kopf des liegenden Sechsundsiebzigjährigen tritt. Die außergewöhnliche Aggressivität der beiden jungen Männer führte zu einer monatelangen, republikweiten Debatte. Weiter„Pathos des Eigensinns“

 

Israel und die iranische Drohung

David Grossman, der große israelische Autor, hat der taz ein Interview gegeben, in dem bemerkenswerte Sätze stehen. Grossman hat einen Sohn bei der israelischen Offensive im Südlibanon 2006 verloren – in einem Krieg also, den er selbst abgelehnt hatte. Sein neuer Roman handelt von einem solchen Verlust.

Aber mich interessiert hier vor allem, wie er die israelische Wahrnehmung des Iran beschreibt.

Etwas wird bald passieren, wenn man die Nachricht dazu nimmt, die ich weiter unter referiere.

Grossman:

Würden Sie zustimmen, dass die Auffassung, Israel sei existenziell bedroht, eher eine rechte ist?

Ich würde zustimmen, dass die Rechte paranoider ist, aber auch in der Linken gibt es längst nicht mehr die Sicherheit, dass Israel existieren wird. Von außen macht Israel den Eindruck, stark zu sein, militant, aggressiv, eine Supermacht. Wer hier lebt, weiß, wie sehr das israelische Lebensgefühl von Verletzbarkeit und Zerbrechlichkeit geprägt ist und von der Bedrohung, in 20 Jahren vielleicht nicht mehr zu existieren. Die Angst, nicht mehr zu sein, ist ein Grundpfeiler der israelischen Erfahrung. Die Angst, dass eine große Katastrophe bevorsteht. Es gibt kein anderes Land auf der Welt, das vom Iran bedroht wird, ausgelöscht zu werden. Gegen uns wurde das Todesurteil verhängt. Und mehr als das: Es gibt kein anderes Land auf der Welt, dem, wenn es einen Fehler macht oder es ein Verbrechen begeht, wie es Israel von Zeit zu Zeit tut, das Existenzrecht abgesprochen wird. Nach der irakischen Invasion in Kuwait, als Saddam Hussein auszog, um Tausende Kurden zu morden, hat niemand gesagt, dass der Irak kein Existenzrecht hat. Nur über Israel wird das gesagt, und das ist unerträglich.

Unterdessen berichtet die New York Times, dass Iran nach Berichten amerikanischer Geheimdienste, die dem Weißen Haus vorliegen, die so genannte „breakout capability“ erreicht habe – also eine solche Menge an Uran angereichert habe, dass es in Kürze eine Bombe bauen könnte.

Zwar sei Iran noch nicht den letzten Schritt gegangen, aber das Land könne womöglich wesentlich früher so weit sein als bisher angenommen – in weniger als vier bis fünf Jahren, die man bisher veranschlagt hatte.

Iran soll große Fortschritte bei der Anreicherung gemacht haben.

Es gibt einen Wettstreit der Deutungen zwischen Israelis und Amerikanern. Israel glaubt nicht an die diplomatische Initiative Obamas.

Bald wird sich zeigen, was sie wert ist. Ende diesen Monats läuft das Ultimatum des amerikanischen Präsidenten aus, der Iran seine „ausgestreckte Hand“ zu Gesprächen gereicht hatte:

Israeli officials say privately that the Obama administration is deluding itself in thinking that diplomacy will persuade Iran to give up its nuclear program. The Obama administration says it believes that Iran is on the defensive — fearful of more crippling sanctions and beset by internal turmoil. But even inside the White House, some officials think Mr. Obama’s diplomatic effort will prove fruitless.

Some administration officials insist Israel is throwing out worst-case possibilities to “shorten the timeline” to an Iranian bomb as a way to put pressure on the Obama administration. But some administration officials acknowledge that Israel’s impatience and hints of military action are useful because they might push Iran into negotiations, with real deadlines.

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