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„Kinshasa Symphony“ im Kino

Wer einmal Beethoven in Kinshasa hören und das hinreissende Portrait eines kongolesischen Sinfonieorchesters  sehen möchte, hat nun die Gelegenheit: Ab heute läuft „Kinshasa Symphony“ in den deutschen Kinos. Der Dokumentarfilm von Claus Wischmann und Martin Baer schildert den Alltag der Mitglieder des Orchestre Symphonique Kimbanguiste (OSK): Ein Bratschist, der während der Proben auf die maroden Strommasten klettert, damit die Musiker Licht haben; ein Orchesterdirektor, der einen Kontrabass baut; Streicher, Bläser, Chorsolisten, die tagsüber auf oft irrwitzige Art ihr tägliches Überleben  in einer Millionenstadt organisieren, in der fast nichts mehr funktioniert. Und die abends inmitten von Verkehrchaos, Kneipenlärm und drückender Hitze Beethovens Neunte proben.

Warum? Weil sie diese Musik lieben. Und weil sie ihren auf Rumba und Congotronics versessenen Landsleuten die Klassik schmackhaft machen wollen. Aber das erzählen die Protagonisten in dem Film selbst am besten.

Einige Leser mögen sich erinnern: „Kinshasa Symphony“ lief unter großem Beifall auf der diesjährigen Berlinale. Und während der Dreharbeiten entstand die Recherche zur ZEIT-Reportage „Freude, schöner Götterfunken“ über das Orchester und die Religionsgemeinde der Kimbanguisten, der die Musiker angehören (erschienen am  26.11.2009 im ZEIT-Magazin).

Wischmann und Baer sind inzwischen wieder in Kinshasa gewesen, um ihren Film den Musikern und einem breiteren kongolesischen Publikum zu zeigen. Ich habe das OSK zwischenzeitlich auch wieder besucht. Zuletzt übte man für das nächste Konzert Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ sowie eine Komposition des ersten Geigers Héretier Mayimbi Mbuangi, der auch im Film einige Auftritte hat.

Dass die Musiker ohne Gage spielen, versteht sich von selbst. Dass sie ihre Instrumente zum Teil selbst bezahlen müssen, ebenfalls. Partituren sind ebenso Mangelware wie Saiten, Notenständer, ordentliche Stühle oder Übungsräume, in denen sich nicht gleichzeitig der Nachtlärm der Stadt mit Händels „Messias“ mischt.

Unter anderem Dank der freundlichen Hilfe einiger musikalischer ZEIT-Leser sind inzwischen genug Spenden für eine Oboe zusammengekommen – ein Instrument, das im Ensemble bislang fehlte. Die Regisseure Claus Wischmann, Martin Baer und Tonmann Pascal Capitolin engagieren sich bei der Suche nach Mitteln für eine Musikschule in Kinshasa sowie der Vermittlung von französischsprachigen Musiklehrern, die bereit sind, vor Ort für einige Wochen mit den OSK-Musikern und dem Nachwuchs zu arbeiten. Wer das OSK unterstützten möchte, erfährt genaueres auf der Website von betterplace.org.

 

Kagame, der Kongo und der Verdacht des Völkermords

545 Seiten, 1280 Zeugen, 1500 Dokumente, 600 Tatorte. Das sind die nüchternen Zahlen hinter einem Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte über Verbrechen während der beiden Kongo-Kriege zwischen 1996 und 2003. Es ist der erste umfassende, wenn auch keineswegs vollständige  Bericht über Gräueltaten während zweier Kriege, an deren Folgen – Massaker, Seuchen, Hunger –  bis heute mehrere Millionen Menschen gestorben sind. Und er enthält eine Bewertung, die das politische Gefüge in Zentralafrika schon jetzt erschüttert:  Nach Ansicht der Autoren könnten  – wohlgemerkt: könnten – die Verbrechen der ruandischen Armee Paul Kagames und der mit ihr alliierten kongolesischen Rebellen unter dem späteren kongolesischen Präsidenten Laurent Kabila den Tatbestand des Völkermords erfüllen. Offiziell soll der Bericht erst kommende Woche der Presse vorgestellt werden. Eine vorläufige Fassung wurde der französischen Tageszeitung Le Monde, zugespielt.

Es geht also um die Geschichtsschreibung des schlimmsten Krieges seit 1945 und um die Ereignisse in Ruanda und im Kongo in den späten 90er Jahren.
Im Sommer 1994 stoppen bekanntlich Tutsi-Rebellen unter dem Kommando des heutigen Präsidenten Paul Kagame den Völkermord in Ruanda, nachdem bereits 800.000 Tutsi und moderate Hutu Armee und Milizen zum Opfer gefallen sind. Die Täter fliehen mitsamt hunderttausender Hutu vor Kagames Rebellen in den Ost-Kongo, rüsten sich wieder auf und massakrieren grenzübergreifend weiter. 1996 löst  Kagame seinerseits die Flüchtingscamps militärisch auf und lässt seinen kongolesischen Frontmann Laurent Kabila innerhalb von sieben Monaten bis Kinshasa marschieren, wo dieser die Macht übernimmt, sich mit seinen ruandischen Sponsoren aber schnell überwirft. Diese marschieren erneut ein, was schließlich den zweiten Kongo-Krieg unter Beteiligung sämtlicher Nachbarländer zur Folge hat.

Dass alle Beteiligten dabei Kriegsverbrechen begangen haben, gilt heute als Binsenweisheit. Aber über die der ruandischen Seite wurde im Westen weitgehend geschwiegen. Weil die Weltgemeinschaft 1994 in Ruanda und dann bei der Flüchtlingskrise im Ostkongo versagt hatte, hatte Kagame – so zynisch es klingt – vor allem bei der amerikanischen und britischen Regierung ein paar Massaker gut. Jetzt konstatiert der Bericht „systematische und weit verbreitete Attacken gegen große Gruppen ruandischer Hutu-Flüchtlinge und Hutu-Zivilisten“, die, sollten sie vor einem ordentlichen Gericht verhandelt werden, als Völkermord klassifiziert werden könnten. Dazu zählten Massaker in der Art von Srebrenica, bei denen ausschließlich Männer exekutiert wurden, aber auch Massenmorde an Frauen, Kindern, Greisen, die als Hutu identifiziert wurden. Wie viele Opfer insgesamt? Das lässt sich kaum sagen. Zehntausende. Wahrscheinlich mehr als hunderttausend.

Unter anderem die inzwischen verstorbene Historikerin Alison des Forges, Autorin des Standardwerkes über den Genozid 1994 und Mitarbeiterin von Human Rights Watch, hatte mehrere Verbrechen von Kagames Truppen dokumentiert. Trotzdem konnte dieser letztlich durchsetzen, dass sich das UN-Ruanda-Tribunal nur mit dem Genozid des Hutu-Regimes befasst.

Denn ein unanfechtbares Täter-Opfer-Schema ist für Kagames Plan eines „neuen Ruanda“ ebenso unverzichtbar wie der wirtschaftliche Fortschritt, den er zweifellos erreicht hat (allerdings auch dank fortgesetzter Plünderung von Rohstoffvorkommen im Ost-Kongo).

Mit dem UN-Bericht ist dieser Nimbus wohl endgültig dahin. Dass der Report kommen würde, wusste Kagame seit langem. Nach Angaben von Le Monde hatte Kagame dem UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon gedroht, im Fall einer Veröffentlichung die ruandischen Truppen von der Blauhelm-Mission in Darfur abzuziehen oder sogar den Status als Mitgliedsland auf Eis zu legen. Vermutlich wollte der UN-Chef daraufhin zumindest den Völkermord-Verdacht streichen lassen, weswegen der Bericht dann prompt an die Presse gespielt wurde. Das spekuliert Jason Stearns, Afrika-Kenner und ehemaliger Ermittler einer der UN-Expertengruppen für den Kongo, der den bericht offenbar ebenfalls in seinen Händen hat.

Stearns weist übrigens auf ein wichtiges Detail hin: Die Autoren des Reports haben bei ihren Recherchen den „journalistischen Standard“ angewandt. Soll heißen: zwei unabhängige Quellen für jeden Tatbestand. Juristisch hat das noch keinen Bestand, solange die jeweiligen Zeugen die Aussage nicht persönlich und unwiderlegbar vor Gericht wiederholen.

Bleibt die Frage: welches Gericht wäre dafür zuständig? Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist nur für Verbrechen zuständig, die nach dem Inkrafttreten seines Statuts am 1. Juli 2002 begangen wurden. Das UN-Ruanda-Tribunal befinedt sich ebenso wie das UN-Jugoslawien-Tribunal in der Schlusskurve. Die ruandische Justiz wird einen Teufel tun und gegen die Mächtigen im Land ermitteln. Gleiches gilt für die kongolesische. Der amtierende Präsident Joseph Kabila ist der Sohn eines Hauptbeschuldigten in dem UN-Bericht, Laurent Kabila.

Bliebe nur die Option eines neuen internationalen Kongo-Tribunals. Und das ist – milde ausgedrückt – unwahrscheinlich.

 

Hit, rape and run – oder: was Afghanistan und der Kongo gemein haben

Was tut eine Rebellengruppe, deren Nachschublinien gestört werden und deren Kampftrupps militärisch unter Druck geraten? Sie eskaliert den Terror gegen die Zivilbevölkerung. Hit, rape and run – so kann man die Strategie der FDLR im Ostkongo bezeichnen. Zuschlagen, vergewaltigen und wieder abtauchen.

Anfang August haben die Kämpfer der aus Ruanda stammenden Hutu-Miliz  zusammen mit einer lokalen Mayi-Mayi-Miliz die Kleinstadt Luvungi und mehrere umliegende Dörfer in der Provinz Nord-Kivu besetzt und geplündert.  Über 170 Frauen sowie offenbar auch mehrere Jungen im Kleinkindalter sind vergewaltigt worden – meist durch Gruppen von bis zu sechs Bewaffneten, oft vor den Augen der gesamten Familie.

Ähnlich wie im Fall eines Massakers einer anderen Rebellengruppe im Nordosten des Kongo mit mehreren hundert Toten im Frühjahr haben Berichte über das Verbrechen erst drei Wochen später die Öffentlichkeit erreicht. Warum, ist nicht klar. Die vorliegenden Informationen beruhen vor allem auf den Recherchen kongolesischer Ärzte sowie Mitarbeitern von International Medical Corps (IMC), einer amerikanischen Hilfsorganisation.

Über das Verhalten von Blauhelmen eines nahe gelegenen UN-Stützpunkts gibt es widersprüchliche Angaben. Ein Sprecher der UN-Mission erklärte, die FDLR-Kämpfer hätten die Straßen blockiert und so verhindert, dass die Bewohner die UN alarmierten. Nach Aussagen von Bewohnern wiederum waren mehrere Dutzend UN-Soldaten im Einsatz, bekamen die Angreifer aber nie zu fassen: „Sobald die Blauhelme ein Dorf erreichten, zogen sich die Rebellen in den Wald zurück.“ Zogen erstere wieder ab, seien die Marodeure zurückgekommen.

Warum die Blauhelme keine Verstärkung erhielten, ist eine der Fragen, welche die UN nun beantworten muss. Im Auftrag von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sind der stellvertretende Leiter für UN-Friedenseinsätze und die UN-Sondergesandte für sexuelle Gewalt in Konfliktgebieten auf dem Weg in den Kongo.

Schon seit Monaten demonstriert die FDLR mit gezielten Überfällen und Anschlägen in den beiden Kivu-Provinzen, dass sie sich reorganisiert hat. Die Miliz ist die Resterampe jener Hutu-Militärs und Milizen, die 1994 den Völkermord in Ruanda organisierten und danach in den Ostkongo flohen. Ihre Fußtruppen bestehen mittlerweile aus  Jungmännern, die in den kongolesischen Flüchtlingslagern aufgewachsen sind, aber auch aus Kongolesen, die mit mehr oder weniger Zwang rekrutiert worden sind.

Seitdem Anfang 2009 die kongolesische Armee mit Unterstützung Ruandas und der UN gegen die FDLR in den Kivu-Provinzen vorgeht (und dabei ihrerseits massive Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung verübt), hat die Hutu-Miliz zahlreiche Kämpfer und die Kontrolle über einige Gebiete verloren. Inzwischen macht sie diese Verluste durch Allianzen mit anderen Milizen wett, vor allem mit verschiedenen Mayi-Mayi Gruppen.

Es waren offenbar FDLR-nahe Mayi Mayi Kämpfer, die vor wenigen Tagen drei indische Blauhelmsoldaten mit Macheten zu Tode gehackt haben. Die Inder hatten mitten in der Nacht Hilferufe vor den Toren ihres Stützpunkts gehört, waren ausgerückt und dann von mehreren Dutzend Kämpfern attackiert worden. Solche gezielten Attentate direkt an UN-Stützpunkten hat es bislang nicht gegeben.

Die UN-Mission im Kongo steckt längst in einem ähnlichen Dilemma wie die NATO-Truppen in Afghanistan (mit dem Unterschied, dass letztere um ein Vielfaches zahlreicher und besser ausgestattet sind): Sie kooperieren im Kampf gegen die FDLR mit einer Regierung und einer Armee, von denen sie nicht wissen, ob sie gerade Freund oder Feind sind; sie stoßen auf wachsende (und völlig verständliche) Ressentiments seitens der Bevölkerung, deren Schutz sie allenfalls punktuell garantieren können. Und sie haben es mit einem Gegner zu tun, der auf jeden militärischen Druck mit Gräueltaten gegen Zivilisten reagiert – und nun womöglich auch mit gezielten Attentaten auf UN-Soldaten.

Wie brutal effektiv Gewalt gegen Frauen in dieser Strategie funktioniert, wissen die FDLR-Kämpfer genau. Sie haben in Luvungi mit ihren öffentlichen Massenvergewaltigungen über 170 Menschen vor den Augen anderer gefoltert und das soziale Gefüge eine ganzen Gemeinschaft erschüttert, wenn nicht zerstört. Ohne einen Schuss abzugeben. Das kann man über den Terror an den BewohnerInnen hinaus auch als Nachricht an die internationale Öffentlichkeit verstehen, die sich im Kongo eher mit emotionalem Gestus, denn mit einer durchdachten Strategie den Kampf gegen sexuelle Gewalt auf die Fahnen geschrieben hat: ‚Seht her, wir schlagen jederzeit zu, egal was Ihr tut.’

Das Schlimme ist: in Afghanistan wie im Ost-Kongo würden viele Zivilisten lieber wieder unter der brutalen aber berechenbaren Herrschaft ihrer Peiniger leben als in diesem latenten oder offenen Kriegszustand. Sie ziehen die FDLR als Besatzungsmacht, was sie in Teilen der Kivus lange Zeit war, der permanenten Angst vor dem Terror vor.

Wobei die kongolesische Zivilbevölkerung weiter nördlich, in der Provinz Orientale unter einer noch viel schlimmeren Geißel zu leiden hat: Die aus Uganda eingesickerten Rebellen der „Lord’s Resistance Army“ (LRA) führen seit Monaten eine Terrorkampagne im Dreiländereck Sudan, Kongo und Zentralafrikanische Republik durch, entführen Kinder und Jugendliche, plündern die ohnehin ärmlichen Erntevorräte, „bestrafen“ Dorfbewohner für Kontakte mit UN-Soldaten oder Armee, indem sie ihnen Lippen und Ohren abschneiden.

Die LRA wie die FDLR sind, wohlgemerkt, längst nicht mehr so schlagkräftig und mächtig wie früher. Aber ihre Überlebensfähigkeit durch schieren Terror demonstriert eines: Zu glauben, man könnte sie mit einer militärischen „grand strategy“ ausschalten, ist ein für die Zivilbevölkerung verheerender Irrtum.

Es gibt in solchen Fällen keine „grand strategy“ – schon gar nicht im Kongo mit dieser Regierung und dieser Armee. Es gibt allenfalls eine für jede Provinz, jeden Bezirk anders aussehende Kombination aus Verhandlungen, Angeboten an Aussteiger, Frühwarnsystemen für gefährdete Dörfer, punktuellen Teufelspakten mit Milizen, um andere Milizen auszuschalten und mit gezielten Militärschlägen als letztem Mittel. Außerdem mit Hilfsgeldern nicht nur für Frauenprojekte, sondern auch für Straßen, damit entlegene Regionen erreichbar werden. Und für Gefängnisse, damit man festgenommene Täter überhaupt einsperren kann.

Was braucht es noch? Einen verdammt langen Atem und massiven Druck auf die Regierung in Kinshasa. Deren Desinteresse an der körperlichen Unversehrtheit ihrer BürgerInnen und an einer nachhaltigen Reform der eigenen Armee ist skandalös. Ebenso ihre wiederholte Forderung nach einem baldigen Abzug der UN-Truppen. Denen kann man nach wie vor alle möglichen Versäumnisse und Fehlentscheidungen vorwerfen. Aber sie haben in den vergangenen Jahren – das konstatieren auch Hilfsorganisationen – trotz viel zu kleiner Truppenstärke einiges dazu gelernt, wenn es um den Schutz der Bevölkerung vor der eigenen Armee oder Rebellen geht. Und bei allen Ausbrüchen der Wut und Verzweiflung über die UN, die ich in den Kivu-Provinzen von KongolesInnen zu hören bekommen habe – auf die Frage, ob die UN abziehen sollte, habe ich noch nie ein „Ja“ vernommen. Sondern in aller Regel ein erschrockenes: „Um Gottes Willen, nein. Dann wird es wieder so schlimm wie früher.“

 

Naomis „schmutzige Steine“ – Teil II

Die Woche fing nicht gut an für den Angeklagten. Auch nicht für den Superstar, der vergangenen Freitag im Zeugenstand Platz genommen hatte. Nach dem Auftritt  von Supermodel Naomi Campbell im Prozess gegen Liberias Ex-Staatschef Charles Taylor, hörte das Sondertribunal zu Sierra Leone (SCSL) Montag und Dienstag die Schauspielerin Mia Farrow und Campbells ehemalige Agentin Carol White als Zeuginnen.

Beide waren, wie Taylor und Campbell,  bei jenem Prominentendinner 1997 in Südafrika dabei gewesen, zu dem Nelson Mandela eingeladen hatte. Die entscheidende Frage für das Gericht: Hatte der liberianische Kriegsherr und Politiker damals dem Model Rohdiamanten geschenkt? Mit Diamanten soll Taylor für seine Waffenlieferungen an die Rebellen der „Revolutionary United Front“ (RUF) bezahlt worden sein, die ihrerseits während des Bürgerkriegs im Nachbarland Sierra Leone Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung verübten und die Diamantenfelder durch Zwangsarbeit ausbeuteten.

Seit Montag lautet eine zweite interessante Frage: Hat Naomi Campbell eine Falschaussage unter Eid abgegeben? Das Supermodel bestätigte bei seiner Vernehmung am Freitag mit sparsamen Worten gerade so viel: Ja, sie habe in jener Nacht im Hotelzimmer von ihr unbekannten Männern einen Beutel mit „schmutzig aussehenden Steinen“ erhalten. Nein, sie habe keine Ahnung, wer die Männer geschickt hatte.

Farrow und White erinnern sich anders.  Laut White habe Charles Taylor dem Model noch während des Dinners ein Diamantengeschenk angekündigt, worüber ihre damalige Chefin hoch erfreut gewesen sein soll. Auch Farrow sagte aus, Campbell habe sehr wohl gewusst, dass die Steine von Taylor kamen. Zwei Aussagen gegen eine. Glauben die Richter Farrow und White, so wäre der Ex-Präsident erstmals des Besitzes von Rohdiamanten überführt, den er bislang vehement bestritten hat. Taylors Anwälte unterstellten White, sie habe ein „Motiv zu lügen“, da sie in einer anderen Sache mit Campbell in einem Rechtsstreit liege. Farrow wieder fühle sich als „Mutter Teresa“ von Afrika, was wohl heißen sollte, sie mache grundsätzlich gern Jagd auf afrikanische Ex-und Nochstaatschefs. Das klang eloquent und bissig, wirkte als Verteidigungsstrategie aber doch etwas hilflos.

Die Star-Auftritte im Haager Gerichtssaal beschäftigen seit Tagen Boulevard-Presse und Klatsch-Kolumnisten. Und sie beschäftigen die Leute in Sierra Leone. Seit acht Jahren herrscht Frieden in dem Land, Zehntausende waren in dem elf Jahre dauernden Bürgerkrieg getötet worden. Zehntausenden wurden von der RUF Arme oder Hände abgeschlagen. 2004 begann das von der UN-unterstütztes Sondertribunal mit Prozessen gegen die Anführer der Kriegsparteien, acht sind inzwischen verurteilt, der Prozess gegen Taylor ist das Finale des Tribunals.

Public Trial Viewing gibt es in Sierra Leone nicht, nur wenige sind im Besitz eines Fernsehers. Aber die Menschen sehen CNN oder BBC in kleinen Holzbudenkinos, vorausgesetzt der Besitzer hat genügend Sprit-Geld für den Generator. „The diamond lady“ wird Campbell in der Hauptstadt Freetown genannt. „Was uns schockiert“, sagt Abu Brima, Aktivist beim „Network Movement for Jusitice and Development“, „dass sie nicht auf der Seite der Leute steht. Dass sie nicht laut und klar sagt: ‚Charles Taylor hat mir Diamanten gegeben.’“ Dass die „Diamanten-Lady“ nicht gewusst haben will, wer sie in jener Nacht in Südafrika beschenken ließ, glaubt in Freetown niemand.

Und wo sind die Diamanten jetzt?

Um das genau zu beantworten, müsste man wissen, wie viele es waren.

Laut Farrow erzählte eine entzückte Naomi Campbell an jenem morning after, sie habe von Taylors Männern einen „riesigen Diamanten“ bekommen. Laut White, die bei der Übergabe damals dabei war, sind es „fünf oder sechs“ Diamanten gewesen. Laut Campbell haben sich in dem Beutel drei kleine  Steine befunden, die sie dem Leiter der Kinderstiftung von Nelson Mandela übergeben habe. Dem ist nun nach dreizehn Jahren wieder eingefallen, dass  bei ihm zuhause noch drei Rohdiamanten herum lagen. Diese hat er nun der südafrikanischen Polizei übergeben. Ob sich noch weitere Steinchen oder besagter Riesendiamanten in dem Beutel befanden, wissen nur das Model – und der Angeklagte.

P.S.: Noch ein Nachtrag in eigener Sache für all jene Kommentarschreiber, die sich über den angeblich zu polemischen Ton im allgemeinen und bei meiner Berichterstattung über Naomi Campbells juristisch relevante Starallüren im besonderen empört haben:

1: Dies ist ein Blog, kein Amtsblatt.

2: Wer wie Naomi Campbell auf der superprivilegierten Überholspur durch die Welt saust, in ein Sechs-Sterne-„Hotel für Milliardäre“ investiert, gleichzeitig auf einem Image als Wohltäterin für arme Kinder besteht und dann nur unter Strafandrohung zu einer wichtigen Aussage in einem Prozess um schwerste Verbrechen (unter anderem gegen Kinder) veranlasst werden kann – nun ja, der ist mit Polemik noch verdammt gut bedient.

 

Naomis „schmutzige Steine“ – Supermodel Campbell sagt im Taylor-Prozess aus

Madame erschien mit Verspätung und indigniertem Gesichtsausdruck im Gerichtssaal, aber solches Gehabe ist Naomi Campbell ihrem Ruf als Diva schuldig. Davon einmal abgesehen, verlieh das Supermodel heute Morgen in Den Haag dem Sondertribunal für Sierra Leone (SCSL) gehörig Auftrieb. Man hatte ja fast vergessen, dass hier der zweite internationale Strafprozess überhaupt gegen einen ehemaligen Staatschef läuft – und zwar recht zügig und geordnet. Nach dem chaotischen Marathonverfahren gegen Serbiens Ex-Präsidenten Slobodan Milošević vor dem UN-Jugoslawien-Tribunal, das 2006 bekanntlich nicht mit einem Urteil, sondern dem Herzversagen des Angeklagten endete, geht es im Prozess gegen den ehemaligen liberianischen Staatschef Charles Taylor nach Startschwierigkeiten recht straff zu. Ein Urteil könnte noch in diesem Jahr fallen.

Hat Naomi Campbell nun eine entscheidende Aussage gegen den Angeklagten geliefert? Sagen wir es so: Sie hat sich alle Mühe gegeben, möglichst vage zu bleiben.

Taylor ist der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. In seiner Amtszeit als Präsident Liberias (die sich durch horrende Menschenrechtsverletzungen auszeichnete) soll er Rebellen der Revolutionary United Front (RUF) im Nachbarland Sierra Leone mit Waffen versorgt und diese wiederum mit „Blutdiamanten“ bezahlt haben. Die Gräueltaten der RUF, darunter das Abhacken von Händen und Armen, ist ebenso ausführlich dokumentiert wie ihre Ausbeutung der Diamantenminen des Landes. Die Allianz zwischen Taylor und der RUF gilt als Fakt.

Das Problem ist: Was in Zeitungen oder Berichten von Menschenrechtsorganisationen steht, reicht als Beweismittel für einen Schuldspruch nicht aus. Taylors Verteidigungsstrategie ist denkbar einfach. Er streitet alles ab und hat sich vom Kriegstreiber zum Konfliktvermittler in Westafrika umgeformt. Von dieser Fassade konnten die Ankläger einiges abkratzen. Aber den Zeugen, der Taylor und Rohdiamanten direkt in Verbindung bringen konnte, hatten sie bislang nicht.

Bis Naomi Campbell kam. Nicht ganz freiwillig.

Campbell hatte 1997 an einem Celebrity-Dinner im Hause von Nelson Mandela teilgenommen. Mit dabei unter anderem der Musikproduzent Quincy Jones, die Schauspielerin Mia Farrow und Charles Taylor – damals bereits ein berüchtigter Kriegsherr, aber auch frisch gewählter Präsident Liberias und in Mandelas Augen womöglich gerade mitten in der Transformation vom Warlord zum Staatsmann.

Die Ankläger im Taylor-Prozess argumentieren, dass er 1997 mit Rohdiamanten aus Sierra Leone auf Waffenkauf in Südafrika gewesen sei. Taylor behauptet, er sei zur medizinischen Behandlung nach Südafrika gereist und habe nie irgendetwas mit Rohdiamanten zu tun gehabt. Am Morgen nach dem Dinner soll Campbell nun brühwarm Mia Farrow berichtet haben, nachts hätten Männer an ihre Hotelzimmertür geklopft und ihr mit besten Grüßen von Charles Taylor Rohdiamanten geschenkt. Was Farrow wiederum gegenüber dem Tribunal 2009 (reichlich spät, könnte man sagen) zu Protokoll gab.

Worauf Campbell die ganze Geschichte erst einmal abstritt und in der ihr eigenen Selbstbeherrschung einem Kameramann des US-Senders ABC wegen allzu hartnäckiger Nachfrage das Gerät aus der Hand schlug. Die Medien hatten ihre „Zicken-Story“ – und Chefanklägerin Brenda Hollis eine wichtige Zeugin, die allerdings erst mit Vorladung und Androhung von Zwangsmaßnahmen zum Erscheinen in Den Haag bewegt werden konnte.

Dort hat Naomi Campbell nun heute morgen ausgesagt, sie habe in jener Nacht von Männern einen „Beutel“ überreicht bekommen, diesen erst am folgenden Morgen geöffnet und darin „schmutzig aussehende Steine“ entdeckt. Von wem das Geschenk stammte, wollte sie nun nicht mehr wissen. Farrow habe beim Frühstück die Vermutung ausgesprochen, der großzügige Verehrer müsse wohl Taylor gewesen sein. Diese Aussage beißt sich mit der Darstellung von Farrow, wonach Naomi Campbell sehr wohl gewusst haben soll, wer der Gönner war. Und sie erlaubt nun Taylors Verteidigern die These, dass die dirty stones auch von einem unbekannten Verehrer geschickt worden sein können.

Im Übrigen wurde Frau Campbell nicht müde zu betonen, dass sie um die Sicherheit ihrer Familie fürchte. Sie habe irgendwann im Internet herausgefunden, dass Taylor ein gefährlicher Mann sei, der „Tausende von Menschen umgebracht haben soll.“ Ihre Zeugenaussage sei also eine „Unannehmlichkeit“, die sie schnell hinter sich bringen wolle.

Nun machte Frau Campbell keinen sehr gefährdeten Eindruck. Sie hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie ziemlich unvermittelt zuschlagen kann (nicht nur gegen Kameraleute, auch gegen Angestellte, die nicht spuren). Aber ihre Rehaugen-Show hatte den unbeabsichtigten Effekt, an all die anderen Zeugen zu erinnern. An die Überlebenden von Massakern, die vergewaltigten Frauen, die Verstümmelten, die bislang den Mut hatten, in Den Haag auszusagen. Und die dann in die bittere Armut ihres Nachkriegslandes heimgekehrt sind, wo sie im Zweifelsfall den Fußtruppen der RUF, den ehemaligen Kindersoldaten und Jungmännern jeden Tag auf der Straße begegnen, die damals im Auftrag ihrer Hintermänner mordeten. Denn das Sondertribunal, das nach dem Taylor-Prozess seine Tore schließen wird, verhandelt nur gegen die Hauptverantwortlichen des Bürgerkriegs, in dem Zehntausende Zivilisten getötet oder verstümmelt wurden.

Und wo sind die „schmutzigen Steine“ geblieben, die Naomi Campbell damals so lässig neben ihrem Bett deponierte? Sie behauptet, den Beutel an den Nelson Mandela Children’s Fund weitergegeben haben. Die Stiftung bestreitet das. Womöglich liegen die Diamanten ja noch in irgendeinem Supermodel-Schminkbeutel.

 

Paukenschlag in Den Haag: Warum der Prozess gegen Thomas Lubanga ausgesetzt wurde

Wenn es bei Gericht so etwas wie Donnerhall gibt, dann hat es gestern in Den Haag mächtig geknallt. Seit anderthalb Jahren zieht sich der Prozess des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGh) gegen den ehemaligen kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga hin. Nun haben die drei Richter unter Vorsitz des Briten Adrian Fulford das Verfahren ausgesetzt – und die Freilassung Lubangas angeordnet. Die Anklagebehörde hatte Fulfords Anweisung ignoriert, die Identität eines kongolesischen Zeugen offen zu legen, der seinerseits Zeugen der Anklage für ihre Aussage bezahlt und deren Inhalt manipuliert haben soll.

Bis auf weiteres bleibt Lubanga, dem Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten vorgeworfen wird, hinter Gittern. Fulford gab den Anklägern fünf Tage Zeit, gegen seine Entscheidung Widerspruch einzulegen, was diese mit Sicherheit tun werden. Ob Lubanga während der Verhandlung des Widerspruchs in Haft bleibt, muss dann die Berufungskammer des IStGh entscheiden.

Der  Beginn des ersten Prozesses des IStGh im Januar 2009 wurde noch als historischer Auftakt einer „Weltstrafjustiz“ gefeiert. Nun sind ausgerechnet bei dieser Premiere so ziemlich alle denkbaren Probleme zu einer Zerreißprobe zwischen Richtern und Anklägern eskaliert. Es geht um elementare, scheinbar unvereinbare Prinzipien: den Schutz von Zeugen und das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren. Es geht um die enormen Hindernisse bei den Ermittlungen in einem völlig zerstörten Land wie dem Kongo. Es geht um das Dilemma zwischen weltweiter Empörung über Kriegsgräuel einerseits und deren so mühsam und ineffektiv erscheinender juristischer Aufarbeitung andererseits. Und es geht ganz konkret um „intermediary 143“.

So wird in den Gerichtsakten jener vermutlich kongolesische Mittelsmann genannt, der am Schauplatz der Kriegsverbrechen im nordöstlichen Bezirk Ituri der Haager Anklagebehörde geholfen hat, Kontakte zu Zeugen herzustellen und deren Aussage aufzunehmen. Mit solchen einheimischen Mittelsmännern zu kooperieren, ist eine übliche Vorgehensweise. Bei ihren Ermittlungen sind die Ankläger maßgeblich auf die Informationen und Kontakte kongolesischer Menschenrechtler und Dolmetscher sowie auf die Nachforschungen dort stationierter UN-Mitarbeiter angewiesen. Vor allem erstere erwarten dafür Wahrung ihrer Anonymität und Schutz vor Repressalien, so weit dieser in einem Land wie dem Kongo überhaupt möglich ist.

Nachdem inzwischen zwei Zeugen, die von Lubangas Miliz rekrutiert worden sein sollen, ihre Aussagen gegen den Angeklagten  zurückgezogen haben, werfen die Verteidiger eben jenen Mittelsmännern vor, Aussagen manipuliert zu haben.  Lubangas Anwältin Catherine Mabille und ihre Kollegen fordern, die Identität von „intermediary 143“ zu erfahren und diesen selbst vorzuladen. Richter Fulford hielt das für ein vertretbares Ansinnen, das Büro von Chefankläger Luis Moreno-Ocampo nicht. Letzterer will den Namen von „intermediary 143“ nicht herauszurücken, auch nicht an den kleinen Kreis der Verteidiger, solange der Mittelsmann nicht ausreichend geschützt ist.

Sich der Anordnung eines Richters so demonstrativ zu widersetzen, geht  – zunächst – für keinen Ankläger gut aus. Fulford ist das, was man im Englischen als „no-nonsense-guy“ bezeichnet. Also jemand, der sich von keiner Streitpartei vorführen lässt. Schon vor Prozessbeginn rasselten er und seine beiden Kollegen, der Bolivianer René Blattman und die Costaricanerin Elisabeth Odio Benito, mit Ocampos Abteilung aneinander. Damals ging es um potenziell entlastendes Beweismaterial, dass die Anklagebehörde unter Verweis auf Schutz ihrer Quellen nicht an Lubangas Verteidiger weitergeben wollte. Diese Runde gewann Ocampo. Die Berufungskammer entschied in seinem Sinne. Offensichtlich hofft er auch bei diesem Konflikt auf die nächst höhere Instanz.

Soviel zum juristischen Innenleben auf dem Planeten Den Haag. Nach außen, vor allem nach Ituri, sind diese Ereignisse sehr viel schwerer zu vermitteln. Dort starben 1999 und 2003 in einem Krieg zwischen ethnischen Milizen über 50.000 Menschen, unter anderem von Hand jener Kindersoldaten, deren Rekrutierung Lubanga vorgeworfen wird. Unter anderem eine EU-Militärmission führte schließlich einen fragilen Frieden herbei.

Dass inzwischen auch ehemalige Kriegsgegner von Lubanga auf der Anklagebank des IStGh sitzen, hat im Kongo das Gerücht entschärft, hier würden nur die Täter einer ethnischen Gruppe verfolgt. Dass vier Jahre nach der Überstellung von Lubanga aus einem kongolesischen Gefängnis nach Den Haag immer noch kein Urteil ergangen ist, finden die Bewohner Ituris kaum nachvollziehbar. Eigens eingerichtete Radioprogramme erlauben ihnen durchaus, die Ereignisse in Den Haag genau zu verfolgen.

Die neuerliche Krise des Lubanga-Prozesses erwischt den Gerichtshof zu einem prekären Zeitpunkt. Der Prozessauftakt gegen den bislang prominentesten Untersuchungshäftling, den ehemaligen kongolesischen Vize-Präsidenten Jean-Pierre Bemba, ist gerade wieder verschoben wurden. So mancher Experte hält die Anklage-Konstruktion in diesem Fall für ziemlich wackelig.

Gleichzeitig hat der Gerichtshof gerade seine erste Überprüfungskonferenz hinter sich. Bei der haben sich die Vertragsstaaten darauf geeinigt, in Zukunft dem IStGh auch eine (allerdings eingeschränkte) Jurisdiktion über den Tatbestand des Angriffskriegs zu übergeben.

Simpel formuliert: die Erwartung an den einzigen permanenten internationalen Strafgerichtshof, die schlimmsten Verbrechen und ihre Haupttäter zu bestrafen, sind noch größer geworden. Gleiches gilt nicht unbedingt für die Ausstattung des Gerichts. Es gilt auch nicht für die Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft, den politischen Druck auf Angeklagte wie den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir zu erhöhen.

Sollte jetzt ausgerechnet die juristische Premiere des IStGh, der Lubanga-Prozess, platzen, hätte das Gericht einen bitteren Erfolg zu verbuchen: Es hätte das Prinzip des fairen Verfahrens hoch gehalten, aber gleichzeitig den eigenen Ruf nachhaltig ramponiert.

 

Neues im Fall Chebeya: Ein Obduktionsbericht und ein aufgescheuchter Polizeiapparat

Ein Geständnis, ein vorläufiger Obduktionsbericht, eine mittlere Staatskrise und jede Menge Spekulationen. Das ist der Stand der Dinge im Fall Chebeya – elf Tage, nachdem die Leiche des Leiters der Menschenrechtsorganisation Voix des Sans-Voix (VSV) am Stadtrand von Kinshasa gefunden worden war.

Nach einer außergewöhnlichen Welle des internationalen Protestes hatten die kongolesischen Behörden innerhalb weniger Tage einen Tatverdächtigen präsentiert: Keinen geringeren als Daniel Mukalay, Chef des Polizeigeheimdienstes. Mukalay, als Folterer berüchtigt,  soll den Mord an Chebeya gestanden und dabei auch den obersten Polizeichef John Numbi belastet haben, einer der mächtigsten Männer des Landes und ein enger Berater von Präsident Joseph Kabila.  Chebeya war am späten Nachmittag des 2. Juni von Numbi zu einem Gespräch vorgeladen worden und danach verschwunden. Numbi steht seitdem unter Hausarrest. Inzwischen wurde auch der Polizeichef von Kinshasa, Jean de Dieu Oleko, unter Hausarrest gestellt. Oleko war das erste hochrangige Polizist gewesen, der nach dem Fund der Leiche von einem Verbrechen gesprochen hatte.

Mit Erlaubnis der kongolesischen Behörden haben inzwischen forensische Experten des renommierten niederländischen Labors Verilabs Chebeyas Leiche in Kinshasa obduziert. In einem ersten vorläufigen Bericht machten die Ermittler noch keine Aussage über die Todesursache, stellten aber Spuren der Gewalt an Chebeyas Körper fest. Ein endgültiger Obuktionsbericht sei, so ein Sprecher des Labors, erst in einigen Wochen zu erwarten.

In Kinshasa wird unterdessen heftig spekuliert: Ist Numbis vorläufiger Sturz eine politische Finte ? Oder war der Polizeichef dem Präsidenten zu mächtig geworden? War Chebeyas Tod ein eiskalter Auftragsmord? Oder ist irgendwann am Abend des 2. Juni eine Aktion der Einschüchterung „aus dem Ruder gelaufen“?

Chebeyas Mitstreiter wollen seinen Leichnam am 30. Juni beisetzen, dem Tag der großen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit des Kongo. Ob das eine taktisch kluge Idee ist, darf man bezweifeln. Menschenrechtsaktivisten leisten im Kongo eine enorm mutige und wichtige Arbeit – aber sie genießen in der internationalen Öffentlichkeit oft mehr Aufmerksamkeit als unter ihren eigenen Landsleuten. Die sind meist viel mehr mit ihrem alltäglichen Überlebenskampf beschäftigt sind als mit den Berichten von VSV oder anderen Organisationen. Die Beisetzung dürfte also bestenfalls im großen Trubel der Paraden untergehen. Oder sie wird von der Polizei verboten. Oder mit Gewalt gestoppt. Keine der drei Optionen wäre den eigentlichen Zielen dienlich: nämlich den Mord an einem der mutigsten Aktivisten und das Schicksal seines immer noch verschwundenen Fahrers Fidele Bazana aufzuklären. Und den internationalen Druck auf die kongolesische Regierung in Sachen Menschenrechtsschutz aufrecht zu erhalten.

Wie viel Eindruck Chebeya Zeit seines Lebens auf jene gemacht hat, die ihn persönlich kannten und unterstützten, zeigt ein Nachruf, der auf der Website der US-amerikanischen National Endowment for Democracy (NED) veröffentlicht worden ist. Der Autor Dave Peterson ist Leiter des Afrika-Programms der NED:

Floribert was a realist.  He understood politics.  But he never sacrificed principles.  He was as unafraid to denounce American policies he saw as wrong as he was those of his own government.  When most other Congolese, including some human rights advocates, were denouncing the Tutsis and Banyamulenge after the Rwandan invasion, Floribert defended the rights of innocent civilians who were targets of human rights abuse no matter what their ethnicity.   He had enormous energy.    (…) Floribert undoubtedly inspired hundreds of activists throughout the country who still cite VSV for getting them off the ground, showing them how to do human rights work, and counseling them on strategy.  (…)  His impact on the human rights movement and the understanding and appreciation for democracy in Congo was profound.

 

Srebrenica: Lebenslänglich für Völkermord

Im Gerichtssaal wirkten sie oft wie eine gut gelaunte Seniorentruppe im Sonntagsanzug – allen voran die beiden Hauptangeklagten Ljubisa Beara und Vujodin Popovic. „Nicht schuldig“ erklärten sie selbstsicher vor drei Jahren bei der Eröffnung ihres Prozesses vor dem UN-Jugoslawien-Tribunal in Den Haag. „Schuldig“, antworteten an diesem Donnerstag die Richter und verhängten gegen die beiden lebenslang wegen Völkermords in Srebrenica und weiterer Verbrechen im Bosnienkrieg. Fünf weitere Angeklagte erhielten Haftstrafen zwischen 35 und fünf Jahren – unter anderem wegen Beihilfe zum Genozid.

Nachrichten aus dem Haager UN-Tribunal erhalten nicht mehr viel Aufmerksamkeit, wenn die Namen Karadzic und Mladic nicht darin vorkommen. Doch dieser Prozess markiert einen Meilenstein in der juristischen Aufarbeitung des Bosnien-Krieges. Sollte die Berufungskammer den Richterspruch bestätigen, wären Beara und Popovic die ersten Angeklagten des UN-Tribunals, die des Genozids überführt worden sind.

Die beiden, wie auch ihre Mitangeklagten, bildeten die zweite Reihe der Täter hinter Radovan Karadzic, dessen Prozess vor dem Tribunal im Oktober 2009 begonnen hat, und Ratko Mladic, dem Oberbefehlshaber der bosnisch-serbischen Armee, der immer noch flüchtig ist.

Beara, den einstigen Sicherheitschef der bosnisch-serbischen Armee, bezeichneten die Richter in ihrer Urteilsbegründung als eine „treibende Kraft“ hinter dem Massaker von Srebrenica, bei dem im Juli 1995 rund 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet wurden. Der heute 70- jährige ehemalige Oberst hatte Orte für die Massenexekutionen ausgesucht, Hinrichtungskommandos und das Ausheben von Massengräbern organisiert und war bei den Massakern teilweise anwesend.

Popovic, ehemals Oberstleutnant, war Sicherheitschef des Drina-Korps, das im März 1995 von Mladic den Auftrag erhalten hatte, in den UN-Schutzzonen Srebrenica und Zepa, „eine unerträgliche Situation der totalen Unsicherheit zu schaffen, ohne Hoffnung auf Überleben oder Leben für seine Bewohner“.

Das Urteil im bislang umfangreichsten Prozess erfolgt fast genau 15 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica. Spät, zu spät, finden viele – vor allem Überlebende und Angehörige der Opfer. „Wer könnte es ihnen verübeln“, schreibt die kroatische Publizistin Slavenka Drakulic, Autorin des preisgekrönten Buches „Keiner war dabei“ über die Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht. Genugtuung und Seelenfrieden für die Überlebenden zu schaffen, können solche Prozesse kaum leisten.

Aber – abgesehen von der Bestrafung der Täter – dokumentieren sie mühsam und langsam die Wahrheit über Menschheitsverbrechen. Im Verfahren gegen Beara und seine Mitangeklagten hieß das: 425 Verhandlungstage, 315 Zeugen, über 80.000 Seiten an Gerichtsakten.
Das sei die Leistung des Tribunals, schreibt Drakulic. „Es ist für die Serben nicht länger möglich, das Geschehene zu leugnen.“ Es wird zumindest schwerer.

Und Mladic? Neben dem kroatischen Serbenführer Goran Hadzic ist er der letzte flüchtige Angeklagte des UN-Tribunals und hält sich offenbar weiterhin in Serbien versteckt. Am Dienstag hatte die serbische Polizei Mladic’s Frau Bosiljka in Belgrad festgenommen. Anlass waren illegale Schusswaffen, die vor zwei Jahren bei einer Hausdurchsuchung gefunden worden waren. Die Polizeiaktion jetzt soll, so die optimistische Interpretation, offenbar den Druck auf Mladic erhöhen, sich zu stellen.

Die Kooperation Belgrads mit dem ICTY – und dazu gehört die Fahndung nach Mladic – ist bekanntlich eine Bedingung für die Integration Serbiens in die EU. An dieser Bedingung halten ernsthaft nur noch die Niederlande fest. Und die werden zunehmend von anderen EU-Mitgliedsstaaten bedrängt, den Weg für Serbien in die Union auch dann frei zu machen, wenn Mladic nicht gefasst ist.

Am Montag wird in Brüssel wieder über das EU-Stabilisierungs -und Assoziierungsabkommen (SAA) mit Serbien verhandelt. Zahlreiche Menschenrechtsaktivisten und Völkerrechtler, darunter der ehemalige Chefankläger des ICTY, Richard Goldstone, haben nun die EU-Mitgliedsländer aufgefordert, diesen politischen Druck auf Serbien aufrechtzuerhalten. Andernfalls würde sich Mladic Recht und Gerechtigkeit entziehen.

Mladic’s Familie hatte übrigens im Mai beantragt, den Serbengeneral offiziell für tot erklären zu lassen – um die Auszahlung seiner Pension zu ermöglichen.

 

Mordfall Chebeya: Polizeichef unter Hausarrest

Der Mord an dem kongolesischen Menschenrechtler Floribert Chebeya hat in Kinshasa ein politisches Erdbeben ausgelöst.Wie Radio Okapi und andere Medien melden, wurde John Numbi, Generalinspekteur der Polizei und einer der mächtigsten Männer im Land, am Samstag von seinem Posten suspendiert und unter Hausarrest gestellt. Die Entscheidung traf der Nationale Sicherheitsrat des Landes unter Vorsitz von Präsident Joseph Kabila. Angeblich soll der Leiter des polizeilichen Geheimdinestes eine Tatbeteiligung gestanden und dabei auch Numbi  belastet haben.

Damit reagiert Kabila offenbar auch auf den massiven internationalen Druck seitens der UN, der EU und zahlreicher Menschenrechtsorganisationen, die eine unabhängige Untersuchung des Falles gefordert hatten. In den vergangenen Jahren sind mehrere prominente Menschenrechtler und Journalisten im Kongo ermordet worden. Keiner der Fälle wurde bislang aufgeklärt. Allerdings hat es noch nie einen so lauten internationalen Aufschrei gegeben wie nach dem Tod von Chebeya.

Bereits am Freitag waren in Kinshasa mehrere Polizistcn festgenommen worden – just an dem Tag also, als auch das amerikanische Außenministerium  eine unabhängige Untersuchung unter Aufsicht der UN gefordert und angeboten hatte, forensische Experten aus den USA in den Kongo zu entsenden. Auch UN-Generalskretär Ban Ki Moon hatte sich bestürzt über Chebeyas Tod geäußert.

Chebeya, Direktor der Menschenrechtsorganisation Voix des Sans-Voix (VSV), war am Mittwoch morgen tot in seinem Auto am Stadtrand von Kinshasa aufgefunden worden. Sein Fahrer Fidele Bazana wird weiterhin vermisst. Am Dienstag nachmittag war Chebeya zu einem Treffen mit Numbi einbestellt worden, das aber offenbar nicht stattgefunden hat. Danach war der Telefonkontakt zu Chebeya abgebrochen. 

Numbi galt bislang als „bewaffneter Arm“ Kabilas. Ihm wird Organisationstalent bei der Reform des Polizeiapparats, absolute Loyalität zum Präsidenten und absolute Skrupellosigkeit bescheinigt. Numbi war bislang der Mann, der die Feinde seines Chefs entweder ausschaltete – oder mit ihnen verhandelte. (In seiner Eigenschaft als Generalinspekteur der Polizei war er übrigens auch der Mann, der mit der europäischen Polizeimission im Kongo EUPOL verhandelte.)

Als im Frühjahr 2008 eine religiöse Bewegung in der Provinz Bas Congo mit zum Teil gewalttätigen Demonstrationen mehr politische Autonomie forderte, wurden nach einem Treffen zwischen Kabila, Numbi und dem damaligen Innenminister Kalume schwer bewaffnete Polizeieinheiten entsandt, die die Bewegung zerschlugen und mehrere hundert Menschen töteten.

Es war wiederum Numbi, der Ende 2008 maßgeblich jenen historischen Deal mit dem Erzfeind Ruanda aushandelte: Kigali stellte damals seine Unterstützung für den kongolesischen Tutsi-Rebellen Laurent Nkunda ein, Kinshasa erlaubte dafür den Einzug ruandischer Truppen auf kongolesisches Gebiet, um gegen die Hutu-Rebellen der FDLR vorzugehen. Die daraus resultierenden Militäroperationen führten zu einer Schwächung der FDLR – allerdings um den Preis vieler Opfer in der Zivilbevölkerung.

Ob und wie Numbi für den Mord an Floribert Chebeya verantwortlich ist, ist noch nicht klar. Aber man darf wohl davon ausgehen, dass der Polizeichef den Menschenrechtler für einen „Feind des Präsidenten“ gehalten hat. Und „Kabilas Feinde“, so erklärte es ein internationaler Beobachter dem Magazin Jeune Afrique, „sind auch Numbis Feinde.“

Die Frage ist nun, ob Kabila seinen engen Vertrauten wirklich aus dem Verkehr ziehen oder nur kurzzeitig aus der Schusslinie nehmen will. Die internationale Empörung über Chebeyas Tod kommt dem Machtzirkel um Kabila so kurz vor den großen Feiern zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit am 30. Juni jedenfalls sehr ungelegen.

Mitarbeiter von VSV sowie der UN durften den Leichnam Chebeyas inzwischen kurz sehen.  Nach ihren Aussagen fanden sich Blutspuren in Mund, Ohren und Nase, sowie eine Beule an der Stirn und Schwellungen am Hals. Das Leichentuch abzunehmen, um den ganzen Körper zu sehen, wurde ihnen verboten. Womöglich ist Chebeya erwürgt worden.

55 Menschenrechtsorganisationen, angeführt von amnesty international, Human Rights Watch und VSV haben in einem offenen Brief den kongolesischen Präsidenten aufgefordert, eine unabhängige Untersuchungskommission aus kongolesischen und internationalen Experten zusammenzustellen. Die Organisationen fordern außerdem nachdrücklich, den Familienangehörigen von Chebeya und Bazana sowie potenziellen Zeugen Schutz durch die UN-Mission zu gewähren.

 

Mord in Kinshasa: Der Menschenrechtler Floribert Chebeya ist tot

Menschenrechtler Floribert Chebeya ist tot. (c) ETIENNE ANSOTTE/AFP/Getty Image

Der kongolesische Menschenrechtler Floribert Chebeya ist tot. Die Leiche des Präsidenten der Organisation La Voix des sans-voix, (VSV – die Stimme der Stimmlosen), wurde am Mittwoch am Stadtrand von Kinshasa in einem Auto entdeckt. Laut Augenzeugen soll er mit gefesselten Händen auf der Rückbank gelegen haben. Sein Chauffeur Fidèle Bazana, ebenfalls ein Mitarbeiter von VSV, gilt als vermisst. Zwischendurch wurde berichtet, auch er sei tot aufgefunden worden. Die Polizei in Kinshasa ermittelt, der Polizeichef der Hauptstadt sprach gegenüber Radio Okapi von einer „schändlichen Tat“.

Für die kongolesische Zivilgesellschaft, aber auch für internationale Menschenrechtsorganisationen ist diese Nachricht ein gewaltiger Schock, obwohl sie – so brutal es klingt – zu befürchten war.

Der 46 jährige Chebeya zählte seit über zwei Jahrzehnten zu den konsequentesten Bürgerrechtlern im Kongo und hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Menschenrechtsverletzungen unter der Regierung von Präsident Joseph Kabila angeprangert. Er wurde wiederholt bedroht und mehrfach verhaftet, zuletzt im März 2009 von Angehörigen des Geheimdienstes ANR, als er  zusammen mit anderen Aktivisten eine Demonstration gegen Kabilas zunehmend autoritären Politikstil ankündigte. Chebeya schilderte seine Festnahme wenig später einer Gruppe internationaler Menschenrechtler: Er und andere Verhaftete wurden in ein Auto gezerrt, „dann raste ein Geheimagent mit uns durch die Straßen, in der einen Hand einen Revolver, den er zum Horror von Passanten auf entgegenkommende Fahrzeuge richtete – wie die Unberührbaren in den Zeiten Mobutus.“

Zu den „Unberührbaren“ im Kinshasa von heute zählt John Numbi, Generalinspekteur der Polizei, den das Magazin Jeune Afrique in einem Portrait einmal als „bewaffneten Arm Kabilas“ bezeichnet hat. Numbi hatte Chebeya für den Nachmittag des 1. Juni in sein Büro vorladen lassen. Die letzten Lebenszeichen von Chebeya erhielt am Abend seine Frau per SMS. Darin teilte Chebeya mit, er sei auf dem Weg nach Hause, Numbi habe ihn doch nicht empfangen. In einer zweiten SMS wenig später kündigte er an, noch einen Umweg über die Universität zu nehmen. Dass diese zweite Nachricht tatsächlich von ihm stammt, bezweifeln sowohl seine Frau als auch andere Aktivisten.

Bis auf weiteres weigert sich die Polizei in Kinshasa, den Leichnam Chebeyas frei zu geben. Amnesty international und andere internationale wie nationale Organisationen verlangen eine unabhängige Untersuchung seines Todes. Schnelle Aufklärung forderten auch der belgische Außenminister Steven Vanackere sowie Guido Westerwelle, der just an diesem Donnerstag seinen kongolesischen Amtskollegen Alexis Thambwe Mwambe zu Besuch hatte. Das mag nach diplomatischen Pflichtfloskeln klingen. Doch die schnelle Reaktion ist ein wichtiges Signal an Kinshasa, dass solche Morde nicht mehr nur amnesty international und Human Rights Watch interessieren, sondern auch europäische Regierungen.

„Es ist ein Schock für uns alle“, sagte in einem Telefoninterview Jean-Paul Ngongo, Direktor der Menschenrechtsorganisation Voix de sans voix ni liberte (Stimme derer ohne Stimme und Freiheit – VOVOLIB) in Bukavu, Provinz Süd-Kivu. Ngongo, der mit Chebeya befreundet war, wollte ebenso wie andere Aktivisten nicht über den Tathergang des Mordes spekulieren, berichtete aber, dass Bürgerrechtler im Vorfeld der für 2011 geplanten Wahlen zunehmend unter Druck gerieten. „Die Machthaber reagieren extrem empfindlich auf jede Kritik.“

Nach einer längeren „Ruhephase“ sei auch er in den vergangenen Wochen wieder bedroht worden. Sein Haus werde jetzt nachts von einem bewaffneten Polizisten bewacht – eine Nachricht, die angesichts der herrschenden Verhältnisse nur mäßig beruhigen kann.

Floribert Chebeya hinterlässt eine Frau und fünf Kinder.