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Über die Umerziehung von Google, Facebook, Apple & Co.

Apple, Google und Facebook müssen derzeit mühsam lernen, was europäischer Datenschutz bedeutet. Der Softwarekonzern Microsoft hat diese Erfahrung schon hinter sich und darf als gezähmt gelten. Wie groß aber sind die Chancen, dass dies auch mit den anderen gelingt?

Google befindet sich derzeit mitten im Umdenkprozess: Seine Mitarbeiter, die in der Regel aus den datenschutzbefreiten Zonen universitärer Forschung stammen, machen sich offenbar zu wenig Gedanken um „privacy policies“. Eindrücklich zeigte dies das Google-Buzz-Desaster. Nach monatelangen Tests unter zehntausenden Google-Mitarbeitern war niemandem aufgefallen, wie heftig Buzz die Privatsphäre verletzte. Auch die „Schlamperei“ mit den WLAN-Verkehrsdaten der Streetview-Autos, die wohl irgendwie „unabsichtlich“ zustande gekommen war, weist in die Richtung universitärer Sorglosigkeit.

Das könnte sich angesichts zahlreicher Rechtsverfahren nun ändern. Zwar lassen sich im amerikanische Recht mit „Unabsichtlichkeit“ Schadensersatzansprüche vermeiden. Doch das deutsche Datenschutz- und Strafrecht dürfte weniger kulant sein. Die zu erwartenden Bußgelder werden Google zwar kaum weh tun, doch der bereits ins Monströse gewachsene Image-Schaden umso mehr.

Ob Facebook wirklich umdenken wird, ist noch unklar. Es gab hier und da ein paar Verbesserungen und Straffungen, was die Kontrollmöglichkeiten der Nutzer anbelangt. Doch Facebooks FriendFinder werkelt nach wie vor fröhlich vor sich hin. In den nächsten Tagen wird sich herausstellen, ob der Hamburgische Datenschutzbeauftragte ein Bußgeldverfahren einleitet. Denn die geforderten Änderungswünsche hat das Unternehmen bislang trotzig ignoriert.

Schlampigkeit und Naivität kann man Apple nicht unterstellen. Die jüngste Änderung der Datenschutzrichtlinie, die eine Übermittlung der Standortdaten von iPhone-Nutzern an Partner und Lizenznehmer erlaubt, zielt auf das neue Kerngeschäft von Apple: Die mobile Werbung. Standortdaten peppen Nutzerinfos zu wertvollen Profilen auf – je mehr Daten gesammelt werden, desto leichter lassen sich die Nutzer geldwerten Zielgruppen zuordnen.  Angereichert mit demographischen Zahlen, Wetterdaten, Verkaufszahlen oder sehenswerte Örtlichkeiten lassen sich daraus neue Dienste schneidern, die darauf beruhen Verhalten vorherzusagen.

Zu schade, dass den Datenschützern gerade im Fall Apple die Luft ausgeht. Zwar wettern sie in der Presse gegen das Unternehmen, in der Praxis wird dies aber zunächst keine Folgen nach sich ziehen, da sich niemand des Falls angenommen hat. Offiziell ist im Moment keiner zuständig, weil Apple sein europäisches Geschäft von Irland und Luxemburg aus betreibt.

Aus dem Hause des Bundesdatenschützers Peter Schaar heißt es, dass ein Engagement derzeit nicht geplant sei. Der Hamburgische Landesdatenschützer Johannes Caspar, der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert und der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix winken wegen akuter Arbeitsüberlastung ab. Und auch sonst scheint sich niemand in die erste Reihe drängeln zu wollen. Die Hoffnung ruht nun auf den irischen und luxemburgischen Behörden.

Es scheint, als seien deutsche Datenschützer angesichts der zahlreichen Baustellen überfordert damit, Konzerne an die Leine zu nehmen. Umso wichtiger wäre es daher, dass die Politik Personal- und Sachmittel aufstockt und nun mehr als wohlfeile Worte aufbringt. Und dass die Unternehmen Datenschutz nicht als Last, sondern als Chance begreifen.

Dass sich eine solche Investition lohnt, kann Microsoft bestätigen. Von dort hört man in Sachen Datenschutzverstöße schon lange nichts mehr – kein Wunder: Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren einiges dazu gelernt, wenn es um Sicherheit und Datenschutz geht. Und Redmond hat dafür auch mit etlichen Datenschutz- und Forschungseinrichtungen kooperiert. Zu den letzten Aufregern gehörte das automatische Update, doch dessen wilde Seiten wurden vom Unabhängigen Landesdatenschutzzentrums in Schleswig-Holstein gezähmt und tragen nun gar ein vermarktbares Datenschutz-Gütesiegel. Es ist Zeit, dass auch Google, Facebook und Apple diese Lektion lernen.

 

Wahre und gefühlte Größe

Wenn man die allgemeine Berichterstattung über die drei dominierenden Technikunternehmen Microsoft, Apple und Google liest, bekommt man schnell den Eindruck, dass Apple und Google prosperierende Konzerne mit einem gigantischen Wachstum sind, während es nur noch eine Frage der Zeit sein kann, bis beim untergehenden Stern Microsoft die Förderbänder still stehen werden.

Doch während gefühlte Temparaturen tatsächlich oft mehr über das Wetter aussagen als real gemessene, ist das bei der Berichterstattung anders. Trotzdem werden in letzter Zeit im Zusammenhang mit diesen Firmen oft mehr Gefühle als handfeste Fakten berichtet.

Microsoft selbst würde das offensichtlich gern ändern und liefert im jüngsten Blogeintrag von Frank X. Shaw einige handfeste Zahlen. Ja, Shaw ist stellvertretender Kommunikations-Chef von Microsoft, somit zuständig dafür, dass das Unternehmen in Berichten gut aussieht. Und er schreibt, er habe natürlich seine Lieblingszahlen ausgesucht. Die Microsoft natürlich zufällig in besonders glänzendem Licht erscheinen lassen.

Doch relativiert seine kleine vergleichende Liste trotz allem ein wenig das Bild der computerisierten Welt.

Ein paar Beispiele:

7.1 Millionen
Voraussichtliche Zahl der verkauften iPad im Jahr 2010.

58 Millionen
Voraussichtliche Zahl der verkauften Netbooks im Jahr 2010.

355 Millionen
Voraussichtliche Zahl der verkauften PCs im Jahr 2010.

unter 10 Prozent
Anteil der Netbooks, auf denen Windows läuft, im Jahr 2008

96%
Anteil der Netbooks, auf denen Windows läuft, im Jahr 2009.

24%
Marktanteil der Linux Server im Jahr 2005

33%
Im Jahr 2005 vorhergesagter Anteil der Linux Server für 2007

21.2%
tatsächlicher Anteil der Linuxxserver im 4. Quartal 2009.

$6.5 Milliarden

Googles Gewinn für das Geschäftsjahr, das im Dezember 2009 endete

$8.2 Milliarden

Apples Gewinn für das Geschäftsjahr, das im September 2009 endete (in Shaws Blog steht 5.7 Milliarden, doch in der Quelle, die er selbst angibt, 8.2)

$14.5 Milliarden

Microsofts Gewinn für das Geschäftsjahr, das im Juni 2009 endete.

Mehr Zahlen hier.

 

Google hacken

Google Bombs waren mal eine Art Sport – der Versuch, durch die Eingabe bestimmter Suchwort-Kombinationen lustige Ergebnisse zu erzeugen. Die erste stammt wohl aus dem Jahr 1999. Damals führte die Eingabe „more evil than satan himself“ im Suchfeld dazu, dass der erste Treffer auf die Homepage von Microsoft führte. Anfangs genügten dafür ein paar abgestimmte Links auf einigen Websites. Inzwischen muss man sich mehr Mühe geben, um Google zu hacken.

Viel mehr.

Im Jahr 2006 mähte der Künstler Bernd Hopfengärtner diese Matrix in Semacode ein Feld bei Ilmenau. Bis heute wartet er darauf, dass sie bei Google Earth zu sehen ist.

via

 

Mit Spielen die Welt retten?

Jane McGonigal vom kalifornischen Institute of the Future überlegt, wie Gamer die Welt retten können.

Hintergrund ist folgende Statistik:  21-Jährige haben in Ländern mit starken Spielkulturen im Schnitt bereits 10.000 Stunden in das Spielen von Online-Games investiert. Frappierend ist das, wenn man diese Zahl mit einer Zahl aus dem Bildungssystem vergleicht: Kinder in den USA verbringen zwischen der 5. Klasse und dem Highschool-Abschluss 10.800 Stunden in der Schule.

Diese Kinder, so schlussfolgert Jane McGonigal, haben mit ihrer Online-Spieleerfahrung einen parallelen Bildungsweg durchschritten. Doch was haben sie dabei gelernt? Sie haben beispielsweise gelernt, gemeinsam Probleme zu lösen, indem sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten für ein gemeinsames Ziel einsetzen.

Die Frage sei nun, so McGonigal in ihrem TED-Vortrag, wie diese Fähigkeiten in der realen Welt eingesetzt werden können. Etwa im Kampf gegen Probleme wie Armut, Hunger, Umweltverschmutzung oder Energieknappheit.

McGonigal hat mit Superstruct ein Online-Multiplayer-Game entwickelt, in dem Spieler ihre Gesellschaft so organisieren, dass sie Probleme des Jahres 2019 lösen können. Sie hat 2007 das Spiel World Without Oil konzeptioniert, das den Beginn einer weltweiten Ölkrise simuliert: Spieler müssen ihre alltäglichen Gewohnheiten ändern, um die daraus entstehenden Probleme zu lösen. Anfang März startete das von ihr im Auftrag der Weltbank produzierte Evoke, das aktuelle Probleme in Afrika lösen soll.

 

Digitale Außenseiter

„I’m like my mother, I stereotype. It’s faster“, sagt Ryan Bingham aka George Clooney im Film „Up in the Air“. Denken in Schubladen, heißt das, hat durchaus seine Funktion.

Die Initiative D21, angetreten, „die Digitale Gesellschaft (…) zu gestalten„, findet das offensichtlich auch, hat sie doch das Umfrageinstitut Infratest beauftragt, mittels einer repräsentativen Studie die Deutschen anhand ihrer Internetnutzung in Schubladen zu packen. Sechs sind es geworden. Hier kommen sie:

Digitale Außenseiter – alt, weiblich, arbeitslos, keine Computer zu Hause, keine Ahnung von Technik, finden Internet doof, beziehungsweise haben „die negativste Einstellung gegenüber digitalen Themen“ (35 Prozent).

Gelegenheitsnutzer – mittelalt, haben einen Computer und finden das Netz interessant, haben aber auch keine Ahnung und „besonders beim Thema Sicherheit großen Nachholbedarf“ (30 Prozent).

Berufsnutzer – mittelalt, haben Arbeit und nutzen dort das Netz, aber nur weil sie müssen, zu Hause tun sie es kaum und ihre „Nutzungsvielfalt (…) beschränkt sich eher auf nützliche Anwendungen wie E-Mail oder Textverarbeitung“ (9 Prozent).

Trendnutzer – entweder Männer um die 30 oder Schüler, haben Ahnung, viel Technik herumzustehen und sind dauernd im Netz, suchen dabei auch „Zerstreuung in der digitalen Welt“ oder nutzen es „zur Selbstdarstellung“ (11 Prozent).

Digitale Profis – Männer mit Job, Technik und Ahnung davon, zumindest fühlen sie sich auch auf „so komplexem Terrain zuhause“ wie „Makroprogrammierung oder Tabellenkalkulation“, treiben sich im Netz aber nur herum, um „nützliche Anwendungen“ anzuwenden, beispielsweise „Online-Shopping, Preisrecherche und Nachrichten lesen“ (12 Prozent).

Digitale Avantgarde – junge Singles ohne Geld aber dafür mit haufenweise Technik, mit sehr hohen Kompetenzen in allen Bereichen, allerdings haben sie sich diese durch „trial and error“ angeeignet, nicht durch „das Lesen von Anleitungen“, chaotische Autodidakten also (3 Prozent).

Die Studie selbst mag nützlich sein, konstatiert sie doch in erster Linie, dass viele Menschen hierzulande noch nicht von den Möglichkeiten profitieren, die das Netz bietet. Bei diesen sechs Typen allerdings, die ein „exaktes Bild der digitalisierten Gesellschaft in Deutschland wiedergeben“ sollen, kommen mir allerdings Zweifel. Ich kann mir nicht helfen, ich finde, dass die Interpretation der Ergebnisse vor allem eines zeigt: tief sitzende Skepsis gegenüber dem Medium Internet. Vielleicht täuscht mein Eindruck, aber ich kann bei diesen Kategorien keine erkennen, die für einen alltäglichen und entspannten Umgang mit digitaler Infrastruktur stehe könnte.

 

Internet? Bah! (1995)

Ach, wenig kribbelt so schön, wie mit der Arroganz der Gegenwart in die Vergangenheit zu tauchen und damalige Zukunftsvisionen zu lesen. Die hier zum Beispiel, geschrieben von Clifford Stoll im Magazin Newsweek:

„The truth in no online database will replace your daily newspaper, no CD-ROM can take the place of a competent teacher and no computer network will change the way government works.“

„How about electronic publishing? Try reading a book on disc. At best, it’s an unpleasant chore: the myopic glow of a clunky computer replaces the friendly pages of a book. And you can’t tote that laptop to the beach.“

„We’re promised instant catalog shopping–just point and click for great deals. We’ll order airline tickets over the network, make restaurant reservations and negotiate sales contracts. Stores will become obselete. So how come my local mall does more business in an afternoon than the entire Internet handles in a month? Even if there were a trustworthy way to send money over the Internet–which there isn’t–the network is missing a most essential ingredient of capitalism: salespeople.“

Zusammengefasst also: Zeitungen werden nie sterben, Computer sind unhandlich und im Netz ist kein Geld zu verdienen. 1995 war das noch so. Oder wie Frank Rieger mal bloggte:

„You owe me a flying car.“

via

 

Das hektische iPhone

Menschen sollten nicht immer technischer denken müssen, um Technik bedienen zu können, findet Fabian Hemmert von der TU Berlin. Auf der TEDx stellte er daher drei Ideen vor, wie beispielsweise ein iPhone etwas menschlicher sein könnte.

Beispielsweise indem es durch ein Gewicht in seinem Inneren, das verschoben werden kann, eine Richtung anzeigt. Oder indem es sich aufplustert, wenn es viele Daten aufgesogen hat. Oder indem es Atmung und einen Herzschlag simuliert – ruhig, wenn es träumt, hektisch, wenn eine frische Liebe anruft oder der Chef.

Das hätte den Vorteil, dass uns die Geräte nicht mehr vorgaukelten, sie seien nur ein Stück mit Drähten und Platinen gefülltes Plastik. Sondern ein wenig mehr ihrer Seele offenbaren müssten. In Wahrheit nämlich sind es kleine Tiere, die uns verfolgen und überwachen, die nach Aufmerksamkeit und Betreuung gieren und die meckern und nerven, wenn sie nicht genug davon bekommen. Wobei, wenn ich mir das ausmale, ist mir eigentlich lieber, sie blieben leblose technische Diener. Bei denen man es zumindest manchmal übers Herz bringt, sie auszuschalten.