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Bye bye Pseudonymität

Das Wall Street Journal hat beispielhaft die Aktivitäten eines kalifornischen Unternehmens namens Rapleaf recherchiert und in Infografiken aufgearbeitet. Diese zeigen, wie Rapleaf aus zahlreichen verschiedenen Datenschnipseln – gemeinhin auch als Cookies bekannt – Persönlichkeitsprofile erstellen kann und an Werbetreibende verkauft. Brisant ist das deshalb, weil die Firma in der Lage ist, diese Daten auch dank Sozialer Netzwerke wie Facebook mit den Realnamen und den E-Mailadressen der Nutzer zu verknüpfen. Bye bye Pseuonymität.

Laut Angaben von Rapleaf werden jedoch keine Daten an Dritte weitergegeben, die mit dem Realnamen verbunden sind. Fraglich ist, ob das nur eine Schutzbehauptung ist.

Wie heikel ist dieses Vorgehen? Neu ist wohl die Verknüpfung der gesammelten Daten mit Realnamen. Dennoch wird das Datenschützer kaum überraschen, da sie schon seit Jahren vor dem Erstellen umfassender Persönlichkeitsprofile durch Cookies warnen. Cookies legen Anbieter auf den Computern von Internetnutzern jedesmal ab, wenn sie bestimmte Webseiten besuchen. Der Nutzer kann diese in seinem Browser löschen oder auch einstellen, dass sein Rechner sie erst gar nicht annimmt. Doch einerseits tun das längst nicht alle Nutzer.

Andererseits könnte es künftig nicht mehr möglich sein: Wie erst kürzlich der polnische Programmierer Samy Kankar zeigte, lässt sich mit dem künftigen Webstandard HTML5 ein so genanntes Evercookie kreiieren, dass sich zumindest zurzeit nicht mehr mit einem Knopfdruck löschen lässt. Derzeit benötigt ein erfahrener Nutzer mehrere Schritte, um das „ewige Cookie“ wieder los zu werden.

Kankar arbeitet bereits, wie er mir heute per E-Mail sagte, an der nächsten Cookie-Generation. Dann müssen Cookies gar nicht mehr auf den Rechner des Nutzers abgelegt werden, da die Website-Betreiber ihre Besucher anhand der Hardwaredaten ihrer Internetgeräte erkennen können.

Kankar ist übrigens nicht im Auftrag von irgendwelchen Werbefirmen kreativ, sondern will auf mögliche Gefahren von HTML5 hinweisen, damit Browser-Entwickler Nutzern auch künftig die Möglichkeit einräumen können, ihre Privatsphäre selbst zu kontrollieren.

 

Geschichten als Grafik

Altes neu erschlossen, heute: Herr der Ringe und Star Wars (frühe Trilogie):

Geschichten als Flussdiagramm. Die Linien sind die Charaktere im Verlauf der Zeit, die grauen Flecken die Handlungsorte, die in Buch oder Film beschrieben werden. Sieht verwirrend aus, steckt sicher viel Arbeit drin und ist toll weil auch ein Weg, das Leben zu sehen.

 

Twitter voller Eintagsfliegen?

Die Social-Media-Experten des Unternehmens Sysomos haben in einer Studie untersucht, was einer durchschnittlichen Meldung auf Twitter so an Aufmerksamkeit widerfährt. Dafür haben sie 1200 Millionen Tweets aus einem Zeitraum von zwei Monaten ausgewertet. Resultat: 71 Prozent versendeten sich einfach so, sie wurden weder beantwortet noch weiter geleitet.

Das wertet Sysomos als fehlende Resonanz. Offensichtlich hätten die Meldungen nicht in ausreichendem Maß den Wunsch ausgelöst, in ein Gespräch einzusteigen oder den Inhalt mit anderen Followern zu teilen.

Es klingt, als hätten Tweets ein einsames, kurzes Leben. Hinzu kommt, dass von den Tweets, auf die irgend jemand antwortete, 85 Prozent nur ein einziges „reply“ erhalten hätten. Groß angelegte Kommunikation sähe anders aus, wie Networkworld dazu schreibt.

Dabei können wir eigentlich froh sein, dass Twitter nicht nur aus Antworten und Weiterleitungen besteht. Schon jetzt verlinken oft zahlreiche Leser auf die gleiche Quelle, ohne dass man das auf den ersten Klick erkennt. Und schon jetzt steigt man in manche Debatten nur schwer ein, wenn man den Anfang einmal verpasst hat. Zudem mischt sich auf Twitter so einiges: private Meldungen, persönliche Gedanken, Aufmacher großer Magazine, Wichtiges und Belangloses…

Die eigentliche Erungenschaft ist dabei nicht, dass alle miteinander reden. Es ist die Tatsache, dass alles die gleiche Chance hat, wahrgenommen zu werden.

Vielleicht lässt sich der durch die Studie implizierte Anspruch an „gute“ Twitter-Kommunikation mit der Erfahrung erwidern, dass auch zu große Tischrunden eher zu weniger guten Gesprächen führen. Wer über ein konkretes Thema reden will, tut das besser im kleinen Kreis. Was nicht heißt, dass es dabei keine Zuhörer geben darf.

Und im Unterschied zu Medien wie Fernsehen oder Zeitung macht Twitter es eben möglich, dass jeder sich jederzeit einmischen KANN. Von einem MÜSSEN war ja nie die Rede.

 

Was sie wissen

What they know heißt eine Seite im Internetangebot des Wall Street Journals und sie zeigt eine komplexe Grafik, welche Unternehmen wo Daten von Konsumenten sammeln und welche Einflussmöglichkeiten die Betroffenen darauf haben.

Dazu gibt es einen Text, wie Daten von Netzwerken wie Facebook ausgelesen und ausgewertet werden: Scrapers

 

Hartz-IV-Daten öffnen

Was ist der Vorteil von open data? Richtig, dass man nachvollziehen kann, wie andere zu ihren Ergebnissen kamen. Das haben nun auch SPD, Grüne und Linkspartei im Bundestag erkannt und die Bundesregierung aufgefordert, die Rohdaten für die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze herauszugeben. Die Regierungskoalition lehnte einen entsprechenden Antrag ab, Begründung: „Auf die Rohdaten des Statistischen Bundesamtes hätten nur die Wissenschaftler Zugriff.“ Man arbeite aber daran, sie anonym aufzubereiten.

Im Übrigen aber schien man verwundert von dem Ansinnen. Vertreter der Union sagten demnach, seit der Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe sei noch nie soviel Geld in den Bereich geflossen wie jetzt und es habe ”noch nie so viel Transparenz wie jetzt“ gegeben.

Na, da geht aber noch was.

 

Weltbank gibt Daten zur Weltentwicklung frei

Die Weltbank hat ihren großen Datenpool auf einer eigenen Website mit Hilfe individuell konfigurierbarer Karten aufbereitet. Über 420 Indikatoren zur Entwicklung der Welt stehen jetzt der Öffentlichkeit in vier Sprachen zur Verfügung. Sie decken den Zeitraum von 1960 bis 2008 ab.

Weitere der insgesamt über 1200 Indikatoren, die die Weltbank erfasst, sollen nach und nach veröffentlicht werden. Der erste Teil bereits noch im Oktober.

Die Karten lassen sich über Widgets auf anderen Websites und Blogs integrieren. Auch die Rohdaten können abgerufen und für neue Zwecke verwendet werden. Sie sollen Grundlage für die Entwicklung nützlicher Apps sein. Hierfür will die Weltbank am 7. Oktober begleitet von einem „Open Forum“ einen eigenen Wettbewerb namens „Apps for Development Competition“ ausrufen.

Außerdem will die Weltbank Medien mit Daten-Analyse-Tools unterstützen und hat hierfür gemeinsam mit Internews und dem Brookings Institute das Projekt MediaMap ins Leben gerufen. Damit soll das Wissen über die gegenwärtige Lage in Entwicklungsländern verbessert werden. Im Mai werde man dazu ein webbasiertes Werkzeug vorstellen.

Ziel der Projekte ist es, zivilgesellschaftliche Organisationen in ihrer Arbeit unterstützen. Getreu dem Motto: offene Daten nützen.

via/via

 

Auf die Kürze kommt es nicht an

In seinem Blog The Future Buzz möchte Adam Singer einen Mythos wiederlegen: Den von der notwendigen Kürze von Texten im Internet. Er bezieht sich dabei auf einen aktuellen Post seines Bloggerkollegen Rob Birgfeld, der (wie so viele vor ihm) behauptet, dass längere Texte im Netz keinen Erfolg hätten. Und der daraufhin ein paar Regeln für gute Blogposts formuliert.

Zu den Tipps, die Birgfeld für gute Texte gibt, gehört etwa der Hinweis auf kurze Titel und Ankündigungen: Man solle seinen Punkt in 140 Zeichen klarmachen können, Linkadresse inklusive, in Tweetlänge also. Wenn man zudem wünsche, dass jemand den eigenen Hinweis retweete, solle man weitere 15 Zeichen herauswerfen.

Außerdem sollten Blogger ihre Beiträge „vom Kopf auf die Füße stellen“, rät Birgfeld. Soll heißen, schneller auf den Punkt kommen und auf umständliche Einstiege verzichten. Auch Video-Beiträge sollte man so kurz halten wie möglich. Sind sie länger als fünf Minuten sollten sie Hinweise enthalten, an welcher Stelle ein konkretes Thema zur Sprache komme. Im Web, wo alles von Mund zu Mund weitergetragen werde, müssten die Informationen eben auch mundgerecht serviert werden, argumentiert Birgfeld: In kleinen, gut zu kommunizierenden Häppchen eben.

Adam Singer hält diese vermeintlichen Schreibregeln für pure Behauptungen, für die es bis auf weiteres an Beweisen mangele. „Wenn man sich einige der populärsten digitalen Persönlichkeiten im Netz anschaut, wird man hingegen feststellen, dass ihre Texte eher in die Tiefe gehen“, schreibt er.

Die Pflicht zur Kürze scheint eher durch ständige Wiederholung zu einer Regel geworden zu sein, als durch überprüfbare Fakten, glaubt Singer. Entscheidend seien eben gute Einstiege, gute Videos und gute Texte, die dürfen dann eben auch lang sein, und zwar genau so lang, wie ihre Inhalte tragen: „Of course, don’t go longer than you can be interesting.“

Im Netz ließen sich sowohl komplexe als auch simple Ideen verbreiten. Ob diese zwischen Communities weitergetragen würden, hänge nicht davon ab, wie kurz sie seien, sondern ob sie es wert seien, weitererzählt zu werden.

Und in der Tat, wenn man sich die Debatten in und übers Netz so anschaut, hat man nicht das Gefühl, dass sie nun ausgerechnet unter mangelnder Komplexität leiden. Ob nun Jeff Jarvis fragt: „Was würde Google tun?“, Chris Anderson: „The Long Tail“ erklärt oder Nicholas Carr fragt, was das Internet mit unserem Gehirn anstellt, dann passt die Frage zwar in eine Twitterzeile. Aber die Thesen sind groß genug, unzählige Blogs zu füllen.

 

Berlin, offene (Daten-)Stadt

Die Stadt Berlin führt derzeit eine Online-Umfrage durch, mit der sie feststellen will, welche ihrer Datenbestände für die Bürger besonders interessant sind. Zielgruppe sind dabei offensichtlich Open-Data-Entwickler, lautet eine Frage darin doch: „Würden Sie mit den bereitgestellten Daten konkret arbeiten, sie für andere aufbereiten und online zur Verfügung stellen?“

Für die Veröffentlichung kommen demnach folgende Daten infrage:

1. Umweltdaten (Feinstaub, CO2, Pollen)
2. Märkte (Wochen-, Floh-, Weihnachtsmärkte)
3. Events (Straßenfeste, Konzerte, Lange Nacht der …, Sportereignisse)
4. Entsorgung (Termin in meiner Straße, Recyclinghöfe, Containerstandorte, Sondermüll)
5. Infrastruktur (Radwege, Toiletten, Briefkästen, Geldautomaten, Telefone)
6. Verkehr (Baustellen, Staus, Sperrungen)
7. Nahverkehr (Verspätungen, Zugausfälle, Sonderfahrten)
8. Öffnungszeiten (Bibliotheken, Museen, Ausstellungen)
9. Verwaltung (Formulare, Zuständigkeiten, Ämter, Öffnungszeiten)
10. Verbraucherberatung, Schuldnerberatung
11. Familie (Elterngeld, Kindertagesstätten, Kindergärten)
12. Bildung (Schulen, Volkshochschulen, Hochschulen und Unis)
13. Wohnen (Wohngeld, Mietspiegel, Immobilien, Grundstückspreise)
14. Gesundheit (Krankenhäuser, Apotheken, Notdienst, Spezialisten, Beratungsstellen, Blutspende)
15. Haustiere (Tierärzte, Tierheim, Tierpflege)
16. Kontrolle (Badegewässer, Lebensmittel, Gaststätten, Preise)
17. Recht (Gesetze, Vorschriften, Beratung, Schlichter, Gutachter)
18. Polizeiticker (aktuelle Vorfälle, Fahndung, Kriminalitätsatlas)
19. Stadtplanung (Flächennutzungsplan, Bauvorhaben, Verkehr, Flughäfen)
20. Bevölkerung (Zahl, regionale Verteilung, Demografie, Kaufkraft, Beschäftigung/Arbeitslosigkeit, Kinder)

Welche davon die wichtigsten wären, will man nun in der Umfrage wissen. Drei Vorschläge kann jeder bis zum 31. Oktober machen. Die entsprechenden Datensätze sollen anschließend für alle verfügbar im Internet stehen.

Das ist ein gutes Zeichen, hatte es doch einige Zeit lang so ausgesehen, als wollte man im Senat von Berlin Daten eher nicht freigeben. Zumindest hat Entwickler Stefan Wehrmeyer mit seinem Projekt Open Berlin entsprechendes erlebt. Er hatte gemeinsam mit dem Open-Data-Network Daten des Geoportals der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, des so genannten FIS-Broker, verwendet. Die Senatsverwaltung verwies jedoch darauf, die Daten unterlägen dem Urheberrecht und Web-Services daher „grundsätzlich nicht erlaubt“. Eine entgeltpflichtige Lizenzierung sei hingegen möglich.

Mit dieser restriktiven Haltung lässt sich allerdings kein offener Staat machen. Aber genau das hat der Berliner Wirtschaftssenator vor, der gemeinsam mit dem Brandenburger Wirtschaftsministerium mit „Apps 4 Berlin“ einen Apps-Wettbewerb startete. Gleichwohl vergaß die Stadt offenbar, die dafür notwendige Datennutzung zu offerieren. Dass dies nun nachgeholt werden soll, stimmt hoffnungsvoll.

Allerdings, ganz so verschlossen war die Stadt bislang dann doch nicht. Einige offene Datensätze gibt es bereits. Die Seite offenedaten.de hat sie hier gesammelt.

 

Transparente Wahlurne in Strassburg

In der EU wird darum gerungen, das Urheberrecht zu verschärfen. Der jüngste Vorstoß hierzu war der Bericht der konservativen Abgeordneten Marielle Gallo. Er zielt unter anderem darauf ab, das Filesharing zu kriminalisieren. Vorgestern erhielt er im EU-Parlament eine klare Mehrheit mit 328 Ja-Stimmen, 245 Nein- Stimmungen und 81 Enthaltungen. Die Alternativvorschläge seitens der Sozialdemokraten und Grünen sowie der Liberalen fielen durch.

Der Bericht ist übrigens nicht rechtsverbindlich, gibt jedoch eine politische Linie für künftige Entscheidungen vor. Interessant ist daher, dass sich einige konservative und liberale Abgeordnete bei der Abstimmung nicht an die Parteilinie hielten. Vielleicht weil sie  den Bericht auch als Stimmungsbarometer für Internetsperren nach französischem Muster auffassten. Diese Unterschiede im Stimmverhalten in den Parteien dokumentiert Abgeordnetenwatch auf sehr übersichtliche Weise für die deutschen Abgeordneten.

Praktisch ist dabei die Möglichkeit, das Wahlverhalten der Abgeordneten aus dem eigenen Bundesland stammenden Abgeordneten abzufragen.  Die Abfrage funktioniert über Postleitzahlen. Für NRW etwa finden sich zwei CDU-Abgeordnete und ein FDP-Abgeordneter, die sich enthalten haben.

Diese durchsichtige Wahlurne, die über eine automatische Auswertung in Form von Infografiken und Abfragemöglichkeiten ermöglicht wird, ist wertvoll, da es so etwas auf der Website des Parlaments leider nicht gibt. Es wäre eine schöne Sache, wenn Abgeordnetenwatch dies regelmäßig vielleicht für das gesamte EU-Parlament organisieren könnte.

 

Die (zwei) Farben des Netzes

Aus der Reihe „neue Erkenntnisse dank guter Visualisierung“ oder auch „Spaß mit Grafik“, zeigen wir heute: Das Netz ist blau (und rot).

Die Farben des Internets

Erkennbar auch schon hier.

Und das alles nur, weil Mark Zuckerberg farbenblind ist und einzig blau korrekt sehen kann, wie der Colourlover schreibt? Wohl nicht. Als das Magazin Wired sich 2003 die Logos von amerikanischen Firmen ansah, waren die auch schon blau (und rot).