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No-Futurezone

Es ist beschlossen, die Seite Futurezone wird zum 1. Oktober dicht gemacht. Zu ändern ist daran wohl nichts mehr, was bleibt, ist ein Nachruf:

Sperrig waren die Themen, auf die sich das Angebot des österreichischen Rundfunks spezialisiert hatte, kompliziert und schwer vermittelbar: ACTA, Prümer Vertrag, SWIFT, Vorratsdaten – sämtlich europäische Netzpolitik mit erheblichen Auswirkungen, für die sich trotzdem kaum jemand interessierte. Zumindest nicht zu der Zeit, zu der es die wenigen Redakteure dort längst taten. Kritisch, analysierend, erklärend schrieben sie jahrelang auf, was man in den vielen europäischen Gremien mit dem Netz so plante.

Rentabel war die Seite nicht, dafür war die Nische, in der sie lebte, zu klein und zu exotisch, dafür waren die Recherchen zu aufwändig. Einen Erich Möchel tage-, ja wochenlang in Archiven buddeln zu lassen, muss man erst einmal bezahlen wollen. Trotzdem, nein, gerade deswegen hatte das „Zukunftsareal“ einen großartigen Ruf weit über Österreichs Grenzen hinaus. Und schätzungsweise 25.000 Leser am Tag. Das beste, was der ORF im Netz zu bieten hat, war die Meinung vieler Fans.

Es war wohl dieser Erfolg, der der Futurezone nun den Garaus machte. Dem Vernehmen nach – so heißt es, wenn niemand sich traut, das unter seinem Namen zu sagen – war es vor allem die Konkurrenz vom Standard, die darauf drang, die Seite zu schließen. Bei den Verhandlungen um das ORF-Gesetz fand sich Gelegenheit. Es ging dabei um Geld für den öffentlich-rechtlichen Sender und um seine Netzaktivitäten. Er wollte von ersterem mehr, private Verleger fanden, er müsse letztere einschränken. Sie hatten also ein gutes Druckmittel. Der ORF darf in den kommenden Jahren mehr Werbung im Netz machen, dafür stirbt Futurezone.

Wenigstens das Archiv wird gerettet. Derzeit zieht die österreichische Nationalbibliothek es sich auf ihre Rechner. Wer es künftig einsehen will, der muss sich allerdings schon in den dortigen Lesesaal begeben. Im Netz gibt es die Sachen nicht mehr, ein Zugeständnis an die Debatte um Urheberrechtsverletzungen im Internet. Die Themen werden nicht verschwinden, verspricht man beim ORF. Im Rahmen anderer Angebote wolle man sie weiter verfolgen.

Sie werden schwerer zu finden sein, aber vielleicht ist das ja auch in irgendjemandes Interesse.

Nachtrag: Inzwischen gibt es 1000 Unterschriften unter der Petition, die Futurezone einer Genossenschaft zu übergeben.

 

Was das Surfverhalten am Morgen verrät

Und, wohin geht Ihr allererster Klick am Morgen?

Wer seinen Rechner anwirft, öffnet vielleicht zuerst sein Mailprogramm. Oder er schaut, was es Neues auf Facebook gibt. Je nachdem, welches Kommunikationsverhalten man im Netz an den Tag legt, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass man von der Werbeindustrie einfach angesprochen werden kann. Das jedenfalls hat die Firma ExactTarget in einer neuen Studie herausgefunden. Die auf Soziale Medien spezialisierte Newsseite Mashable fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen. In Zahlen ausgedrückt guckt etwa die Hälfte aller Amerikaner zuerst in ihre Mails, während der erste Klick von elf Prozent aller amerikanischen Konsumten Facebook gilt.

Wer zuerst seine Mails liest, ist eher der aufgabenorientierte Typ. Schlecht für die Werbeindustrie. Der aufgabenorientierte Typ wird nur mit Produkten interagieren, sobald er gezielt nach ihnen sucht.

Wer jedoch seinen Tag mit sozialen Medien, etwa auf Facebook beginnt, wird eher bereit sein, sich auch nur zum Spaß mit Marken und Produkten zu beschäftigen, Fan von bestimmten Artikeln zu werden oder beispielsweise alle Neuigkeiten über Autos und anderen Krimskrams lesen. Das behauptet zumindest die Studie.

Der Beleg: 69 Prozent derjenigen, duie täglich Facebook nutzern, mögen mindestens eine Firma oder Marke. Und 68 Prozent aller Twitternutzer folgen mindestens einer Marke. In der Summe sollen 43 Prozent aller Amerikaner mindestens einem Produkt auf Twitter oder Facebook auf diese Weise ihr Interesse ausdrücken.

Was lernt man daraus? Entweder, dass es nichts hilft, der aufgabenorientierte Typ zu sein, um vor gezielter Werbung verschont zu bleiben, oder dass die Werbeindustrie diese Studie nicht kennt. Immerhin warten im Postfach haufenweise Spam und andere Werbebotschaften.

 

Netzneutralität als Schutz vor Massenverdummung

Die Internet-Enquettekommission des Bundestages hat in ihrer ersten Sitzung über Netzneutralität debattiert. Der beste Beitrag in der im Bundestagsfernsehen übertragenen Debatte kam von dem Künstler und Datenschutzaktivisten padeluun. Der nämlich erinnerte an eine Zeit, in der es zu einer Hausdurchsuchung führen konnte, wenn man ein Modem ohne Postzulassungszeichen (die billiger und besser waren als offizielle), besaß und es anschloss. Und er sagte, dass er sich nicht nur ein Netz wünscht, in dem es Anbieter und Kunden gibt, also große Telkommunikationsfirmen und „Endkunden“, die konsumieren und bezahlen. Sondern eines, in dem jeder nicht nur empfangen, sondern auch senden könne. Netzneutralität sei für ihn, dass jeder einen Dienst aufbauen könne, der das wolle. Nur so trage das Internet dazu bei, „dass wir geistig weiterkommen“. Zitat: „Es gibt ein großes Interesse daran, Menschen nur als Konsumenten zu betrachten und aus dem Internet eine Art Fernsehen zu machen, um die Deppen zu bespaßen.“ Seine Idee von Netzneutralität fasste er dann noch in zwei kurze Worte: „Kein BTX.

Irgendwie kam der Gedanke aber nicht an. Denn vor allem wurde darüber geredet, ob der Staat überhaupt etwas tun müsse bei der Netzneutralität und ob nicht a) der Markt alles selbst regele oder b) bestehende Normen beispielsweise im Telekommunikationsgesetz nicht längst genügten. Wer keinen dieser beiden Punkte erwähnte, wies zumindest darauf hin, dass es ja erst einmal eine klare Definition von Netzneutralität brauche, damit man weiterdiskutieren könne. Das kann also dauern.

 

Macht das Internet dümmer oder klüger?

Neue Medien wurden in der Geschichte schon immer ängstlich beäugt. Zwar antworteten sie auf offenkundige Bedürfnisse, sonst hätten sie sich ja nicht durchgesetzt. Aber ob nun die Erfindung des Buchdrucks, des Volkstheaters oder des Romans – die Gruppe der Mahner war nur unwesentlich leiser als die der Fans und Optimisten. Die Vorwürfe rangierten dabei von der Sorge vor der Massenverdummung bis hin zum Nachweis widerwärtiger und schädlicher Konsequenzen, sollte sich die Mehrheit der Menschen dem verführerischen Medium zu sehr hingeben.

Eine ähnliche Debatte wird seit Jahren auch um das Internet geführt und gipfelte 2008 in der Frage von Nicholas Carr, ob Google uns dümmer mache. Das Wall Street Journal hat diese nun noch einmal gestellt. Beziehungsweise war es erneut Nicholas Carr, der seine These in leicht abgewandelter Form dort präsentierte und fragte: „Macht das Internet Dich dümmer?“

Wie schon früher antwortete ihm darauf Clay Shirky mit einem Nein, beziehungsweise dem Text: „Macht das Internet uns schlauer?“. Letztlich hätte die Gesellschaft immer Strukturen ausgebildet, glaubt der amerikanische Netzexperte und Buchautor, die halfen, dem zunächst größer werdenen Chaos und Überangebot an Informationen wieder Herr zu werden. Und dabei Mehrwert zu ernten. Als Beispiel nennt er das Peer-Review-Verfahren, das wissenschaftliche Artikel dem kritischen Blick verschiedener Experten unterzieht, bevor ein Text als verifiziert gilt. Ähnliches passiere auch im Netz – in der Wikipedia etwa, dem Online-Lexikon, das innerhalb von nur zehn Jahren zu der wichtigsten englisch-sprachigen Referenz geworden sei.

Carr dagegen glaubt, das Netz verwandele seine Leser in oberflächliche Denker und zahlreiche Studien belegten das. Carr zählt dann allerhand auf: Verlinkter Text sei unverständlicher als linearer, Multitasking ein Ding der Unmöglichkeit und die ständige Ablenkbarkeit durch Mails und spontane Suchbegehren der Tod jeglicher, konzentrierter Auseinandersetzung mit einem ernsten Thema. Der Mensch verliert durch das Netz mehr und mehr die Fähigkeit, komplexe Systeme zu verstehen.

Die beiden Texte widersprechen sich nicht unbedingt. So könnte man Carrs Verwirrung als gegenwärtige Zustandsbeschreibung akzeptieren, selbst wenn man sie in der Schärfe nicht teilt. Und auf Shirkys Optimismus und darauf setzen, dass sich Strukturen entwickeln werden, mit diesen Ablenkungen und Zerstreuungen klar zu kommen. Carr jedoch glaubt, dass Medien Veränderungen auszulösen vermögen, die unumkehrbar sind. Dass wir so viel Zeit vor Bildschirmen verbringen etwa führe dazu, dass unter unseren kognitiven Fähigkeiten vor allem die visuelle immer stärker ausgeprägt werde.

Stellt sich nur eine Frage: Wer kann beurteilen, ob dass das eine Veränderung zum Schlechteren oder zum Besseren ist?

 

Rüstungskontrolle mit Wolfram Alpha

Die Universalrechenmaschine Wolfram Alpha gibt seit kurzem Auskunft über militärische Daten aus 150 Ländern. Damit können Nutzer eine Art rudimentäre Rüstungskontrolle betreiben.

Mit den verfügbaren Daten lassen sich bereits erfolgreich Abfragen nach Waffengattungen anstellen. So lässt sich eine Rangliste der größten Armeen (Platz 1 China), der größten Luftstreitkräfte (Platz 1 China) oder der größten Marine (Platz 1 USA) aufstellen. Auskunft gibt es auch über das weltweite Ausmaß der nuklearen Bedrohung, die von verschiedenen Ländern ausgeht – inklusive Schätzungen zu Ländern wie Israel, Pakistan, Indien und Nordkorea.

Beliebige Ländervergleiche in Sachen Abrüstung lassen sich ebenfalls anstellen: Aus dem klassischen USA-Russland-Vergleich in Sachen atomare Sprengköpfe lässt sich beispielsweise herauslesen, dass Russland in den Jahren 1992 bis 2009 deutlich stärker abgerüstet hat als die USA – eine Parität ist inzwischen in Sichtweite. Auch ein entsprechend akkumulierter Vergleich zwischen der NATO und der früheren Sowjetunion ist möglich, der sich auch auf Panzer beziehen kann.

Wolfram Alpha will in den nächsten Monaten noch mehr Datensätze einspielen – und sucht dafür übrigens auch noch Freiwillige.

 

Auf der Suche nach kreativen Spielwiesen

Der Medienwandel ist im Gange – es kriselt allerorten. Im Print-Journalismus brechen die Werbeanzeigen weg, im Online-Journalismus kommen sie aber nur noch zu Bruchteilen an. Dazwischen suchen Verlage wie freie Journalisten händeringend neue Geschäftsmodelle. Drei kritische wie optimistische Texte seien angesichts dessen dringend empfohlen:

Tom Schimmeck denkt über „Glanz und Elend auf der digitalen Galeere“ nach und  kommt – im Glauben an die Notwendigkeit des Journalismus  („Die Komplexität steigt, die Verwirrung wächst. Wir müssen wieder mehr Aufklärung als Zerstreuung liefern.“) – zu dem Schluss:

„Das Internet ist nicht nur Bedrohung, es macht uns alle potentiell zu Medienbesitzern, bietet riesige Möglichkeiten für großen Journalismus – auch jenseits des Geplappers über News aus fünfter Hand.“

Matthias Spielkamp analysiert mit scharfem Blick die Lage des Journalismus in Deutschland und erkennt angesichts der geringen Wertschätzung, die gute Journalisten seitens ihrer Geldgeber erfahren, einen Brain Drain in den Verlagen, der sich letztlich eher negativ auf die Fähigkeiten der Verlage auswirken wird, die Krise auch kreativ zu bewältigen.

Es ist nämlich nicht nur pure Not, die Journalisten vom klassischen Journalismus abbringt – es ist auch die mangelnde Wertschätzung seitens der Verleger, die sich in Dumping-Honoraren ausdrückt. Spielkamp:

„Kürzlich war ich bei einem Treffen des Freischreiber-Verbands, bei dem es darum ging, Ideen für einen Kongress zu entwickeln, bei dem freiberuflichen Journalisten Wege in die Zukunft aufgezeigt werden sollen. Nach der Vorstellungsrunde war klar, dass von den etwa 20 Anwesenden ungefähr zwei Drittel ihr Geld nicht nur mit Journalismus verdienen. Nicht, weil sie nicht könnten, sondern weil sie nicht mehr wollen. Denn die Verlage sollten und können davon ausgehen, dass es genau diese Kolleginnen und Kollegen sind, die Alternativen dazu haben, Journalisten zu sein. Die mit ihren Fähigkeiten in anderen Branchen reüssieren können, wo sie besser behandelt und besser bezahlt werden. Und die das nur deshalb bisher nicht getan haben, weil sie leidenschaftliche Journalisten und schlechte Geschäftsleute sind. Aber irgendwann ist auch bei ihnen das Maß voll.“

Journalisten könnten sich im Zuge des Medienwandels auch andere Umgebungen als die der Verlage entwickeln, meint Spielkamp:

„Was dem einen staatliche Zensur und Überwachung, also der Mangel an negativer Pressefreiheit, ist dem anderen ein lachhaftes Honorar, gekoppelt mit einem Total-Buyout-Vertrag, also ein Mangel an positiver Pressefreiheit.  Was also dem einen seine Socke, ist dem anderen sein Weblog. Oder sein Spot.us, sein ProPublica, sein Perlentaucher.“

Dabei rechnet er übrigens auch mit dem seit Jahren heftig umstrittenen Punkt 5 des Medienkodex des Netzwerk Recherche ab, der da lautet: „Journalisten machen keine PR“. Für Spielkamp zeigt das

„eine unglaubliche Ignoranz und Arroganz, die sich hinter solch wohlfeilen Kodizes verbirgt, die meist ausschließlich von Gehaltsempfängern gezimmert werden: alle Medien, auch die selbst ernannten Qualitätsmedien, von „FAZ“ über „Süddeutsche Zeitung“ bis hin zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, lassen sich ihre Zeitungen und Sendungen verdeckt von den PR-Abteilungen von Daimler und Siemens subventionieren. Wie ich darauf komme? Bei knapp der Hälfte der freiberuflichen Journalisten reichen die Einnahmen aus journalistischer Arbeit nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Ulrike Langer zeigt schließlich ganz pragmatisch auf, welche neuen Wertschöpfungsstrukturen sich ausbilden und nimmt sie kritisch unter die Lupe. Patentrezepte sieht sie keine, aber sie empfiehlt:

„Jedes Medium muss auf seine Weise durch Versuche, durch Trial und Error und schamloses Kopieren erfolgreicher Modelle herausfinden, was bei ihm am besten funktioniert. Man muss wahrscheinlich sehr vieles ausprobieren und man muss aus Fehlern lernen.“

In der Tat: Wir brauchen mehr kreative Spielwiesen – und weniger aggregierte  Duplikate.

 

Offene Stadtinformationssysteme

Das im Herbst erst gegründete OpenData Network hat mit OpenBerlin.net ein kleines Projekt gestartet, das Keim eines offenen Stadtinformationssystems werden könnte. Es enthält im Moment Maßnahmen des Konjunkturpakets II sowie statische Karteninformationen zur Sozialstruktur Berlins. Die Daten bzw. Bilder stammen aus dem FIS-Broker der Stadt Berlin.

OpenBerlin v 0.1 Überblick from OpenData Network on Vimeo.

OpenBerlin.net basiert auf dem Projekt Mapnificent des Berliner Informatikers Stefan Wehrmeyer, der unter anderem auch die Daten des öffentlichen Nahverkehrs sowie Kriminalitätsdaten verwendet. Auch lässt sich ein Layer für „Arbeitslose unter 25 Jahren“ über die Stadt legen. Auf diese Weise können Berliner etwa den nach ihrem Geschmack optimalen Wohnort suchen.

Wehrmeyer selbst ließ sich vom britischen Projekt Mapumental inspirieren, die noch in private beta ist. Diese Karte berechnet für ganz Großbritannien Pendlerzeiten und berücksichtigt auch Immobilienpreise.

Es ist fraglich, ob solche grafischen, einfach zu bedienenden Informationssysteme auch für sozial diskrimierende Zwecke genutzt werden können. Viel hängt von der Auswahl der Datensätze ab. Eine Information darüber, wie viele Plätze an einer Kindertagesstätte noch verfügbar sind, hat sozial sicherlich eine andere Konnotation als die – ebenfalls über die FIS-Schnittstelle erhältlichen – Information darüber, wie hoch der Ausländeranteil in einem Bezirk ist.

 

Abwrackprojekt für Sicherheitsgesetze

In Großbritannien läutet die konservativ-liberale Regierung unter Führung des Tory David Cameron eine neue Sicherheitspolitik ein. Den geplanten Personalausweis samt Personenregister sowie die nächste Generation der biometrischen Pässe soll es nicht geben. Von „Abwracken“ (engl. „Scrapping“) des High-Tech-Projekts ist in der Koalitionsvereinbarung (PDF) wörtlich die Rede.

Zur Begründung heißt es unverblümt: „Die Regierung ist der Meinung, dass der britische Staat zu autoritär geworden ist und im vergangenen Jahrzehnt menschliche Grundfreiheiten und historisch gewachsene Bürgerrechte missbrauchte und aushöhlte.“ Entsprechend lang ist auch die Liste der neuen Regierung, die sie bei Bürgerrechten abarbeiten will. Neben dem erwähnten Abwrackprojekt geht es um

  • ein Freiheitsgesetz,
  • die Erweiterung des Informationsfreiheitsgesetzes,
  • das Verbot, in Schulen die Fingerabdrücke von Kindern ohne elterliche Erlaubnis zu nehmen,
  • den erweiterten Schutz für für die DNA-Datenbank,
  • den Schutz „historischer Freiheiten“ vor Gericht,
  • die Wiederherstellung des Rechts auf nicht-gewalttätige Proteste,
  • die Überprüfung des Rechts auf Verleumdungsklagen in Hinsicht auf den Schutz der Meinungsfreiheit
  • die Einrichtung von Schutzmechanismen gegen den Missbrauch von Anti-Terror-Gesetzen,
  • die Regulierung der Videoüberwachung,
  • die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung,
  • einen neuen Mechanismus, um die Errichtung unnötiger neuer Straftatbestände zu verhindern.

Ob die Briten den Ausstieg aus dem Ausweisprojekt umstandslos schaffen werden, ist noch offen. Denn der digitale Personalausweis ist Teil eines europaweiten Projekts. In Deutschland soll er samt Fingerabdrücken, Iris- und Gesichtsmerkmalen bereits diesen November eingeführt werden. Hierzulande hegt leider nur die FDP eine nachhaltige Abneigung gegen den „neuen Personalausweis“, der anfangs „elektronischer Personalsausweis – ePA“ hieß. Und bei der Öffnung der ungleich restriktiveren Informationsfreiheitsgesetze bewegt sich im konservativ-liberalen deutschen Lager schon gleich gar nichts.

 

Mit Google und Pac-Man ein wenig Produktivität verdaddeln

Zum 30. Geburtstag hat Google Pac-Man, dem prominenten Old-School-Computerspiel mit dem Drops fressenden Köpfchen, ein kleines Revivial gesponsert.

Kaum eine Computerspielfigur ist so bekannt wie Pac-Man, eine ursprünglich japanische Erfindung, benannt nach dem lautmalerischen Ausdruck „Paku Paku“, was auf Deutsch in etwa heißt „wiederholt den Mund öffnen und schließen“. Von „Puck-Man“ wurde das Spiel für den amerikanischen Markt auf „Pac-Man“ umgetauft, weil man fürchtete, „Puck-Man“ würde sonst von zu vielen Spaßvögeln in „Fuck-Man“ verballhornt.

Auf der Startseite der Suchmaschine konnte man nun am vergangenen Wochenende nach Lust und Laune nach Drops und den fransigen Wischmop-Wesen jagen. Wer den Button „Insert Coin“ doppelt klickte, konnte gar „Misses Pac-Man“ aktivieren und sich zu zweit durchs Labyrinth mampfen. Googles Pac-Man war in einem solchen Maße eine getreue Nachbildung des Originals, dass auch der „Bug“ im 256. Level nicht fehlte – der letzte Level ist spielerisch nicht zu lösen, weil er aufgrund eines technischen Fehlers einen Split-Screen anzeigt: Auf der linken Seite ist das normale Labyrinth zu sehen, rechts jedoch nur Symbole.

Trotzdem hatte übrigens der damalige US-Präsident Ronald Reagan 1982 dem Achtjährigen Jeffrey R. Yee ein persönliches Glückwunschschreiben übersandt, nachdem dieser behauptet hatte, einen Punkteweltrekord von 6.131.940 erspielt zu haben. Was aber nur möglich gewesen wäre, hätte er den unlösbaren 256. Level ebenfalls bewältigt.

Ob die Präsidenten-Post nun erschlichen war oder nicht, offensichtlich motivierte Googles kleines Revival jede Menge Google-Nutzer, es dem Achtjährigen nachzutun und Stunden mit dem kleinen Spiel zu verbringen – man könnte auch sagen: zu verdaddeln. In den Medien tauchten in den Folgetagen Berichte darüber auf, wie viel Arbeitszeit und Produktivität Google mit seinem kleinen Spielchen wohl vernichtet hätte. Weil Google so groß sei, müsse es auch verantwortungsvoller mit seinen Nutzern umgehen, klagten einige. Andere rechneten gar mit Prozessen gegen den amerikanischen Konzern aufgrund entgangener Umsätze. Angeblich hätte das Spiel die Weltwirtschaft 120 Millionen Dollar gekostet, will man bei der PC-Welt berechnet haben.

Ganz schöner Quatsch. Und wenn es Google einem auch nicht immer einfach macht, uneingeschränkte Sympathie zu entwickeln, so ist das doch in diesem Fall definitiv geboten. Keine Behörde und kein Unternehmen der Welt käme auf die Idee, Geld in ein witziges, gänzlich unproduktives Revival zu stecken, und die Bevölkerung zu sinnfreiem Unsinn anzustiften. Den Nörglern und Spießern lässt sich nur entgegnen: Warum eigentlich nicht? Schließlich ist der Mensch nicht nur auf der Welt, um produktiv zu sein. Ist doch gut, gelegentlich daran zu erinnern. Und wer sich unhinterfragt die Argumentation seiner Arbeitgeber zu eigen macht, hat sowieso verloren.

Unter der Seite www.google.com/pacman ist das Spiel übrigens weiterhin erreichbar. Für diejenigen, die gerne noch ein bisschen Produktivität und Ernsthaftigkeit vernichten wollen.

 

Blogs sind emotionaler

Das „Pew Research Center’s Project for Excellence in Journalism“ hat 29 Wochen lang beobachtet, welche Nachrichten in Blogs, auf Twitter und auf YouTube als Top Story gehandelt wurden. Und kam zu dem Ergebnis, dass es auf jedem Portal andere waren. Nur ein einziges Mal interessierten sich alle drei Kanäle auf ihren ersten Plätzen für das gleiche Thema – zwischen dem 15. und dem 19. Juni 2009 belegten die Proteste gegen die Präsidentschaftswahlen im Iran nahezu alle Aufmacher. Grundsätzlich aber bescheinigen die Wissenschaftler dem Netz in ihrer aktuellen Studie stark divergierende Interessen und daher eine große Fragmentierung.

Auch der Unterschied zu den klassischen Medien ist weiter hoch. Lediglich zwischen traditionellen Nachrichtenseiten und an News orientierten Blogs gibt es eine größere Schnittmenge. Immerhin an 19 von 49 Beobachtungswochen konzentrierten sich die beiden Kanäle auf die gleichen Themen. Besonders auffällig ist etwa, das auf Twitter die Technik-Fraktion besonders stark vertreten ist. 43 Prozent der Tweets haben technologische Fragestellungen zum Inhalt. Zum Vergleich: Es sind in Blogs immerhin noch acht Prozent. Sowohl YouTube als auch traditionelle Medien räumen diesem Thema nur noch ein Prozent ihrer Berichterstattung ein.

Weiteres Ergebnis: Blogs übernehmen zwar gerne Themen aus den Nachrichtenmedien. Dabei fanden die Forscher allerdings heraus, dass sich die Blogger stärker den ideologischen und emotionalen Aspekten der Geschichten zuwenden als das traditionelle Medien zu tun pflegen. Und während Blogger gerne auch über Themen schreiben, die in der Old School-Presse bereits als verbrannt, also veraltet gelten, geschieht das umgekehrt eher selten. Die Wissenschaftler fanden genau eine solche Geschichte, den Clima-Gate-Fall. Den hatten große Medien aus Blogs übernommen, wo er schon lange diskutiert wurde.

Blogs sind dabei alles andere als unpolitisch. Mit 17 Prozent der Berichterstattung nehmen die Themen Politik/Regierung sogar mehr Platz ein als in den alten Medien (15 Prozent). In der Traditions-Presse ist allein die Berichterstattung über Wirtschaft deutlich breiter angelegt als in allen anderen Medien (zehn Prozent, im Vergleich zu sieben Prozent in den Blogs und jeweils ein Prozent auf YouTube und bei Twitter). Und auch für Gesundheit und Medizin interessiert man sich hier stärker. Woran das liegt, haben die Wissenschaftler noch nicht herausgefunden.

Was bleibt, ist eine alte Weisheit: Vielfalt belebt die Medienwelt und die Mischung macht’s.