+++Nebenkläger+++
In der Wunde wird weiter gewühlt. Die USA kommen nicht zur Ruhe. Vor wenigen Tagen erst hatte ein früherer Sprecher des US-Außenministeriums im britischen Guardian kopfschüttelnd kommentiert, der Umgang der USA mit dem vermutlichen Whistleblower Bradley Manning schade dem Ansehen Amerikas massiv.
Jetzt veröffentlichte die New York Book Review einen offenen Brief an die US-Regierung, den über 250 Intellektuelle in kürzester Zeit unterzeichneten. Ihr Plädoyer ist eindeutig. Die Haftbedingungen Mannings, der in strengster Isolationshaft auf seinen Prozess wartet, sind unmenschlich und schaden den USA (Siehe auch Asymmetrische Rache über die schweren Irrtümer der USA im Fall Manning).
+++Nebeneinkünfte+++
Der Weltgeist ist gerade in Nordafrika unterwegs. Ägypten und Tunesien dominierten zu Beginn des Jahres den Nachrichtenfluss (siehe auch Das Drehbuch der Revolution über die Bedeutung der Depeschen für die arabischen Revolutionen). Vor Wochen folgten dann der öffentliche Irrsinn Gadhafis, gepaart mit seiner brutalen Rücksichtslosigkeit beim Versuch der Niederschlagung der Revolution im eigenen Land. Jetzt ist es der Krieg westlicher Flugzeuge und libyscher Freiheitskämpfer gegen den Despoten.
Für Länder südlich des Maghrebs ist es da alles andere als leicht, das Interesse des Weltgeists zu wecken. Dabei sind die Vorgänge skandalös. In Nigeria, Afrikas bevölkerungsreichstem Land, wurden die am Wochenende geplanten Wahlen kurzfristig um wenige Tage verschoben. Als Grund wurden Lieferschwierigkeiten der Druckerei für Wahlerfassungsbögen benannt. Das WikiLeaks-News-Portal WL Central und die nigerianische Infoseite NEXT gehen auf Grundlage zahlreicher US-Depeschen, die WikiLeaks veröffentlicht hatte, jedoch eher davon aus, dass Verzögerungen bei den Manipulationsvorbereitungen Grund der Verschiebung waren. Denn aus den Depeschen geht eines hervor, anstelle des Wohles ihres Landes sehen zahlreiche nigerianische Politiker vor allem ihre eigenen Nebeneinkünfte an erster Stelle. Und die stammen in großen Umfängen aus der grassierenden Korruption.
+++Nebenberufe+++
Es gibt etliche Nebenberufe. Manche sind Teilzeitlandwirte, andere gehen abends putzen oder kellnern bis drei Uhr früh in einer schäbigen Bar, um die Familie durchzubringen. Bei Julian Assange wird man das Gefühl nicht los, dass er im Nebenberuf Interviewter ist. Die Zahl der Interviews jedenfalls ist mittlerweile astronomisch. Ein Exklusivinterview jagt das nächste. Der indische TV-Sender NDTV, das norwegische Aftonbladet, die italienische L’Espresso und jetzt auch noch das ZDF-Magazin aspekte. Assange würde wohl argumentieren, dass er sich nur in den Dienst der Sache stellt. Bleibt nur zu hoffen, dass es die Sache noch gibt. Und es nicht mehr ausschließlich um die Vermarktung der Person Julian Assange geht.
Im Aspekte-Interview jedenfalls äußerte sich Assange vor einigen Tagen vor allem zu einem wiederaufgelegten Buch, an dessen Entstehung er mitwirkte: Underground – Die Geschichte der frühen Hackerelite. Es geht um die Hackerszene der 1980er und frühen 1990er Jahre. Spannend ist es allemal. In der Süddeutschen Zeitung gibt es dazu noch ein Interview mit der Autorin Suelette Dreyfuss.