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Ortiguillas in Cádiz

rohe Seeanemonen

In Cádiz sind frittierte Meeresfrüchte in allen Variationen sehr beliebt.
Eine Besonderheit sind die Ortiguillas, essbare Seeanemonen. Angeliefert werden sie in Klarsichttüten mit Meerwasser. In den Freidurias (andalusische Fisch-Imbissbuden) werden sie kurz in Dunst (doppelgriffiges Mehl) gewälzt und anschließend in Oliven- oder Sonnenblumenöl frittiert. Dazu Zitrone und Meersalz, schon fertig.

Was man so alles essen kann, habe ich in meinen Wanderjahren als Koch in Mexiko, Amerika und Thailand erfahren. Neugierde ist wichtig beim Kochen und deshalb musste ich natürlich unbedingt Ortiguillas probieren. Frittiert sehen sie auch nicht mehr ganz so ungewohnt aus wie im Rohzustand. Beim frittieren bleibt der Eigengeschmack ein bisschen auf der Strecke. Der Geschmack für mich: Meer, Mineralität und ein Hauch von Algen. Von der Konsistenz erinnern sie an Austern. 

frittierte Seeanemonen

Insgesamt wieder einmal eine große Freude, so eine streng regionale Spezialität zu probieren. Das ist das Schöne: dass man nicht alles immer und überall haben kann.

 

Maifisch in Lissabon

Maifisch mit Brotbrei

Ein seltener Genuss ist der Maifisch. Ein anadromer Wanderfisch, der im Frühjahr die Flüsse hinaufzieht, in diesem Fall den Rio Tejo. Zusammen mit portugiesischem Brotbrei ist er eine saisonale Spezialität in Lissabon. Der Maifisch ist köstlich, einfach als Darne (Scheibe) in Maisgrieß gewälzt und gebacken. Der Brotbrei (migas,açorda), der aus eingeweichtem Brot, Knoblauch und Zwiebeln besteht, ist sehr, sehr sättigend. Für mich ist er auch etwas gewöhnungsbedürftig.

Auf jeden Fall mal wieder eine interessante, küchen-historische Erfahrung. Der Brotbrei war in früheren Zeiten sicherlich eine kräftigende Speise für wackere Schiffsbauer.

Conserveria: Unzählige Döschen fein gestapelt.

Kulinarische Souvenirs gibt es in der Conserveria (Rua dos Bacalhoeiros 34). In diesem urigen Fischkonservengeschäft arbeiten noch alle Generationen mit. Völlig unbeeindruckt vom Tagesgeschäft wickelt die Seniorin Konservendöschen aller Art in buntes Packpapier. Ich hab mir die „große Kollektion“ gekauft, um mich an der farbenfrohen Vielfalt zu erfreuen. Wer es nicht so fischig mag, sollte mal nach den Orangenstäbchen fragen.

 

Aus der Erde, sehr selten: Die Kerbelknolle


Jetzt schmeckt sie am besten, die Kerbelknolle (oder Kerbelwurz, Erdkastanie, Knollenknobel).
Nach der Ernte Ende Juli müssen die Knollen noch mindestens drei bis vier Monate in feuchtem, kühlem Sand mäusesicher gelagert werden.
Diese Delikatesse finden Sie nur sporadisch auf lokalen Märkten. Es gibt fast keinen gewerbsmäßigen Anbau für dieses Feinschmeckergemüse.
Ab November ist die Kerbelknolle genussbereit und mundet bis Ende März – wenn man Sie denn bekommt.
Fragen Sie den Gemüsehändler Ihres Vertrauens, vielleicht haben Sie Glück.

Hier ein Rezept von mir, das den feinen Kastaniengeschmack mit einem Hauch von Marzipan besonders zur Geltung bringt:

Schmalzgebackene Kerbelknollen

150g Schwäbisch-Hällischer Griebenschmalz
400g große Kerbelknollen
Pfeffer aus der Mühle
Meersalz
1 Bund Kerbel

Die Kerbelknollen mit heißem Wasser gut waschen und kräftig bürsten.
Nur an den noch schmutzigen Stellen „schlampig“ schälen. Wer möchte, kann sie auch komplett schälen.

Gut trocknen und die einzelnen Knollen gleichmäßig vierteln oder sechsteln. Vorsichtig in das erhitzte Schmalz geben und im vorgeheizten Ofen bei ca. 160° C ca. 10 Minuten garen.
Gelegentlich wenden. Die Knollenstücke sollten dann weich sein (Nadeltest). Nun aus dem Schmalz heben und mit Pfeffer und gehacktem Kerbel oder Blattpetersilie abschmecken.
Schmalzgebackene Kerbelknollen esse ich am liebsten solo. Sie eignen sich auch gut zu Schweinefilet, Zander oder glasiertem Kalbsrollbraten.

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Überfluss zum Greifen nah

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Ein Hundespaziergang im Naturschutzgebiet „Mutzenhorn“ am Rande von Weikersheim am Anfang des Jahres 2010. Der Apfelbaum mit den schönsten Früchten, alle sind abgefallen und verrotten am Boden.
Was hätte aus diesen Äpfeln alles werden können.
Ein naturtrüber Saft von Streuobstwiesen?
Ein strammes Schnäpsle?
Apfelmus zum Kaiserschmarrn?
Apfelgelee zum Frühstück?
Oder eingemachtes Apfelkompott für einen schönen Strudel?

Ist der Zug schon abgefahren? Immer weniger Leute möchten sich mit den einfachen und mühsamen Dingen in unserer komplizierten Welt beschäftigen. Zum Beispiel Obst ernten.
Von einem Baum, der früher mal im Paradies stand…

Oder wird das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wachsen?

In diesem Sinne…alles Gute für 2010

 

Hohenloher Käse in Hamburg

Beim Spaziergang über den Hamburger Weihnachtsmarkt machte ich eine freudige Entdeckung. Normalerweise mache ich immer einen großen Bogen um Weihnachtsmärkte und die damit verbundenen kollektiven Glühweinräusche. Zu viele 08/15 Würste in zu bleichen Brötchen. Impulsgeschäft ohne Nachhaltigkeit.

Bei einem Kurzbesuch in Hamburg hatte ich noch ein bisschen Zeit, und da dachte ich, schlendere ich mal so ein bisschen durch, um meine Vorurteile zu manifestieren.

Um so erfreuter war ich, als ich an einer Käsetheke sehr viele Rohmilchkäse entdeckte, darunter auch den „Schwäbischen Trollingerkäse“ aus der Dorfkäserei Geifertshofen. Von dort beziehen wir seit vielen Jahren die gesamte Rohmilchkäse-Palette für unser Restaurant.
Ich habe mich sehr gefreut, Käse aus meiner Heimat auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt zu sehen. Ich war aber auch erstaunt, dass relativ wenig Käse aus Hamburg und dem Umland im Angebot war, zumal es dort ja eine Käsestraße gibt. Hauptsache ist aber, dass das Bewusstsein für gute, handgemachte, regionale Käse weiter wächst.
Bei dieser Gelegenheit liebe Grüße an meinen Mitblogger Karl Josef Fuchs von der Spielwegkäserei, der meine Mitarbeiter und mich persönlich in die Geheimnisse der Käseherstellung eingewiesen hat (einschließlich Milch abholen und allem was dazu gehört).

Schwäbischer Winzerkäse, Dorfkäserei Geifertshofen
Schwäbischer Trollingerkäse, Dorfkäserei Geifertshofen

Noch einen Nachsatz zum Thema: Am zweiten Weihnachstfeiertag gibt es bei uns privat immer Raclette mit Bamberger Hörnchen und Feldsalat, Fleisch gibt es an den Festtagen eh schon in Hülle und Fülle.

 

Warum ich es Gersotto nenne

Steinpilzgersotto
Steinpilzgersotto

Der Winter naht. Jetzt wird es Zeit für Steinpilzgersotto mit Tomatenpesto und Via Aurelia.
Umami pur – ganz breite Spur.

Doch erst zum Namen: Wir kochen eine Zubereitung aus Gerste, in unseren Breiten vor vielen vielen Jahren eines der Hauptnahrungsmittel. Würde ich auf die Speisekarte schreiben: Gerstenbrei mit so und so, dann klingt es nicht wirklich sexy – und die Gäste bestellen es zumindest nicht freiwillig. Also überlegte ich mir Folgendes: Gerste zubereitet wie Risotto=Gersotto. Seitdem läuft es wie geschmiert.

Nun zum Thema Umami. Neben den Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter nimmt Umami als fünftes Mitglied im Geschmackskreis eine Sonderstellung ein. Das Wort kommt aus dem Japanischen und bedeutet „Wohlgeschmack“, fleischig, herzhaft. Die Wirkung kommt von der Glutaminsäure, Glutamat.
Böse, böse…Nachtigall, ich hör dir trapsen! Man muss jedoch wissen, dass das natürliche Vorkommen der Glutaminsäure in einigen Lebensmitteln besonders konzentriert ist.
Hier die Geheimwaffen des Wohlgeschmacks: Getrocknete vollreife Tomaten, getrocknete Steinpilze, gereifte Hartkäse und Sojasoße. In Kombination mit Kohlehydraten und nicht zuviel Fett (Butter oder Olivenöl) ein garantiert wirksamer Seelenschmeichler für die langen Winternächte.

Hier mein Rezept:
Steinpilzgersotto
100g  Gerste, ganz in 250 ml Wasser 3 Stunden eingeweicht
30g    getrockenete Steinpilze in 100 ml Wasser eingeweicht
1 Esslöffel Butter
2 Schalotten, fein gewürfelt
1 Esslöffel Schnittlauch
1 Esslöffel Trockentomatenstreifen
50g  geriebener Parmesan oder Via Aurelia
50g  geschlagene Sahne
0,5 Liter Geflügelbouillon
1 Teelöffel Steinpilzmehl
1 Teelöffel Sojasoße

Meersalz, Pfeffer aus der Mühle, geriebener Muskat, gemahlener Koriander

Zubereitung:
Schalotten in Butter andünsten. Eingeweichte Gerste ohne Einweichwasser hinzufügen. Steinpilze grob schneiden, hinzufügen, das Einweichwasser durch einen Kaffeefilter sieben und ebenfalls hinzugeben. Geflügelbrühe nach und nach beigeben. Unter stetigem Rühren langsam weichkochen, wie Risotto. Mit Steinpilzmehl, Sojasoße, geriebenem Hartkäse, Kräutern, Trockentomaten und Sahne herzhaft abschmecken und vollenden.

 

Momentaufnahme: Wildkräuter aus dem Vorbachtal

Nach einer schönen und langen Saison neigt sich die Zeit für Wildkräuter ihrem „bitterem“ Ende zu.

Hier noch mal eine schöne Bandbreite, gelesen am Freitag, den 30. Oktober, früh morgens von unserer Wildkräuter-Sammlerin Rosemarie Schlereth.

Kräutersammlung
Bild 1, von links nach rechts:
Chef der Cuisine Jan Heeg, Wildkräutersammlerin Rosemarie Schlereth und meine Wenigkeit

Frau Schlereth ist auch Gärtnerin im Schloss Weikersheim und wir sind froh und dankbar,  dass wir mit ihrer Hilfe noch tieferen Zugang zu echten Wildkräutern gefunden haben.

Denn dies ist nicht ganz einfach. Es gibt draußen in der Natur viele Unwägbarkeiten.
Ist es eine echte Biowiese? Oder ist sie überdüngt?
Ist es dieses oder jenes Kräutlein ? Oder ist es am Ende giftige Verwandtschaft?
Ist es der optimale Standort für das jeweilige Kraut, oder schmeckt es einfach nur bitter, weil der Boden nicht kalkhaltig genug war? Zu trocken? Zu nass?
Zu früh gelesen? Zu spät gelesen ?

Es gibt so vieles, was man darüber wissen muss, dafür kann man auch ganz neue Geschmackswelten erobern. Und das alles vor der Haustür.

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Bild 2: Wilder Wiesenkerbel
Kräftiger und aromatischer als die gezüchtete Verwandtschaft, die als Kerbelalarm durch die deutsche Spitzengastronomie wandelt.

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Bild 3: Löwenzahnblätter
Aromatisch und bitter, in warmem (10 min) und kaltem Wasser (1 Std.) wässern, um ihn zu entbittern. Volksmund: Bettsoachersalat, französisch: Pisenlitt – wegen der harntreibenden Wirkung.

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Bild 4: Schafgarbe
Auch Soldatenkraut genannt, sehr gut bei der Wundheilung. Angenehme Bitternoten, ein Aufguss vor dem Hauptgang wirkt angenehm den Appetit fördernd.

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Bild 5: Sommerwicke
Erbsenkraut, schmeckt wirklich verblüffend wie ganz junge Erbsenschoten und sieht mit den Triebspitzen auch aus wie junge Erbsensprossen.

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Bild 6: Mauerpfeffer/ Tripmadam / Salat – Fetthenne:
Unser Gericht dazu: Silvaner Trifle mit Birne und Mauerpfeffer

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Bild 7: Weißer Klee
Wird in unser hausgemachtes Brot eingebacken. Kann man auch wie Spinat zubereiten.

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Bild 8: Wiesenlabkraut
Mein Favorit. Zuerst frisch säuerlich mit Gemüsenoten, dann leicht herb, mit fein-bitterem Nachgeschmack.
Bei uns im Bistro: Gemüserisotto mit karamellisiertem Ziegenkäse und Wiesenlabkraut.

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Bild 9: Beifuß
Fördert die Fettverdauung. In Bayern auch Ganslkraut genannt. Verwandt mit Wermut und Estragon.
Sparsam einsetzen in getrockneter Form, enthält Thujon, ein Nervengift, das in hohen Dosen Verwirrtheit verursachen kann. (Klar, aus der Verwandtschaft wurde ja Absinth gebrannt.)

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Bild 10: Giersch/Geißfuß:
War im Mittelalter beliebter als Spinat.
Hinweis an Gartenbesitzer: Esst eure Feinde!

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Bild 11: Pimpernelle
Schöne fein–säuerliche Note, merke: „pimpt“ den Salat.

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Bild 12: Rote Taubnessel
Für Salate geeignet.  Blätter auch wie Spinat zu bereiten.

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Bild 13: Wilder Salbei
Feiner im Aroma als Gartensalbei, aber robuster. Schön zum einwickeln von kleine Grilladen oder bei Hühnern unter die Haut schieben.
(Wenn grad kein Trüffel zur Hand)

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Bild 14: Sauerampfer
Klar: ab in die Suppe, und alles was lustig macht.

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Bild 15
Bitter Sweet Symphony End of Season 2009

 

Und jetzt auch noch bloggen? JA!

Dabei hat mich meine ehemalige Mitarbeiterin Katja K. (Grüßle) schon vor Jahren gewarnt:
„Herr Koch das ist nichts für Sie“
„Warum?“
„Sie kochen doch lieber“
Aber irgendwie kommen die Dinge dann doch zusammen.

So, dies ist kein Rezeptblog, dennoch fange ich mal einfach mit einem Rezept an.
Es handelt sich um mein heutiges Abendessen, gleichzeitig ein Klassiker unseres Hauses.

Denn so koche ich am liebsten: 1. schlicht und 2. ergreifend
Part 2 ist bedeutend schwieriger, es gelingt nicht immer, das gebe ich zu. Aber wir sind oft ganz nah dran und das ist doch schon sehr schön für unser kleines Team.

jk

Zanderschnitte im Kartoffel-Gurkensud mit Tauberhasen Mostrich

Zutaten für 4 Personen

4 Zanderfilets
3 feste kleine Gartengurken
400g geschälte Kartoffeln (mehlig-festkochend)
¼ l Kalbsbrühe
¼ l Riesling
100g Karotten
100g Sellerie
etwas Selleriegrün und Borretsch (Gurkenkraut)
Dill, Kerbel, Kräuter nach Saison und Laune
50g Tauberhasen-Mostrich
50g geschlagene Sahne (nur wer möchte)
Salz, Pfeffer, Muskat, Zitrone, Lorbeer, Wacholder
1 St. Biozitrone

Zubereitung:
Die Kartoffeln in 3-4 mm dicke Scheiben schneiden, ebenfalls die geschälten Karotten
und den Sellerie. Alles in der Kalbsbrühe und dem Riesling zusammen mit den Gewürzen in einem hohen Topf langsam garen.
Zanderfilets in eine Auflaufform oder einen flachen Topf geben.
Die Gurken streifenweise abschälen, Kernhaus entfernen und ebenfalls in 3-4 mm dicke Scheiben schneiden.
Wenn die Kartoffeln und die Gemüse weich sind, gehackte Kräuter und Gurkenscheiben und Tauberhasenmostrich (oder grober Senf nach Wahl) zufügen und herzhaft abschmecken (Salz, Pfeffer, Muskat, mehr Senf ? Zitronensaft – Zeste für Garnitur).
Geschlagenen Sahne unterheben. Den Kartoffelgurkensud heiß und reichlich über die Zanderfilets geben.
Auf dem Herd oder im Ofen, je nach Dicke des Zanders, noch sechs bis acht Minuten bei mittlerer Hitze ziehen lassen (Sud darf nicht mehr kochen). Mit etwas Zitronenzeste bestreuen.
Im Gefäß sofort servieren.