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Wall-E in Lebensgröße

Zurzeit läuft auf YouTube noch die Geek Week, der Nachfolger der Comedy Week. Gleiches Konzept, anderes Thema. Diesmal geht es folglich um Technik, Comics, Wissenschaft und alles dazwischen. Und Wall-E. Yep, der kleine Racker aus dem gleichnamigen Pixar-Film hat zwar nicht die Nummer 5, lebt aber trotzdem. Auf einer Farm im kalifornischen Bakersfield nämlich. Tested, der YouTube-Kanal der beiden Mythbusters, hat ihn besucht. Und er bewegt sich wirklich wie im Film.

(via)

 

xkcd: Der Meister der Strichmännchen

Convincing (Bild: xkcd / CC BY-NC 2.5)
Convincing (Bild: xkcd / CC BY-NC 2.5)

Geeks, diese von Mathe und Naturwissenschaften begeisterten Freaks, kennt man zuhauf. Doch sucht man nach einem Stereotyp, käme ihm Randall Munroe ziemlich nahe. Auf seine Ausbildung an einer High School für Mathematik und Wissenschaft folgten ein Physikstudium und ein Job in der Roboterforschung der Nasa. Nebenbei zeichnete er Comics mit Strichmännchen, die er im September 2005 erstmals unter dem Namen xkcd online veröffentlichte.

Seit einigen Jahren zeichnet Munroe xkcd hauptberuflich. Das meiste Geld verdient er inzwischen durch Merchandising – so erfolgreich ist sein xkcd. Laut dem Webanalysedienst Alexa gehört xkdc zu den 3.000 meistbesuchten Websites der Welt. Das angeschlossene Forum umfasst mittlerweile rund 3,3 Millionen Beiträge. Dreimal pro Woche erscheint ein neuer Comic, zudem illustriert Munroe seit vergangenem Jahr einmal die Woche unter What If? naturwissenschaftliche Fragen und Phänomene.

In der wachsenden Welt der Webcomics hat es Munroe mit seiner selbsterklärten Mischung aus „Romantik, Sarkasmus, Mathe und Sprache“ geschafft: Er wurde vom New Yorker zum Cartoon-Off eingeladen, seine Infografiken zu den US-Wahlen und Fukushima griffen renommierte Publikationen wie der Guardian auf. Auch an Preisen für xkcd mangelt es nicht.

Movie Narratives (Bild: xkcd / CC-BY-NC 2.5)
Movie Narratives (Bild: xkcd / CC-BY-NC 2.5)

Das xkcd-Paralleluniversum

Der größte Erfolg Munroes aber liegt in der Community. xkcd ist eine Fundgrube für Nerds und Rätselfreunde. Munroe verwendet häufig Sprach- und Zahlenspiele, Code-Schnipsel, physikalische oder mathematische Probleme und versteckt Anspielungen. Obwohl xkcd keine zusammenhängende Erzählung bildet und die Figuren kaum körperliche Eigenschaften haben, erkennen seine Fans wiederkehrende Charaktere an kleinen Details. Im Forum wird jeder Strip dekonstruiert und analysiert.

Dazu kommen zahlreiche externe Anwendungen. Es gibt eine deutsche Version von xkcd, ein Sub-Reddit, ein Wiki, Smartphone-Apps, Graphen im Comic-Stil, Parodien und eine Volltextsuche. Selbst das Archiv von ZEIT ONLINE lässt sich inzwischen im xkcd-Stil durchsuchen. All das ermöglicht Munroes lockerer Umgang mit dem Urheberrecht: Sämtliche xkcd-Comics stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz.

Die aktive Community belohnt Munroe nicht nur mit Aufmerksamkeit. Sie fordert ihn auch, immer komplexere Comics zu erstellen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er sein Comic Nummer #1110 mit dem Titel Click and Drag. Was zunächst wie ein einfaches Panel aussah, entpuppte sich als eine riesige Welt, die sich per Maus erkunden ließ. Ausgedruckt wäre der Comic rund 14 Meter groß. Schnell haben findige Leser Anwendungen programmiert, um den Strip besser ansehen zu können.

Wikileaks (Bild: xkcd / CC BY-NC 2.5)
Wikileaks (Bild: xkcd / CC BY-NC 2.5)

Eine viermonatige Animation

Noch größer ist das jüngste Projekt. Es trägt die Nummer #1190 und den Titel Time. Am 25. März erschien das Comic online. Doch es enthielt weder Worte noch einen Witz. Erst 30 Minuten später änderte sich das Bild plötzlich um kleine Details. Die Figuren begannen, sich zu bewegen, Frame für Frame, Stunde für Stunde.

Vergangene Woche ging der Comic zu Ende. 3.099 Panels umfasst Time nun. Man könnte ihn als eine viermonatige Animation bezeichnen, als ein sehr, sehr langsam animiertes Gif. Ein Video des gesamten Comics, das ein Leser nach dem Ende erstellt hat, hat eine Laufzeit von 40 Minuten. Es ist eine surreale, eine existenzielle Geschichte. Deren Reiz nicht nur in ihrer Langsamkeit, sondern vor allem im Detail liegt.

In einem Interview mit Wired spricht Munroe erstmals über die Entstehung von Time. Das Comic spielt demnach 11.000 Jahre in der Zukunft. Unsere Gesellschaft ist längst verschwunden. Geologische Prozesse verändern die Erde, und an der Grenze des einstigen Afrikas zu Europa entsteht zu Beginn des Comics eine neue Zivilisation.

Im Sternenhimmel erkennt man Sagittarius und Skorpion (Bild: xkcd / CC BY-NC 2.5)
Im Sternenhimmel erkennt man Sagittarius und Skorpion (Bild: xkcd / CC BY-NC 2.5)

Die Leser erforschen die Comicwelt

Munroe hat über Pflanzen und Tiere recherchiert, die an dieser Stelle der Erde vorkommen. Mit einem befreundeten Astronomen hat er überlegt, wie der Sternenhimmel in 11.000 Jahren aussehen könnte. Mit einem Linguisten konstruierte er eine eigene Sprache, von den Lesern „Beanish“ getauft. Der Thread über Time im Forum ist mittlerweile über 50.000 Beiträge groß, die Erkenntnisse und Interpretationen sind in einem Wiki gesammelt. Eigens programmierte Tools erlauben, das Comic Frame für Frame anzusehen oder durchzuscrollen.

Munroe kann sich auf seine Leser verlassen. Für viele ist xkcd ein Sammelsurium cleverer Weisheiten und Gags über Wissenschaft, Internet und Geek-Kultur. Doch wer tiefer eintaucht, bekommt ein interaktives Erlebnis, in dem das gemeinsame Entschlüsseln von Bedeutungen im Mittelpunkt steht. Mit Time hat Munroe dieses Erlebnis nun perfektioniert. Jedenfalls bis zu seinem nächsten größeren Projekt. Die Fans warten schon.

 

Fast wie im TV: „Video Game High School“

Wenn dieser Tage über die Zukunft vom Webvideo geredet wird, taucht einmal mehr die Video Game High School als positives Beispiel auf. Vor Kurzem ist die zweite Staffel der erfolgreichen Webserie auf YouTube angelaufen. Vieles spricht dafür, dass sie noch einmal ein größerer Erfolg wird als die erste Staffel.

Die Idee der Video Game High School stammt von Matthew Arnold und Freddie Wong. Der Filmemacher und Gamer ist der kreative Kopf hinter der Serie – und mit über 6 Millionen Abonnenten gleichzeitig ein YouTube-Star. Die Video Game High School, eine Serie über eine fiktive Universität, an der die Studenten über Videospiele lernen und nebenbei noch so manches Abenteuer erleben, ist Wongs größtes Projekt. Wie groß es ist, das zeigt eine Infografik, die Wong passend zum Start der neuen Staffel veröffentlicht hat.

Schon die erste Staffel finanzierten Wong und sein Team zu großen Teilen über Kickstarter. 260.000 US-Dollar kamen damals zusammen. Für die zweite Staffel konnte die Summe mehr als verdreifacht werden: Am Ende standen 808.000 Dollar zu Buche. Mit zusätzlichen Mitteln kam die Crew am Ende auf ein Budget von 1,3 Millionen Dollar – für sechs Episoden, die jeweils rund dreißig Minuten lang sind.

1.200 Effekte

Das ist immer noch wenig im Vergleich zu TV-Serien im amerikanischen Fernsehen. Und dennoch erstaunlich. Die Produktionsqualität fällt sofort auf und muss sich auch vor anderen, vermeintlich professionelleren Webserien nicht verstecken. Einige Szenen etwa sind mit 48 Frames pro Sekunde gefilmt, wie sie im Kinofilm Der Hobbit vorkommen. Als erste Webserie überhaupt nutzt VGHS diese Technik.

Auch die anderen Zahlen sind beeindruckend: Mehr als 55 Crew-Mitglieder waren an dem Projekt beteiligt, insgesamt wurde an 29 Tagen gefilmt und die Serie enthält 1.200 Effekt-Shots. Das Ziel von Wong und seiner Produktionsfirma Rocket Jump ist klar: Inhalte, die sich vom Fernsehen nicht mehr unterscheiden lassen. Das hat auch Netflix inzwischen gemerkt: Das Videoportal hat die VGHS inzwischen in ihr Programm aufgenommen.

Vor allem aber profitiert auch YouTube von dem Projekt. Janko Röttgers schreibt auf GigaOm, dass es diese Inhalte sind, die Google von YouTube möchte. Die Serie hat mit Dodge einen exklusiven Sponsor, der auch innerhalb der Serie auftritt, und die Länge der Episoden ermöglicht die mehrmalige Einblendung von Werbung. Gerade in einer Zeit, in der viele Macher die Plattform für ihre ineffektive Vermarktung kritisieren, ist die VGHS ein Erfolg – weil sie ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt. Kein Wunder, dass YouTube nur allzu willig war, Wong in den eigenen Studios drehen zu lassen.

Gleichzeitig dürfte sich aber auch für Wong und seine Kollegen die Frage stellen, wohin der Weg führen wird. Seinem Ziel, ein TV-Erlebnis zu schaffen, ist er mit der zweiten Staffel der VGHS näher gekommen. Ein Sprung ins immer noch deutlich profitablere TV-Geschäft – oder als Exklusiv-Serie auf Netflix – scheint geradezu vorprogrammiert.

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Hacker-Doku online: „Defcon: The Documentary“

(Klicken Sie auf das Bild, um zum Film zu kommen.)
(Klicken Sie auf das Bild, um zum Film zu kommen.)

Am vergangenen Wochenende fand in Las Vegas einmal mehr eines der größten Hackertreffen der Welt statt. Seit 1993 schlägt die Defcon jährlich in der Wüstenstadt ihre Zelte auf. Von Gründer Jeff Moss ursprünglich als eine einmalige Party unter befreundeten Hackern gedacht, hat sich die Konferenz in zwanzig Jahren zu einer der ersten Adressen für Hacker, IT-Spezialisten und Journalisten entwickelt. In zahlreichen Vorträgen und Expertenrunden geht es vor allem um IT-Sicherheit – und wie man sie umgehen kann.

Pünktlich zur nunmehr 21. Ausgabe der Konferenz hat der Filmemacher Jason Scott, Aktivist und Mitarbeiter des Internet Archive, am Wochenende seine Dokumentation online gestellt. Defcon: The Documentary ist größtenteils im vergangenen Jahr entstanden und gibt einen tiefen Einblick in die Geschichte und Philosophie der verschworenen Hacker-Gemeinschaft.

Scott porträtiert zum einen die Organisatoren und ihre Ziele und Absichten für eine Veranstaltung wie die Defcon („Menschen sind von Natur aus neugierig“). Zum anderen aber zeigt er auch die Besucher. Viele kommen seit Jahren nach Las Vegas, andere sind zum ersten Mal dabei und müssen sich gleich zu Beginn ihr „Abzeichen“ erst besorgen. Diese Teilnehmer-Badges sind nicht selten ein elektronisches Gadget und Teil eines größeren Rätsels.

Überraschend ist zu sehen ist, wie wenig die Defcon doch mit dem Bild des typischen Hackertreffens gemeinsam hat. Zwar gibt es auch hier selbsternannte Geeks, die über ihrem Rechner und Lötkolben brüten. Und natürlich wird eifrig gehackt. Viele Besucher aber erinnern an junge Urlauber. Und tatsächlich: Längst ist die Defcon auch eine große Party – die Freizügigkeit von Las Vegas tut das ihrige.

Regisseur Jason Scott fasst die Defcon in seinem Blog wie folgt zusammen:

If there’s anything unique about the DEFCON situation, it’s that it is, literally, a grouping of individualists, a pack of leaders, a regulated and protected anarchy. This tension is not just viewable here and there – it’s endemic. It has always been the case, and it always will be the case. From this arises an enormous amount of tension, derision, weird feelings – that’s something I have on my radar.

Mit fast zwei Stunden Laufzeit ist Defcon: The Documentary zum Teil etwas langatmig. Auch, weil Scott sehr viele ähnliche Einstellungen verwendet. Das jedoch machen die immer wieder eingestreuten Archivaufnahmen und Interviews mit bekannten Hackern und Aktivisten wieder wett. In ihren Aussagen erkennt man, wieso die Hackerkultur vielleicht gerade in der jetzigen Zeit wichtiger denn je ist.

Apropos: Im vergangenen Jahr gab ein gewisser Keith B. Alexander, Direktor des US-Geheimdienstes NSA, eine Keynote auf der Defcon. Auf die Frage von Gründer Jeff Moss, ob die NSA tatsächlich von jedem Bürger eine Datei habe, antwortete Alexander: „Das ist kompletter Unsinn“. Inzwischen wissen wir das Gegenteil. In diesem Jahr waren aufgrund der Prism-Affäre sämtliche Regierungsbeamte von der Defcon ausdrücklich ausgeladen. „Feds, wir brauchen etwas Abstand“, hieß es in einem Statement.

Defcon: The Documentary gibt es auch als Torrent zum Download.

 

Cartoon Brew Student Animation Festival 2013

Zum vierten Mal lädt die Website Cartoon Brew zum Student Animation Festival ein. Ein klassisches Festival ist es aber nicht. Es findet nämlich nur online statt, und das über einen längeren Zeitraum: Zwischen Juli und August stellt das Team acht Filme online vor, die dieses Jahr aus insgesamt 266 Einsendungen ausgewählt wurden. Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei allen um Animationsfilme von Studenten, die Cartoon Brew exklusiv online präsentiert und mit jeweils 500 US-Dollar prämiert.

Studentische Filme, gerade aus dem Bereich Animation, haben inzwischen eine große Tradition im Netz. Viele renommierte Animationsschulen, wie etwa der dänische Animation Workshop, stellen die Abschlussarbeiten mittlerweile online, sind sie doch die beste Bewerbung, die ein Absolvent haben kann.

Die ersten drei Filme des diesjährigen Festivals sind inzwischen online. Einmal mehr hat die Jury eine spannende Mischung unterschiedlicher Animationsstile und Erzählungen zusammengestellt. Der erste Film und gleichzeitig der Grand Prize Winner ist Brain Divided von Josiah Haworth, Joon Shik Song und Joon Soo Song, in dem zwei Gehirnzellen eines Bachelors um die Gunst einer Frau buhlen.

Ganz anders ist die Arbeit von Eric Ko an der Rhode Island School of Design. Our Son verbindet eine surreale Welt mit rasanter Animationstechnik und einem nicht minder packenden Soundtrack.

Eher klassisch kommt dagegen das handgezeichnete Lady with Long Hair von Barbara Bakos daher. Die Studentin aus Ungarn erzählt darin die Geschichte einer älteren Frau und der Erinnerungen, die sie mit ihrem Haar noch einmal aufblühen lässt.

Noch die nächsten fünf Wochen stellt Cartoon Brew neue Filme vor. Ein regelmäßiger Besuch lohnt sich.

 

Hüpfen wie ein Jedi: „Star Wars Parkour“

Parkour gilt gemeinhin als ein urbanes Phänomen: Junge, akrobatische Menschen, die über Hausdächer, Zäune und Mauern hüpfen, und wie James Kingston auch nicht vor schwindelerregenden Höhen Halt machen. Die beiden Freerunner Jeremy Carpenter und Sinjin Cooper haben sich ein anderes Setting ausgedacht: Als Jedi verkleidet führen sie ihre Tricks in einer Steinwüste auf. Und irgendwie ist das auch total logisch. Im zweiten Teil soll es dann auch Lichtschwerter geben.

(Behind the Scenes hier)

 

Netzfilm der Woche: „Voice Over“

Was haben ein gestrandeter Astronaut, ein Soldat im Ersten Weltkrieg und ein Fischer in der Gegenwart gemeinsam? Alles, wenn es nach dem Regisseur Martín Rosete geht. Sie sind nämlich die Protagonisten seines Kurzfilms Voice Over, der bereits auf über 100 Festivals lief und dabei knapp 60 Preise und eine Nominierung für die diesjährigen spanischen Academy Awards einheimsen konnte.

Und das völlig zu Recht. Angetrieben von einem mysteriösen Erzähler springt Voice Over von einem Schauplatz zum nächsten, und die könnten unterschiedlicher nicht sein: Die karge Wüstenlandschaft des fremden Planeten, die bedrohliche Stimmung an der Kriegsfront und der Überlebenskampf des Fischers unter Wasser machen den Film in seinen zehn Minuten zu einem bildgewaltigen Erlebnis, getoppt einzig von der Erzählung: Alle drei Szenarien verstärken sich in ihrer Dringlichkeit, bauen aufeinander auf und steuern auf einen Höhepunkt hin.

Doch zu welchem?

„Ich werde Euch nicht sagen, wessen Stimme uns durch diese extremen Situationen führt“, heißt es auf der Website des Films. Und wir werden es an dieser Stelle auch nicht tun. Das nämlich würde das ebenso unerwartete wie ergreifende Ende von Voice Over vorwegnehmen. Es sei nur so viel verraten: Wir alle kennen ihn und das Gefühl, das er beschreibt.

 

Skate-Filme im Netz: „Die Faszination liegt im Einfachen“

Das Internet ist voller Skateboard-Filme. Doch nur wenige ihrer Macher glänzen mit einem eigenen Stil. Sebastian Linda gehört dazu. Der 29-Jährige ist selbst ein leidenschaftlicher Skateboarder. Sein erstes Feature Born to Skate lief mehrfach im deutschen Fernsehen und ist zurzeit in Ländern wie Japan und Brasilien zu sehen.

Seit einigen Jahren zeigt Linda seine Skate-Kurzfilme aber auch online auf YouTube und Vimeo, wo sie es regelmäßig in Blogs und in Listen von besten Clips schaffen. Gerade hat er mit Revenge of the Beasts seine jüngste Arbeit veröffentlicht. Mit uns sprach Linda über die Ästhetik des Skate-Films und die Unterschiede zwischen Online- und Offline-Vertriebswegen.

ZEIT ONLINE: Herr Linda, sind Sie in erster Linie ein Skater oder ein Filmemacher?

Sebastian Linda: Es ist eine Symbiose. Ich habe mit zwölf Jahren angefangen zu skaten und kurz darauf mit dem Filmen, weil ich das Skateboarden von mir und meinen Freunden festhalten wollte. Also habe ich meinem Vater die Videokamera abgeluchst. Beides ist eine Leidenschaft, die sich bis heute immer wieder verbindet.

ZEIT ONLINE: Im Netz gibt es beinahe wöchentlich neue Skate-Videos, die sich meist stark ähneln. Wie lässt sich in diesem Genre noch eine eigene Sprache finden?

Linda: Auch mich hat das eines Tages gelangweilt. Ich kann mir keine Skatevideos mehr anschauen, in denen bloß ein Trick auf den nächsten folgt. Ich habe zwar großen Respekt vor der Arbeit – manche filmen tagelang, um den perfekten Move einzufangen –, aber mir bedeutet Skateboarding mehr. Der Sakteboarder ist ja Teil der urbanen Welt, der Straße und dort passiert immer etwas. Die Faszination des Skatens liegt auch oft im Einfachen: Nämlich darin, dass man mit einem Holzbrett hochfliegt, es dreht und mit seinen Füßen wieder auffängt. Eine Kamera kann das auf ganz unterschiedliche Weise einfangen.

ZEIT ONLINE: Die Teile der Beasts-Serie unterscheiden sich stilistisch voneinander.

(© Sebastian Linda)
(© Sebastian Linda)

Linda: Der erste Film, Beasts from the East, ist relativ aggressiv und hart geschnitten, sehr schnell und hektisch. In The Epic & The Beasts geht es vor allem um die Freude und Freundschaft, um viel Emotionen und schönes Licht. Im neusten Clip wollte ich den Kampf gegen dunkle Mächte einarbeiten. Die Effekte wechseln sehr kontrastreich zwischen Licht und Dunkelheit. Die Geschichte handelt davon, dass man seine Kindheitswelt zurückholen möchte, der Weg dorthin aber immer wieder bedrohlich wird. Erst am Ende „fliegen“ alle und der Fluch ist gebrochen.

ZEIT ONLINE: Alle drei Kurzfilme sind sehr erfolgreich. Inwiefern hilft dieser Erfolg im Netz Ihrer Karriere?

Linda: Ich glaube, dass die Freiheit im Netz für einen ganz neuen Ansporn und letztlich auch für neue Inhalte sorgt. Für mich als kleinen Filmemacher ist es eine große Chance, wenn ein Publikum darüber entscheidet, ob es meinen Film sehen möchte, und nicht etwa die Jury eines Filmfestivals. Das fördert die kreative Arbeit, über die dann auch neue Kunden, etwa aus der Werbung, an mich herantreten.

ZEIT ONLINE: Ihre Netzfilme sind also auch eine Form der Akquise?

Linda: Zum Teil. Aber ich akquiriere meine Werbeaufträge nicht einzig dadurch. Viele möchten nämlich gerne eine Kopie dessen, was sie gesehen haben. Das funktioniert jedoch nicht, denn das Netz vergisst nicht und man darf den Zuschauer nicht für dumm halten. Sobald plötzlich ein Werbe-Zusammenhang besteht, merkt er, dass es mit dieser Arbeit nicht um Erkenntnis geht, sondern um Kommerz. Deshalb ist die Beasts-Reihe auch ohne kommerziellen Hintergrund entstanden.

ZEIT ONLINE: Was war dann die Motivation abgesehen von Ihrer Leidenschaft fürs Skaten?

Linda: Meine Motivation ist es auch, zu zeigen, dass man mit weitaus geringeren Mitteln als den GEZ-Milliarden gute Filme drehen kann. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass viele deutsche Filmemacher inzwischen vor allem auf Vimeo oder YouTube bekannt sind und mit kleinem Budget Werke zaubern, von denen sich die TV-Sender eine Scheibe abschneiden könnten. Diese und andere internationale Künstler sind sowohl Inspiration als auch Konkurrenz, die mich anspornen.

ZEIT ONLINE: Wie wichtig ist das Feedback der Zuschauer auf Plattformen wie Vimeo?

Linda: Wir haben inzwischen sogar noch ein Making-Of online gestellt, weil so viele Fragen kamen. Der gesamte Prozess ist ein Säen und Ernten. Natürlich fragt man sich immer, wie viel man von seinen filmemacherischen Tricks preisgeben möchte, aber der Trend entwickelt sich dahin, immer mehr zu teilen.

ZEIT ONLINE: Das tun Sie auch in Workshops, in denen Sie erklären, wie man mit einfachen Mittel Filme drehen kann.

Linda: Ich finde es toll, wenn ein 50-Jähriger, der noch nie gefilmt hat, Filme mit seinen Kindern dreht und diese mit der Welt teilt. Den Ansatz, den ich zu vermitteln versuche, ist, dass man seine Kamera einfach laufen lässt und im richtigen Moment „da“ ist. In meinem aktuellen Film Mr. Elektro geht es um einen balinesischen Heiler, der elektrische Stöße weiterleitet. Viele fragen, wieso ich über so ein esoterisches Thema einen Film gedreht habe. Nun, weil ich die Kamera angeschaltet habe, als dieser Typ kam.

ZEIT ONLINE: Planen Sie, Mr. Elektro auch online zu veröffentlichen, vielleicht über Vimeo-on-Demand?

Linda: Ich denke, dass ich ihn irgendwann auch online stelle. Aber Mr. Elektro ist ein schwieriger Fall. Der Film arbeitet mit einigen Überraschungen und bewegt sich zwischen Wissenschaft und Glauben. Da ist ein direktes Kinoerlebnis sowohl für den Zuschauer als auch für mich lohnender, als den Film online zu veröffentlichen. Man sieht auch an den Klickzahlen des Trailers, dass das Thema viral nicht so gut funktioniert wie ein Clip aus der Beasts-Reihe. In diesem Fall könnte ich eine 40-minütige Version erstellen, zwei Euro dafür verlangen und es würde wohl laufen.

ZEIT ONLINE: Es gibt also weiterhin gute Gründe für Online- und Offline-Vertriebswege?

Linda: Man kann die gar nicht mehr so klar trennen. Unser erstes Feature Born to Skate war auf illegalen Plattformen ziemlich erfolgreich. Wir fanden das zunächst nicht so geil, aber letztlich war es diese Fanbase, die den Film zum Fernsehen getragen hat. Denn als er das erste Mal auf ZDF Kultur lief, hatte er sogar eine messbare Quote – und das nur, weil ihn so viele bereits von Streaming-Plattformen kannten. Da denkt man natürlich hinterher schon darüber nach, welcher Weg der beste ist.