83 Jahre nach Franz Kafkas Tod gibt es sein Gesamtwerk erstmals komplett auf Tschechisch. Mit der Veröffentlichung des 13. Bandes mit Schriften und Briefen sei das Projekt endlich vollendet, sagte heute die Franz-Kafka-Gesellschaft in Prag. Bis 1990 wurde Kafka nicht übersetzt, da den Regierungen zuvor Kafkas Visionen zu „reaktionär“ erschienen.
Nach der politischen Wende hatte die Kafka-Gesellschaft mit dem rund 360 000 Euro teuren Projekt begonnen. Leiter war der böhmische Germanist Kurt Krolop, einer der weltweit anerkannten Spezialisten für deutschsprachige Prager Literatur. Mehrere der 13 Bände waren nie zuvor ins Tschechische übertragen worden, andere wurden komplett neu übersetzt. Auch vor der kommunistischen Machtübernahme 1948 war Kafka bei den faschistischen Besatzern des „Protektorats Böhmen und Mähren“ unerwünscht. Viele Germanisten hatten stets geklagt, dass der Autor in Prag zwar als Werbeträger benutzt werde, sein Werk aber weitgehend unbekannt sei. Das ändert sich ja jetzt. Wie schön.
(mit dpa)
MTV macht sich auf zu neuen Ufern. Nach schnelllebigen Formaten wie Musikvideos und Kuppelshows entdeckt der Musiksender, etwas, was es schon Jahrhunderte gibt: die Lyrik! Kein Witz. Seit Anfang diesen Monats zeigt MtvU, das Studentenprogramm, 18 Gedichtvideos. Und von wem? Nicht von Justin Timberlake, Christina Aguilera oder Bono, sondern von John Ashbery – ein amerikanischer, vielfach ausgezeichneter Lyriker. Den Pulitzerpreis hat er gewonnen, Preise der MacArthur Gesellschaft und gottweißwas alles. Nun gewann der 80-Jährige auch den ersten MTV-Poesiepreis. Und warum? Zu Werbezwecken!
Denn zugleich schreibt MtvU einen Gedichtwettbewerb aus, an dem sich Studenten amerikanischer Unis beteiligen können. Der Gewinner darf ein Buch beim Verlag HarperCollins veröffentlichen. So greift MTV dem literarischen Nachwuchs unter die Ärmchen. Ashberys kurze Gedichtspots sollen die Studenten wieder auf den Geschmack am Vers bringen. Sein Manager David Kermani sagt dazu, sie hätten Zeilen ausgesucht, die eingängig sind und „irgendwie bedeutungsvoll“. Die jungen Leute mochten Zeilen, die „schlüpfrige Anspielungen“ hatten. Dann passts ja zum Großteil der Musikvideos.
Wollen wir sowas auch in Deutschland? Ich finde, ja. Friederike Mayröcker liest in den Werbepausen von „Wer wird Millionär?“, Verse von Günter Eich als Klingelton, und Durs Grünbein bekommt seine eigene Sendung auf VIVA. Und zum Schluss das große Samstagabendformat „Germanys next Top-Poet“, moderiert von Marcel Reich-Ranicki.
Manche Menschen kaufen sich Bücher nicht zum Lesen, sondern zum Hinstellen. Zum Beispiel das Gesamtwerk von Karl Kraus, den in rotes Leinen gebundene Germanistenporsche. Sieht im Billy-Regal gut aus, schindet Eindruck, aber ganz durchlesen? Im Ernst, die wenigen Zitate, die man kennt, sind doch eigentlich aus einer Aphorismensammlung Kraus für Gestresste. Auch Heimwerkerfernsehsendungen raten öfter zum Buch als tolle Deko-Idee, das dann sparsam arrangiert im neuen Wohnzimmer sein Dasein fristet auf selbstgezimmerten Regalen und, ja, verstaubt. Einen guten Einfall hatten ein paar Studenten der University of Stanford: Alte Bücher schichteten sie auf, und heraus kam eine Bar.
Die Idee ist nicht neu, gar Designer wie Werner Aisslinger entwarfen schon Möbelstücke, die das Wort „Bücherregal“ wahrlich verdienen. Feststellen lässt sich Folgendes:
Bücher schmücken Zimmer, Bildung schmückt Menschen. Bildung kann man vortäuschen. Bücher jetzt auch! Eine Tapete macht’s möglich. Auch für den, der es etwas antiquarischer mag. Tolle Sache.
Das fragt der englische Observer und ließ fünfzig Schriftsteller in den vergessenen Schätzen der Literatur buddeln – und sie zogen Bücher hervor, die sie für unterschätzt, lesenswert oder schlicht großartig halten. Hans Falladas Trinker ist dabei, auch Hunger von Knut Hamsun. Die ganze Liste finden Sie hier. Vielleicht entdecken Sie ja auch noch was…