Lesezeichen
‹ Alle Einträge

NPD fast nur noch eine Ostpartei

 

In Sachsen gelang der NPD erstmals der Wiedereinzug in einen Landtag. Doch auch dort gab es starke Verluste. In Thüringen bleiben die Rechtsextremen draußen. Und im Westen haben sie derzeit nichts zu bestellen. Eine Analyse von Tagesspiegel-Redakteur Frank Jansen.

Die NPD sitzt weiter im Sächsischen Landtag  © dpa - Bildfunk
Die NPD sitzt weiter im Sächsischen Landtag © dpa - Bildfunk

Der Höhenflug der NPD im Osten scheint gestoppt, abgestürzt ist sie allerdings nicht. Bei den Wahlen in Sachsen gelang der rechtsextremen Partei erstmals der Wiedereinzug in einen Landtag, doch mit herben Verlusten. Die NPD hat fast die Hälfte ihrer Wähler eingebüßt. Im Jahr 2004 gaben 190.909 Frauen und Männer ihre Zweitstimme der Partei, am Sonntag waren es noch 100 832. Die Partei rutschte von 9,2 Prozent auf 5,6. Der sächsische Verfassungsschutz hält dennoch Entwarnung für unangebracht: Die NPD habe „in einem beachtlichen Umfang“ insbesondere jüngere Männer bis zum Alter von 30 Jahren gewinnen können, heißt es in einer Analyse. Außerdem sei es der Partei gelungen, in einigen ländlichen Gebieten ein „relativ stabiles Wählerpotenzial“ zu halten. Der Verfassungsschutz verweist auf besonders hohe Ergebnisse der NPD in ihren „Schwerpunktregionen“. Ein Beispiel: Im Wahlkreis „Sächsische Schweiz 2“ bekam die NPD 10,1 Prozent.

In der Region liegt auch die Gemeinde Reinhardtsdorf-Schöna, die schon mehrmals mit exorbitanten Wahlerfolgen der NPD auffiel. Am Sonntag war es wieder so weit: Bei den Zweitstimmen kam die Partei auf 19,4 Prozent, bei den Erststimmen sogar auf 21,5 Prozent. Die Zweitstimmen nahmen aber beträchtlich ab: 2004 hatten 233 Einwohner die NPD gewählt, jetzt stimmten „nur“ 145 Wähler für die NPD. Auch die Zahl der Erststimmen schrumpfte.

Solche Ergebnisse erscheinen jenseits von Sachsen oder gar Ostdeutschland unvorstellbar. Bezieht man die Resultate der NPD in Thüringen, dem Saarland und bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ein, ist zu erkennen, dass sich die Nationaldemokraten als ostdeutsche Regionalpartei etabliert haben – allerdings ohne in den neuen Ländern überall fünf Prozent sicher zu haben. In Thüringen misslang jetzt der Einzug in den Landtag, die Partei blieb bei 4,3 Prozent hängen. Die Zahl hat für die NPD eine traumatische Aura: Mit 4,3 Prozent verpasste sie 1969 den Einzug in den Bundestag, trotz einer Serie von Erfolgen in sieben Ländern. Danach fiel die NPD in Agonie. Erst als die Partei ihre Strategie auf den Osten fokussierte und sich für die jungbraune Szene öffnete, wurde der Erfolg von 2004 in Sachsen möglich.

Der Preis ist hoch. Im Westen hat die NPD kaum noch Kraft. Im Saarland reichte es am Sonntag zu lediglich 1,5 Prozent. Vor fünf Jahren, in Zeiten der Anti-Hartz-IV-Proteste, hatte die NPD an der Saar noch vier Prozent geholt. Ein solcher Achtungserfolg ist derzeit in den alten Bundesländern nahezu ausgeschlossen. Viele Protestwähler tendieren eher zur Linkspartei als zur NPD mit ihrem Nazi-Touch. Ultrarechte Gruppierungen haben offenbar in Westdeutschland nur den Hauch einer Chance, wenn sie sich halbwegs bürgerlich aufführen. Das zeigte sich nun bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen. Die in der Grauzone zwischen Nationalkonservativen und Rechtsextremisten agierende antiislamische „Bürgerbewegung“ Pro NRW überflügelte gleich beim ersten Antritt die NPD, wenn auch auf niedrigem Niveau. Pro NRW erhielt 41.361 Stimmen (0,6 Prozent) und 17 Mandate. Die NPD legte auch zu, holte aber nur 24.695 Stimmen (0,3 Prozent) und elf Sitze.