Lesezeichen
‹ Alle Einträge

NPD am Scheideweg

 

Symbolbild: Trotz umfangreichen Wahlkampfes ist die NPD in Sachsen aus dem Landtag geflogen
Symbolbild: Trotz umfangreichen Wahlkampfes ist die NPD in Sachsen aus dem Landtag geflogen

Am kommenden Sonntag wird die NPD versuchen, in zwei weitere Landtage einzuziehen. Gleichzeitig beginnt in der Partei eine neue Strategiediskussion. In Thüringen und Brandenburg wird somit auch über die Zukunft der Partei entschieden.

 Von Felix M. Steiner

Udo Pastörs in Stendal
Der Noch-Vorsitzende Udo Pastörs

Neben Brandenburg wird auch in Thüringen am kommenden Samstag ein neuer Landtag gewählt. Für beide Bundesländer scheint bereits jetzt sicher zu sein: Die „Alternative für Deutschland“ wird mit nahezu zehn Prozent in beide Landtage einziehen. Bei der NPD sieht dies etwas anders aus. In Brandenburg wird der Partei kaum eine Chance auf einen Landtagseinzug eingeräumt. In Thüringen hingegen stehen die letzten Prognosen bei vier Prozent und ein Einzug in den Landtag scheint somit zumindest nicht völlig ausgeschlossen. Für die Bundes-NPD dürfte viel an der Landtagswahl in Thüringen hängen. Nach dem Ausscheiden der NPD aus dem Landtag in Sachsen benötigt die Partei dringend eine weitere Landtagsfraktion, um Geld in die klammen Kassen zu spülen. Bereits aktuell läuft eine neue Strategiedebatte in der Partei an. Die Entscheidung über die neue Ausrichtung der Partei und damit wohl auch über den neuen Vorsitzenden werden die Delegierten auf einem Parteitag Ende des Jahres treffen müssen. Im fünfzigsten Jahr des Bestehens der NPD steht die extrem rechte Gruppierung wohl erneut an einem Scheideweg, so wie zuletzt Mitte der 1990er Jahre. Neben den innerparteilichen Auseinandersetzungen läuft außerdem weiterhin das Verbotsverfahren gegen die NPD. Pastörs ist seinen Ankündigungen wenig gerecht geworden. In der Öffentlichkeit tritt der amtierende Vorsitzende kaum in Erscheinung und die von ihm angekündigte harte Führung war auch in Krisensituationen kaum wahrnehmbar. Die von vielen Seiten vorhergesagte „Radikalisierung“ ist unter Pastörs bisher nicht eingetreten. Wer die NPD in dieser schwierigen Phase führen wird, scheint derzeit unklar. Als einer der ersten hat der Bundespressesprecher der NPD, Frank Franz, seinen Hut in den Ring geworfen. Franz eröffnete in der aktuellen Ausgabe der Parteizeitung mit einem Strategie-Beitrag bereits die Debatte. Doch Franz verfügt innerparteilich nicht über eine Hausmacht und spielte auch bei den letzten Kämpfen um den Vorsitz eher eine Nebenrolle. Die Anfänge der Debatte lassen kaum Neues erkennen, vielmehr scheinen die alten Standpunkte, welche rund um Holger Apfels Kandidatur im Jahr 2011 bereits aufeinandertrafen, erneut in Konkurrenz zu treten: radikal oder seriös? Beides scheint für die NPD nicht vereinbar zu sein. Wer genau alles als NPD-Vorsitzender kandidiert, ist derzeit noch schwer vorauszusagen. Der aktuelle Zustand der Partei – besonders auch im Inneren – ist wohl kein Wunschzeitpunkt für die Übernahme des Vorsitzes.

Umstrittener Spitzenkandidat in Thüringen

Patrick Wieschke: ratlos
Patrick Wieschke: ratlos

Wie es mit der NPD weitergeht, wird auch davon abhängen, ob Thüringen demnächst eine eigene Landtagsfraktion stellt. Die Fraktionen und ihre Vorsitzenden sind immer auch starke Machtbastionen in einer von ihnen stark abhängigen Partei. Doch gerade in Thüringen gerät der Spitzenkandidat, Patrick David Wieschke, derzeit stark unter Druck. Zunächst sorgte eine von einer antifaschistischen Recherche-Organisation veröffentlichte Ermittlungsakte zum Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines 12-jährigen Mädchens auch in der extrem rechten Szene für Aufsehen. Nur wenige Tage später erhob der Bundesvorsitzende der Neonazi-Partei „Die Rechte“, Christian Worch, weitere schwere Vorwürfe gegen Wieschke. Im Jahr 1999 sei eine Demonstration verboten wurden, weil der Anmelder Patrick David Wieschke am Abend zuvor verhaftet worden sei, da er betrunken seine Mutter verprügelt hätte, so Worch. Die Diskussionen auf Szeneseiten zeigen bereits jetzt einen deutlichen Imageschaden für Wieschke. In Thüringen begann offenbar wenige Tage nach den Veröffentlichungen die Diskussion über Wieschkes Nachfolge als Landesvorsitzender. Bis zur Wahl werden sich wohl auch Wieschkes Gegner im Landesverband zurückhalten, um den ohnehin unwahrscheinlichen Einzug nicht noch weiter zu gefährden. Ob Wieschke sich nach einem verpassten Landtagseinzug weiter an der Spitze des Landesverbandes halten kann, scheint derzeit immer unsicherer.

Am Sonntagabend wird sich viel für die NPD entscheiden und es wird klarer sein, in welchem Zustand die Partei in den kommenden Parteitag geht. Sowohl die Frage nach der Anzahl der Landtagsfraktionen als auch nach neuen Machtzentren werden dabei eine große Rolle spielen.