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Nügida: Nur ein Häuflein rechter Hetzer

 

Nur vierzig Rechte marschierten bei Nügida mit. Ihnen standen deutlich mehr Gegendemonstranten gegenüber | Foto: Müller
Nur vierzig Rechte marschierten bei Nügida mit. Ihnen standen deutlich mehr Gegendemonstranten gegenüber © Jonas Miller

Am Montagabend versammelten sich rund vierzig Personen aus dem rechten Spektrum zum zweiten Aufmarsch des Nürnberger Pegida-Ablegers Nügida. Die Organisatoren kommen aus dem neonazistischen Spektrum. Rund 800 Gegendemonstranten pfiffen die Rechten aus. Es kam zu größeren Verkehrsbehinderungen.

Dem zweiten selbsternannten Spaziergang von Nügida folgten lediglich vierzig Personen. Die meisten sind dem rechten Spektrum zuzuordnen. Ab 19.30 Uhr sammelten sich die Nügida-Anhänger an der Nürnberger Frankenstraße, um von dort zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu ziehen. Ihnen gegenüber versammelten sich nach Veranstalterangaben rund 800 Gegendemonstranten, die Polizei spricht von 600 Nazigegnern. Das Antifaschistische Aktionsbündnis und die IG-Metall meldeten Kundgebungen an der Nügida-Route an.
Während des Aufzuges versuchten Gegendemonstranten immer wieder in den abgesperrten Bereich vorzudringen. Dabei setzte die Polizei Pfefferspray ein, eine Person wurde verletzt und musste medizinisch Versorgt werden. Nach Polizeiangaben wurden Einsatzkräfte mit Steinen beworfen. Verletzt wurde allerdings niemand.

Schon im Vorfeld hat die Nügida-Anmeldung für Wirbel gesorgt. Ursprünglich wollten die Rechten vor einem Flüchtlingsheim aufmarschieren, was nach Hinweisen aus der antifaschistischen Szene behördlich unterbunden wurde. Auch die später genehmigte Route zum BAMF wurde vom Bündnis „Nonügida“ in einer Pressemitteilung kritisiert: „Wir können es nicht zulassen, dass Neonazis an einem solchen historischen Ort gegen Flüchtlinge hetzen“. Das Gebäude, in dem heute das Bundesamt für Migration seinen Sitz hat, diente früher als SS-Kaserne.

Nazigegner an der Frankenstraße | Foto: Müller
Nazigegner an der Frankenstraße | Foto: Miller

Nügida-Anmelder griff feministische Demonstration an

Im Vorfeld forderte das Bündnis auch, die komplette Demonstration von Nügida zu unterbinden. Nügida-Anmelder Dan Eising war am vergangenen Samstag bei einem Angriff auf die feministische Demonstration zum internationalen Frauentag in Nürnberg beteiligt. Augenzeugenberichten nach soll er sogar Pfefferspray in die Menge gesprüht haben. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Nürnberg schrieb in einer Pressemitteilung: „Wir fragen uns, wie es zu solch einem gravierenden Zwischenfall kommen kann? Ist die Stadt Nürnberg, das Ordnungsamt und letztlich die Polizei verpflichtet den rechten ihre Hetzmärsche zu ermöglichen? Außerdem stellt sich die Frage welche Konsequenzen nach den letzten Wochen und dem Zwischenfall gezogen werden.“

Organisatoren aus der rechten Ecke

Die Versammlungsbehörden äußerten sich vorerst nicht zum Thema und wollten sich zu einzelnen Personalien nicht äußern, wie das Nachrichtenportal nordbayern.de meldete. So fungierten Eising und Biller auch beim zweiten Nügida-Aufmarsch als Organisatoren. Mittlerweile treten beide als Aktivisten der neonazistischen Partei „Die Rechte“ auf. Dem Nügida-Aufmarsch schlossen sich vor allem gewaltbereite und einschlägig bekannte Nazi-Aktivisten an, die bei der Organisation und Durchführung führende Rollen einnahmen. So trat der vorbestrafte Neonazi Phillip Hasselbach mehrfach ans Mikrofon und stellte auch seinen PKW als Lautsprecherfahrzeug zur Verfügung. Seine Lebensgefährtin Victoria G. trat als Ordnerin auf, Peter M. als aggressiver Teilnehmer. Alle drei sind im Münchner Kreisverband von „Die Rechte“ aktiv.

Auch aktive bayerische NPD-Funktionäre wie Heidrich Klenhart und Aktivisten der NPD-Jugend wie Alexander P. waren Teil von Nügida. Ein Teilnehmer trug ein Schild auf dem „Umvolkung ist Völkermord“ stand. Der Begriff „Umvolkung“ stammt aus dem historischen Nationalsozialismus, der im Zusammenhang mit „Gewinnung von Lebensraum“ verwendet wurde. Die Sprechchöre erinnerten stark an Neonaziaufmärsche. So hieß es durchgehend: „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ und „Antifa Hurensöhne“. Eine Anwohnerin wurde mit den Worten „Fick dich zu Fotze“ beleidigt, nachdem sie den Nügida-Anhängern ihre Ablehnung gestikulierte.

Verkehrschaos und Nügida-Spaltung

"Lügenpresse"-Rufe und Stinkefinger waren keine Seltenheit | Foto:Müller
„Lügenpresse“-Rufe und Stinkefinger waren keine Seltenheit | Foto: Miller

Die Polizei sperrte die Aufmarschstrecke von Nügida weiträumig ab, es kam zu unzähligen Staus und Verspätungen. Die Nürnberger Verkehrsgesellschaft stellte den Betrieb an angrenzenden U-Bahnhöfen zeitweise komplett ein, was bei vielen Nürnbergern auf großes Unverständnis stieß. Rainer Biller kündigte an, nun bis Dezember 2015 jeden Montag in Nürnberg aufmarschieren zu wollen. Anmeldungen liegen bis Ende März vor.
Am vergangenen Rosenmontag marschierte Nügida erstmals durch Nürnberg. Nachdem bekannt wurde, dass hinter dem Label von „Nügida“ die Neonazis Rainer Biller und Dan Eising stecken, spaltete sich die Gruppe auf. Der offizielle Pegida-Gruppe „Pegida Nürnberg“, um die Rechtspopulisten und „Die Freiheit“-Funktionäre Michael Stürzenberger und Gernot Tegetmeyer wollen nun wöchentlich Donnerstags auf Nürnbergs Straßen marschieren, die Gruppe um Rainer Biller von „Nügida“ jeden Montag. Das Nürnberger Bündnis Nazistopp kündigte unterdessen an, Gegenproteste für die kommenden Aktionen beider Gruppierungen zu organisieren.

Das Antifaschistische Aktionsbündnis kritisiert in einer ersten Pressemitteilung massiv das Vorgehen der Polizei und der Stadtspitze. „“Stadt Nürnberg, VAG und Polizei lieferten
den verhinderten Nazisschlägern wieder das Wohlfühlprogramm. [..] Wenn die offizielle Politik auch in Zukunft faschistische Aufmärsche
ermöglicht, müssen wir über noch effektivere Mittel des antifaschistischen Protests nachdenken“, sagte Max Meier, der Sprecher des AAB.
Die Polizei teilte noch am Abend mit, das Versammlungsgeschehen lief  „nach bisherigen Erkenntnissen größtenteils störungsfrei“.