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„Leipzig aufräumen, befreien von Asylanten und Antifa“

 

„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenphoto
„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenfoto (Screenshot)

Am 1. Juni, dem 4. Tag im Prozess gegen die mutmaßliche terroristische Vereinigung „Oldschool Society“ wurde die Beweisaufnahme eröffnet. Der „Präsident“ der Gruppe wollte zunächst nicht weiter aussagen. Sattdessen wurden Erkenntnisse der Verfassungsschutzämter durch den Staatsschutzsenat des OLG München eingeführt. Daraus geht hervor, dass die Gruppe aus mehr als den Angeklagten bestanden haben muss. Offenbar sitzt nicht einmal die gesamte Führungsriege auf der Anklagebank. So etwa der „Sprengmeister“ der Gruppe, Kevin L. Ein Gespräch zwischen ihm und der Angeklagten Denise Vanessa G. lieferte dem Bundesamt für Verfassungsschutz entscheidende Hinweise für tatsächliches Verüben von Anschlägen – kurz darauf soll er ausgestiegen sein.

Zunächst führte das Gericht statt der geplanten Befragung des Andreas H. eine Erkenntnismitteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz ein, durch die die Bundesanwaltschaft erstmals über die Aktivitäten der „Oldschool Society“ in Kenntnis gesetzt worden sei. Demnach ging das Bundesamt davon aus, dass eine rechtsterroristische Gruppierung mit 15 bis 20 Mitgliedern gegründet wurde, um in den „bewaffneten Kampf gegen Salafisten“ zu treten und Sprengstoffanschläge zu begehen. So sei es beim ersten Treffen der Gruppe am 15. November 2014 bei Borna besprochen worden, ohne jedoch konkrete Anschlagsziele zu nennen.

Erst aufstacheln …

Das holte Kevin L. im Gespräch mit Denise Vanessa G. Ende Dezember 2014 nach: „Da werden Pläne geschmiedet […] Wir zünden Asylantenheime an und am Ende verschwindet das Gespräch im nichts und nichts ist passiert.“ Im Januar 2015 wolle sie daher mit Kleingruppen aktiv werden und gegen geeignete „Objekte“ vorgehen. „Wer dann nichts macht, fliegt definitiv raus.“ Auch L. dauerten nach dem Bericht des Geheimdienstes die Planungen der „OSS“ zu lange. „In Limburg die Moschee, die mache ich alleine flach“ und „wenn da ein Molli rein fliegt, dann ist Ruhe“, soll er demnach zu G. gesagt haben. Diese pflichtete bei. Wenn das auch „Kleinzeug“ wäre, könne man das schon machen. Er hätte das bereits zwei Monate zuvor tun wollen, aber keiner hätte mitziehen wollen. Womöglich spielte er dabei auf das erste Treffen der Gruppe an. Er benannte laut rheinland-pfälzischem Verfassungsschutz zudem drei „Asylantenheime“ in seiner Nähe. In diesem Zusammenhang soll G. noch geäußert haben, es gebe drei oder vier in der „OSS“, die jemanden umbringen würden, wenn es darauf ankäme.

… und dann aussteigen?

OSS Oldschool SocietyEin ebenfalls am 4. Verhandlungstag in das Gerichtsverfahren eingeführter Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz ordnet Kevin L. als „Sprengmeister“ der Führungsebene der Gruppe zu. Im Gegensatz zu Denise Vanessa G., die den Titel in ihrer ersten Vernehmung nach der Festnahme bestätigte, sitzt dieser aber sonderbarerweise nicht auf der Anklagebank. Im Januar 2015 soll der Rheinland-Pfälzer gemeinsam mit seiner Frau Janine den Austritt aus der Gruppe erklärt haben – offenbar noch bevor mit seiner Kameradin G. angedeutete Anschläge zur Ausführung gebracht werden konnten. Der Bericht des Landesamtes charakterisiert Kevin L. als „überzeugten Neonazi mit erhöhter Gewaltbereitschaft“. In der OSS besäßen drei Personen einen kleinen Waffenschein, man wolle sich aber „scharfe Knarren“ besorgen und „Leipzig aufräumen, befreien von Asylanten und Antifa.“

„Konkrete Vorbereitungen“

Auch im Januar gaben dann laut Mitteilung des Bundesamt der „Pressesprecher“ der Gruppe Olaf O. und sein „Präsident“ Andreas H. am Telefon vor, jeweils bereits Brandstiftungen begangen zu haben. Unmittelbar danach folgte ein ausführliches Gespräch über die Beschaffung von Schusswaffen im Ausland. Seit März 2015 besitze Kevin L. laut dem Inlandsgeheimdienst des Landes Rheinland-Pfalz einen 9mm Revolver.

„Spätestens am 1. Mai 2015 begannen“, so die Anklage, „konkrete Vorbereitungen zur Begehung eines Sprengstoffanschlags auf eine bewohnte Asylbewerberunterkunft“. Denise Vanessa G. reiste mit ihrem Lebenspartner und Mitangeklagten Markus W. nach Tschechien und erwarb Sprengkörper, die sie illegal über die Grenze transportierten.

„Wenn man das so hört, klingt das nach Terror“

Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe
Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe ©Screenshot

Als erste Zeugin war die 25jährige BKA-Beamte H. zum 4. Prozesstag geladen. Sie habe Denise Vanessa G. wenige Stunden nach ihrer Festnahme am 6. Mai 2015 vernommen. Damals versuchte sie auch zunächst den Zweck der Gruppe herunterzuspielen. Der bestünde in der Pflege von Denkmälern, Spielplätzen und Grabmälern. Sie musste aber einräumen, dass das nicht zum Inhalt der Chatverläufe und nicht zur Außendarstellung der Gruppe passe. Gewalt aber sei ständig ein Thema in der Gruppe gewesen. „Gegen Ausländer. Darum gehts ja ständig. Aber mir fällt nichts ein, was man machen dürfte“. Das Gericht gibt Denise Vaness G.s Aussagen ausführlich aus dem Vernehmungsprotokoll wieder. Man habe die Idee gehabt, „mal Asylantenheim anzünden und von denen wen schnappen“. Das sei aber illegal. Sie bejahte gegenüber der Vernehmungsbeamten, dass sie nur die deutschen Gesetze von entsprechenden Taten abhielten. Die Intention, die von der Angeklagten mitbesprochene Nagelbombe beim geplanten Treffen am Wochenende nach den Festnahmen zum Einsatz kommen zu lassen, wies sie von sich. Bei anderen Mitgliedern aber könne sie sich vorstellen, dass die „das ziemlich lustig finden.“ Weiteren Vorwürfen entgegnete die Beschuldigte: „Wenn man das so hört, klingt das nach Terror.“

Der „Präsident“ Andreas H. indes wollte die Fragen der Bundesanwaltschaft nicht wie angekündigt beantworten. Sein Rechtsanwalt Michael Rosenthal möchte, dass er vor weiteren Einlassungen zu vorgeworfenen Anschlagsplanungen die entsprechenden Aktenteile studiere und weitere diesbezügliche Aussagen mit ihm abspreche.