An den großspurigen Ankündigungen der beiden Allgäuer Pegida-Ableger, diverse Neonazigruppen vergangenen Samstag nach Kempten zu schaffen, scheiterten diese zum wiederholten Mal. Aus der Demonstration „Deutsche zu erst Asyl flut stopen“ wurde nichts, Störaktionen gegen die vermeintlich „schwer bewaffnet“ mit „Rohrbomben“ marodierend durch Kempten ziehende Demonstration „Allgida? Nein danke – Kein Platz für Rassismus“ blieben aus. Stattdessen zeigten 300 lautstark Flagge gegen rechte Hetze. Die Hetzer indes bereiten sich auf ihren nächsten Flop vor – nur diesmal auf noch höherem Niveau.
Der Rohrkrepierer
Im Februar mobilisierten Neonazis als „Allgida“ etwa 150 teils bewaffnete und vermummte Hetzer nach Obergünzburg in Schwaben. 50 Nazigegner stellten sich ihnen direkt in den Weg, 1500 waren es eine Woche später. Die gezeigten Hitlergrüße waren den Repressionsbehörden, die damals trotz offener Mobilisierung kaum Präsenz zeigten, wohl nicht eindeutig genug. Wegen der anderen Delikte laufen die Ermittlungen noch. Damals wurde gedroht: „Wir kommen wieder!“ Jedoch entpuppte sich „Allgida“, der erste allgäuer Ableger der „Pegida“, schnell als Rohrkrepierer: Die nächsten beiden Mobilisierungen scheiterten, dann wurde es still um „Allgida“.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Einen erneuten Versuch unternahm Michael Kleemann als selbsternannter „Nationaler Widerstand – Division Kempten“ und gründete „Allgida Kempten“. Er meldete zunächst für den 25.6. eine Demonstration unter dem Motto „Deutsche zu erst Asyl Flut stopen“ in Kempten an. Kurz darauf verschob er das Event „Gegen die Überfremdung unserer Heimat“ auf den 2.7. Nachdem der Störungsmelder die Pläne öffentlich machte, verkündete der Verfassungsschutz die Beobachtung der extrem rechten Projekte. Die Allgäuer Zeitung lässt sich ein Interview geben: „National, aber nicht rechtsextrem“ – so wird Michael Kleemann dort zitiert. Das Motto „Deutsche zuerst, Invasoren stoppen“ und die Sympathie zur NPD seien nicht Ausdruck einer entsprechenden Gesinnung. Mit Gewalt und der örtlichen Skinhead-Szene habe man nichts zu tun. Stattdessen schütze man Frauen und Kinder vor Flüchtlingen und versorge Obdachlose, die wegen der Geflüchteten nicht mehr ausreichend versorgt würden. Bei den letzten beiden Behauptungen macht sich die Zeitung die Mühe, sie mit gegenläufigen offiziellen Aussagen zu kontrastieren. Gegen die Distanzierung von der extremen Rechten und Gewalt hätte ein einfacher Blick auf das Facebook-Profil der 31-jährigen Servicekraft genügt. Dort droht Kleemann als „Nationaler Widerstand“ mit einem Schlagring vor der Flagge des Deutschen Reiches. Deutschland gefiele ihm wohl in den Grenzen von 1937 am Besten und es läuft unter Anderem ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Kemptener. Auf der Homepage des selbstverwalteten Jugendzentrums in Kempten hieß es zynisch: „Aber wo selbst der Verfassungsschutz keine ausgeprägte neonazistische Ideologie erkennen mag sondern nur ›Hinweise darauf, dass diese Gruppierung Kontakte in die rechtsextreme Szene hat‹ – da kann man doch nicht anspruchsvollere Recherche von einer Lokalzeitung verlangen – oder doch?!“
Gegenwind
Zuvor meinte die regionale Jugendzeitung „vruzt“ noch, ob es gelänge, „dass dieser neueste Pegida-Ableger das Scheitern seines Vorgängers als Rohrkrepierer noch in den Schatten stellt“, müsse sich an der antifaschistischen Gegenmobilisierung zeigen. Tatsächlich wurde eine Demonstration „Allgida? Nein danke – Kein Platz für Rassismus“ angemeldet. Ein Aufruf kündigte an, man werde sich erneut den Rassisten „entschlossen entgegenstellen“. Jedoch zog „Allgida Kempten“ zurück und behauptete, man werde keine Demonstration am 2.7. veranstalten wollen. Der Gründer Kleemann ziehe sich aus dem Vorstand zurück. Allerdings – so betonte er auf Nachfrage – nur „vorerst“.
„Allgida“ reloaded?
Darauf wurde die ursprüngliche „Allgida“ online wieder aktiv und drohte mit Horrorszenarien. Man befürchte „Plünderungen“ und „schwere Unruhen“. Nazigegner könnten am 2.7. „mit Rohrbomben oder Schusswaffen in Kempten auftreten.“ Es hätten „diverse Gruppen“ der Rechten ihr Erscheinen angekündigt, darunter: „„German Defence League“, „Identitäre Bewegung Allgäu“, „HoGeSa Ulm / Neu-Ulm“, „Freikorps – JS“, diverse Rocker, PEGIDA-Aktivisten, und natürlich auch Anhänger und Aktivisten diverser bekannter Parteien.“ Gemeint sein dürfte genau jenes Klientel, dass bereits zur ebenso unangemeldeten Versammlung in Obergünzburg erschien.
Alter Wein wird Essig
Wie bei ihren letzten gescheiterten Mobilisierungen blieben diese aber aus. Stattdessen zeigen laut Polizei etwa 300 Menschen Flagge – gegen „Allgida“ und Rassismus insgesamt. In den Redebeiträgen wurde nicht nur das konsequente Scheitern der beiden allgäuer Pegida-Ableger nachgezeichnet. Ein Redner kritisierte ganz im Sinne des Fronttransparentes „Allgida? – Nein Danke! Gemeinsam gegen Rassismus Sexismus und Homophobie“ die AfD für ihre Mitverantwortung für einen gesellschaftlichen „Rechtsruck“, ein Anderer rief dazu auf, das Integrationsgesetz der bayerischen CSU-Regierung zu verhindern. Antifaschistische Beobachter nahmen nur vereinzelt Rechte im Umfeld der Versammlung wahr.
Und wir scheitern immer schöner…
Michael Kleemann bereitet sich anscheinend darauf vor, auf noch höherem Niveau zu scheitern. Am Telefon gab er an, inzwischen 2800 Unterschriften für die Gründung einer Partei „Allgida Kempten“ gesammelt zu haben. Bei den nächsten Wahlen will er als deren Vorsitzender in den Kemptener Stadtrat einziehen.