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Mickie Krause beendet Zusammenarbeit nach Rechtsextremismusvorwürfen

 

Schlagerstar Mickie Krause hat ein Lied mit einem Sänger aufgenommen, der Verbindungen ins Neonazimilieu pflegt. Von ZEIT ONLINE darauf angesprochen, hat Krause das Projekt aufgekündigt.

Mickie Krause und Der Hauer im gemeinsamen Facebook-Video © Screenshot: Störungsmelder

Auf Mallorca vergeht keine Urlaubssaison ohne Mickie Krause. Der Schlagersänger hat Lieder wie Zehn nackte Friseusen oder Geh mal Bier hol’n zum Pflichtprogramm für Ballermann-Abende und Junggesellenabschiede beigesteuert. Krauses derbe Songtexte („Zeig doch mal die Möpse“) pendeln zwar um die Grenze des guten Geschmacks herum – in die Untiefen des politisch Fragwürdigen verstieg sich der 49-Jährige jedoch nicht. Bislang.

Nun lässt ein neues Gemeinschaftsprojekt aufhorchen: Krause hat zusammen mit dem im Erzgebirge ansässigen Sänger André Groß, der unter dem Künstlernamen Der Hauer auftritt, ein Partylied aufgenommen. Groß war im vergangenen Jahr auf der Veranstaltung eines NPD-nahen Vereins aufgetreten und hatte sich ausländerfeindlich im Internet geäußert. Von ZEIT ONLINE mit diesen Fakten konfrontiert, hat Krause die Zusammenarbeit nun „mit sofortiger Wirkung“ beendet, wie sein Plattenlabel Universal erklärt.

Sänger distanziert sich von Gesinnung

Krause, der bürgerlich Michael Engels heißt, „distanziert sich ganz entschieden von derartigen Gesinnungen“, er wolle damit „unter keinen Umständen in Verbindung gebracht werden“, teilt Universal mit. Demnach hatte Groß angefragt, sein bereits im Vorjahr veröffentlichtes Après-Ski-Lied Sabine Lawine gemeinsam zu singen. Daraufhin produzierten die Künstler zusammen neue Versionen, traten Anfang Oktober dieses Jahres auch in einem kurzen Werbevideo auf der Facebook-Seite von Groß auf.

Der Erzgebirgs-Sänger stellte die Zusammenarbeit gegenüber einem Nachrichtenportal allerdings anders dar: Demnach habe Krause ihn wegen der Kooperation angerufen. Die beiden würden sich bereits seit sechs Jahren kennen.

Auftritt für einen NPD-Verein

In diese sechs Jahre fällt ein Auftritt Groß‘ für den Verein Freigeist im erzgebirgischen Schwarzenberg. Im Juli 2018 veranstaltete Freigeist ein Musikfest in der Bergbaustadt. Hunderte Neonazis nahmen teil. Groß stand nach dem rechtsextremen Liedermacher Frank Rennicke auf der Bühne. Mit seinen teils bizarren Liedtexten über Sex mit einem Mädchen im Thüringer Wald konnte das Publikum allerdings wenig anfangen, Applaus gab es kaum.

Der Hauer singt 2018 für den NPD-nahen Freigeist e. V. in Schwarzenberg. © Henrik Merker

Auf der Versammlung wurde die Abspaltung Sachsens von Deutschland gefordert und Autonomie für die Region Schwarzenberg. Veranstalter und Vereinsgründer Stefan Hartung ist bis heute örtlicher NPD-Funktionär, 2013 war er für einen Pegida-Vorläufer im nicht weit entfernten Schneeberg verantwortlich. Damals veranstalteten die Neonazis Fackelzüge gegen eine Flüchtlingsunterkunft mit bis zu 1.800 Teilnehmern.

Ausländerfeindliche Äußerungen auf Facebook

Groß waren diese Umtriebe offenbar bekannt. In einem Video rechtfertigte er sich, er sei nur des Geldes wegen auf der Neonazi-Veranstaltung aufgetreten. In demselben Video bekennt er sich als „stolz, ein Deutscher zu sein“. NPD-Mitglied sei er allerdings nicht. Auf seiner Facebook-Seite schreibt Groß: „grenzen dicht, alles was keinen gültigen deutschen pass, nicht deutsch sprechen, keine offizielle arbeit etc. nachweisen kann raus“ (alle Fehler im Original). Weiter fordert Groß eine „neue Struktur“ für das Land und „echte Volksvertreter“. In einem anderen Post behauptet er, Deutsche würden arbeiten, damit Ausländer davon leben können. Flüchtlinge bezeichnet er als „Multifunktionsarbeiter aus Übersee“.

Auch in seiner Musik greift Der Hauer politische Themen auf: Zur Bundestagswahl 2017 veröffentlichte er einen mittlerweile gelöschten Song unter dem Titel Jaaaa, wir schaffen das!, der Bezug auf den bekannten Ausspruch von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Flüchtlingskrise nimmt. „Angelika ist Heimerzieherin und für alle da, sie lädt sich ihre Gäste ein von fern und von nah“, heißt es in dem Lied mit Bezug auf Merkel.

In Mitschnitten von Konzerten des Sängers heben Männer im Hintergrund den Arm offenbar zum Hitlergruß. In einer Facebook-Fangruppe posiert der Musiker neben einem Mann in einem Pullover der Rechtsrockband Landser, der Abbildungen von Plakaten der Hitlerjugend und Hakenkreuze auf seiner Facebook-Seite verbreitet.

André Groß neben einem Fan im Landser-Pullover © Screenshot: Störungsmelder

Zusammenarbeit auch mit anderen Prominenten

Im Showbusiness treffen Groß‘ Verbindungen ins rechtsextreme Milieu auf erstaunlich wenig Interesse. Im Musikvideo zu Sabine Lawine, veröffentlicht vor der Zusammenarbeit mit Krause, tritt die Drittplatzierte der RTL-Sendung Der Bachelor und Dschungelkönigin Melanie Müller auf.

Die Kooperation mit bekannteren Prominenten ist für den Hauer offenkundig ein Versuch, auch außerhalb seiner Region Fuß zu fassen. 2014 trat er unter anderem Namen in einer Sendung von Stefan Raab auf. Nun sollte die Unterstützung von Mickie Krause für Aufmerksamkeit sorgen. Dabei hatte Krause nach den rechtsradikalen Ausschreitungen von Chemnitz im vergangenen Jahr gesagt: „Auch wir Schlager- und Stimmungssänger sollten Flagge zeigen gegen Ausländerfeindlichkeit und rechtsextreme Gewalt.“ Die Arbeit mit dem Sänger aus dem Erzgebirge ist demnach ein Versehen, wie Krauses Plattenfirma mitteilt. Dem Ballermann-Star sei „der Hintergrund von Herrn Hauer nicht bekannt“ gewesen.