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Sechs Jahre Haft für Rechtsterroristin wegen geplanten Brandanschlags

 

Sie bereitete einen Anschlag vor, der Politiker oder Muslime treffen sollte: Wegen der geplanten Taten muss eine Rechtsextremistin sechs Jahre ins Gefängnis.

Von Tom Sundermann

Die Angeklagte steht kurz vor der Urteilsverkündung zwischen ihren Verteidigern Wolfram Nahrath und Nicole Schneiders. © Sven Hoppe

In seiner Urteilsbegründung hat Richter Michael Höhne an Pathos nicht gespart: Als er sie im Gerichtssaal vorträgt, lässt Höhne das Wort „Staatsfeind“ durch den Raum hallen. Dieses Wort trägt Susanne G., die Angeklagte, als Tätowierung auf ihrem Dekolleté. Und auch andere Hinweise „lassen keinen Spielraum für Zweifel an der Gesinnung“, sagt Höhne: Über ihrem Bett hing eine Hakenkreuzfahne, außerdem besaß die 55-Jährige einen Korb mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ – wie die Losung am Tor des Konzentrationslagers Auschwitz.

Der Hass von Susanne G. hätte fast in einem Attentat gemündet: Weil sie einen Brandanschlag auf Amtsträger oder Muslime plante, hat sie das Oberlandesgericht München zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, wegen Vorbereitung zu einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die Richter sind überzeugt, dass nur eine rechtzeitige Festnahme im September vergangenen Jahres die Tat verhinderte. Denn das Auto der Heilpraktikerin aus Franken war bereits gefüllt mit Utensilien zum Bombenbau.

Drohungen mit Patrone

Was Susanne G. von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder von der deutschen Zuwanderungspolitik hielt, hat sie nie verborgen: Sie nahm an rechtsextremen Aufmärschen teil, etwa 2018 in Chemnitz oder 2020 in Bamberg. Sie war Mitglied der Kleinpartei Der III. Weg. Und sie freundete sich an mit Ralf Wohlleben und André E., verurteilte Helfer der rechten Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Sie schrieb ihnen Briefe ins Gefängnis, traf sie nach deren Freilassung auch persönlich.

Susanne G. (Mitte) 2018 bei einem Aufmarsch in Chemnitz © Jonas Miller

Auf diesem Nährboden reiften zuerst Drohungen. Zwischen Ende 2019 und März 2020 verschickte G. insgesamt sechs Grußkarten, die erste davon an einen fränkischen Landrat. „Juden- und Ausländerfreund“ und „Erschossen auf der Terrasse“ schrieb sie darauf. Eine unverhohlene Anspielung auf den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vom Juni 2019.

Weitere Karten gingen an einen Bürgermeister, eine türkisch-islamische Gemeinde und einen Flüchtlingshilfeverein. Diesen Schreiben legte G. Waffenpatronen bei, um die Drohungen zu untermauern. Ihr Ziel sei gewesen, „ein Klima der Angst zu schaffen“, sagte Richter Höhne. Die Empfänger und ihre Familien litten bis heute seelische Qualen.

Angeklagte will unschuldig sein

Die Polizei schöpfte schließlich Verdacht, durchsuchte G.s Wohnung, fand dort Hakenkreuzfahne und Auschwitz-Korb. Verhaftet wurde sie noch nicht. Spätestens damals, ist das Gericht überzeugt, plante sie Anschläge konkret. Sie besorgte sich das Buch Die Autobombe, in dem der Bau von Sprengsätzen beschrieben wird. G. war, sagte der Richter, „fest entschlossen, einen Anschlag mit tödlichen Folgen für die Opfer zu begehen“.

Sie lud Flaschen mit Benzin in ihr Auto, Gaskartuschen, ein Messer, eine schusssichere Weste, einen Schlagring und weitere Waffen. „Ein angedrohter Anschlag stand unmittelbar bevor“, sagte Höhne. Doch schließlich wurde G. festgenommen, als sie ein Hotel in Fürth verließ.

Die Angeklagte zeigte vor Gericht keinerlei Einsicht. „Ich habe in meinem Leben anderen Menschen nur Gutes getan“, hatte sie in ihrem letzten Wort im Verhandlungssaal gesagt. Dementsprechend plädierten ihre Verteidiger Wolfram Nahrath und Nicole Schneiders in den Hauptanklagepunkten auf Freispruch. Nahrath und Schneiders sind Szeneanwälte, hatten im NSU-Prozess G.s Freund Wohlleben vertreten. Die Bundesanwaltschaft forderte sechs Jahre Haft für die Angeklagte, die sie dann auch erhielt.

Keine Hinweise auf Mittäter

G. hatte vielfältige Kontakte in die rechte Szene. Doch bedeuten diese auch, dass es Mitwisser oder Mittäter bei dem geplanten Anschlag gab? Antworten hatte sich das Gericht von Wohlleben und seinem damaligen Mitangeklagten André E. erhofft. Beide wurden als Zeugen nach München geladen, verweigerten jedoch die Aussage und blieben dem Verfahren fern.

Richter Höhne kam nun zu einem eindeutigen Fazit: Es habe sich „kein einziger Anhaltspunkt“ dafür ergeben, dass G. Unterstützer hatte. Tatsächlich gebe es zahlreiche rechtsextreme Attentäter, die als Einzeltäter handelten. Und dies, obwohl zugleich gelte: „Rechtsextremismus wächst und wuchert wie ein bösartiger Tumor regelmäßig nicht nur im stillen Kämmerlein.“

Daran, das ließ sich am Tag der Urteilsverkündung ablesen, wird die rechte Szene weiter arbeiten. Im Gerichtssaal saßen wie bereits an früheren Prozesstagen Angehörige des Neonazimilieus, um der Angeklagten ihre Unterstützung zu zeigen. Mit ihrer Ideologie dürfte die verhinderte Terroristin so schnell nicht brechen.