Das neonazistische Musik- und Kampfsportfestival „Schild und Schwert“ soll am 20. und 21. April im ostsächsischen Ostritz an der polnischen Grenze stattfinden. Das geht laut MDR aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner hervor. Die Veranstaltung dürfte hunderte Neonazis aus ganz Europa anziehen.
Bereits am 20. November 2017 hatten die Neonazis das Festival beim Landratsamt in Görlitz angemeldet. Dass bereits einen Tag später eine eigene Homepage zur Bewerbung zur Verfügung stand, deutet auf eine längere Vorbereitung hin. Im Impressum der Homepage wird der „W+B-Versand“ des Neonazis Thorsten Heise in Fretterode angegeben, als Jugendschutzbeauftragter fungiert NPD-Anwalt Peter Richter. Das Festival ist vom 20. bis 22. April im ostsächsischen Ostritz als politische Kundgebung angemeldet. Das zweitägige Event folgt dem Trend zu immer größeren und professionelleren Veranstaltungen dieser Art, die über die klassische Kundgebung im öffentlichen Raum mit ein paar Rechtsrock-Acts hinausgehen. Neben NS-Barden und -Bands, Infoständen und Reden bundesweiter Nazikader wird die Neonazi-Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“ ein Turnier ausrichten. Das letzte Turnier fand im Oktober im sauerländischen Kirchhundem statt. Heise bewirbt außerdem eine „Tätowierkunst Convention“ und eine Volkstanz-Darbietung. Mit den Bands „Die Lunikoff-Verschwörung“ um den ehemaligen Landser-Sänger Michael Regener, die rechte Hooligan-Band „Kategorie C“, „Amok“ aus der Schweiz und „Oidoxie“ aus Dortmund kündigen die Veranstalter einige Hochkaräter der deutschen Rechtsrock-Szene für das Event in der 2400-Einwohner-Gemeinde an. Des Weiteren spielen der Sänger der kanadischen Band „Stonehammer“, der unter dem Namen „Griffin“ auftritt, sowie weitere Bands und Barden. Auffällig ist, dass fast alle Acts dem „Blood and Honour“-Netzwerk nahestehen.
Infostände und Redner: Die üblichen Verdächtigen
Im Redner-Programm des „Schild und Schwert Festivals“ finden sich gleich acht NPD-Funktionäre wieder, wie etwa der NPD-Europaparlamentarier Udo Voigt, NPD-Bundesvorstandsmitglied Tobias Schulz alias Baldur Landogart und Uwe Meenen, der die extrem rechte Europapartei „Alliance For Peace And Freedom” vertritt. Die Redner spiegeln zu großen Teilen eben jenes Personal wieder, welches Heise beim letzten NPD-Bundesparteitag mit in den Bundesvorstand geholt hätte, wenn er denn zum Vorsitzenden gewählt worden wäre. Von der Partei „Die Rechte“ sind bislang lediglich der Vize-Landesvorsitzende aus Nordrhein-Westfalen, Michael Brück, und der gescheiterte Trauerredner Sascha Krolzig im Programm zu finden. Redner der immer aktiveren Partei „Der III. Weg“ sucht man indes vergebens. Auf einer „Straße der Bewegung“ genannten Infostand-Meile sind bislang keine Überraschungen zu finden: Neben den bereits genannten auf dem Festival anwesenden Parteien und Gruppierungen finden sich die Neonazi-Marke „Ansgar Aryan“, das Rechtsrock-Label „Front Records“, Krolzigs Zeitschrift „NS Heute“, der Nordlandverlag und „Werk Kodex“, die selbsternannte „erste Designerzeitschrift und echte Magazinkultur von rechts“ von Tobias Schulz auf der Liste.
Das breitgefächerte Programm von Freefight bis Volkstanz dürfte auf weite Teile der deutschen und europäischen Neonazi-Szene eine große Anziehungskraft haben. Die angemeldeten 750 Teilnehmer dürften für ein Event mit derartig vielen Anknüpfungspunkten an die Neonazi-Subkultur deutlich zu wenig sein. Blickt man auf die letzten Jahre zurück, dürfte das angekündigte Programm deutlich über 1.000 Neonazis nach Sachsen ziehen. Dass dies nicht ohne Konflikte auskommt, liegt auf der Hand. So ist auf der Facebook-Seite des „Kampfs der Nibelungen“ bereits eine Art Rechtfertigung der Teilnahme zu lesen: Man habe länger überlegt, ob man für das „Schild und Schwert Festival“ zusagen solle: „Besucher die zu einem Konzert wollen, mit unserer Idee zu vereinbaren, fällt nicht immer leicht“, heißt es in der Abwägung (Fehler im Original). Die Abneigung klischeehaften Rechtsrock-Fans gegenüber ist in der Szene nicht neu. Ihr Verhalten gilt in Kreisen von Hardcore-Ideologen als undeutsch und der Sache undienlich. So kam es im August zu einem Streit zwischen dem Neonazi-Rapper Makss-Damage alias Julian Fritsch und dem fränkischen NPD-Funktionär Patrick Schröder. Dieser habe, so Fritsch, die Besucher seines eigenen Festivals u.a. als „menschlichen Abfall“ bezeichnet. Fritsch verfasste in der Folge einen Diss-Track gegen Schröder.
Altbekannter Veranstaltungsort?
Der genaue Ort des „Schild und Schwert Festivals“ wird in der Antwort auf die Kleine Anfrage nicht genannt, allerdings gibt es Hinweise darauf, dass sich das Festival auf dem Gelände des „Hotel Neißeblick“ des Hessischen Regionalpolitikers Hans-Peter Fischer abspielen könnte. Das Grundstück liegt direkt an der Neiße gegenüber des Bahnhofes des polnischen Dorfs Krzewina. Auf der Website der Veranstalter hatte die Geländebeschreibung bereits für Spekulationen gesorgt, da es „mit besten Asphaltwegen ausgestattet“ sei und über gepflasterte Stellplätze für Wohnmobile verfüge. Heise wirbt außerdem damit, dass „mehrere kleine und große Säle“ zur Verfügung stehen und das Areal nur 100m vom Bahnhof entfernt liege.
2012 warb Fischer im NPD-Blatt „Deutsche Stimme“ unter dem Titel „Probleme mit Raum- und Grundstückanmietungen? Nicht bei uns!“ für sein Hotel. Das Grundstück verfüge über 30.000 m² Fläche und biete Platz für bis zu 10.000 Personen. Auf der Homepage des Hotels wird allein der „Nebensaal“ mit einer Kapazität von 3.000 Personen angegeben. Dass die Organisatoren beim Landratsamt lediglich 750 Personen angemeldet haben, kann auch aufgrund des illustren Programms als Beschwichtigungsversuch gegenüber den Behörden gesehen werden. Am bundesweit größten Rechtsrock-Event in diesem Jahr, dem „Rock gegen Überfremdung“ im thüringischen Themar, nahmen allein 6.000 Neonazis teil.
Das Hotel Neißeblick ist aufgrund seiner Nähe zu Neonazis schon seit 1998 bekannt. Damals fand mit den „Mitteldeutschen Vortragstagen“ eine offensichtliche Nachfolgeveranstaltung der „Hetendorfer Vortragstage“ des 2009 verstorbenen Multifunktionärs und Neonazi-Anwalts Jürgen Rieger statt. Riegers „Heideheim“ und dessen Trägervereine in der niedersächischen Ortschaft Hetendorf waren 1998 verboten worden, worauf er nach Ostritz auswich. Der Landkreis Löbau-Zittau verbot die Veranstaltung zunächst, diese konnte aber aufgrund eines durch das Verwaltungsgericht Dresden zugelassenen Widerspruchs unbehelligt stattfinden.
Auch in den Folgejahren fanden in dem Hotel rechte Veranstaltungen statt, beispielsweise ein außerordentlicher NPD-Landesparteitag 2012 und zuletzt das 2. „Ostsächsische Sport- und Familienfest“, das mit einem Rechtsrock-Konzert beendet wurde.