Ein weißer Polizist erschießt einen unbewaffneten schwarzen Teenager, angeklagt wird er nicht. Proteste folgen, Straßenschlachten, Ausnahmezustand. Dieser Fall aus der Kleinstadt Ferguson im US-Staat Missouri geht um die Welt – und reißt seit Monaten alte Konflikte in der amerikanischen Gesellschaft wieder auf. Eine Untersuchung der Bundesbehörden wirft der Polizei in Ferguson Rassismus vor. Kurz darauf wird ein 25-Jähriger in Baltimore von Polizisten bei seiner Verhaftung schwer verletzt und stirbt. Auch er war unbewaffnet. Und schwarz.
Wie viele solcher Fälle gibt es? Diese Frage will der Guardian jetzt beantworten – und bittet das Netz um Mithilfe. Allein seit Jahresbeginn haben die Reporter 470 Menschen gezählt, die in den USA durch Polizeigewalt gestorben sind. 103 von ihnen waren nicht bewaffnet. Jeden Toten dokumentiert der Guardian in einer detaillierten Datenbank, die sich vom Nutzer gezielt durchsuchen lässt, auch nach der Hautfarbe. Es zeigt sich: Schwarze sind gemessen an ihrem Anteil in der Bevölkerung besonders häufig unter den Toten.
Der Guardian musste die einzelnen Fälle mühsam aus verschiedenen Quellen zusammentragen. Denn eine vollständige Erhebung existiert bislang nicht. Die Bundespolizei FBI erstellt zwar eine Statistik, die lokalen Behörden sind aber nicht verpflichtet, Todesfälle durch Polizeigewalt ans FBI zu melden. Selbst der inzwischen zurückgetretene US-Justizminister Eric Holder nannte diesen Mangel an Daten „nicht hinnehmbar“.
Die Reporter setzen nun auch auf Crowdsourcing. Die Nutzer der Datenbank werden gebeten, Hinweise auf neue Quellen und Fälle zu geben, damit der Guardian sie überprüfen und mit aufnehmen kann. Erstmals soll so ein wirklich vollständiges Bild entstehen. Es könnte sich von der offiziellen Statistik dramatisch unterscheiden: An der freiwilligen Meldung von Todesfällen ans FBI hatten sich zuletzt nur rund 1.100 der etwa 18.000 zuständigen Stellen beteiligt.
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