[youtube http://www.youtube.com/watch?v=ZHLg_9DGbSg&w=580&h=326]
Verzweifelte Männer sind ungehalten. Verzweifelte Männer mit Ex-Frau sind impulsiv. Verzweifelte Männer mit Ex-Frau und Flex sind unberechenbar.
Sich im digitalen Zeitalter des Web 2.0 zu trennen, ist ein äußerst komplexer und vor allem öffentlicher Prozess. Man muss sich entfolgen, die Freundschaft beenden, sich deabonnieren. Und trotzdem: Was beim Scheidungsrichter passiert, ist meistens privat. Nicht so für Der Juli. Dass seine Ex-Frau die Hälfte ihres gemeinsamen Besitzes für sich beansprucht, will der YouTube-User nicht auf sich sitzen lassen.
„danke für 12 ’schöne‘ jahre laura !!!!! du hast dir die hälfte wirklich verdient, schöne grüße auch an meinem nachfolger“, heißt es in der Beschreibung seines Videos für laura. Es zeigt einen Mann, der unter anderem einen Stuhl, einen Fernseher und ein ganzes Auto in zwei Hälften zu sägen scheint. Außerdem verlinkt Der Juli auf seinen eBay-Account. Dort bietet er insgesamt 16 präzise halbierte Artikel an. Jede Artikelbeschreibung ist mit einem eigenen, cleveren Seitenhieb auf die habgierige Verflossene versehen. Eine geniale Geschichte. Vielleicht etwas zu genial.
Bei genauerer Betrachtung wirkt manches unstimmig. Den YouTube-Kanal Der Juli gibt es erst seit dem 11.06.2015, sechs Tage, bevor für laura online ging. Der Mann im Video scheint mittleren Alters zu sein. Entdeckt ein Mann der Generation 40+ spontan das Internet für sich, nachdem er sich scheiden lässt?
Auch das Video selbst ist nicht ganz stimmig. Die Texteinblendungen wirken fast gewollt amateurhaft. Schnitt und Belichtung sind hingegen dynamisch, dramaturgisch korrekt. Am Ende blendet der Schriftzug „Copyright (c) 2015“ auf.
Warum sollte ein rachsüchtiger Ex-Mann am geistigen Eigentum seiner öffentlichen Machtdemonstration interessiert sein? Wäre es nicht im Sinne seiner Sache, wenn Lauras Demütigung möglichst weite Kreise zieht? Auch die Angebote auf eBay wirken professionell bebildert und getextet. Ganz abgesehen davon, dass das Online-Versandhaus eine Straftat unterstützen würde, sollte es Laura und ihren Ex-Mann wirklich geben. der.juli, wie er auf eBay heißt, schreibt ganz ungeniert, dass auch „die Gerichte“ nach der Scheidung der Meinung seien, dass Teile ihres gemeinsamen Eigentums seiner ehemaligen Lebenspartnerin zustünden.
Das Lösungswort heißt womöglich virales Guerilla-Marketing. Bei solchen Kampagnen nutzen Werbetreibende kreative und ungewöhnliche Werbemaßnahmen, um für möglichst wenig Geld möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren. Vielleicht entlarvt sich bald der Urheber.
Update vom 20.6.: Hinter der Aktion steckt nach eigenen Angaben die Deutsche Anwaltauskunft, das ist das Online-Magazin des Deutschen Anwaltvereins. Man habe damit darauf aufmerksam machen wollen, dass zu wenige Ehepaare für eine mögliche Trennung vorsorgten, heißt es in einer Mitteilung vom heutigen Samstag.
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