Viel war in den vergangenen Jahren vom „Airmageddon“ die Rede, wenn es um die Luft in Chinas Hauptstadt ging: Die Berichte über dichten Smog in Peking ließen sich bald nicht mehr zählen. Dabei lässt die schlechte Luft nicht nur die Pekinger husten. Weite Teile der Volksrepublik leiden unter dem Problem, wie eine Studie aus den USA zeigt.
Anders als frühere Studien, die auf Satellitendaten oder Computermodellen basieren, nutzte die Stiftung Berkeley Earth für ihre Untersuchung die Daten von mehr als 1.500 Messstationen in China, zwischen April und August 2014. Der Zeitraum ist früheren Studien zufolge repräsentativ für den Jahresschnitt. Zwar fehlen Daten aus dem äußersten Westen des Landes, weil es dort kaum Luftmessungen gibt. Den Autoren zufolge decken ihre Daten aber eine Fläche ab, in der 97 Prozent der Bevölkerung wohnen.
Und diese lebt unter ziemlich ungesunden Bedingungen, wie die Autoren zeigen. Von hohen Feinstaubanteilen in der Luft betroffen sind demnach nicht nur Peking und die Industrieräume entlang der Küste bis Shanghai, sondern auch weite Teile des Hinterlandes. Das Problem ist auch nicht auf die großen Städte begrenzt, sondern trifft auch ländliche Räume – teilweise, wie in Wuhan oder Chongqing, ist die Luft in den Städten sogar besser als im Umland.
Betrachtet man die winzigsten Schwebeteilchen mit einem Durchmesser von unter 2,5 Mikrometern (PM 2,5), dann sind der Studie zufolge insgesamt 83 Prozent der Bevölkerung PM-2,5-Konzentrationen ausgesetzt, die nach den Standards der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA als „ungesund“ oder zumindest „ungesund für empfindliche Personen“ bewertet würden. In dem untersuchten Gebiet ermittelten die Forscher eine durchschnittliche PM-2,5-Konzentration von 52 Mikrogramm pro Kubikmeter – die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt als Grenzwert ein Jahresmittel von 10 Mikrogramm. So niedrige Werte wurden in der Studie praktisch nirgendwo gefunden.
PM 2,5 gilt als gesundheitsgefährdend: Die winzigen Partikel werden beim Einatmen nicht von den Schleimhäuten und Härchen zurückgehalten, sondern gelangen in die Lunge und können dann zu Atemwegserkrankungen führen. Besonders stark betroffen ist die Region südlich von Peking, aber selbst tief im Westen um Lanzhou ist die Luft mit relativ viel Feinstaub belastet.
Das Problem der Schwebeteilchen ist, dass sie mit dem Wind Tausende von Kilometern getragen werden können und darum auch Regionen weit entfernt von Industrie und Kohlekraftwerken – zwei Hauptverursachern von Feinstaub – treffen. In Südchina ist das Problem weitaus geringer, vermutlich, weil häufigerer Regen den Feinstaub aus der Luft wäscht.
Auf Basis von WHO-Studien haben die Autoren von Berkeley Earth ausgerechnet, dass sich in China jährlich 1,6 Millionen Todesfälle auf die hohen Feinstaubwerte zurückführen lassen. Das seien etwa 4.000 Tote pro Tag oder rund 17 Prozent aller Todesfälle im Land. Die Autoren fürchten, dass das Feinstaubproblem zunehmen könnte, da China in den nächsten Jahren den Bau neuer Kohlekraftwerke plane.