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Oh mein Gott, ich sterbe

 

So schnell stirbt es sich nicht? Von wegen. Im Internet ist „I’m dying“ vor allem bei den sehr jungen Nutzern zur Floskel geworden. Ein Todeswunsch verbirgt sich dahinter aber nicht. Vielmehr bedeuten Phrasen wie „OMG I’m dying“ („Oh mein Gott, ich sterbe“) oder „bye dead“ („ade, ich bin tot“) schlicht: „Ich bin begeistert!“ Ist man nicht nur ein bisschen, sondern so richtig begeistert, kann der Ausdruck auch um ein „literally“ („buchstäblich“) oder Umschreibungen wie „my poor heart couldn’t handle it“ („das war zu viel für mein armes Herz“) gesteigert werden. Die Ursachen dieser unbändigen Freude, wundert sich die New York Times in einem klug beobachteten Artikel, müssen keineswegs übermenschlich sein: ein amüsantes Video kann ebenso zum verbalen Tod führen wie süße Tierfotos oder die freche Interview-Antwort eines Prominenten.

Das bedeutet allerdings nicht, dass junge Netz-Nutzer besonders leicht zu amüsieren seien. Die Welt ist noch dieselbe: Die Kids sind gelangweilt wie immer. Nur sind sie im Netz eben freigiebiger mit ihrer Zustimmung und ihrem verbalen Enthusiasmus. „I’m dying“ ist nur die logische Klimax von „yaaaaas“ (in etwa „Jaa, genau so!“), „THIS.“ („Ich teile diese Meinung hundertprozentig“) und „I can’t even“ („Ich bin so bewegt, dass ich meine Ausdrucksfähigkeit verloren habe“). Die Autorin Jessica Bennett bemerkt lakonisch: „RIP understatement“.

Sie finden diese Ausdrucksweise übertrieben? Dann erinnern Sie sich an Ihre Gefühle, als Sie das erste Mal Fotos vom Baby Ihrer besten Freundin gesehen haben. Gut möglich, dass das im Netz passiert ist. Na? Eben. THIS.


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